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12.08.12 - Monschau-Marathon

Wo die Republik laufen lernte

Autor: Joe Kelbel

Schnell sind wir wieder auf der Trasse der Vennbahn, noch die Viehweide hoch zur Kirche von Konzen und wir haben die ersten 14 Kilometerchen geschafft. Die Marathonläufer stehen schon am Starttor, sie starten erst in 30 Minuten und wir  fetzen unter Beifall nochmals durch´s Starttor, um uns auf die reguläre Marathonstrecke zu begeben.

 
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Am Gut Stillbusch vorbei geht es über traumhafte Wiesen und hinunter in das tiefe Tal mit der Altstadt von Monschau. Uih, ist das ein schönes Städtchen. Fotomotive an jeder Ecke, dann bin ich allein. Aber es gibt nur den einen Weg entlang der Rur, und der ist wunderbar, wie die Morgensonne durch das knallige Grün auf das Flüsschen scheint. Wunderbarer Lauf. Anstieg und ein letzter Blick hinunter ins Rurtal. Widdau, Rohrener Wald, wunderbar.

 
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Hälderbachtal: ein unheimliches Gebrüll bei km 14 (ab jetzt entsprechend der Marathonstrecke). Die Jungs des Verpflegungspostens haben die Nacht durchgemacht, sind gut drauf, und jetzt kommt so einer mit ner 200 auf dem Shirt an. Einer der Jungs bietet mir Iso an, der andere Wasser, Bananenstücke oder gar Zuckerstückchen, doch ich steuere direkt auf die Reste der Nachtverpflegung zu. Die Jungs kriegen sich nicht mehr ein. Mann, war das ne Party. Die haben das nicht erwartet, lernen jetzt, dass Laufen Spaß bedeutet.  Frisch gestärkt gehe ich den steilen Anstieg nach der Brücke an, die Jungs werden mich in wenigen Stunden jubelnd im Ziel empfangen. Was für ein schöner Jubiläumslauf!

 
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Km 19, der höchste Punkt der Marathonstrecke ist erreicht. Brather Hof ( km 21), ein Hinweisschild deutet auf Granatsplitter in einer Fichte hin. 400 kg Munition liegen hier noch pro ha, man sollte also nicht vom Weg abkommen. Nun geht es ins Naturschutzgebiet Fuhrtsbachtal mit seinen Moorgebieten und seiner einmaligen Narzissenblüte (März-Mai), Schutzherr ist Jean Pütz, ein Luxemburger.

Im Perlenbach ( km 23) gibt es noch wenige uralte Exemplare der Perlmuschel. Sie kann 300 Jahre alt werden, doch Nachkommen gibt es nicht. Junglarven brauchen die Bachforelle als Wirt, und die wird von der Regenbogenforelle verdrängt. Auch Einwanderer wie Waschbären und Bisamratten setzten der Muschel arg zu. Doch wer den Muscheln vor zweihundert Jahren den Todesstoß gab, war ein anderer Einwanderer: Napoleon.

Hier im Perlenbach gab es riesige Muschelbänke mit mehr als 1000 Tieren pro Quadratmeter. Die gehörten dem Landesherrn. Wer Perlen suchte, obwohl er kein  Perlregal, also das Recht zur Perlensuche besaß, dem wurde die Hand abgehackt.

Napoleon brauchte Geld. Er hob das Perlregal auf, sämtliche Muschelbänke wurden geräubert. Was heute unter Stacheldraht und Felsen geschützt das Rentnerdasein genießt, sind etwa 20 Muscheln, die schon 100 Jahre vor Napoleon “geboren” wurden.

Gut Heisters (km 26,5) ein Drei-Sterne-Hotel, davor wieder eine Verpflegungstelle. Was für eine wunderbare Verpflegung. Es gibt alles, wirklich alles, außer Tiernahrung. Das Geburtstagskind Inge serviert höchstpersönlich. Zwei Jubilare, die mit Cola anstoßen. Ich sehe keine Läufer, die irgendwelche Probleme hätten, einfach ein genialer Lauf, auch wenn die Marathonstrecke knapp 800 Höhenmeter aufbringt.

Kalterherberg (km 28). Der Name sagt es, direkt am Hohen Venn liegend bekommt dieser Ort als erster das schlechte und kalte Wetter ab. Die haushohen Buchenhecken schützen vor den kalten Winden und geben der Landschaft den Namen Monschauer Heckenland.

 
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Oft sind es Gärtner, die auf hohen Leiter balancierend die Hecken schneiden, erklärt  mir auf neugierige Frage ein Hausbesitzer. Werden die Buchen richtig gepflegt, so sind  unter dem dichten Laub dicke Äste, die der meterlangen Leiter Halt geben. Besonders effektvoll ist es, wenn Tür-und Fensteröffnungen in die Hecken geschnitten werden, damit die Hausbewohner einen Blick auf Passanten werfen können.

Ich endecke eine Flasche Kalterherberger Els auf einem Frühstückstisch . Els ist hier  ein wermuthaltiger Kräuterbitter. Ursprünglich ein alkoholfreier Tee für Kühe mit Appetitlosigkeit, nix für mich.

Der westliche Teil Kalterherberg wurde von Belgien 1949 annektiert, erst 1958 mit dem Grenzvertrag kam ein Teil zurück in die Republik, der Ort ist nun dreigeteilt: Belgien, Exklave, Deutschland.

“Eifeldom”, die wegen ihrer Größe so bezeichnete Kirche St. Lambertus ( km 30), meine Kamera streikt, meine Beine nicht.

Steinbrücke, Gut Reichenstein, ein Kloster mit wunderschönem Teich davor. Durch  das Viadukt der Vennbahn, wir laufen also kurze Zeit unterhalb von Belgien und sind wieder auf deutschem Gebiet auf belgischer Seite. Dann kommen wir am schmuddeligen Hotel Leyloch vorbei. Hier führte eine der Hauptrouten der Schmuggler vorbei, man nahm von oben Anlauf und war schon über der Grenze.

Mützenich, hier wurde 1783 die Leiche eines römischen Legionärs gefunden. Der Helm ist nun Bestandteil des Wappens der Stadt. Aber wirklich berühmt wurde Mützenich durch den Kaffeschmuggel. Sämtliche Bewohner von Mützenich wurden  angeklagt, 46 wurden inhaftiert, der erste Fußballclub stieg wegen Spielermangels ab, 3000 Blatt Gerichtsakten, der gewaltigste Aktenberg seit den Nürnberger Prozessen. Dann senkte die junge Bundesrepublik den Steuersatz auf Kaffee, der Spuk war vorbei. Die Bundesregierung hatte Bedenken, dass die Einwohner vor Bestehen eines Grenzvertrages für die Eingliederung nach Belgien stimmen.

Honigzelt der LG Mützenich, hier macht Eshan Khadaroo Tam-Tam, der angebotene Honig ist traumhaft. Aufstieg nach Konzen und Zieleinlauf.

 
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Mann, das ging dann aber schnell. Die besten Läufe gehen halt immer viel zu schnell vorüber. Doch die Party geht weiter, der Sonntag ist noch lang. Super Stimmung in der Dorfmitte. Überall glückliche Gesichter im strahlenden Sonnenschein. Hier kann man nicht nur laufen, man kann auch Läufe organisieren. Die Flyer für den Ultra 2013 liegen schon aus. Ich komme wieder!

Die Platzierungen bei den Damen im Run:

1. Ortmanns, Christine Team Coolart 3:23:49 Stunden
2. Frings, Anette Selbstläufer Altenahr 3:29:39 Stunden
3. Jochum, Carina Bonn 3:29:52 Stunden

Die Platzierungen bei den Männern im Run:

1. Werker, Markus TV Konzen 2:38:57 Stunden
2. Achten, Jörg Aachener TG 2:45:57 Stunden
3. Mey, Markus Peters Sport 2:50:16 Stunden

507 Finisher

Ultra-Marathon –Damen

1. Braun, Marion G. Eicherscheid 4:43:30 Stunden
2. Doornbos, Lydia AVVN 4:57:48 Stunden
3. Hoffmann, Sigrid LG Westerwald 5:14:39 Stunden

Ultra-Marathon - Männer

1. Collet, Andre Aachener TG 3:40:36 Stunden
2. Romejn, Jeroen 3:55:56 Stunden
3. Sengenberger, Ulf Kitzingen 4:06:34 Stunden
3.Schneider, Torsten Ultra Running Tea 4:06:34 Stunden

194 Finisher

12
 

Informationen: Monschau-Marathon
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