Da gibt es auch noch die Gruselgeschichten von den Lichtern im Moor, die die Menschen auf Irrwege führen und dann töten. Auch das ist Quatsch, denn obwohl es diese Lichter im Moor gibt, ist das Verschwinden vom Menschen auf keinen Fall mit solchen Erscheinungen in Verbindung zu bringen. Früher, als noch nicht alles wissenschaftlich erklärbar war, hatten viele Menschen Angst vor ungewöhnlichen Dingen und so entstanden die schlimmsten Geschichten.
Dabei haben die Lichter eine ganz natürliche Erklärung. Der italienische Physiker Alessandro Graf von Volta erfand die Batterie und gilt als einer der Begründer des Zeitalters der Elektrizität. Er bemerkte, dass manchmal nach Gewittern in den Sümpfen oder Mooren Lichter brannten. Dabei hatte sich das durch Vergärung entstandene Gas entzündet. Das Sumpf- oder Moorgas wurde Methan genannt. Heute wird dieses Bio-Gas aus Müll und Gülle gewonnen und zum Heizen benutzt. Lichterscheinungen in den Mooren sind aber nur noch selten zu beobachten.
Wir laufen nach 3 km in Uhrzeigerrichtung in eine Ost-Süd-Schleife und ich komme mit Maria Rolfes ins Gespräch. Sie ist bisher alle Moormarathons mitgelaufen. Ihren 1. Marathon ist sie hier gelaufen und letztes Jahr auch ihren 100, heute ist es ihr 130. Marathon. Erst letztes Wochenende hat sie erfolgreich am 100 Meilenlauf in Berlin teilgenommen und nach 25:46:31 gefinisht. Als kleines Mädchen hat sie schon im Moor beim Umschichten ihr Taschengeld aufgebessert und hätte nie gedacht, nochmal eine so enge Bindung zum Moor zu bekommen. Sie ist mir dann enteilt und hat den Lauf als 4. Frau beendet.
Zwischen km 3 und 4 weisen uns die Schienen der Moorbahn den Weg. Am Ende der Geraden biegen wir rechts ab und kommen an den ersten Versorgungspunkt. Wir verlassen die Schienen kurz mal und nach zwei Richtungswechseln geht es schnurgerade zum Voßberg, einer kleinen Erhöhung im Moor. Kurz vorher befindet sich der 2. Verpflegungspunkt am Maisfeld. Hier werden später die 13km-Läufer von unserer Strecke abbiegen. Nach einem kurzen Knick in Richtung Rödenbeck geht es über eine Asphaltstraße in Richtung Vogelsang. Die Laufstrecke führt nun ein kurzes Stück über den asphaltierten Weg. In diesem Teil des Moores finden wir immer wieder kleine Höfe, wo früher nur Moorfläche war. Die Moore wurden entwässert und urbar gemacht, der Torf wurde als Brennstoff oder Dünger genutzt. Hierzu gibt es einen alten Spruch: „Den Ersten sien Dod, den Tweeten sien Not, den Drütten sien Brod“.
Hier bläst uns der Wind direkt von vorn und lässt uns wie gegen eine Mauer laufen. Wenn man heute etwas bemängeln wollte, so ist es der Wind, der zwischendurch immer mal wieder bläst. Aber dafür kann der Veranstalter nichts.
1984 wurde das Goldenstedter Moor unter Schutz gestellt. Im nördlichen Teil des Großen Moores im Dreiecksmoor wurde mit der Wiedervernässung begonnen. Nur deshalb können wir heute durch diese wunderbare Moorlandschaft laufen, wie vor hunderten von Jahren. Wir finden wieder Wollgras, Sonnentau und Torfmoos. Wer die Augen offen hat, entdeckt wunderschöne Ecken. Der Untergrund ist nicht für schnelle Zeiten, denn dazu sind die teils moorigen und sandigen Wege zu schwer zu laufen.
Im Moor leben viele Vogelarten. Kraniche machen hier halt auf ihrem Weg in den Süden. Auch der bedrohte Moorfrosch oder die Sumpfohreule sind hier heimisch.
Wir laufen durch die Siedlung Mäkel und kommen an den südlichsten Punkt der Laufstrecke, wo sich wieder ein Versorgungspunkt befindet. Die V-Stellen werden fast überwiegend von Jugendlichen der umliegenden Feuerwehren betreut, die sehr eifrig sind. Toll, wie die Jugend mit eingebunden ist.
Die Strecke ist sehr gut ausgeschildert. Die Pfeile bzw. Km-Schilder haben die Farbe der Startnummer. Rot ist Marathon und blau ist Halbmarathon. Zusätzlich sind bei Richtungswechseln Leuchtpfeile auf dem Boden aufgesprüht. Verlaufen ist fast unmöglich. Am Ende des Wäldchens wird davor gewarnt, den Weg zu befahren. Der Untergrund ist nämlich weich und nicht tragfähig. An manchen Stellen sieht man Radspuren, die bis 1m tief sind. Für uns Läufer besteht da aber keine Gefahr.
Als wir ins Freie kommen, sind wir mitten im Torfabbau, so weit das Auge reicht. Am Horizont sehen wir die Türme vom Torfwerk – da müssen wir hin. Es sieht unendlich weit aus, sind aber nur 5km. Hier wird das Auge durch die Weite des Moores ganz schön getäuscht. Der Weg ist weiterhin weich und es gibt viele kurze Wellen, die einem aus dem Laufrhythmus bringen. Kurz vor km 19 an einem alten Feuerwehrauto warten wieder Jugendliche, um uns mit Wasser, Iso oder Cola zu versorgen. Das letzte Stück sind wir auf kleinen Betonplatten gelaufen, die aber wegen des weichen Untergrundes sehr uneben liegen.
Bei km 20 kommen mir auf einer kurzen Begegnungsstrecke schon Läufer entgegen, die auf der 2. Runde sind. Das Feld ist jetzt erheblich ausgedünnt. Wir haben unsere Schleife fast beendet und kommen wieder an die große, nicht endende lange Gerade, die uns jetzt jedoch in die andere Richtung führt. Hier kommen mir Fjelline und Ylvi Smilla die zwei Marathonhunde mit Begleitung entgegen. Nach rund einem Kilometer sind wir wieder am Haus im Moor und die Halbmarathonis haben ihr Soll erfüllt.
Die Marathonis laufen vor dem Ziel links ab, denn sie wollen mehr Moor, More and more. Also auf in die zweite Runde. Ca. 60 Teilnehmer verteilen sich nun über die Strecke und man läuft mit sich und der Natur allein. Zunächst aber nur fast, denn inzwischen sind die Walker gestartet und es heißt, sie im Zick-Zack-Kurs überholen. Die Stille ist herrlich, dazu die schönen Lichtspiele in den Tümpeln. Wer Landschaftsläufe liebt, muss einfach mal hier her.
Zielschluss ist heute um 15 Uhr, das heißt 6 Stunden Zeit zum Laufen und Genießen. Nach 2/3 der Strecke werden meine Beine schwer und ich muss ab und zu eine Gehpause einlegen. Das mache ich dann, wenn der Wind heftig von vorne bläst.
Die Zielgerade ist über 1km lang und man hat das Gefühl, das Ziel kommt nicht näher. Aber nach 4:57:29 habe ich es als 3. der M60 geschafft. Ich bekomme einen Lauftaler aus Holz als Erinnerung und das Mikrofon in die Hand gedrückt, um meine Laufeindrücke zu schildern. Die habe ich heute hier zusätzlich niedergeschrieben.
Zur Erholung geht es nach der Dusche ins Cafe im Haus im Moor. Hier probiere ich noch die typische Moorspezialität, den traditionellen Jan Hinnek Pfannkuchen aus Buchweizen mit Schwarzbrot und Preiselbeeren. Lecker wie auch die Buchweizentorte. Ein schöner Tag geht zu Ende und der Veranstalter freut sich, wieder einen neuen Teilnehmerrekord verkünden zu können. Leider ist die Bilanz bei den Marathonis schlechter (58 Finisher). Aber vielleicht notieren sich für nächstes Jahr einige Leser den Moormarathon, denn er hat es wirklich verdient.
Sieger Marathon:
Männer:
1. Stefan Beckmann TV Borken 3:09:45
2. Ralf Lange Homberger TV 3:16:09
3. Holger Sigl MTV Aurich 3:16:40
Frauen:
1. Ute Deters TuS Eversten 3:26:56
2. Gudrun Bärmann Homberger TV 3:38:02
3. Dorothe Wolf Wintershall/WINGAS 3:58:28