Raus in die Sonne, das Gasthaus zur Gis schon ganz in der Nähe. Wenn es im Winter einmal im Tal nebelig-trüb ist, tummelt sich hier am Wochenende halb Linz im Sonnenschein. Die Jahre zuvor war hier Labestelle km33 und Wendepunkt. Eine Labestelle mit Suppe und allem was man braucht ist hier heute auch, die Strecke führt jedoch weiter rauf zur Giswarte. Über die Wiese am weithin sichtbaren Sendemasten vorbei.
Bald schon die Gisela-Warte, zwei Mädchen rufen laut die Startnummern, damit sie ihre Mutter im Protokoll vermerken kann. Überraschung! Wir müssen doch nicht rauf auf den Turm. Das Treppenhaus da drinnen ist ziemlich eng, und hier Gegenverkehr, wo viele mit Rucksack unterwegs sind, wäre nicht ganz unproblematisch. Viele schöne Ausblicke bietet dieser Bergmarathon auch so.
Einmal um den Turm, am Gipfelkreuz vorbei geht es runter zur 33km-Labe, wo ich einen Schluck nehme und meine Flasche auffülle. Für eine Suppe bin ich zuwenig lange unterwegs, erst 8km, während mir ständig Leute entgegen kommen. Der nächste Abschnitt verlangt die volle Konzentration. Steil runter, Wurzeln, Steine, teilweise lose, wechselnde Lichtverhältnisse, hier habe ich schon beeindruckende Stürze gesehen. Aber das ist lange her. Dann endlich wieder Asphalt und Tempo, das geht eine Weile sehr gut. Bis sich mein rechtes Knie meldet und ich gerne etwas Tempo rausnehme. Doch noch nicht ganz ausgeheilt!
Durch Maisfelder durch mit Blick auf das Alpenvorland und den Traunstein verliere ich Höhenmeter, bis es im Schmiedgraben wieder eng wird. Auf einer schmalen Steinstreppe runter quert die Strecke eine abschüssige Wiese, bevor ich wieder im Wald bin. Wurzeln, Erde, Steine, einige davon immer wieder einmal mit oranger Signalfarbe markiert. Ein paar Wanderer kommen mir entgegen, zwei Teilnehmer überhole ich und einmal kommt ein Mountainbiker von hinten, den ich vorbeilasse. Ansonsten bin ich die nächsten km alleine mit mir.
Im Dießenleitengraben wechseln wir nicht auf die asphaltierte Straße. Nein, wir bleiben im dunklen Tann und müssen auch wieder ein Stück den Hang rauf. Fast schon unten in Linz gibt es für wenige Meter einen Gegenverkehrsbereich. Hier begegnet mir ein laufendes Pärchen, die beiden sind also etwa 2km vor mir. Während diese den Bach überqueren muss ich rauf auf den Bachlberg. Der Bachlberg ist neu im Streckenverlauf. In der Zivilisation angekommen überblickt man halb Linz. Auf Asphalt und Treppen geht es weiter runter, zur Labestelle beim Lehner Wia z’haus (wie zuhause = Wirtshaus).
Hier war um 13 Uhr der Start zum 12km-Lauf, den habe ich knapp verpasst. Meine Flasche wird mir auf Wunsch mit verdünntem Cola aufgefüllt, es gibt Wurst, Käsebrote, Bananen, Manner-Schnitten und ein paar Fotos.
Genug gegessen! Wieder zurück die Treppen rauf kommt mir Richard entgegen. Ein kleines Stück den Bachlberg hoch und zum dicht bewaldeten Dießenleitenbach. In diese „Schlucht“ kommt das ganz Jahr kaum einmal die Sonne rein. Hier stehen sogar noch Pfützen. Hier muss man nicht nur auf den Boden achten, sondern auch auf den Kopf. Ab und zu muss ich mich ducken. Die Bäume wachsen kreuz und quer.
Die 2km-Schleife ist zu Ende, nun darf ich über die Brücke, es geht den Wald rauf und weiter auf den Pöstlingberg. Wuchtige junge Stiere weiden hier. Blondgelockt die einen, tiefschwarz ein anderer. Schöne Tiere, sie scheinen zufrieden zu sein. Kein Wunder, sie haben es auch schön hier.
Bei mir macht sich mein mangelndes Training bemerkbar, ich lasse nach. So langsam bin ich da noch nie rauf. Ich nutze die Zeit für Fotos, da kann ich mich etwas erholen, Richard überholt mich, bald auch Wolfgang. Den Umweg auf die Aussichtsplattform am Pöstlingberg vergönne ich mir dennoch. Km44 ist erreicht und bekomme wieder Nahrung.
Hier heroben war das Zentrum eines Befestigungsringes rund um Linz. Nachdem uns Napoleon 1809 heimgesucht hatte, ließ Erzherzog Maximilian diese Anlage erbauen. Im Kampf bewähren musste sie sich nie. Die Türme die noch stehen, sind äußerst begehrt. Einer davon ist die Bergstation der Pöstlingbergbahn, eine der oder die steilste Adhäsionsbahn, (=Nicht-Zahnradbahn) der Welt, 1897 erbaut, vor wenigen Jahren auf 900mm umgespurt. Sie fährt seit 2009 über die Nibelungenbrücke zum Linzer Hauptplatz, da müssen wir auch hin. Zwischen Bergschlössl und Befestigungsmauer schlüpfen wir durch eine Lücke, Treppe runter und wir überqueren einen großzügigen Kinderspielplatz. Links von uns schießt ein Fotograf Hochzeitsbilder, Brautpaar 3 heute für mich.
Die Strecke der Pöstlingbergbahn weist ein maximales Gefälle von 11,6% auf. Wir Läufer haben es noch steiler, denn wir folgen nicht immer dem Verlauf der Bahnstrecke, sondern schneiden da und dort einmal ein Stück ab.
Der Weg führt uns am gerade entstehenden Neubau der Linzer Musikuniversität vorbei, die im Bruckner Konservatorium nicht mehr genügend Platz hat. Gerade noch kann ich, nun fast ganz unten, alte Waggons der Bergbahn erkennen. Diese sind umgebaut worden, um auf der renovierten Strecke fahren zu können und zu dürfen. An schönen Wochenenden, so wie heute, werden diese eingesetzt, um den Andrang bewältigen zu können.
Ich muss meine Getränkeflasche vom linken Arm in den rechten übersiedeln, sonst fällt mir der ab. Zuletzt war ich vor 5 Wochen stundenlang in Graubünden mit einem halben kg Flüssigkeit in der linken Hand unterwegs. Auch meinem linken Arm fehlt das Training.
Weiter, bis unmittelbar an die Donau. Ein Sportkollege bietet mir an, mich zu knipsen. Ja gerne. Meine Beine brauchen Pause, ich habe ein unangenehmes Ziehen in den Beinen, das ich schon gar nicht mehr kenne. Ist wohl heute alles ein bisschen viel auf einmal. So quasi aus dem Stand. Aber das Wetter ist schön, das Knie hat gehalten, die paar km die noch kommen, können mich nicht mehr erschüttern.
Ein Stück der Donau entlang. Im Haus Fischergasse 13 befand sich das Fotoatelier des Adolf Nunwarz. Ende des 19. Jahrhunderts ließ sich Karl May hier ablichten, kostümiert als Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi. Die Fotoplatten wurden später in die Donau gekippt.
Weiter bis zum Neuen Rathaus, da die Treppen rauf auf die Nibelungenbrücke. Kennt man vom Linz-Marathon, da ist das etwa km9. Von Urfahr rüber nach Linz. Urfahr war bis 1919 eine selbstständige Stadt. Nun ist Urfahr ein Stadtteil von Linz, eingemeindet wie Pöstlingberg und St. Magdalena.
Evi erwartet mich am anderen Donauufer, zur moralischen Unterstützung. Mir geht es gut! Jetzt sind es nur mehr etwa 5km bis ins Ziel, Höhenmeter sind auch dabei. Die Strecke führt am Salzamt vorbei Richtung Linz am Rhein (690km), bald auf der Wasserstiege links den Schlossberg hoch. Schon wieder ein Berg! Rechts unten die Donau, rechts oben Blick auf die Franz-Josefs-Warte. Das ist der letzte Höhepunkt des LBM.
In der Schweizerhausgasse ist links die Martinskirche zu sehen, sie steht auf römischen Fundamenten. Urkundlich erwähnt erstmals anno 799. Dieser Schlossberg ist seit Urzeiten bevölkert gewesen. In Ausgrabungen werden die tollsten Scherben wieder ans Tageslicht geholt.
Die Häuser der rechten Straßenseite stehen an einer Klippe runter zur Donau mit Blick weithin ins Donautal. Das kann man von hier aus aber nicht erkennen.
Die Römerstraße führt uns weiter den Berg rauf, eine der gravierenden Streckenänderungen gegenüber früher. Im Vorjahr bin ich hier noch mit meinen Freunden runter gelaufen. Der Freinberg ist ein weiterer Ausflugsberg in Linz, mit Öffis erreichbar und mit schattigen Wegen. Vorbei an einem mächtigen Spitzahornbaum. Zugegeben, würde ich nicht erkennen, ich glaube aber einmal dem Schild, das an ihm moniert ist.
Die älteren spazierenden Herrschaften, die uns fragen, was wir den da tun, können es gar nicht glauben, dass wir heute zu Mittag schon auf der Gis waren. Vor ein paar Jahren hätte ich mich selber noch gewundert. Die Warte wurde zum 40jährigen Amtsjubiläum von Kaiser-Franz-Josef errichtet. Eine schöne Wendeltreppe führt nach oben. Dort oben ist ein weiterer Kontrollpunkt, essen und trinken gibt es beim Eingang. Die freundliche Helferin hat mir, derweil ich oben war, meine Flasche mit Wasser aufgefüllt. Aber bitte nur zur Hälfte, sonst wird sie zu schwer.
Auf der Rückseite des Berges kommen Martin und ich beim Brunnen von 1894 vorbei, bevor sich uns ein neuer Ausblick auf die Stadt bietet. Die Sonne steht genau richtig. Beim Freinberg-Sender müssen wir die Wiese runter, ein ziemlich direkter Weg. Der Akku der Kamera ist leer, ich muss wechseln und bleibe stehen.
Unten in der Stadt ist an der viel befahrenen Umfahrungsstraße rot. So lange, dass sich ein kleines Grüppchen von Läufern gebildet hat, als es endlich grün wird. Jetzt sind wir schon ganz nahe beim Ziel. Wir müssen noch am Mariendom vorbei, größte Kirche Österreichs mit Platz für 20.000 Menschen. Nun kann ich ja wieder knipsen.
Jetzt noch 150m die Rudigierstraße runter zur Landstraße und rechts. Hier sind viele Leute unterwegs, ich laufe Slalom, Hauptgeschäftsstraße. Aber ich bin ja so gut wie da. Der Zielkanal wird für uns Läufer frei gehalten, Margot nimmt mich in Empfang. Bis zum Eingang vom Sport Eybl laufen Cheerleader mit uns. Noch ein paar Stockwerke, wir müssen rauf zur Dachterrasse, wo wir gemeinsam durchs Ziel laufen.
Gut ist es gegangen! Ich bin erleichtert und Margot auch. Sie hat sich heute nicht sicher sein können, ob ich unsere Staffel wieder ins Ziel bringe. Doch, ich kann wieder laufen! Meine Frau ist da, freut sich mit mir, die Sonne scheint und es gibt Erdinger Alkoholfrei. Hurra!
Viele sind schon vor uns im Ziel, viele kommen noch. Margot und ich haben als „SuperMix“ einmal mehr die Mixed-Wertung gewonnen, so wie Marion und Jaqueline die Damen-Staffel.
Es gab viele strahlende, einige erschöpfte Gesichter. Jeder darf froh und stolz sein, die Strecke bewältigt zu haben. Zum Duschen kann man das John Harris Fitness-Studio im Atrium nutzen. Die Siegerehrung findet etwas später im Gastgarten des „Josef“ statt, alles ganz in der Nähe vom Ziel.
Alle Bewerbe zusammen genommen kommen 209 LäuferInnen in die Wertung.
Hubert Morawetz gewinnt die 108km mit 3.400 Höhenmetern in unglaublichen 10h 46min 36sec
Franz Simon Mayrhofer gewinnt den LBM in beachtlichen 4h 33min 15sec.
Daran ist erkennbar, um wie viel schwieriger die Strecke gegenüber 2012 geworden ist.
Der Streckenrekord der alten Strecke ist knapp unter 4 Stunden.
Die Staffelsieger vom SV Gallneukirchen waren nach 4h 12min 08sec im Ziel.
Im Ziel:
108km 17 Herren
54 km 67 Herren und 14 Damen
2er-Staffel 13 Teams
28km 44 Herren und 8 Damen
12km 24 Herren und 9 Damen