Den Petit Ballon (1272 m) kennen wir ja bereits - und wir lieben ihn. Steht man dort oben neben der Madonna, sieht man im Süden den Grand Ballon (Großer Belchen, 1424m). Der ist noch höher und gekrönt von einer Radarkuppel. Das ist das Ziel beim neuen Marathon du Grand Ballon und weiterer Läufe und Walks.
Den Startplatz Le Markstein erreiche ich schon am Freitagabend. Im Hotel Wolf gibt es bis 21.00 Uhr die Startnummern, oder eben am Samstag in der Früh. Geräumige Parkmöglichkeiten gibt es überall, Gedränge und Hektik nirgendwo. Es ist still hier oben auf 1200 m Höhe, angenehm frisch die Luft und der Blick reicht weit. Le Markstein ist ein beliebtes Skigebiet und erlebt seine wilde Zeit im Winter. Im Sommer sind es die Radler und Biker, die sich hier auf der berühmten Route des Crêtes, die über die Höhen der Vogesen führt, treffen. Und heute auch Runner und Trailer.
Um 7 Uhr wird gestartet. Einzeln, das hilft beim Sortieren. Der Rest geschieht wie immer auf dem Trail. Es beginnt mit einer schönen Runde zum Warmwerden. Etwa 11 km ist sie lang und führt auf wunderbaren, nicht schwierigen Trails über Grasflächen in die Wälder. Was nicht heißt, dass man alles laufen könnte. Da sind so manche brutalen, aber nur kurze Anstiege dazwischen. Das Feld wird dabei schnell übersichtlich.
Nach 9 km ist VP1 an der Auberge du Steinlebach angesetzt. Hunger und Durst sind schnell gestillt. Hier sind übrigens später auch die Duschmöglichkeiten zu finden. Noch etwa 2 km weiter und schön aufwärts sind wir an den Parkplätzen auf 1200 m. Weiter führt der Trail über kleine Gipfel mit prächtiger Aussicht. Zum ersten Mal ist der Grand Ballon zu sehen. Weit, sehr weit ist es noch…
Eine Zeitmessung, eine Straßenquerung, dann beginnt ein 500 m Abstieg. Wunderbare, steile Trails in schattigem Wald, ohne Fallen. Man könnte es so richtig rollen lassen. Aber die Serpentinen haben es in sich, aufpassen muss man schon. Zur Markierung sind große, gelbe Schilder aufgestellt, es gibt gar keine Zweifel über die Streckenführung. Auch der Abzweig der kürzeren Strecken ist deutlich markiert.
An einem schönen Aussichtspunkt kann man Saint Amarin tief im Tal unten erkennen, weit ist es noch weg. Fast unten gibt es noch zwei kleine, aber gemeine Hügel zu ersteigen, bevor wir abwärts in den Ort dürfen. Neben der Kirche liegt unser VP2, 21 km sind geschafft. Erste Ausfälle warten auf den Abtransport, vom Sani gut versorgt. Die ohne Verbände um Beine und Arme sind einfach nur fix und fertig und machen lieber Schluss.
Ab hier wechseln wir die Talseite. Etwa 400 HM am Stück wollen gemeistert werden. Auf sausteilen, verwilderten, ausgewaschenen Wegen und schmalen Trails geht es langsam aufwärts. Am Ende wartet eine schöne Forststraße mit Schutzhütte, Ruhebänken und einer Wahnsinnsaussicht nach Westen rüber in den Belchen-Naturpark hinein. Ganz großes Kino. Sage und schreibe 6 Wege gehen von hier weg. Natürlich gerate ich, wie manche andere auch, erstmal auf den falschen. Bis wir das merken, haben wir bereits 50 HM abgebaut. Also wieder hoch, auf den richtigen Pfad eingebogen, und mit Tempo wieder runter. Warm ist es, aber wir bewegen uns im Schatten bis Moosch, nach 31 km unser letzter Stützpunkt.
Hier lohnt es sich, zu verweilen. Aus zweierlei Gründen: Zum einen sind köstlicher Honigkuchen, Crepes und allerlei Obst und Geränke im Angebot. Weitere Erfrischung kann man sich an einem kühlen Brunnen verschaffen.
Zweiter Grund ist der absolute Hammer: Auf den nächsten 10 km gibt es 1000 Höhenmeter zu bewältigen. Am Stück und ohne flache Passagen. So das nach mit mehr als 30 km in den Beinen. Das hat was.
Über die Hauptstraße und Bahnlinie erreichen wir den Wald. Ohne Übergang fängt der Anstieg an und hört erst nach 10 km auf. Die meiste Zeit sind wir im Schatten. Etwa auf halber Höhe gibt es einen kleinen Brunnen, ein Labsal. Breite Forststraßen bieten keine Probleme, sauber aufgeschichtetes Brennholz säumt den Weg. An einem großen Holzverladeplatz geht es auf Trails weiter aufwärts. Der Gipfel mit der Kuppel scheint zum Greifen nah. Ab dem Col de Haag wird es tatsächlich etwas flach. Es ist noch 1 guter km bis ins Ziel. Die Auberge lockt mit Isotonischem. Hat der Akku wieder Power, läuft es sich plötzlich ganz leicht. Vergessen ist der Teufelsanstieg.
Der letzte Kilometer zieht sich, führt wellig immer höher. Scharfe Kurve nach rechts, es wird steiler. Moment mal, so war das aber nicht abgesprochen – oder doch? Egal, es sind wirklich nur noch 300 m, dann stehe ich vor dem Zielbogen!
Der Sprecher begrüßt jeden Finisher, alle kriegen eine Medaille (dieser schöne Brauch wird auch in Frankreich immer beliebter) und können sich nach Herzenslust am Zielbuffet bedienen. Besonders haben es mit die Vanillemilchreistöpfchen angetan.
Es bläst ein frischer Wind hier knapp unterhalb des Gipfels. Man könnte noch ganz hoch, da fände man das Denkmal der Blauen Teufel und die Radarstation. Sie regelt für die Airports von Straßburg und Basel den Luftraum.
Per Shuttlebus absolvieren wir die 8 km zurück nach Le Markstein. Ein Wahnsinnstag ist zu Ende. Superschön.
Fazit
Hier wird was geboten. Aber so richtig. So hoch und so steil sind die Vogesen sonst nirgends. Die Orga ist vorbildlich, die Markierungen sorgfältig angebracht. Es schadet nicht, foul-weather Reservekleidung mitzunehmen, Dropbag-Service gibt es nicht. Wer es bequem haben will, muss rechtzeitig Zimmer reservieren, sonst: complet. Aber das Essen ist richtig gut hier oben…
Übrigens: Den Marathon du Grand Ballon bitte nicht verwechseln mit dem Trail du Grand Ballon. Den gibt es bereits im April.