Madeira ist als Urlaubsinsel wunderschön und seine Trails eine echte Herausforderung. Dies gilt auch für den Trail Marathon. Mit diesem muss ich mich nach meiner überstandenen Grippe „begnügen“. Ursprünglich sollte es ja bei meinem nunmehr dritten Besuch auf der Insel und Teilnahme am Madeira Island Ultra Trail (MIUT) der 115er sein. Nun muss ich die Königsdisziplin auf ein anderes Mal verschieben.
Ich verbinde den MIUT wieder mit einer Woche Urlaub auf der herrlichen Atlantikinsel. Mein Quartier nehme ich in Machico, unweit des Flughafens. Der Vorteil ist, in Machico ist das Ziel aller vier angebotenen Läufe. Neben dem 115 und Marathon gibt es den 85 und für die Einsteiger in die Trailszene den Mini mit 16 Km. Von Machico aus wandere ich entlang der herrlichen Levadas, zum Teil sogar auf der Laufstrecke. Levadas sind alte Wasserkanäle mit z. T. einer Länge von über 100 Km. Mit Bussen kommt man übrigens (fast) überall hin auf der Insel.
Die Startunterlagen gibt es im Forum in Machico, keine hundert Meter vom Hotel entfernt. Ich gehe schon am Mittwoch hin, da ist es noch ruhig. Es geht familiär zu. Schön ist es, Bekannte vom Clube do Montanha do Funchal wieder zu sehen.
Donnerstag regnet es leider den ganzen Tag. Hoffentlich reicht die Sonne am Freitag, um die Wege einigermaßen trocknen zu lassen. Ich hab da meine Befürchtungen. Um 19 Uhr beginnt die Pasta Party. Sie ist schon am Donnerstag, da Freitagabend bereits die Busse die Teilnehmer des MIUT 115 zum Start nach Porto Moniz bringen. Der Start des 115 ist um 0.00 Uhr. Um 7 Uhr geht es für die 85er los. Ich habe Zeit. Der Marathonstart ist erst am Samstag um 10 Uhr. Sowohl der MIUT 85, als auch Marathon und Mini stoßen auf die Strecke der Königsdisziplin.
… heißt es am Samstag um 8 Uhr für uns Marathonis. Ich frühstücke noch im Quartier und gehe um 7.55 Uhr zum 100m entfernten Busstart. Allein die Busfahrt ist ein Erlebnis und eine logistische Leistung des Veranstalters. Da steckt richtig Aufwand dahinter.
Wir fahren hinauf ins Gebirge. Unser Start ist in Chao da Lagoa. In einem abgetrennten Bereich ist die Startaufstellung. Wer hier rein will, muss den Chip aktivieren lassen. Ich nicht. Ich laufe zwar mit Startnummer, aber außer Konkurrenz, wegen der kurzfristigen Ummeldung von 115 auf Marathon. Ist mir egal, ich will nur laufen. Und auf dem Treppchen war ich in Madeira ja schon 2012 einmal. Das muss reichen.
Punkt 10 Uhr erfolgt der Start. Vom Start auf 1496 m geht es direkt nach oben bis zum Gipfel des Pico Areeiro. Auf 4,5 Km sind 340 Hm zu bewältigen. Die Mehrzahl der beim Marathon zu bewältigenden Hm sind jedoch abwärts zu meistern. Das wird in die Beine gehen.
639 Läufer nehmen den Marathon in Angriff. Ebenso viele den 115. Dazu kommen noch 300 Ultras (85) und die Minis. Insgesamt 2000 Läufer. Der MIUT ist bereits seit Monaten ausgebucht. Ein toller Erfolg.
Ich lasse es absolut ruhig angehen. Angesichts der Herausforderungen der Strecke heißt es ruhig Blut bewahren und Körner sparen. Es warten 1106 Hm auf- und 2599 Hm abwärts auf mich. Und das auf 43 Km. Der Marathon ist somit streng genommen ein Ultra. Ich werde ihn aber für mich unter Marathon verbuchen.
Um mich herum sind alle in guter Stimmung. Die ersten Meter werden auf einer Teerstraße absolviert. Aber bald geht es ins Gelände. In einiger Entfernung grüßt uns bereits unser erstes Ziel, die markante Radarkuppel auf dem Gipfel des Pico Areeiro. Die über 600 Läufer ziehen sich dahin. Gut, dass es die ersten Meter über die Straße geht.
Im Gelände sind die Wege nicht wie befürchtet nass. Hier ober ist kein Wald, die Sonne hat ihre volle Kraft entfalten können. Und Platz zum Laufen ist auch. Allerdings heißt es, sich auf die Laufwege zu konzentrieren, auch wenn ob der beeindruckenden Ausblicke nicht leicht ist. Besondere die tiefer liegende, geschlossene Wolkendecke hat es mir angetan. Hier oben merken wir von Wolken nichts. Wir laufen voll in der Sonne. Kalt ist es trotz der Höhe nicht. Das treibt natürlich den Schweiß.
An einigen schwierigeren Stellen, an denen Felsen zu überlaufen sind, oder wo eine Nassstelle ist, bilden sich kurze Staus. Das ist aber nicht schlimm, nach kurzer Wartezeit geht es ja weiter. Und auf die Sekunden kommt es am Anfang nun wirklich nicht an.
Wir queren die Straße, die hinauf zum Gipfel des Pico Areeiro führt. Wie die anderen Straßenquerungen ist sie bestens abgeschirmt. Wir laufen durch ein Gebiet, das früher einmal dicht bewaldet war. Man versucht heute einiges an Aufforstung. Immer wieder sehen wir weite Flächen mit Lorbeer-Setzlingen. Lorbeer war früher auf ganz Madeira verbreitet. Durch die Aufforstung will man der Erosion entgegenwirken.
Der Weg hinauf zum Areeiro zieht sich. Aber es ist schon hier sehr abwechslungsreich. Obwohl ich ordentlich schnaufe und schwitze, bergan macht es riesigen Spaß. Ein Traillauf zum Genießen. Immer wieder lockt die langsam näherkommende Radarkuppel des Areeiro.
Sehr schön ist auch der Blick zurück. Weit unter uns kann man den Startbereich am Chao do Lagoa sehen. Die Fernsicht so ohne Bäume ist beeindruckend. Meine Lauftaktik geht übrigens hier oben schon voll auf. Durch meine Zurückhaltung beim Start und langsames Angehen verbunden mit den vielen Fotos bin ich zunächst weit hinten im Feld. Nun aber mache ich Platz um Platz gut und arbeite mich nach vorne. Jetzt finde ich es doch schade, dass ich außer Konkurrenz dabei bin.
Wer packt denn der Läuferin an‘s Hinterteil? Es ist nur der werte männliche Begleitläufer, der die Läuferin seines Herzens ein wenig beim Hinaufstapfen unterstützen möchte. Ich unterlasse es, auch meine Hilfe anzubieten. Das könnte falsch verstanden werden.
Nach weniger als einer Stunde erreiche ich die markante Radarkuppel und Checkpoint (CP) Nr. 1 des Marathons. Oben treffe ich Pedro vom Orgateam und den Präsidenten des Clube do Montanha do Funchal, Nuno Goncalves. Ein kurzes Kompliment an die beiden zur tollen Strecke - und weg bin ich.
Ich lasse den Blick noch einmal über das beeindruckende Bergpanorama gleiten. Leider steht heute nicht die Passage zum Pico Ruivo auf dem Plan. Das war für mich stets der absolute Höhepunkt.
Es geht abwärts. Die vor uns liegende Abwärtspassage ist mir vom MIUT 85 bekannt, den ich 2013 gelaufen bin. Ein Hinweisschild zum nächten CP in Ribeiro Frio verheißt anspruchsvolles Abwärtslaufen. Auf 9,6 Km sind über 1000 Hm zu vernichten. Das wird reinhauen.
Beim Abwärtslaufen heißt es höchste Konzentration zu wahren. Das Gelände ist nicht einfach. Immer wieder sind auch schlammige Passagen zu bewältigen. Zwischendurch gibt es zum Aufwärmen auch einige kürzere Bergaufabschnitte. Mir gefällt die Abwechslung. Mehr davon.
Eine Straße wird einige Meter nur gelaufen und dann geht es auf der anderen Seite weiter. Beim Blick zurück grüßt noch immer die Radarkuppel. Vor uns liegt etwas seitlich unser Startbereich. Wir sind aber seit dem Pico Areeiro auf der Strecke des 115 und 85 unterwegs.
Vorbei geht es der Casa do Areeiro. Ein breiter Schotterweg führt uns von dort zu einer Straße. Die ist zu queren und eine weite Hochebene nimmt uns auf. Mitten durch die Hochebene läuft eine schmale Levada.
Wir stoßen erneut auf eine Straße. Diesmal biegen wir nach links ab und begeben uns auf den nächsten Abschnitt abwärts. Es geht parallel zu einer kleinen Levada. Diese verlassen wir nach links und biegen in einen verbrannten Wald ein. Neben der Abholzung in der Vergangenheit sind Waldbrände der zweite Grund für die Kahlheit weiter Bergregionen Madeiras.
Wir laufen nun einige Zeit entlang des abgebrannten Hochwaldes, den man als stehen ließ.