Dass es in diesem Jahr mit den Veranstaltungen nicht mehr klappen wird, war den Hartfüßlern schon bald klar. Der HartfüßlerTrail e.V. ist ein Verein im Saarland, der sich dem Trailrunning verschrieben hat und sich mit vielen Veranstaltungen in der Szene einen Namen gemacht hat. An erster Stelle sei der RAG Hartfüssler Trail genannt, aber auch ausgefallene Formate, die sowohl als Wettkampf, als auch als Trainings-, Genuss-, oder Spaßvariante funktionieren, gehören zur Vielfalt des Vereins. Eine Nacht auf einer Bergehalde Höhenmeter sammeln. Laufen bis zum Sonnenuntergang. Ein Backyard Ultra im Kohlerevier und jetzt in Zeiten von Corona eben die HFKT Serie.
HFKT steht dabei für Hartfüßlers Fastest Known Time. In Anlehnung an das FKT-Format haben die Streckenchefs 4 Trails in verschiedener Länge kreiert, die autark zu bewältigen sind. Mit einer einmaligen Anmeldegebühr können alle Strecken so oft gelaufen werden, wie man will. Damit eignen sich insbesondere auch die kürzeren Strecken als ideales Trainingstool. Die Ergebnisse werden vom Veranstalter geprüft und erscheinen in der jeweiligen Ergebnisliste.
Für einen Bericht habe ich mir den Ultra-Trail mit 48 Kilometern und 1700 Höhenmetern vorgenommen. Eigentlich steht ein anderer Vulkan auf dem Programm, aber der Tenerife Bluetrail ist schon lange abgesagt und so wird eben der höchste Berg des ehemaligen Saargebietes, der Schaumberg gerockt. Der Laufrucksack ist gepackt und in aller Herrgottsfrühe geht es nach Tholey im nördlichen Saarland. Der Schaumberg gilt als Hausberg des Saarlandes, da er von allen Seiten gut sichtbar aus der hügeligen Umgebung heraussticht. Ich werde den ehemaligen Vulkan mit dem weißen Turm heute öfters im Blick haben. Beim Start an der Aussichtsplattform gibt es ein schönes Ausflugslokal, das im Stil einer Alpenhütte auf die 1700 Höhenmeter einstimmt, die es heute zu erklimmen gilt.
Als ich auf dem Parkplatz ankomme, beginnt es zu Dämmern. Es hat die ganze Nacht geregnet, soll aber im Tagesverlauf trocken bleiben. Nebelschwaden umwabern den Schaumberg. Nach und nach trudeln die Mitstreiter ein. Peer will heute seinen ersten Ultra laufen, Tom vermisst die Wettkämpfe in den Alpen und freut sich auf die Höhenmeter. Swen hat die Strecke entworfen und begleitet uns gemeinsam mit seiner Freundin Katja die ersten zwanzig Kilometer, um dann abzukürzen und schon nach 35 Kilometern das Ziel zu erreichen. Die Sonne will sich nicht durch die dunklen Wolken kämpfen und so wird es nichts mit dem geplanten Lauf in den romantischen Sonnenaufgang. Außerdem ist es mit 5 Grad im Vergleich zu den letzten Tagen lausig kalt. Der Ausblick von dem Startpunkt, einer Aussichtsplattform neben der Schaumbergalm, zeigt uns nur eine graue Nebelwand. Also schnell los.
Auf den ersten Metern geht es auf sehr schmalen Pfaden durchs Unterholz. Jede Berührung mit einem Ast löst einen kleinen Regenschauer aus und so sind wir schon nach zweihundert Metern pitschenass. Der anschließende Downhill durch eine Wiese flutet dann auch noch die Schuhe. Ich vermisse meine Handschuhe. Immerhin hat es der Regen in der Nacht nicht geschafft, die Wege aufzuweichen und es ist jetzt auch schon hell genug, um ohne Stirnlampe durch den Wald zu laufen. Schnell geht es wieder bergan und überraschend erscheint über uns im Nebel der Schaumbergturm und die Aussichtsplattform, wo wir eben gestartet sind. Die Navigation klappt ganz gut. Zum Glück hat meine Uhr anständige Karten hinterlegt. Mit einer Wurmnavi wird es wohl schwierig und die Hartfüßler empfehlen in diesem Fall richtigerweise als zusätzliche Hilfe eine kostenlose Navi-App auf dem Smartphone mitzuführen. Wir haben aber den Streckenchef dabei und müssen nur prüfen, ob die Uhr die Abzweigungen richtig anzeigt. Eine gute Übung. In jedem Fall sollte man sich die Strecke vorher genau auf dem Rechner anschauen. So kennt man schon mal die Namen der Wanderwege, die genutzt werden und kann sich die Schlüsselstellen einprägen. Auch wenn man sich nicht alles behalten kann, erinnert man sich doch beim Laufen an die eine oder andere Schlüsselstelle.
Am Fuße des Schaumbergs kommen wir auf der Drei-Kapellen-Runde nach Sotzweiler. Ich erkenne den Startort des ehemaligen Schaumberglaufes. Leider findet der Berglauf schon seit zwei oder drei Jahren nicht mehr statt. Hinter dem Ort erreichen wir das Wortsegel, eine Stahl-Skulptur auf dem offenen Feld, die als weithin sichtbare Landmarke eigentlich schon von der Autobahn aus zu sehen ist. Im morgendlichen Dunst wird die Skulptur erst sichtbar, als wir nahe davor sind. Jetzt reißt der Nebelschleier etwas auf und im Hintergrund ist sogar die Sonne zu erahnen. Schnell geht es nach dem Fotostopp weiter, ist es doch immer noch lausig kalt auf dem offenen Feld.
Wir folgen nun dem Warken-Eckstein-Weg, benannt nach Nikolaus Warken, genannt Eckstein. Er war der Streikführer bei den Arbeitskämpfen auf den Kohlegruben des Saarreviers Ende des 19. Jahrhunderts. Damals wanderten die Bergleute aus der Region um den Schaumberg auf sogenannten Bergmannspfaden bis zu den Kohlegruben in Reden oder Heiligenwald. So auch Eckstein. Heute dienen viele dieser Bergmannspfade zur Erholung und sind als Wanderwege ausgezeichnet. Wir folgen dem Weg in Richtung Hasborn, dem Geburtsort von Nikolaus Warken. An der Lachmühle, einem Sägewerk, können wir direkt an der Straße nach knapp 14 Kilometern an der Erzquelle unsere Wasservorräte auffüllen.
Nach der Drehmichels Mühle folgen wir dem Johannes Kühn Wanderweg. Der Lyriker, der hier in der Region lebt, lässt sich auf zahlreichen Spaziergängen auf diesen landschaftlich reizvollen Pfaden zu seiner Arbeit inspirieren. Wir überqueren den Bitschberg mit einem skurrilen „Thron“ und mittlerweile genehmigt uns die Sonne immer öfter herrliche Ausblicke bis hin zum Schaumberg. Wir folgen nun dem Primstaler Panoramaweg. Swen und Katja kürzen hier ab und so genießen wir nur noch zu dritt die schönen Single-Trails zwischen hohen Buchenwäldern, alten Steinbrüchen, idyllischen Bachläufen und aussichtsreichen Wiesenwegen.
In ständigem Auf und Ab geht es über diese Traumschleife des Saar Hunsrücksteiges und wir sammeln fleißig Höhenmeter. Der Rückseite meines linken Oberschenkels gefällt das heute gar nicht. Sie meldet massiven Protest an und so muss ich auf einer Bank eine Pause einlegen und die Beine mit etwas Verpflegung, etwas Massage und gutem Zureden zum Weiterlaufen motivieren. Zum Glück geht es bergab oder flach, bis wir nach 38 Kilometern die Nahequelle erreichen. Beinahe hätten wir sie verpasst. Ich nutze die Zeit für eine kurze Massage, während die Wasservorräte an der Quelle aufgefüllt werden. Obwohl die Sonne jetzt dauerhaft scheint, wird es nie zu warm. Bei den folgenden Wiesenabschnitten kann es um die Mittagszeit wohl auch unangenehm heiß werden.
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Hartfüßlers FKT Ultra Kurzinfo:
Start/ Ziel: Aussichtsplattform am Schaumbergturm, Zum Schaumbergturm,
66636 Tholey
Strecke: Umrundung des Schaumberges
Distanz: 48,73 km
Höhenunterschied: ca. +/- 1560 Meter
Untergrund: ca. 35 % Feld- und Waldwege, 55 % Trail, 10 % Asphalt
Laufzeit: 5,5 bis 8 Stunden (ohne Pausen)
Veranstaltungsseite: www.hartfuessler.de/hfkt
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Angenehme Kühlung verspricht der Biergarten am Hofgut Imsbach. Dem Geschenk von Napoleon fügte sein Reiteroberst Lapointe noch einen bis heute gut erhaltenen Landschaftspark an. Heute zieht das Hofgut mit seiner Gastronomie mit Produkten aus dem angeschlossenen Bioland Betrieb viele Wanderer und Spaziergänger an. Leider kann ich meine Mitstreiter nicht zu einem Bier überreden. Zu nah ist schon das Ziel. Nach der Johann Adams Mühle (Biergarten!) durchqueren wir den Ort Theley und wandern die letzten 250 Höhenmeter dem Schaumberg entgegen. Auf der Tholix Runde umrunden wir das Gipfel-Plateau und erklimmen an der historischen Stützmauer die letzten Höhenmeter. Auf dem Vorplatz zum Schaumbergturm erreichen wir den „Wunschbaum“, ein Kunstobjekt von Helga Bernhard und Zielpunkt des heutigen Ultras. Schluss für heute. Auf die Besichtigung der Deutsch Französischen Begegnungsstätte verzichte ich für diesmal. Mein Wunsch geht dann fünfzig Meter weiter im Biergarten in Erfüllung.
Peer hat seinen ersten Ultra geschafft und wird von der Familie empfangen. Ohne Tom und mich wäre er wahrscheinlich viel schneller gewesen, aber das kann er ja nachholen. Die Strecken des HFKT können schließlich so oft gelaufen werden, wie man will.
Eine kurzweilige Tour ist zu Ende. Wir haben uns sehr viel Zeit gelassen. Mein Oberschenkel zickt noch etwas, hat aber zum Glück durchgehalten. Bis auf wenige verpasste Abzweigungen hat die Navigation erstaunlich gut funktioniert. Das kleine Display der Uhr war immer ausreichend.
Fazit:
Die Hartfüßler haben mit der HFKT-Serie eine schöne Abwechslung für uns Läuferinnen und Läufer geschaffen. Sie haben dabei die Möglichkeit, Wege und Pfade kennenzulernen, die sie alleine wohl nicht auskundschaften würden. Dabei kann man sich zumindest virtuell mit anderen messen und seine Erlebnisse in sozialen Netzwerken mit anderen teilen. Darüber hinaus werden Läuferinnen und Läufer angesprochen, die gerne ohne Wettkampf- und Zeitdruck neue Strecken erlaufen wollen.
Die Strecken sind landschaftlich sehr attraktiv und lohnen auch eine etwas längere Anreise. Die Navigation mit der Uhr ist dabei eine Herausforderung, da die Strecke oft an unscheinbaren Abzweigungen auf sehr schmale Single Trails abbiegt. Wachsamkeit sollte also ständiger Begleiter sein. Zur Unterstützung sollte man sich eine entsprechende App (Locus Map, Mapeout, usw.) auf sein Smartphone laden. Die Hartfüßler werden dem Format als festem Bestandteil ihres Veranstaltungs-Angebotes treu bleiben und jedes Jahr verschiedene neue Strecken anbieten.
Weitere Strecken:
Urwaldstrecke 30Km. Die Strecke führt durch den Urwald vor den Toren der Stadt Saarbrücken und ist mit 750 Höhenmetern und sehr hohem Single-Trail-Anteil recht anspruchsvoll. Einige Wege sind vom Hartfüßler Trail bekannt, andere einsame Wege gilt es neu zu erkunden.
Die Halbmarathonstrecke führt vom Saarpolygon, dem neuen saarländischen Wahrzeichen des Bergbaus, über interessante, schnelle Single-Trails durch den Ensdorfer Grüngürtel. Wiesen und Felder wechseln sich mit Wäldern und Bergbaufolgelandschaft ab. Kneippbecken laden zum Ausruhen oder Abkühlen ein.
Fun Trail 14km. Die Kurzstrecke führt über verwinkelte Single-Trails durch den Riegelsberger Frohnwald. Vorbei an etlichen Westwallbunkern und schönen Bachläufen werden gut 400 Höhenmeter gesammelt.