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20.08.16 - Matterhorn Ultraks

Bravo, das wird ein langer Tag

Ein starker Mann für einen überlangen Trail wird gesucht. Man kommt auf mich. Schnell sage ich ja, ohne darüber nachzudenken, was da auf mich zukommen könnte. Ich habe nämlich die Ausschreibung des Matterhorn Ultraks nicht bis ins Letzte studiert. Auch wenn der Laufhappen vielleicht zu schwer für mich werden sollte, bin ich guten Mutes. Immerhin kann ich eine neue Veranstaltung besuchen.

Ich reise mit der Bahn an, das dauert zwar etwas länger, als mit dem Auto, ist aber bequemer. Ich habe Glück, buche den ersten Zug und muss dafür schon vor 05.00 Uhr aus der warmen Kiste. Kosten? Entsprechend einer Tankfüllung. Ersparnis: Vignette, Autoverladung, Parkhaus.

Besonders die letzte Reisestunde erweckt Erinnerungen an meinen Zermatt Marathon vor ein paar Jahren. St. Niklaus, der Bergsturz bei Randa, Täsch, die letzte Gemeinde mit Autoverkehr und schließlich der Bahnhof von Zermatt am nördlichen Ende, rund 800 Höhenmeter muss sich der Regionalzug, teilweise mit Zahnstangenantrieb, von Visp hocharbeiten. Auf 1600 Meter Seehöhe liegt Zermatt, der weltbekannte Ort mit der berühmten Silhouette, wenn man nach Süden schaut.

 

Impressionen aus Zermatt/Schülerlauf

 

Knapp 6000 Einwohner leben hier im Mattertal (auch Nikolaital genannt) an der Grenze zu Italien, die nur Skifahrer und (meist im Sommer) Fußgänger am Theodulpass passieren können. Zermatt ist die südlichste geschlossene Gemeinde im deutschen Sprachraum. Du musst aber genau die Ohren spitzen, wenn die Einheimischen in den Walliser Dialekt fallen.

Bereits zur Mitte des 19. Jahrhunderts setzte der Tourismus zaghaft ein. 1855 wurde im Ort das Hotel Monte Rosa erbaut, kurz zuvor das auf dem Riffelberg. Die Bahnlinie hinunter zur Rhone wurde 1891 eröffnet, kurz danach konnte man auf Schienen auf den Gornergrat fahren.

 

 
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Ich steige aus dem Zug und stehe nach einigen Schritten am Bahnhofsvorplatz. Kein benzin- oder dieselgetriebenes Auto ist zu sehen, lediglich die Elektroautos der Hotels, die ihre die Gäste abholen. Der nobelste Schuppen am Ort leistet sich sogar den Luxus, die Touristen mittels Pferdekutsche zu ihrer Unterkunft zu geleiten. Soll ich morgen 46 Kilometer laufen und  jetzt keine zehn Minuten mit Gepäck zum Quartier gehen können?  Ein kleiner Spaziergang hat noch keinen geschadet und mir erst recht nicht.

Der Weg führt mich vom Bahnhof die Bahnhofstrasse hinauf, vorbei an vielen Geschäften für zahlungskräftige Kunden, an Hotels und Restaurants. An der Kirche St. Mauritius und dem Matterhorn-Museum „Zermatlantis“ sehe ich dann schon den Start- und Zielbogen quer über die Straße aufgebaut. Daneben steht eine hohe Videowand, auf der am Renntag Liveeinblendungen übertragen werden sollen. Meine Unterkunft ist von hier ebenfalls nur einen Katzensprung entfernt, die Ausgabe der Startunterlagen in der Triftbachhalle ebenfalls.

Der Schülerlauf ist gerade im Gange, als ich mit meinen Startunterlagen bepackt an den Kirchplatz zurückkomme. Die Kids sind schon eifrig bei der Sache. Einige laufen sich sprichwörtlich die Lunge aus dem Leib.

Besuchen sollte man unbedingt den Bergsteigerfriedhof, der an die düstere Seite des Alpinismus erinnert, dem Bergtod. Viele Inschriften nennen als Ort des Abschiednehmens  das Matterhorn, Täschhorn, Gabelhorn oder das Monte-Rosa-Gebiet. Zwei Bergsteiger starben eines natürlichen Todes: Peter und Peter Taugwalder, Vater und Sohn, Bergführer des Matterhornerstbesteiger Edward Whymper.

 

Hoch oben auf der Sunnegga

 

Was ist noch alles im Rahmen des Matterhorn Ultraks geboten? Nun, für die Gusseisernen am Samstag drei Rennen über 16, 30 und 46 Kilometer, die zu überwindenden positiven Höhenmeter mit 1100, 1950 und 3600 sind beträchtlich. Da heißt es gut haushalten mit den Kräften, Schnellstarter haben da keine Chance. Die Höhendiagramme schauen furchterregend aus, aber auf allen Strecken. Die kurze Strecke wird für Neugierige und Trailliebhaber angepriesen, für die lange musst du ein echter Champion sein, damit du diese auch bezwingen kannst. Ja, wenn das nicht mehr ist!

Die Veranstalter vertrauen auf den Läufern und machen keine Vorschriften bezüglich der Ausrüstung. Mitgeführt werden sollte aber unbedingt  Wechselkleidung, Aludecke, Handy, vielleicht Stöcke, ganz bestimmt aber eine Regenjacke, Essen und Trinken, denn auf der Strecke gibt es längere Abschnitte  zwischen den V-Stellen, die man überbrücken muss.

 

 
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Wem das alles zu lange ist und wer sich mit Trailrunning (noch) nicht so recht anfreunden kann und mag, für den gibt am Vortag noch einen klassischen Berglauf mit Start unten und Ziel oben. Aber der  VZS (Vertical Zermatt Sunnegga) will mit 655 HM auf 2,5 km erst einmal bezwungen sein. Nur für diesen Lauf gab es noch Startnummern, alle anderen Distanzen waren mit 600 und 800 Nennungen ausgebucht. Mit den Kindern wurde ein neuer Teilnahmerekord mit deutlich über 2000 Läufern aufgestellt. Die Aufnahme des Ultraks in die Skyrunner World Series 2016 hat wohl auch dazu beigetragen, es sind immerhin 52 Nationen am Start.

Ich verlege meinen Abendaufenthalt auf die Sunnegga, wo ich den Zieleinlauf des VZS beobachten will. Damit es auf den schmalen Wegen nicht zu Drängeleien beim Überholen kommen kann, werden die Aktiven einzeln im 30 Sekunden-Abstand auf den Kurs gelassen. Der erste Kilometer soll noch recht handsam sein, so die Verantwortlichen, aber dann geht es schier die Direttissima hoch. Kurz vor dem Zielbereich ist noch eine Schlüsselstelle, bei der einige auf allen Vieren hochkrabbeln. Auch der 82jährige einheimische Rene Bernhard Pletschet war an den Start. „Nur ein Trainingslauf“ stand im Programm, denn tags darauf wollte er auf den 16 Kilometer sein Bestes geben.

Das Panorama auf der Sunnegga ist gigantisch, es dominiert das 4477 Meter hohe Matterhorn, von den Zermattern auch liebevoll „Hore“ genannt. In Richtung Süden können wir das Riffelhorn und den Gornergrat erkennen, nach Westen grüßen die Gabelhörner herüber. Zum Sonnenuntergang mache ich mich von dannen und fahre mit der Standseilbahn in wenigen Minuten nach Zermatt hinunter.

 

Vor dem Start

 

Um 07.30 Uhr ist für uns der Start vorgesehen, die anderen Strecken laufen später los. Die Wettervorhersage ist für den Vormittag noch in Ordnung, es soll trocken bleiben, aber für den Nachmittag ist der Durchzug einer Kaltfront prognostiziert. In der Höhe können dann die Temperaturen drastisch fallen. Im Durchschnitt fällt die Temperatur rund sieben Grad nach unten. Bist du recht weit oben, kann das sogar Hagel, Graupel und Schnee bedeuten. Ich habe das vor Jahren bei dem Unglück beim Zugspitzlauf erfahren müssen. Seitdem habe ich bei unsicherer Witterung immer eine wind- und wasserdichte Jacke dabei.

 

 
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Zehn Minuten vor dem Start verlasse ich meine Unterkunft und begebe mich zum Kirchplatz, wo die Protagonisten bereits in ihrer Startbox unaufgeregt warten. Bei mir schaut es völlig anders aus. Gescheit geschlafen habe ich nicht, dafür Muffensausen,  ich bin ein einziges Nervenbündel. Meine Verfassung ist fast noch prekärer als am Eiger. Ich mache noch ein paar Bilder, um mich wenigstens abzulenken. Dann geht es los, die weltbesten Trailläufer sind auf der Strecke.

 

Erste Meter in Zermatt

 

Ich mache ein paar Bilder und reihe mich gleich in das hintere Läuferfeld ein. Nur nicht zu schnell beginnen, langsam werden wir von alleine, entweder an den ersten Steigungen oder wenn es mit der Kraft zur Neige geht.

604 Meldungen sind für den langen Kanten eingegangen, ich bin gespannt, wie viele durchkommen und wie viele aufgeben müssen oder das Zeitlimit reißen. Ich hoffe, zu den Finishern zu gehören.

 

 
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Unsere Laufstrecke geht gleich an der Pfarrkirche St. Mauritius vorbei. Viele Zuschauer sind jetzt nicht an der Strecke, meist sind es Angehörige, ein paar  Touristen und einige Beschäftige der Hotels. Eine Mädelsgruppe feuert uns herzerfrischend am Rand an. Wir verlassen den Ort auf einer Teerstraße, die einige Höhenmeter verbirgt. Die ersten fallen schon in den Wanderschritt.

 

Es geht bergan

 

Just an der Stelle, wo sich unsere Laufrichtung auf den ersten Singletrail hinzuwendet, gibt es einen kurzen Rückstau, der für etwas Verzögerung sorgt. Nur hintereinander können wir auf dem weichen, aber steilen Weg weitermarschieren, hier läuft nichts mehr, höchstens die Nase. Nach geschätzten 200 Höhenmetern kommt die Entlastung, der Wanderweg geht eben weiter, ich und meine Mitstreiter fallen wieder in einen zügigen Laufschritt. Das tut gut.

 

 
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An einigen Stellen können wir das Matterhorn in dem hellen Morgenlicht sehen, tief unter uns liegt Zermatt. Für ein paar Meter müssen wir dann an einem Felsbalkon hochkonzentriert an die Arbeit geben. Der Weg ist zwar mit einem Stahlseil gesichert, aber er geht auf der rechten Seite abschüssig hinunter. Außerdem sollte man die eigene Körpergröße im Blick haben, denn der Trail wurde in den Felsen geschlagen und den Grind kann man sich leicht einrennen. Der fünfte Kilometer wird angezeigt, ich bin gut eine Stunde unterwegs. Na bravo, das wird ein langer Tag! Wir verlassen den Wald und sehen nach ein paar Minuten die Station Sunnegga im Sonnenlicht.

 

Sunnegga, erste Rast

 

2260 Meter liegt unsere erste Rast hoch, die Zeit wird genommen und an der Verpflegungsstation wird schon eifrig zugegriffen. Bananen, Orangen, Riegel, Käse, Brot, Kuchen, Rosinen und viele verschiedene Getränke werden angeboten. Das Essen aller V-Stellen soll eine Tonne wiegen, so stand es in der Pressemappe, die ich mir habe geben lassen.

 

 
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Nach ein, zwei Minuten mache ich mich wieder auf den Weg. Wir verlieren auf dem nächsten Teilstück, das uns am Leisee vorbeiführt, rund 200 Höhenmeter. Einige lassen es auf dem breiten Almenweg krachen und brettern hinunter, was das Zeug hält. Der Weiler Findeln, ein paar rustikale Holzhäuser, markiert die Wende, der Kurs steigt wieder an. Wir überqueren den Findelbach, der weit oben am Fuß des Findelgletscher entspringt. Ich bin hoch erfreut, denn immer wieder tun sich im Wald Ausblicke auf, dieses Mal auf das über 3000 Meter hohe Unterrothorn, ein einfach zu besteigender Berg, von der Sunnegga leicht erreichbar.

Noch im Wald verzweigt sich die Strecke, der 16K und 30K-Kurs biegt nach rechts ab, wir gehen links. Ein Helfer steht am Abzweig und kontrolliert. Die Kurzstreckler laufen nun auf direktem Weg zur Riffelalp, ohne große Höhendifferenzen. Und wir müssen nun auf die große Schleife, die uns zum Gornergrat hochführen wird. Ich bin nun 1.45 Stunden unterwegs.

 

Auf zum Top

 

Rund 1000 Höhenmeter liegen vor uns bis zum Kulminationspunkt am Gornergrat. Anfangs gewinnen wir im Wald, später auf den grünen Almmatten schnell an Höhe. Die Wege sind gut zu begehen, laufen geht schon lange nicht mehr. Ich frage mich, wie hier die Spitze unterwegs ist. Wenn die für den gesamten Trail fünf Stunden brauchen, müssten sie im Schnitt mit 10 Stundenkilometern unterwegs sein. Wie soll das gehen? Ich bin schon froh, dass ich zum Luftholen nicht stehenbleiben muss.

 

 
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Kilometer10, 2.10 Stunden unterwegs, so langsam lassen wir den Baumbewuchs zurück. Der endet hier in einer Höhe von 2100, 2200 Meter, in den Bayerischen Alpen liegt diese Grenze knapp 500 Höhenmeter tiefer. Zwischen Breitboden und dem Ritzengrat überschreiten wir die 2500 Meter Marke, die Luft wird schon dünn. Ein Läufer glaubt sich schon am Ende des Läuferfeldes, doch noch sind viele hinter uns auf den Serpentinen zu sehen.

Immer weiter führt uns der Trail nach oben, das Gras bleibt zurück, der Boden wird steiniger und karger. Es geht in ein Hochtal hinein, die Untere und Obere Kelle, der Weg wird breiter und weniger steil, ein paar Meter kann ich sogar laufen, aber die Luft ist schon sakrisch dünn. Einige kleinere Tümpel sind wasserlos, einzig der Gornergratsee hat Wasser. Es muss aber schon tief sein, denn an einer Stelle hängt ein Rettungsring. Unser Kurs dreht nun in Richtung Osten, rechts oberhalb sehen wir das markante Gebäude auf dem Gornergrat mit den beiden Türmen, die als Observatorium genutzt werden. Am Grat freuen sich lautstark einige Läufer, die den Aufstieg schon hinter sich haben.

Wir verlassen die breite Steintrasse nach rechts, ein mühevoller Aufstieg auf einem Trampelpfad wartet. Ich schätze, 20 Minuten Plagerei warten. Doch nicht einmal zehn Minuten benötige ich für die letzten Höhenmeter und ich stehe dann auf dem über 3000 Meter hohen Gornergrat.

 

Auf dem Gornergrat

 

Eine Last fällt mir ab, das erste Top ist geschafft. Tief unten sehe ich den Gorner- und Grenzgletscher. Über 20 Viertausender sind hier bei schönem Wetter zu sehen, darunter Matterhorn, Liskamm, Castor, Pollux und das Breithorn. Letzteres ist in Zermatt der am einfachsten zu besteigende 4000er. Da musst du mit der Bahn früh auf das Kleine Matterhorn fahren und mit einem Bergführer geht es dann für ausdauernde Wanderer am Seil und mit Steigeisen auf den Gipfel. Der Wind frischt von Osten auf und hält der dunklen Wolkenwand entgegen, die im Westen jenseits des Mattertals steht. Die Kaltfront hat sich in den letzten zwei Stunden herangeschlichen.

 

 
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3135 Meter hoch ist der Gornergrat, der sich vom Gornergletscher bis hin zum Findelgletscher zieht. Nur ein paar Meter tiefer ist liegt das markante Berghotel, wo man sich auch einquartieren kann. Ein paar Meter unterhalb ist die Bergstation der Gornergratbahn. Es beginnt zu tröpfeln.

Ich greife mir nur kurz zwei Getränke und mache mich gleich wieder von den Socken, ich traue dem Wetter nicht. Gleich neben dem Hotel steht eine Kapelle, die dem Hl. Bernhard geweiht ist. Fast könnte man sie übersehen. Die wenigen Gläubigen staunen, als da ein verschwitzter Läufer sich das Gotteshaus kurz ansieht. Doch so viel Zeit habe ich gerne. Das Altarbild zeigt in der Mitte den Hl. Bernhard von Aosta, flankiert von dem Hl. Mauritius (Schutzpatron des Kanton Wallis) und dem Hl. Theodul.

 

Hinunter nach Furi

 

Ich mache mich vom Acker, denn es fängt stärker zu regnen an. Und dann sticht es aufs Genick und auf der Birne. Ist es Graupel oder Hagel? Es kühlt ab, das Shirt wird feucht, ich bleibe stehen und ziehe die Regenjacke an. Kilometer 15, ich habe für den Aufstieg seit unserem Start gut 3,5 Stunden gebraucht.

So gut wie es geht, steige ich den Trail über Rotenboden (2815 Meter) nach Riffelberg (2566 Meter) hinab. Es gibt natürlich Trailläufer, die bergab in ihrem Element sind und sich in halsbrecherischer Weise hinunterstürzen. Ich kann das nicht und muss auf Sicherheit laufen. Das ist mir zu gefährlich, noch dazu, wo der Untergrund jetzt nass, rutschig und glatt geworden ist.

 

 
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In knapp einer Stunde erreiche ich die nächste Tankstelle auf der Riffelalp (2222 Meter). Kurz zuvor münden die Strecken des 16 K und 30K ein. Gerade kommen jede Menge Läufer des 16K angelaufen, die Helfer an der V-Stelle haben gut zu tun. Nur kurz dauert mein Aufenthalt, dann muss ich weiter. Ach ja, das Limit für den langen Kurs. An der Riffelalp musst du bis 13.00 Uhr eintreffen, ansonsten  kannst du einpacken. Ich habe 55 Minuten auf das Limit im Haben. Meine Renneinteilung scheint gut zu passen.

1,5 Stunden zeigt ein Wegweiser hinunter nach Furi an. Als Läufer müsste ich doch schneller sein. Doch die Feuchtigkeit hat die Trails gefährlich glatt gemacht. Ich muss an den steilsten Stücken das Tempo herausnehmen. Denn eine kleine Unaufmerksamkeit kann das Aus bedeuten.

Ein weiterer Höhepunkt ist sicher das Belaufen der Hängebrücke über die Gornerschlucht. Die Brücke ist zwar sicher, doch ein wenig Mut muss man schon haben, da hinüberzugehen. Ah ja, Laufen ist hier verboten, du musst gehen. Rund 100, 150 Meter lang gehst du über die Alugitter, nach unten soll es rund 90 Meter gehen. Ein wenig wackelt der Übergang, als ich flotten Schrittes auf die andere Seite marschiere. Nach wenigen Minuten endet der Abstieg in Furi (1880 Meter), eine Stunde hat der Abstieg von der Riffelalp gedauert.

 

Gegenanstieg

 

Auf der anderen Seite führt unsere Strecke ohne große Erholungsphase sausteil nach oben. Heute gilt: „Steil ist geil“. Die Zeitvorgabe zwischen Riffelalp und Schwarzsee mit 1.30 Stunden kommt mir sehr sportlich vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich in 30 Minuten oben bin, zumal der Abstieg, der leichtere Weg, schon eine Stunde gedauert hat.

 

 
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Den 25 Kilometer erreiche ich um 13.25 Uhr, ich bin fast sechs Stunden unterwegs. Im Wald führen die Serpentinen immer weiter hinauf, ich bin schnell und kann zumindest einige Trailer einsammeln. Doch dann kommt eine Krise im Verdauungsapparat, der ich mit einem flüssigen Gel begegne. Und siehe da, ich kann wieder Fahrt aufnehmen. Der Trail führt dann aus dem Wald hinaus, in der Ferne sehe ich eine Bahnstation, die sich im Nachhinein nicht als die am Schwarzsee entpuppt. Die ist dann noch einen Aufschwung entfernt. Erste Zweifel! Wann ist Cut-off am Schwarzsee? Ich sehe eine Person mit einer gelben Jacke und glaube, das ist ein Offizieller, der dir jetzt die Startnummer wegnimmt, weil ich das Limit gerissen habe. Doch Glück gehabt. Nach einer guten Stunde Aufstieg (700 Höhenmeter) marschiere ich über die Zeitmatte am Schwarzsee (2583 Meter).

 

Schwarzsee/Trift

 

Die Helfer sind gut drauf, obwohl hier oben nach zwischenzeitlicher Flaute der Wind wieder aufgefrischt hat. Ein Helfer informiert, dass ein zweiter Regenguss, stärker wie der am Gornergrat, kommen wird. Na Servus. Bei Sicht könnten wir jetzt neben dem Hore die Mischabelgruppe, den Dent Blanche und das Weisshorn sehen. Doch die Bewölkung hat alles über 3000 Meter eingehüllt.

Ich traue mich die Helfer nicht nach dem Limit zu fragen, tue es aber dennoch. Um 14.30 Uhr ist Schicht im Schacht, wer später kommt, kann mit der Bahn hinunterfahren. Ich habe Glück, aber auf läppische 15 Minuten ist mein Zeitpolster zusammengeschmolzen. Diese Etappe von Riffelberg hat viel Zeit gekostet.

 

 
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Der Schwarzsee ist Ausgangspunkt für den Wanderer, wenn er auf die neue Hörnlihütte will, die in zwei Stunden Bergwandern erreichbar ist. Gefahrlos übrigens. Wer dann noch den weiteren Weg zum Matterhorngipfel erkunden will, für den wird es nach 200 Metern schwierig, denn da wartet schon die erste Klettereinheit am Seil.

Unser Trail führt jetzt leicht fallend zur Stafelalp auf einem neuen Weg. Ich kann hinuntertraben, das ist eine Abwechslung für das Renngestell. Wir überqueren den Zmuttbach, wo sich die 30K-Läufer nach rechts verabschieden. Ich muss bei einem französischen Pärchen schmunzeln. Sie hockt an der Seite, haut die letzte  Rauchwolke ihrer Zigarette hinaus und marschiert weiter.

Den Helfer an der Trennung frage ich nach der Entfernung zur Trifthütte. Er überlegt kurz und nennt 1,5 Stunden. Und wenn du genau schaust, kannst ein paar Edelweiß sehen, so seine Worte. Ein Wegweiser gibt mir dann den Rest, 2.40 Stunden zur Trifthütte lese ich dann. Mir kommt das Wort „Sch...“ aus, nicht nur einmal.

Zäh werden die 600 Höhenmeter hoch zu den Weiden auf der Arben, dann sehen wir kurz den Arbenwasserfall. Immer wieder behindert Nebel die Sicht, nur manchmal können wir wieder einige Dreitausender sehen. Etwa bei Kilometer 35 ist die höchste Stelle auf diesem Teilstück auf etwa 2800 Meter bezwungen. Links von uns liegt das 3392 Meter hohe Untere Gabelhorn. Verwirrung stiftet dann die 40er-Kilometermarke kurz vor dem Berghaus Trift. Dort wird wieder die Zeit genommen, das Schild sagt dann nach gegangenen 200 Metern Kilometer 41,5. Da gibt es noch Abstimmungsbedarf. Ich verpflege reichlich, denn es warten ja noch einige Kilometer.

 

Finale Kilometer

 

Die Helfer sind freundlich, doch sie räumen schon erste Teile zusammen. Viele Trailläufer werden nicht mehr kommen. Knapp 150 Höhenmeter müssen wir zum Triftwäng marschieren, dann geht unser Kurs kurzeitig flach weiter. Das Schild „noch vier Kilometer“ läutet dann das Finale ein. Es geht durch Lawinenzäune hindurch und dann sausteil hinunter. Ich muss wieder auf sicher laufen, nur keinen Abflug riskieren. Auch wenn einige von hinten herankommen und sich hinunterstürzen. Noch zwei Kilometer, Zermatt kommt immer näher. Der letzte Kilometer beginnt am Ortsrand in unmittelbarer Nähe des Heliports.

 

 
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Auf Höhe der Kirche laufen wir schließlich in den Ort, wo uns die Helfer lautstark erwarten. Ein paar Meter laufe ich dann auf der Bahnhofstraße entlang und dann geht es geschafft und erledigt durchs Ziel. Uff, das war harte Arbeit.

 

Im Ziel

 

Man hängt mir die Medaille um, die Zuschauer an der Absperrung gratulieren mit Handschlag und Schulterklopfen. Gänsehaut pur! Ohne Verletzung bin ich durchgekommen. Meine Zeit, 11.20 Stunden, ist zweitrangig. Dafür habe ich sehr viel erlebt. Das Finishershirt kommt in weiß daher. In der Trifthalle wartet auf uns noch ein warmes Essen. Im Hotel reichen dann zwei kleine Zermatt Matterhorn Biere für einen kleinen, billigen Rausch. Mehr war heute nicht drin.

 

 
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Fazit:

Ein Trailabenteuer, das seinesgleichen sucht. Aber Achtung, der 46K ist technisch schwierig und lang. Dafür ist die Aussicht auf die Walliser Berge gewaltig. Platziert haben sich 387 Männer und 64 Frauen. Die Quote der DNS- und DNF-Teilnehmer beträgt rund 25 bis 30 Prozent, das sagt schon einiges aus. Ich glaube, Zermatt muss ich wieder besuchen. Vielleicht reicht dann die Zeit, vorher das Breithorn zu besteigen. Lust hätte ich schon.

 

 

Ergebnisse

 

Men Matterhorn Ultraks – Trail 46k
1. Marc Lauenstein, Cormondrèche, 4.47.01
2. Christian Mathys, Bülach, 4.51.56
3. Tirtha Tamang, Kathmandu, 4.53.03

Women Matterhorn Ultraks – Trail 46k
1. Megan Kimmel, Silverton, Colorado, 5.23.15
2. Michaela Mertoca, Praha 4, 5.46.21
3. Cèlia Chiron, Allinges, 5.51.36

 

Informationen: Matterhorn Ultraks
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