Ich umlaufe einen Kreisverkehr. Rechts sitzen Leute draußen im Cafe, links ist das Ziel. Jeder applaudiert mir, egal wo er sitzt, steht oder läuft. Das habe ich so nur beim K 78 erlebt. Es sind zwar keine Massen da, aber das tut der Stimmung keinen Abbruch.
Mit dem letzten Tageslicht laufe ich zum Zielbogen. Bevor ich Doris in die Arme nehmen kann, muss ich jedoch noch einer Pflicht nachkommen. Klar, der Chip muss ausgelöst werden und das Rennen damit für mich beendet werden. Sonst wäre alle Mühe umsonst gewesen. Aber es piept, nach 13 Stunden, 14 Minuten und 59 Sekunden ist mein bisher längster Lauf Geschichte. Freude und Genuss pur!
Ich treffe Pedro vom Clube de Montanha do Funchal und bedanke mich für dieses wunderschöne Lauferlebnis. Jetzt noch Chip abgeben und Kaution entgegennehmen. Mit der Kaution erhalte ich direkt einen Ausdruck mit meinen Zwischenzeiten von allen Checkpoints. Ich bin beeindruckt.
Noch etwas von der Zielverpflegung naschen und dann nichts wie ins Hotel und ab unter die Dusche. Und noch die letzten fünf Minuten Deutschland gegen Portugal sehen. Der Bessere hat gewonnen!
Das Ziel bleibt noch bis 24 Uhr am Samstag für die 55er geöffnet. Die 100er haben insgesamt 26 Stunden Zeit für ihren Lauf und müssen bis 2.00 Sonntag im Ziel sein. Für die Veranstalter ist auch diese Nacht nur kurz. Für Sonntagmittag ist die Siegerehrung angesetzt.
Wir werfen einen Blick auf die Ergebnislisten. Die Ausfallquote ist relativ hoch, was allerdings bei der Schwere des Trails nicht verwundert. Hier kann man nur gut trainiert antreten. Der Trail ist nichts für Anfänger. O. k., den 25er kann man auch für Anfänger empfehlen. 61 Läufer beenden den Trail 100 und 77 kommen beim Trail 55 ins Ziel.
Die Siegerehrung findet mit Inselprominenz statt. Eine Folkloregruppe gibt dem Ganzen einen optisch würdigen Rahmen.
Die Siegerzeiten sind Spitze. Unter 13 bzw. 18 Stunden bei Männern bzw. Frauen für 100 Km schwersten Trail sind der Hammer. Auch beim Trail 55 sind 7.22 und 10.36 Klasse.
Aber auch die Veteranen überzeugten in Madeira. Es gibt zwei Gruppen. Veteranen der Gruppe I sind die 40-50jährigen. Veteran II sind alle älteren, also auch ich. Beim Trail 55 treten vier Vet. II an, drei kommen ins Ziel, einer scheidet aus. Und ich darf somit als Dritter erstmals bei einem Ultra aufs Treppchen. Es hätten ja auch mehr antreten und ihre Chance suchen können.
Jeder Läufer kann sich nach der Siegerehrung noch eine Regenjacke oder ein Polohemd mit MIUT-Emblem im MIUT-blau abholen. Von der Siegerehrung gehen alle ins Restaurant Cachalote. Mit Blick auf den markanten Felsen von Porto Moniz wird allen Teilnehmern ein kostenfreies Mittagsessen serviert. Mit Wein, Suppe, Hauptspeise, Nachspeise. Hat was!
Ein würdiger Abschluss einer rundum gelungenen Veranstaltung.
Ein persönliches Schmankerl bietet sich mir noch nach dem Essen. Ich treffe den portugiesischen Bergsteiger Garcia. Er hat alle 14 Achttausender der Erde bestiegen und ist den MIUT 100 mitgelaufen. Wir unterhalten uns über den schwierigsten Achttausender, wobei ich nicht mitreden kann, und über die Schönheit des Traillaufens. Hier kann ich mitreden.
Fazit
Beeindruckender Trail in grandioser Landschaft Madeiras. Abwechslungsreiche Streckenführung. Bestens organisiert. Zur Nachahmung empfohlen. Wer Madereira noch nicht kennt, sollte hier lmal aufen. Wer schon mal da war, kommt wieder. Ich auch.
Preis-/Leistungsverhältnis sehr günstig, fürs Startgeld wird viel geboten. Kurs ist eine echte Herausforderung.
Optimal mit einem Urlaub zu kombinieren. Und dazu hier
Reisetipps
Tipp für potentielle Nachahmer: Nehmt Quartier in Porto Moniz. Hier enden alle drei beim Trail angebotenen Strecken (100, 55, 25 Km). Für den Transport zum Start bieten die Veranstalter einen Bustransfer an. Und nach dem Trail vom Ziel in Porto Moniz direkt ins Hotelbett zu fallen ist angenehmer, als noch lange irgendwo hin fahren zu müssen.
Wir bleiben eine Woche in Porto Moniz und nehmen direkt die ersten Wanderungen entlang der Levadas in Angriff. Die teilweise jahrhundertealten Levadas bilden ein Netz von Bewässerungskanälen quer über die ganze Insel. Mit geringem Gefälle leiten sie das Wasser aus dem Landesinneren zu den fruchtbaren Anbauflächen. In mühevoller Arbeit wurden sie z.T. von Sklaven errichtet. Die letzte Levada wurde 1966 eröffnet.
Vorteil für Wanderer ist, das sie zumeist Wanderungen auf den zu ihrer Wartung angelegten Wegen erlauben, und das ohne viel rauf und runter. Wir starten in Rabacal, von wo aus gleich mehrere Levadawanderungen aus beginnen. Unser Ziel sind die 25 Quellen und der Wasserfall von Risco.
Um mich optimal auf den Trail vorzubereiten, machen wir eine 30 Km Wanderung entlang der Levada Ribeira da Janela. Tipp: Taschenlampe mitnehmen. Es gilt mehrere Tunnels zu durchwandern. Der längste der 9 Tunnels hier hat 2 Km Länge. Regenschutz bitte auch nicht vergessen, es sei denn, man will mitten im Tunnel duschen.
Porto Moniz bietet im Übrigen noch eine Attraktion. Im Ort gibt es zwei Meeresschwimmbecken. Der kleinere Bereich ist kostenfrei, der größere kann gegen Eintritt von 1,50 € besucht werden.
Adeus!
Sieger
Männer
Trail 100 Amondo Teixeira 12.49,55 Std.
Trail 55 Rubens Gonzalez 7.22,25 Std.
Frauen
Trail 100 Rosalia Guarischi 17.34,51 Std.
Trail 55 Patricia Leite 10.36,54 Std.