Mountainman ist eine der die größten Internationalen Trailrunning- & Hiking-Serien in Europa. Unter dem Schlagwort: 4 Jahreszeiten - 3 Races - 2 Länder gibt es sogar eine Cupwertung. Vom Wintertrail auf Schnee in den Bergen des Chiemgau, im Frühling in den Allgäuer Alpen, im Sommer erneut im Chiemgau bis schließlich im Herbst in den Bergen des Salzburger Landes in Österreich. Für Trailrunner aller Klassen wird hier einiges geboten.
Norbert und ich haben vor den Läufen der Mountainman-Serie gehörig Respekt. Deshalb entscheiden wir uns bei unserem Jungfernlauf für die Ausgabe in Reit im Winkl, allerdings nur für den M Trail, das ist mit 25 km und 950 Hm die zweitkürzeste Distanz. Es gibt noch den S-Trail (11 km, 300 Hm), den L-Trail (38 km, 1500 Hm), und den XL-Trail (53 km, 2200 Hm). Ach ja, ein Kids Tail ist ebenfalls im Angebot - dafür sind wir aber zu alt.
Am Freitag gibt es die Startnummern in der Expo-Area beim Festsaal in Reit im Winkl. Eine Helferin gibt eine private Einführung und zeigt uns, wo wir morgen laufen werden. Das hört sich schon mal gut an.
Es regnet die ganze Nacht, bis in den Morgen. Für uns ist es der erste Regen seit langem. Der Wetterbericht prophezeit, dass es erst um 11 Uhr aufhören wird. Also ziehen wir die Regenjacke direkt über. Dann begeben wir uns zum Startgelände beim Festsaal. Die Läufer des L-Trails und des XL-Trails sind bereits um 6 Uhr gestartet, unser M-Trail wird dagegen erst um 8 Uhr auf die Strecke gehen.
10 Minuten vor dem Start öffnet der Startbereich. Bevor man ihn betreten darf, wird die Pflichtausrüstung geprüft: 0,5 l Getränk, Notfallset, Rettungsdecke, Trillerpfeife, Handy, Becher, Pass und Krankenversicherungskarte. Bei 150 Startern dauert das. Trotzdem schaffen es alle pünktlich. Die Stimmung ist ausgelassen, vielleicht gerade wegen des miesen Wetters. Bei Sonnenschein kann schließlich jeder in die Berge gehen!
Noch 30 Sekunden bis zum Start, noch 5, 4, 3, 2, 1 und los! Wir sind unterwegs. Es geht einmal um das Sportgelände herum. Die Sprecher sind inzwischen über die Wiese des Langlaufstadions gelaufen und verabschieden uns nun zum zweiten Mal. Das ist bei dem Regen bemerkenswert!
Nach den ersten flachen Metern biegen wir ab auf die erste kleine Steigung. Oben geht es in den Märchenwald. Auf dem nahezu flachen Kinderwagen- und Spieleweg passieren wir die Riesensteine und das Zauberlabyrinth.
Vor Groißenbach verlassen wir den Wald, um auf Asphalt zum Weiler Krautloider zu laufen. Dort überqueren wir die Lofer. Das Waldmandl und die Knusperhexe scheinen uns zuzuwinken, und der Fernseher (ein kleiner Holzbär auf hohem Baumstamm) verabschiedet uns.
Kurz vor Gut Steinbach sichern Helfer eine Straßenquerung. Dann zweigen wir unvermittelt auf einen schmalen Trail. Schnell sind wir oben, dann liegt das Gelände der Skisprungschanzen vor uns. Immerhin 4 Schanzen, von ganz mini, bis zur großen Franz-Haslberger-Schanze mit einem K-Punkt von 90 m, gibt es hier. Bis 1991 wurden über 40 Weltcups in der Nordische Kombination ausgetragen.
Ein freundlicher Streckenposten weist uns nach links, steil den Berg hinauf, km 3. Bisher waren wir mit m4y Kollegen Greppi im Gespräch. Wir haben uns lange nicht gesehen und viel zu erzählen. Jetzt, bergauf lässt er uns schnell hinter sich.
Zunächst ist der Weg noch breit, aber das ändert sich mit zunehmender Höhe. Gleichzeitig wird der Untergrund immer rauer. Steine, Wurzeln und höhere Stufen zwischendrin machen das steigen anspruchsvoll. Es regnet mal mehr, mal weniger stark, dazu kommt noch leichter Nebel. So komme ich wenigstens nicht ins Schwitzen.
Nach ca. 2 km und 300 Meter höher kommt uns der erste Läufer entgegen. Es ist wahrscheinlich der führende L-Trail Läufer. Auch der zweite und dritte kommen in schnellen eleganten Sprüngen von oben. Wir erreichen eine geschotterte Straße bei km 5,4 und laufen rechts. Hier ist es etwas flacher. Nach weiterer 300 m zeigen Pfeile von der Straße weg über eine Holzbrücke auf den nächsten Trail. Es ist jetzt nicht mehr ganz so steil, dafür aber stellenweise matschig. Immer mehr Läufer kommen uns nun entgegen. Wir bewundern den lockeren Laufstil und die Sicherheit, mit der sie Gämsen gleich von Stein zu Stein springen.
Bei km 6,3 erreichen wir erneut eine geschotterte Straße. Wir laufen nun links auf eine Schleife, so dass uns nun keiner mehr entgegenkommt. Es geht ca. 2 km locker tendenziell bergab. Norbert und ich joggen gemütlich hinunter. Bald haben wir sogar Greppi überholt. Na ja, der wird uns sicher gleich wieder einholen.
Ein großes Banner kündigt jetzt die Streckentrennung an. L- und XL-Trail laufen geradeaus, wir dürfen rechts, oh je, wieder den Berg hinauf. Bei km 9,6 werden wir in einer Spitzkehre vom Hauptweg abgeleitet. Es wird wieder steiler und unwegsam. Dann scheinen wir oben zu sein, denn der Weg verläuft flach und tiefe Pfützen haben sich gebildet.
Wir sind auf der Hemmersuppenalm. Umsäumt von dunklem Nadelwald, liegt die großzügige Weide mit grasenden Kühen vor uns. Kleine Almhütten säumen den Weg. Hat es etwa aufgehört zu regnen? Fast - es tröpfelt bloß noch.
Leicht bergauf liegt die Anna Kapelle vor uns. Hier finden noch regelmäßig Berggottesdienste statt. Wir passieren das kleine Kirchlein. Hinter der weiten Linkskurve bietet sich uns ein lustiges Bild: Kühe stehen in einer langen Reihe an der Strecke und beobachten die vorbeikommenden Läufer. Mit lautem Muhen feuern sie uns an. Etwas weiter befinden wir uns auf dem höchsten Punkt des Laufs mit 1253 Hm.
Bald müssten wir auch unseren ersten Verpflegungspunkt an der Hindenburghütte erreichen. Ist das vielleicht die Hütte links unter uns? Von dort kommt auch eine Läuferin. Ein Fotograf steht an der Kreuzung. Gerade wollen wir abbiegen, da ruft der Fotograf: „Das ist falsch! Ihr müsst weiter geradeaus“. Die Hütte heißt Sulzner Kaser, von dort kommen die Läufer vom L- und XL- Trail auf unsere Strecke.
Die Hindenburghütte liegt etwa einen Kilometer weiter bergab bei km 13. Das letzte Stück müssen wir über einen Wiesenweg. Unter dem Vordach der Hütte gibt es einen großen Schwenkgrill mit super leckeren vegetarischen Fitnesspflanzerln, diverse Riegel, Gurkenstücke und Topfenstrudel. Norbert und ich greifen gerne zu, etwas abseits liegt der Getränkestand mit Wasser, Iso und Cola.
Der Regen scheint nun endgültig vorbei zu sein. Wir verlassen die Hütte abermals über einen Wiesenweg, der an einer geschotterten Straße endet. Ungefähr 500 m weiter zweigt ein schmaler Trail nach links. Das kommt mir bekannt vor. Genau: hier beenden wir die Schleife und laufen nun das Begegnungsstück von vorhin, nun aber bergab. Zunächst geht das noch ganz gut. Das obere Stück ist ja auch noch nicht so steil.
Schnell haben wir die kurze Straßenpassage erreicht. Auf den nächsten Kilometern geht es dann richtig zur Sache. Ich muss mich voll konzentrieren, aber trotzdem werde ich immer wieder überholt. Am nettesten ist Martin, der wegen einer verlorenen Wette mit Badelatschen den L-Trail läuft. N
Irgendwann wird der Weg breiter, und ich kann zwischen den Bäumen die ersten Häuser erkennen. Da steht auch ein hoher Turm. Als ich genauer hinschaue, erkenne ich, dass es sich um die Rückseite der Franz-Haslberger Skisprungschanze handelt.
Schnell bin ich unten. Norbert ist schon bei der Verpflegung bei km 16. Er ruft mir zu, dass es hier den „besten Kaiserschmarrn“ gibt. Der Helfer füllt mir einen Becher mit dem warmen Gebäck und noch ein Klecks Apfelmus dazu; so kann ich den Kaiserschmarrn genießen. Sehr lecker! Für nächstes Jahr bestelle ich noch eine Tasse Kaffee. Die Helfer erkennen die Schlussläufer des S-Trail, die sich gerade nähern. Sie sind um 10 Uhr gestartet und haben nun ca. 3 km hinter sich.
Wir laufen am Skisprungauslauf entlang. Anschließend führt der Weg flach auf einen Waldsportpfad. Bei km 17 steht ein Streckenposten: S -und M-Tail nach links, L- und XL hier rechts.
Weil es leicht bergauf geht, hat Norbert mich abgehängt - er ist einfach schneller. Deshalb habe ich Muße, die wunderbare Natur zu genießen. Rechts unter mir tost der Große Steinbach, Buchenwald wird langsam von Nadelbäumen abgelöst, der Wegrand strotzt von sattem Grün. Dazwischen viele, auch alpine Blumen. Margeriten, weiße Astilben, weißer Fingerhut und als besonderes Highlight das Knabenkraut, eine heimische Orchidee, die es hier zuhauf gibt.
Norbert wartet bereits auf mich. Im Näherkommen erkenne ich, dass er nicht ohne Grund stehen geblieben ist: unser Weg kreuzt den Großen Steinbach. Wir überprüfen nochmal die Markierungen, kein Zweifel, wir müssen da hinüber. Vor nassen Füßen habe ich keine Angst, aber für mich sieht das hier wie Wildwasser aus. Ungefähr 5 Meter breit und den Bachgrund kann man nur erahnen.
Wir überlegen einige Minuten. Norbert bietet mir einen seiner Stöcke an, das erleichtert sicher den Überweg. Ich suche mir noch einen Stock im Wald, er ist etwas zu kurz, aber besser als nichts.
Inzwischen sind zwei Läuferinnen angekommen. Die eine fackelt nicht lange. Zügig und geschickt die hohen Steine nutzend, durchquert sie das Gewässer. Die zweite zögert etwas und macht sich ebenfalls auf den Weg. Ich folge ihr direkt. Schnell stehe ich knietief im eiskalten Wasser. Mit den Stöcken stütze ich mich ab. Auf den höheren Steinen fühle ich mich unsicher, weil die Strömung an meinen Beinen zieht. Aber dann bin ich glücklich drüben. Auch Norbert schafft es schließlich.
Eine Läuferin sitzt hier am Ufer. Sie hatte zur Durchquerung Schuhe und Strümpfe ausgezogen. So einen Aufwand brauchen wir nicht. Schnell laufen wir weiter. Auf den nächsten 500 Metern steigen wir 140 Hm auf. Der alpine Steig ist schmal, wegen des Regens aufgeweicht und von Wurzeln durchzogen. Aber im Wald habe ich keine Höhenangst. Oben wird es wieder flacher.
Noch ein paar Höhenmeter im Wald; dann erreichen wir einen Zauntritt über die Weidezäune. Die Zwerchenbergalm liegt nun unter uns. Wir folgen dem Pfad über die Wiese und haben bald die nächste VP erreicht. Unmengen von Obst, Gurke, Kekse und Kuchen, Brot und Salzstangen stehen, appetitlich in Schalen angerichtet, bereit. Wir greifen gerne zu. Die Liegestühle mit phantastischer Aussicht benutzen wir lieber nicht.
Laut Streckenprofil müssen wir nun den Berg wieder hinunter. Wenn das so steil ist, wie beim Aufstieg, wird das schwierig. Sofort erkennen wir aber, dass eine geschotterte Straße hinab führt. Das ist natürlich angenehmer.
Locker joggend geht es hinunter. Der Öffnungsmechanismus der Viehschranke ist allerdings ein Intelligenztest; zu zweit sind wir aber erfolgreich. Entgegenkommende Wanderer feuern uns an. Fast hätten wir den unscheinbaren Einstieg in die Klausenbachklamm übersehen. Steil bergab führt ein Pfad hinunter. Treppenstufen sollen das erleichtern, sie sind aber so hoch und rutschig, dass ich mich noch mehr konzentrieren muss.
Wo normalerweise imposante Wasserfälle tosen, ist die Klamm heute relativ trocken. Gitterrostbrücken führen über den Klausenbach. Läufer des L-Trails kommen an uns vorbei. Wir verlassen die Klamm und erreichen den Talgrund - km 20,6. Es geht jetzt über eine Wiese bis zu einem kleinen Seerosenweiher.
Wir folgen dem Wanderweg durch die weiten Talauen und anschließend in den Wald. Noch einmal dürfen wir über eine Kuhweide, wo es den letzten Downhill gibt. Wir passieren das Lifthäuschen des Skigebiets Benzeck und laufen weiter auf einem schnuckeligem Wanderweg am Klausenbach entlang.
Scharf links überqueren wir auf dem Krautloidersteg die Lofer bei km 23. Hier waren wir am Anfang des Laufes schon einmal. Es geht erneut bergauf und bei Goißenbach in den Märchenwald. Spaziergänger feuern uns an. Wir rennen noch einmal bergab, dann sehen wir das Ziel am Ende des Langlaufstadions.
Die Sprecher kündigt uns als Läufer vom „Team Greppi“ an. „Bringt hier Norbert die Birgit ins Ziel oder umgekehrt?“ meint er. Geschafft! Es gibt reichlich Glückwünsche, und eine schwere Medaille. Wir verweilen noch etwas im Zielbereich, sogar die Sonne kommt jetzt noch heraus.
Fazit:
Das war ein schöner Lauf. Die Querung des Großen Steinbachs war aus der Ausschreibung nicht ersichtlich und hat mich zunächst etwas aus dem Konzept gebracht. Im Nachhinein betrachtet, war es allerdings nicht so schlimm und auf keinen Fall gefährlich. Vermutlich war der Wasserpegel aufgrund der vergangenen Regenfälle etwas höher als gewöhnlich.
Ansonsten ist die Strecke wunderbar, eine gute Mischung aus schwerem und leichtem Gelände, bei schönem Wetter sogar mit Aussicht. Die Strecke ist sehr gut markiert und der Track auf der Uhr dient nur der Sicherheit.
Die späte erste VP bei km 13 hinter der längsten Steigung ist kein Problem. Ansonsten ist für uns auf der kurzen Strecke das Angebot mit vegetarischen Pflanzerln und Kaiserschmarrn etwas Besonderes. Hier kommen wir definitiv nicht in ein Kohlehydratdefizit.
Vielleicht traue ich mir im nächsten Jahr eine längere Strecke zu.