Das gabs noch nicht. Zumindest hier nicht, in Nesselwang im Allgäu. Die Premiere des mountainman war 2018 in Reit im Winkl. Verschiedene Streckenlängen sind im Angebot, hiking geht auch. So das Konzept. Also ist für jeden was dabei. Heuer wird’s noch besser: Nesselwang ist erst der Anfang von drei Läufen: Großarl und Reit im Winkl folgen. Wer das alles überlebt, kann die Triforia-Medaille bekommen. Als Held der Berge.
Heute also der erste Mountainman in Nesselwang. Um 8 in empfindlicher Kälte geht’s los. Fast alle sind warm, manche sehr warm angezogen. Das Schietwetter ist zwar erst für den Nachmittag angemeldet, aber hier in den Bergen gelten besondere Regeln und daher auch ein gut zusammengestelltes Pflichtgepäck. Eigentlich nur Handy, was zum Trinken, Becher, ErsteHilfeSet. Gut beraten ist, wer da noch gute Regensachen und Stöcke dazu packt. Gerade heute.
Die Strecke ist eigentlich ein 30 km-Rundkurs, L genannt. Die kürzeren M und S Strecken schneiden ein Stück ab, die XL läuft anschließend noch die S dazu. Man kann also 8,5-16-30 und 39 km laufen. Oder hiken. Dann wären da noch die Höhenmeter: 620-960-1680-2300. Und die hauen rein.
Davon ahnen wir nichts, als um 8 die erste Welle der Schnellen und sehr Schnellen startet. Gnädigerweise lassen wir ihnen 4 Minuten Vorsprung, dann kommen wir anderen. Und wir anderen sind viele, mancher mit Laufhund an der Leine. Die müssen abbiegen, wir dürfen die Treppen steigen. Wasserfallweg, so der Name. Auf Metalltreppen oder auch Holzschwellen, erklimmen wir die ersten paar hundert Höhenmeter. Oben wird es aber keineswegs flacher. Dort, in Schlamm und Schnee, verläuft der Wurzelweg genauso steil und zehrend. 600 hm auf 3 km. So gehen Berge.
Durch die Schneefelder werden wir zu einer kleinen Wegänderung gezwungen, aber das fällt irgendwie nicht auf. Frische rosa Pfeile sind eindeutig. An der Streckenteilung links auf Schotter dann weiter und in der Austria-Enklave Jungholz dann auf den Trail. Wolken rasen vor blauem Himmel vorüber, es gibt tolle Aussichten hier oben, in alle Richtungen. Wunderbar ist das. Und Trail abwärts ist einfach nicht zu schlagen. Überall gibt es Bergwachtposten, die in diesem schwierigen Gelände auf uns achten.
Die Alpe Stubental ergänzt ein paar Vorräte und weiter, ab- und aufwärts. Wieder in den Schnee, über die gestürzten Fichten. Immer höher. Die Reuter Wanne, ein Gipfel, ruft. Noch ganz kurz gestärkt und ab in den Wind. Der bläst nun kalt, aber von hinten. Leichtes Nieseln setzt ein, oben ist dann nur noch Nebel und nix mit Neuschwanstein-Blick. Bloß wieder runter. Aber das sagt sich so leicht. Am Nordhang sind Schneefelder von der steilen Sorte. Gehen oder rutschen – die Antwort ergibt sich von allein. Nur keine Gedanken machen. Heile bleiben ist alles. Im Wald folgt dann ein steiler traumhafter Trail, unten dann eine breite Straße, so richtig toll zum Rollen lassen.
Die Alpe Reuter Wanne hat alles. Lecker. Komisch nur, keiner sagt auch nur irgendein Wort. Sind die alle so fertig? Oder ahnen die schon, was jetzt kommt? Es sind nur drei km bis zur nächsten Alpe. Aber was für welche. Oh, Mann. Trail. Steil. Schlamm. Bloß nicht stehenbleiben, man kommt dann nicht mehr in Gang. Und auf die rosa Pfeile achten. So mancher muss zurückgepfiffen werden. Wer das überlebt, kann Waldfrüchte in Buttermilch testen. Großartig.
Ab hier wird es fast gemütlich. Uns kann nun kaum noch was schrecken. Die (sehr) nasse Wiese nicht und der fiese steile Wurzeltrail auch nicht. Die Schenkel brennen. Nichts wie über die Straße zum Camping am Grüntensee. Pizza gibt’s. Da freuen wir uns schon seit der Buttermilch drauf. Richtig schlemmen kann man hier, aber erst über die Zwischenzeitmessung. Die gibt’s ab und zu mal.
Wer jetzt noch weiter möchte, kann am See entlang Haupt- und Nachspeise in die Ritzen rütteln, die der Magen noch hat. Ganz gemütlich immer nur am See entlang, dann in die Wiesen und hoch zur Haslacher Alpe. Eine kleine Getränkestation mit fachkundigem Team erwartet uns. Die wissen ganz genau, wie das ab hier weitergeht. Noch 8 km to go.
Ein recht breiter Weg führt mal wieder zwischen die Berge, einigermaßen gut laufbar. Von rechts kommen die M – Läufer dazu, es gibt plötzlich viel Betrieb. Und dann hoch, was sonst. Oben in den Schnee, und dann das kurze Wegstück in Gegenrichtung zur Streckentrennung.
Und da beginnt er nun, der finale Abstieg. Schmal, steil so lala. Aber der Schlamm… Dieser zähe Brei, zentimeterdick, er spritzt nach allen Seiten und tarnt, was darunter liegt. Steine? Wurzeln? Schnee? So manch ein Knöchel hält das nicht aus. Also besser im Schongang durch die schlimmsten Passagen.
Weiter unten wird es etwas trockener, da kann man bis zum VP bei km 27auch laufen. Praline oder ein Bier? Diese Wahl fällt mir leicht, ebenso die 3 letzten km ins Ziel. Weg, Straße, Trail, alles im Wald. Und wieder Straße.
Im Ziel angelangt, legt der Sturm gerade den Zielbogen um. Was für ein Motiv, denke ich noch. Da legt es mich um. Das musste ja kommen. Die schöne Medaille kriege ich noch um den Hals, dann flüchte ich ins Trockene.
Vom Parkplatz etwas oberhalb beobachte ich das Drama. Wegfliegende Zelte, Siegerehrung, flüchtende Läufer… Übrigens, die Verlängerung der 30 km Strecke zum XL wurde abgeblasen, es wurde einfach zu riskant. Blitzschnell leert sich der Parkplatz, alle flitzen sie nach Hause oder ins Alpspitzbad. Da haben wir eine Stunde freies Schwimmen …
Fazit
Hier wird man zum Helden der Berge. Aber echt. Und nur, wenn man auch wirklich die richtige Ausrüstung mitführt. Ohne Regenschutz, ohne gute Trailschuhe ging es heute wirklich nicht. Stöcke waren im Schnee recht nützlich. Also fürs nächste Mal: Wetter beobachten und auf die Ratschläge des Veranstalters hören!
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