Vierte Location und ganz neu im Programm der MOUNTAINMAN-Serie 2020 ist der „Wintertrail Reit im Winkl“. Drei Strecken werden angeboten. Eine „S“ mit 10 km, eine „M“ mit 21 km und rund 600 Höhenmetern, dazu noch die etwas längere „L“. Eine Zusatzschleife durch Tiefschnee sorgt für 28 km mit ca. 700 Hm. Alle Strecke sollen durch winterliche Landschaften führen.
Die aktuelle Schneelage im Tal sorgt für kurzfristige Änderungen aller drei Wettkampfstrecken. Da Veranstalterin Jutta Mützer und ihr Team auch den S-Strecken-Teilnehmern eine coole Strecke im Schnee bieten wollen, hat man sich entschlossen, den Start an die Hindenburghütte zu verlegen. Hier sind die Schneebedingungen traumhaft. Der Transport der Teilnehmer mit Bussen auf die Höhenlage wird vom Veranstalter gratis bereitgestellt und abgewickelt. Tolle Sache. Auch die längeren Strecken sind von einigen Änderungen betroffen, so ist z. B. die M-Strecke auf 24 km angewachsen.
Bewährt hat sich das Konzept, auf allen Strecken auch Walker und Teilnehmer mit Hunden zuzulassen. Maximal 100 Mensch-Hund-Teams sind möglich und diese Startplätze sind auch ausgebucht. Selbstverständlich bekommt jeder Vierbeiner nach dem Zieldurchlauf auch eine Medaille überreicht.
Mit Sabine fing es Anfang Februar an, ihr folgten Uta, Victoria, Wiltrud und Yulia. Viel Wind um nix, könnte man sagen, keines der Sturmtiefs hatte in den Chiemgauer Alpen für eine größere Menge Schnee gesorgt. Erst Bianca letzte Woche sorgte – zumindest auf höheren Lagen – für eine ordentliche Neuschneeschicht und ist dafür verantwortlich, dass wir heute auch einen richtigen Wintertrail genießen können. Eigentlich ist Reit im Winkl wegen seiner schneesicheren Lage auch als „Schneeloch“ bekannt. Leider schaut’s im Tal nicht ganz so rosig aus. Aber Sturmtief „Elli“ zieht heute durch und fast pünktlich zum Start fängt es auch hier unten an zu schneien.
Vom Stadion weg zieht sich ein weißes, präpariertes Altschneeband durch die Landschaft, das sind die Anfangs- und Schlussmeter unserer Strecke. Es reicht immerhin, um mit Spikes nicht auf dem „Trockenen“ laufen zu müssen. Die sind natürlich erlaubt, auch Schneeschuhe, die man ausleihen kann. Selbstverständlich sind auch Stöcke oder Spikes zum Überziehen genehmigt und können von Vorteil sein. Wer was wählt, bleibt jedem selbst überlassen. Da ich ungerne mit Spikes auf nicht schneebedecktem Boden laufe (das klackert immer so nervig) und das im Tal schon danach aussieht, ziehe ich lieber die grobstolligen Trailschlappen an und packe meine portablen, aufziehbaren Spikes in den Rucksack.
Natürlich nimmt man seitens der Veranstalter auch des Thema Corona ernst. So werden Teilnehmer aus Risikogebieten vom Start ausgeschlossen. Maßgebend ist hier die Einstufung durch das Robert Koch Institut. Somit werden heute insgesamt rund 750 Teilnehmer*innen an die unterschiedlichen Starts gehen.
Wie bei allen Mountainman-Veranstaltungen moderieren Rudi und Stephan das Geschehen an Start und Ziel und zwischendrin auch an der Hindenburghütte, da ist immer für gute Stimmung gesorgt. Gestern fand bereits ein Pre Opening mit einem kurzen Warm up auf der Laufstrecke und einem Treffen am Lagerfeuer vor dem Festsaal statt. Ich war leider terminlich verhindert und musste so nach einer kurzen Nacht in aller Früh die Anreise vornehmen. Das hat auch Vorteile, noch selten habe ich die A8 so leer vorgefunden.
Bei einsetzendem Schneefall erreiche ich gut in der Zeit das Event-Gelände, leider komme ich genau am Ende des Streckenbriefings an und bekomme so die genauen Streckenänderungen nicht mehr detailliert mit. Aber mir ist die Gegend ja bereits aus meinen zwei vergangenen Sommer-Teilnahmen bekannt, so lasse ich mich gerne überraschen.
Für „M“ und „L“ erfolgt der Start um 7.30 Uhr. Mit einer großen Mountainman-Kuhglocke wird der Start pünktlich eingeläutet. Im Trockeneisnebel geht‘s durch‘s Stadion und auf dem weißen Schneeband Richtung Lofer. Am Krautloidersteg überqueren wir den Fluss, noch flach geht es an der Lofer entlang weiter bis Gut Steinbach, das direkt an den Sprungschanzen liegt.
Nach drei Kilometer erreichen wir die drei Skisprung-Schanzen des WSV Reit im Winkl. Der Schanzenrekord auf der Franz-Haslberger-Schanze liegt bei 103 m. Erste gravierende Änderung unserer Runde ist der Aufstieg zur Hindenburghütte über den Schanzenweg, das war ursprünglich über einen anderen Weg geplant. Das reisst’s aber nicht raus, ich bin sogar der Meinung, der Schanzenweg ist die bessere Wahl. Die ursprünglich geplante Route, die ein paar hundert Meter weiter rechts hinauf führt, ist eine reine Teerstraße. Auf dieser werden jetzt die S-Starter in Kleinbussen hochgefahren.
Nach den ersten Aufstiegsmetern sind wir bereits mitten drin im Winter-Wonderland. Ja, so schaut’s halt aus, wenn normal Winter herrscht. Einfach schee. Je höher wir aufsteigen, umso höher wird auch der Schnee auf dem Weg. Eine kurze Bachüberquerung stellt das Teilnehmerfeld vor eine unvorhergesehene Herausforderung. Obwohl bloß einen Meter breit, ist es doch ziemlich eisig und vor allem die Hunde müssen hier geführt werden. Den kleinen Stau können die meisten verkraften, aber einer ist immer dabei, der sich da vordrängeln will.
Bei km 7 haben wir bereits den strengsten Teil unserer Aufstiegsmeter für heute gemeistert. Mit über 600 Höhenmeter ist der Aufstieg ab den Schanzen gespickt. Kurz vor der Hindenburghütte kommen uns bereits die Führenden der „M“ und auch der L-Strecke entgegen. Das ist ganz schon heftig, was die Jungs und Mädels da an der Spitze abziehen. Ein paar ganz Harte sind sogar in kurzen Shorts unterwegs.
Vor der kleinen Hütte des Chiemseeblick-Biergartens wartet die erste Verpflegungsstation auf uns. In einer großen Pfanne brutzelt hier Günter seine fast schon legendären Gemüsepflanzerl. Ich hab sie schon öfters kosten dürfen, beim Trail im Sommer werden sie uns auch immer serviert. Ich muss sagen, sie schmecken am Vormittag genauso lecker, wie an einem Sommertag am Ende des Laufes. Nur eines trübt meine Stimmung eine weinig: Eigentlich würde man direkt von der Hütte hier freien Blick auf den Chiemsee haben. Ich stehe hier jetzt schon zum dritten Mal und sehe wieder mal nix.
Anschließend geht es rein ins Tiefschneeparadies. Etwa 5,5 km lang ist die Schleife auf dem Panoramaweg für die Starter der L-Strecke. „M“ und „S“ dürfen nur auf einer kürzeren Runde durch den weißen Wintertraum. Nach der Hindenburghütte geht es erstmal noch etwas aufwärts, hier herrscht gerade reger Gegenverkehr. Alle Strecken frequentieren einen etwa dreihundert Meter langen Abschnitt. Die einen rauf, die anderen runter. Nach 400 Metern erfolgt die Streckentrennung, für die Langstreckler geht’s nach links.
Der Panoramaweg ist direkt in der Spur gut zu belaufen, meine aufziehbaren Spikes werden nicht benötigt. Wahrscheinlich wären meine Schuhe mit Spikes noch etwas griffiger, aber dringend von Nöten sind sie nicht. Bei einem Überholvorgang muss ich durch den Tiefschnee ausweichen und sinke sofort deutlich ein. Es ist schon ratsam, auf der festgetretenen Spur zu bleiben, die Schneehöhe ist enorm. Schön wellig, aber ohne größere Höhenunterschiede zieht sich unsere Strecke durch die Landschaft. Macht saumäßig Spaß hier durch zu cruisen. Ist wirklich schee so auf Schnee.
An der Hemmersuppenalm mit einigen umliegenden Hütten ist der entfernteste Punkt unserer Schleife erreicht. Wir sind auf einer Höhe von 1260 m. Die vielen alten Almen, in denen die Viehhirten im Sommer leben, während sie das weidende Vieh betreuen, stehen unter Denkmalschutz. Der Name der Hemmersuppenalm leitet sich vom Weißen Germer ab, der hier Hemmer genannt wird. Besonders gut gedeiht die Pflanze in feuchten, sumpfigen Abschnitten, die als Suppe bezeichnet werden. Daraus entstand die Hemmersuppenalm.
Kurz nach der Alm wird unsere Piste ein richtiger Premiumweg. Der bestens präparierte Winterwanderweg führt uns über frisch gespurte Loipen, ein Langläufer kommt mir gerade entgegen. Ein paar Meter rechts der Piste liegt die Anna Kapelle, hier werden auch heute noch Messen abgehalten. Wir vereinen uns hier wieder mit der kürzeren Schleife, was die Strecke spürbar belebt, nachdem ich einige Kilometer doch recht einsam unterwegs war.
Für kurze Zeit sind sogar ein paar blaue Flecken am Himmel auszumachen. Nach 12,5 km bin ich wieder zurück am Alpengasthof Hindenburghütte mit seinem Chiemseeblick-Biergarten. Leider reicht das Wolkenloch nicht aus, um die Aussicht auf den Chiemsee freizugeben. Muss ich es wohl weiter versuchen. Die Gemüsepflanzerl finden immer noch reißenden Absatz, ich probiere auch noch den Kirschkuchen. Leider ist gerade der Bottich mit dem warmen Tee leer geworden, ein frischer wird erst aufgebrüht. Das kalte Iso passt irgendwie nicht zum Kuchen.
Wir traversieren unterhalb der Hinterburghütte wieder zurück Richtung unseres morgendlichen Aufstiegs. Runter ins Tal nehmen wir aber eine andere Route. Der Abstieg ist mir bereits bekannt, auch im Sommer geht’s auf der Forststraße runter bis zum Seegatterl. Vom Schotterweg ist allerdings weder was zu sehen, noch zu spüren. Durch Tiefschnee pflügen wir hinab. Aber es sind heute schon sehr viele vor mir runter, so gibt es auch hier eine gute ausgetrampelte Spur. Zudem brettert auch ein Allrad-Quad durch und festigt alles noch zusätzlich. Durchgehend 5 km ist der Downhill lang.
Zwischendrin gibt es an der Nattersbergalm aber wieder Happa happa. Neben Cola, warmer Brühe und Tee steht eine große Auswahl deftiger Brotzeiten auf dem Büffet. Brote mit Griebenschmalz und Rote Linsen Dahl, dazu Zwiebel, Paprika und Essiggurken. Oder auch Wurst- und Käsebrote. Gesundheitsbewusstere können beim Obst zurückgreifen. Ja, verhungert ist bei einem Mountainman garantiert noch nie jemand.
Am Seegatterl stehen 19 km auf meinem GPS. Der Parkplatz der Winklmoosalmbahn ist gerammelt voll. Mit einer modernen 8er-Gondelbahn kommt man hoch ins Skigebiet. Für uns wird es jetzt geruhsamer. Ganz leicht abfallend, aber mit einigen kleinen Steigungen versehen, führt uns der Pötschalmweg an der Schwarzlofer und neben der Alpenstraße entlang über 5 km wieder zurück zu den Schanzen bei Gut Steinbach. Hier vereinen wir uns wieder mit den „Sprintern“ der S-Strecke. An der Labestation gibt es Kirschkuchen zu kosten.
An der Lofer entlang geht es auf identischen Weg wie heute Morgen zurück nach Reit im Winkl. Nach überqueren des Krautloiderstegs wird es in Andrea‘s Reit im Winkl nochmal gefährlich für alle Hunde. Katzen scheinen es hier auf Hunde abgesehen zu haben. Gut, dass alle Hundeführer ihre an der Leine haben.
„Elli“ hat so viel Schnee im Laufe des Tages ausgeschüttelt, dass sogar die Wiesen im Tal wieder weiß geworden sind und das Schneeband verschwunden ist, das uns zurück ins Stadion führt. Schuhmäßig hat man heute wenig falsch machen können. Sowohl Spikes als auch normale Trailschuhe mit groben Stollen, wie in meinem Fall, waren eine gute Wahl. Schneeschuhe waren nur im oberen Bergbereich, hauptsächlich auf der Panoramarunde, einsetzbar.
Lauter glückliche Gesichter kann ich beim Zieleinlauf beobachten. Jutta war ebenfalls mit auf der Strecke und hat die „S“ unter ihre Sohlen genommen, um die Stimmung unter den Teilnehmern live mitzuerleben. Ich bin überzeugt, da war heute kaum was Negatives zu vernehmen. Stephan zeigt mir auf seinem Smartphone ein Foto vom Freitag mit Chiemseeblick von der Hindenburghütte. Genial. Das Laufen auf Schnee hat mir sakrisch viel Spaß gemacht. Das alles schreit geradezu nach einer Wiederholung.
Nächste Möglichkeit, um mit dem Team von MOUNTAINMAN ein Held der Berge zu werden, ist am 9. Mai in Nesselwang. Da gab es im Vorjahr auch viel Schnee. Ich bin auf alle Fälle dabei …wenn uns „Corona“ keinen Strich durch die Rechnung macht.
12.03.22 | Grias di im 5. Jahr |
Bernie Manhard |