Berg- und Tallauf im Monschauer Land
Was für ein tolles Laufwochende liegt da hinter mir! Am Freitagabend schaffe ich es nach Jahren zum ersten Mal, unserem Bahnvolkslauf die Ehre zu erweisen und hetze mir bei 30° auf 12,5 Stadionrunden die Lunge aus dem Leib. Der Samstag steht ganz im Zeichen des Women’s Run (vulgo: Frauenlauf) in Köln, mein Weib fühlt sich auf 8,4 km als Königin der Langstrecke und der Gatte mimt den Unterstützer/Trainer/Physio- und Psychotherapeuten sowie Helfer in allen Lauf- und Lebenslagen. Eine nette Veranstaltung, bei der ich mir über Stunden die Beine in den Bauch stehe.
A propos stehen: Am Sonntag um sage und schreibe 4.30 Uhr heißt es aufstehen und fertigmachen zum Marathon. Eine „Vorbereitung“, wie ich sie noch nie erlebt habe. Die ganze Woche über, in der ich mich sonst relativ akribisch auf den Lauf vorzubereiten pflege, komme ich kaum aus dem Büro. Über die Aktivitäten am Freitagabend und Samstag habe ich ja schon berichtet. Und so kommt es, daß mich im Morgengrauen des Sonntags das Grauen packt, weil ich null vorbereitet bin. Ich habe keine Ahnung, wie ich fahren muß, habe mich nicht mit der Strecke beschäftigt, gar nichts.
Um 5 Uhr sitze ich im Auto, düse los und wundere mich, daß das Navi nur 125 km, aber 1:52 Std. Fahrzeit anzeigt. Warum weiß ich spätestens, als ich wenig später an der noch nicht betriebsbereiten Rheinfähre in Linz stehe. Es sollte also über Stock und Stein gehen. So muß ich mich dann doch bequemen, einen Blick in die Karte zu werfen, denn außer der groben Richtung Westen habe ich keinen Plan. Über Bonn fahre ich auf der Autobahn dann letztlich gute 40 km weiter, komme aber dennoch um kurz vor 7 Uhr in Konzen, dem Stadtteil Monschaus (aber ein separates Dorf) an.
Konzen mit seinen knapp 2.500 Einwohnern ist der älteste Stadtteil Monschaus und von hier aus fand auch die Gründung von Burg und Stadt Monschau statt. Und stattfinden tut hier auch etwas, nämlich ein echtes Dorffest, wie sich mir sofort zeigt. Das beginnt mit einem sehr nahe gelegenen Parkplatz auf einem unbebauten innerörtlichen Grundstück und setzt sich fort über Partyzone nahe der Kirche. Festzelt, Stände, Startnummernausgabe – alles lässt erahnen, daß hier bald der Bär los sein wird.
Innerhalb weniger Minuten habe ich alles Notwendige ergattert und kann mich lauffertig machen und noch den einen oder anderen Bekannten begrüßen. Kurz vor 8 Uhr stehe ich in der Startaufstellung und sehe, für einen Landschaftslauf durchaus ungewöhnlich, mehrere Zugläufer für verschiedene Zielzeiten parat stehen. Tja, Zielzeit? Nach der stressigen Woche und überhaupt steht mir eigentlich nicht der Sinn nach einer wilden Hatz. So stelle ich mich mal ganz locker hinter den 4:14er Zugläufern (drei an der Zahl!) auf und harre des Startschusses. Der erfolgt auch pünktlich um 8 Uhr und ganz entspannt dank Champion Chip geht es zur und über Startlinie.
Im Gegensatz zu Waldniel verpasse ich meinen Lauffreund Jörg Segger dieses Mal am Start nicht und wir nutzen die ersten km, damals Versäumtes nachzuholen und viel zu quatschen. Er meint, sich 14 Tage nach dem K 78 schon wieder den nächsten Marathon antun zu müssen, au Backe! Unvorbereitet wie ich bin wundere ich mich, daß es, an der Konzener Kirche vorbei, erst einmal jede Menge abwärts geht. Verdächtig abwärts. Sehr verdächtig abwärts. Da Start und Ziel identisch sind, lässt dies für das Ende Übles befürchten. Nach guten zwei km macht mich Jörg auf eine ihm bekannte Staustelle aufmerksam und schon befinden wir uns im Wald auf einem abschüssigen, steinig-glitschigen Pfad. Vorsichtiges Gehen ist angesagt, ein Überholen wenig ratsam. Exakt dies ist der Augenblick, in dem ich endgültig beschließe, den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen und heute keinerlei Zeitambitionen zu entwickeln. Was sich im Nachhinein auch als richtig erwiesen hat.
Nach rund drei km erreichen wir den Stadtrand von Monschau. Zarte Erinnerungen bemächtigen sich meiner, denn mit ca. 14 Jahren, also kaum 36 Jahre her, war ich schon mal hier. Allerdings lag mein Focus damals eher auf der Schönheit meiner Klassenkameradinnen als an derjenigen der Stadt. Letztere zeigt sich nach einem ersten Eintauchen sehr schnell und nachhaltig. Bevor jetzt das Lästern losgeht: klar, die Perspektiven ändern sich mit zunehmendem Alter, aber Attraktivitäten, gleich welcher Art, beeindrucken mich auch heute noch...
Monschau mit seinen knapp 13.000 Einwohnern, bis 1918 Montjoie genannt, begeistert mich durch herrlich renovierte Fachwerkhäuser, die in Verbindung mit der durchfließenden Rur (ohne „h“), dem vielfältigen Blumenschmuck und dem Straßenpflaster eine echte Augenweide ist. Für meine Füße ist das Pflaster eine Zumutung, denn es ist – wenn auch schön anzusehen - unangenehm zu belaufen und der vorherige Abstieg war auch nicht gerade witzig. Nette Zuschauer geizen schon am frühen Morgen nicht mit Beifall und werden zum Dank direkt abgelichtet. Nach einer Schleife durch die Stadt müssen wir diese leider bald wieder verlassen.
Das erste km-Schild, das ich bemerke, ist die „5“ und die Uhr zeigt exakt 30 Minuten. Da bin ich also tatsächlich trotz der Bergabstrecke recht gemütlich unterwegs. Gut so. Bei km 7 kommt die erste Verpflegungsstelle. Wenn es heute an irgend etwas nicht gemangelt hat, dann an Verpflegungsstellen. Offizielle, inoffizielle, ich habe sie nicht gezählt. Überall nette und freundliche Helfer(innen), nochmals herzlichen Dank an Euch! Rechtzeitig, bevor ich übermütig werde, kommt bei km 7,5 die erste zarte Bergaufpassage.