Der Titel deutet auf mein Fazit und das vieler Teilnehmer hin: Familiär, aber dennoch professionell organisiert, schwierige, aber auch abwechslungsreiche Strecke und, was nicht normal ist, die Geschichte einer jungen Frau, die zum ersten Mal einen Marathon (und mehr) läuft und nebenbei dem Autor davonspringt.
Die vielen Bilder aus Salzburg (im Anschluss an den Bericht), vom Fuschlsee und dazwischen deuten darauf hin, dass man da nicht nur laufen, sondern auch urlauben kann.
Wo Salzburg liegt, brauche ich Euch nicht erzählen, das weiß jeder. Und den Weg zum Mozart100-Laufevent haben deutlich mehr gefunden als zur Erstauflage im letzten Jahr. Rund 500 Läufer haben gemeldet, und die teilen sich auf die 100, auf die 55 und auf die 25 Kilometer mit je 150 Sportler auf. Hinzukommen noch die Staffeln.
Meine Starttüte ist gut gefüllt mit Nummer, Funktionsmütze, Startnummernband und anderem Nützlichem. Und jeder Finisher wird ein Überraschungsgeschenk im Ziel erhalten. Die Teilnahmebedingungen müssen gegen Unterschrift akzeptiert werden und dann steht dem Abenteuer nichts mehr entgegen.
Damit es keine Überraschung am Wettkampftag gibt, wird uns empfohlen, am Race Briefing in einem nahe gelegenen Hörsaal teilzunehmen. Uns wird die Ausschilderung vorgestellt sowie einige Stellen, an denen wir die Augen offen halten sollen. Wer einen Umweg läuft, dem ist das dann selbst zuzuschreiben und eine Zeitgutschrift kann man getrost vergessen, so der Moderator. Außerdem wird appelliert, die Wettkampfbestimmungen einzuhalten. Dopingproben sind da nicht ausgenommen. Thomas Schmidtkonz und ich feixen, ob Bier inzwischen auch auf der Liste steht.
Zu ungefähr 50 Prozent wird auf der Straße gelaufen, die andere Hälfte sind Wege und Steige, viele kurze Anstiege und auch einige Stellen, wo man mit Dreck und Wasser rechnen muss. Leider ist ein Höhepunkt, die Glasenbachklamm, aufgrund der hohen Niederschläge der letzten Wochen gesperrt, denn das Wasser hat den Weg teilweise weggerissen. „Ihr habt jetzt zwar ein paar Meter weniger zu rennen, dafür sind es ein paar Höhenmeter mehr“, heißt es kurz und knapp.
Duschmöglichkeiten sind in der Nähe in einer Schule vorhanden, außerdem können auf dem Startgelände am Mozartplatz nach dem Lauf die Muskeln fachkundig gelockert werden. Da manchmal auf öffentlichen Straßen gelaufen wird, müssen wir die Straßenverkehrsordnung einhalten. „Ich möchte keinen erwischen, der bei rot über die Kreuzung rennt. Und wenn ich einen schnappe, wird der knallhart disqualifiziert.“
Nach der Unterweisung knurrt nicht nur mein Magen, sondern auch der von Thomas. Eine Nudelparty muss jeder selbst organisieren, dafür hat ein Wurstverkäufer seinen Grill angeworfen. „Ein Batzen Fleisch ist gerade richtig für meinen Hunderter,“ begründet Thomas seinen Hunger nach Steak, Salat und Bier. Dazu höre ich mich nicht nein sagen.
Am nächsten Tag bin ich bereits um 08.00 Uhr vor Ort. Die Langstreckler über die 100 Kilometer sind bereits seit drei Stunden unterwegs und über alle Berge. Einem meiner Lauffreunde, Peter Wangler passiert ein Missgeschick. Er wähnt seinen Start schon um 08.00 Uhr und wundert sich, dass um 07.45 Uhr so wenig los ist und fragt, ob der Startort des 55-Kilometer-Rennens wo anders ist. Daraufhin wird er aufgeklärt. Lieber eine Stunde zu früh, als den Davongeeilten hinterher springen, muss er sich von mir auch noch sagen lassen.
Die Altstadt links und rechts dominiert der Festungsberg mitten im Salzburger Becken. Darauf thront die Festung, dessen älteste Teile aus dem Jahr 1077 stammen. In den vier Jahrhunderten wurde die Anlage immer verstärkt, so dass sie heute einschließlich der Basteien als eine der größten Burgen in Europa gilt. Ich will jetzt nicht die ganze Geschichte Salzburgs herunter leiern. Wer auf der Reise nach Wien oder Richtung Tauern unterwegs ist und eine Unterbrechung plant, soll sich auf jeden Fall die gesamte Altstadt bei einem längeren Spaziergang, oder noch besser, mit einer geführten Stadtbesichtigung anschauen. Es lohnt. Und wer noch ein wenig mehr sehen will, immer im Mai findet hier der flache, schnelle und sehr schöne Salzburg Marathon statt.
Einer fällt mir auf, den ich vor einigen Jahren wegen seines Weißbierkonsums vor dem Lauf in Bad Füssing geknipst habe. „Zum Saufen hab i aufghört“, spricht er im tiefsten Boarisch, „dafür hab i des Laster“. Er deutet auf seinen Zigarillo und stößt eine dicke Rauchwolke aus. Den Namen nenne ich jetzt aus Datenschutzgründen nicht. Fragt mal den Theo Huhnholt.
Bei so vielen Teilnehmern zeigt sich auch die Politprominenz. Landeshauptmann Wilfried Haslauer junior, erst seit ein paar Tagen im Amt, macht dem Veranstalter seine Aufwartung. Übrigens, damit man seinen Titel richtig einordnen kann, er begleitet das gleiche Amt wie in Deutschland der Ministerpräsident eines Bundeslandes.
Damit auch gescheite Startbilder entstehen, werden Starttransparent, Landeshauptmann und zwei Musiker mit Violinen ins rechte Licht gerückt. Ssich gut verkaufen, können die Salzburger. Da kann sich manch deutscher Laufveranstalter eine dicke Scheibe abschneiden. Noch wenige Minuten bis zum Start.
Die letzten Sekunden werden herunter gezählt, dann gibt uns der Landeshauptmann mittels einer Pressluftfanfare das Startsignal. Wir verlassen den Mozartplatz, überqueren unter Polizeischutz den Rudolfskai und laufen parallel zur Salzach stromaufwärts. Sehr schnell zieht sich das Feld auseinander, man kommt sich auf dem schmalen Radweg nicht ins Gehege. Die letzten Spuren des Hochwassers vor rund drei Wochen sind noch zu sehen, denn an einigen Häusern liegen an den Kellerfenstern noch die Sandsäcke.
Am Wilhelm-Kaufmann-Steg überqueren wir die Salzach und laufen am jenseitigen Uferweg noch ein Stückchen entlang der Salzach. Der 226 Kilometer lange Fluss, der in der Nähe von Braunau in den Inn mündet, transportiert sehr viel Geschiebe. An den Brückenpfeilern im Fluss hängt mitgerissenes Holz.
Wir verlassen die Salzach nach links. Auf dem Klausbachweg geht es sacht hinauf, fast nicht zu spüren. Aber später werden die Steigungen schon noch kommen, denn mehr als 1100 positive Höhenmeter werden wir als Zusatzaufgabe zu den 55 Kilometern kredenzt bekommen. Gerade fünf Meter hinter dem Kilometerschild fünf können wir zum ersten Mal trinken.
Ja, ein Mitschleppen von Getränken oder Verpflegung ist nicht unbedingt nötig, denn alle fünf Kilometer erhalten wir Wasser, Isogetränke, Cola und edle Getränke von Stiegl. Das ist Österreichs größter Brauer. Damit mache ich jetzt Joe Appetit. Und der darf dann als Hundert-Kilometer-Läufer hier gleich zwei Mal vorbei. Zum Trinken gehört auch Essen, denn alle zehn Kilometer gibt es mit Kuchen, Rosinen, Bananen, Melonen, Salzstangen, belegten Broten, Riegel und Gel auch feste Nahrung. Eine reiche Auswahl.
Auf einer Verkehrsstraße verlassen wir Elsbethen. Es geht bergan und manche legen in der Sonne den Marschierschritt ein. Später verlassen wir das Asphaltband nach rechts auf einen rustikalen Waldweg. Trotz des Schattens, auf dem folgenden noch steileren Stich schwitzen wir mächtig. Im Glasenbachtal könnte man sich vielleicht erfrischen. Hier geht das nur für ganz harte Hunde zu den Wasserlachen, wo sich wahrscheinlich Hunderte von Gelsen tummeln.
Auf laufend wechselnden Boden erlaufen oder ergehen wir uns viele Höhenmeter: Wiesenweg, hohe Farnkräuter am Rand, dann wieder Feldwege, Straßenstücke mit wenig Verkehr und wieder hinein in den Wald. Bis man sich eingewöhnt hat, kommt schon die V-Stelle bei Kilometer zehn. Es wird zugegriffen.
Mozartlich spule ich die folgenden Kilometer herunter, laufend tun sich neue Aussichten auf den Hügel ringsum auf. Auf den wenigen Ortsverbindungsstraßen ist kaum Verkehr. Trotzdem sollte man sich nicht unaufmerksam treiben lassen. Kurz vor Kilometer 15 lege ich eine Variante ein, die aber nur 15 Meter dauert, dann habe ich den Lapsus bemerkt.
Kurz danach laufen wir in den Ort Koppl, wo die Staffeln wechseln und neue frische Kräfte ins Rennen bringen. Zwei Schilder fallen mit auf: Eines heißt „lauf Hasi lauf“, das andere „lauf, alter Schwede, lauf“. Später oder vielleicht hier bekommt jemand einen Heiratsantrag. Verrückt, gell?
3000 Einwohner hat der Ort an der Ostseite des Gaisberges. Vom Höhenniveau gesehen liegen wir jetzt über 300 Meter oberhalb von Salzburg. An der V-Stelle (etwa Kilometer 16) ist eine Zwischenzeitkontrolle zu durchlaufen. Und jeder sollte auch auf diese Checkpoints achten, denn wem einer fehlen sollte, der ist zwar nicht kostenlos, aber umsonst gelaufen. So das Briefing am Vortag.
Weiter wellig führt uns der Kurs durch die Kulturlandschaft mit Wiesen und Weiden. Immer wieder stehen Kapellen am Rand. Die Anwohner waren in der Vergangenheit sehr gläubig (und sind es auch noch heute), die kleinen Gotteshäuser sind gepflegt und innen mit Blumen geschmückt. Später führt ein Asphaltweg hinunter ins Tal an die Wiestal Landesstraße, eine Verbindung nach Hallein, und entsprechend befahren. Ich frage mich, wo geht denn unser Kurs weiter. Auf der Straßen nach links oder rechts? Ich sehe keinen rennen, beobachte aber, wie ein Läufer quasi durch ein Loch im jenseitigen Wald verschwindet.
Die Querungsstelle ist abgesichert, so dass ich nicht unbedingt auf den Verkehr aufpassen muss. Aber was dann im Wald wartet, das haut dir leicht die Sicherung raus: Gut, dass man nicht schon vorher die 500 Meter Laufstrecke mit rund 100 Höhenmetern sehen kann. Keiner läuft, alles quält sich hoch. Bis auf eine, die immer wieder ein paar Meter läuft und langsam, aber stetig den Abstand zu mir vergrößert. Ich sag mal so, ein Mädel aus der Hauptklasse mit einer Bombenkondition, die ich schon einige Kilometer lang beobachte. „THE CLIMB“ lese ich am Ende der Steigung, schweißüberströmt und außer Atem.
In Hof bei Salzburg, dem nächsten Ort, können wir wieder zuschlagen, die vierte V-Stelle. Meine Spezialität habe ich gefunden: Marmorkuchen mit Cola. Das bringt genug Kalorien für den Weiterweg. Am Ortseingang steht ein alter Steyr-Bulldog, ein mit Holz beladener Hänger am Haken. Der Traktor ist bestimmt mindestens 50 Jahre alt und hat einen hohen Sammlerwert.
Kilometer 25: Das Schloss Fuschl linkerhand wurde im 15. Jahrhundert als Jagdschloss benützt. Heute kostet eine Übernachtung im dortigen Fünf-Sterne-Hotel ein wenig mehr als die Portokasse hergibt.
Mit dem schon erwähnten topfitten Mädel komme ich ins Ratschen. Die Julia ist 25 Jahre und hat am Laufen viel Spaß gefunden. Ihr größter Fan ist der Vater, den ich schon vorher kurz kennen lernen durfte. Doch was sie auf der Langstrecke als Erfahrung hat, da schreckt es mich ein wenig. Ihr längster Wettkampf ist bisher ein Halbmarathon, allerdings in respektablen 1.37 Stunden. Zwar waren einige Trainingsläufe länger als die Halbmarathondistanz, aber ihr hohes und offensives Tempo gerade an den Steigungen lassen mich nachdenklich werden. Soll ich sie zügeln? Ein wenig versuche ich es auf die diplomatische Art. „Jetzt gleichmäßig laufen und wenn, dann im letzten Drittel aufdrehen“, so mein Ratschlag.
Die Schlossstraße endet und wir belaufen nun den Fuschlsee-Rundweg, auf dessen 12 Kilometer ein Wanderer etwa 3,5 Stunden unterwegs ist. Allerdings ohne Einkehr und Besichtigung. Einen knappen Tag sollte da der Naturfreund schon kalkulieren. Und ganz eben ist er auch nicht, denn immer wieder sorgen viele kleine Anstiege in der Summe für gut 100 Höhenmeter.
Der Fuschlsee ist 4,1 Kilometer lang und hat eine Breite von bis zu 0,9 Kilometer. Der See hat eine erstklassige Wasserqualität, daher kommen Angler gerne hierher, um auf Beutezug zu gehen. Forellen, Renken und Saiblinge gibt es zuhauf. Einige Angler sitzen am Ufer und frönen ihrem Hobby.
Übrigens, Fuschl ist Firmensitz der Red Bull GmbH, der Firma, die das Brausegetränk vertreibt. Dietrich Mateschitz ist der Geschäftsführer des Unternehmens, zu dem auch der Fernsehsender Servus TV gehört. Ihr habt bestimmt den Sprung von Felix Baumgartner aus dem Weltall gesehen und vor wenigen Tagen sprang Base Jumper Valery Rozov aus der Nordwand des Mount Everest von 7220 Meter hinunter auf den Rongbuk-Gletscher. Verrückt, nicht? Da bleibe ich lieber mit den Beinen fest am Boden.
Wir biegen links in das Strandbad Fuschl ab. Seit einiger Zeit ist Moderation zu hören, die dann jedoch nicht uns gilt. Es ist Punkt Zwölf und genau jetzt startet der Triathlon für Jedermann. Ich sehe gerade noch die ersten ins Wasser springen und kurz danach durch den See pflügen. Derweil werden im Cafe am See fette Torten verputzt. Wir können uns mit Getränken und Obst an der Labe versorgen. Nun, ich habe an der V-Stelle ein Biertragerl entdeckt und auf meine Nachfrage wird mir eines eingeschenkt. Schließlich habe ich bereits 30 Kilometer geschafft.
Die Pumporgie ist schnell vorbei, ich mache mich auf den Weiterweg, Julia ist noch nicht ganz fertig und kommt bestimmt gleich nach. Die Seestraße führt aus Fuschl hinaus. Bin ich noch richtig, frage ich mich, als ich keine Markierung mehr sehe. Doch nach 200 Metern zeigt ein Pfeil nach links. Nicht verlaufen!
Es dauert nicht lange, dann ist Julia wieder aufgelaufen. Woher hat die die Kraft? Zwar stellt sie eine körperliche Einschränkung fest („mir tut der A... weh!“), doch auch an meinen Haxn sind die 35 gelaufenen Kilometer nicht spurlos vorüber gegangen.
Den Fuschlsee verlassen wir auf dem ansteigenden Rundwanderweg. Die Höhenmeter bekommen wir dann gleich wieder zurück. Recht idyllisch verläuft nun der Kurs entlang der Fuschler Ache für zwei, drei Kilometer. So könnte es weitergehen.
Aber das ist ein frommer Wunsch, denn die Straße knickt nach links ab und geht recht steil hinauf. „Da werden wir ein Stückchen marschieren müssen,“ empfehle ich, nicht ahnend, dass gleich eine Steigung wie eine Mauer kommt. Ein Fotograf hat seinen Spaß, als nicht nur wir ihn tief schnaufend passieren.
Auf einem Kilometer müssen wir 100 Höhenmeter hoch zum Ort Hof zurücklegen. Auf halber Höhe warten ein paar Chearleader-Mädchen, etwa fünf, sechs Jahre alt. Die freuen sich, als ich sie abklatsche. Und dann sehe ich weiter oben die Pfarrkirche Sankt Sebastian. Auch da hängt ein Transparent mit dem blöden Hinweis: „THE WALL“. Wenn ich könnte, würde ich das Ding herunter reißen. Im Ortszentrum wirbt die Feuerwehr für den Nachwuchs beim Tag der Offenen Tür und gleich nebenan an der Volksschule können wir das soeben Hinausgeschwitzte wieder ausgleichen.
Der Ort Hof hat heute rund 3000 Einwohner. Besiedlungsspuren gehen bis zum Jahr 790 zurück. Wir verlassen Hof auf dem Kapellenweg und sehen in der Flur gleich zwei Kapellen. Elsenwang und Ladau heißen die nächsten Orte, die wir nun auf dem welligen Kurs erreichen. Wenn ich einen Hut aufhätte, würde ich den vor Julia ziehen, denn sie zieht weiter straff ihre Bahn. Immer wenn ich für die Fotoarbeit stehen bleibe, habe ich Mühe, wieder aufzuschließen.
Dann umrunden wir den Salzburgring fast zur Hälfte. Zwei, drei Neugierige, davon einer mit einem Zoom so groß wie eine Panzerfaust, treiben sich herum, um Rennwagen zu sehen. Doch auf der schnellen Piste tut sich nichts. Nur später höre ich ein Geknattere eines Mopeds.
Ein Gedanke wäre, unseren Kurs auf die Rennstrecke zu verlegen. Eine Gaudi wäre es schon, aber der Ring ist übers Jahr ausgebucht: Fünf große Motorsportveranstaltungen, dazu Fahrzeugpräsentationen, Lehrgänge und Clubtreffen sowie ein Skirollerwettbewerb finden da statt.
Oberhalb des Fahrerlagers haben wir eine super Aussicht auf die Piste. Gerade richtig kommt dann an der Südseite eine weitere Tankstelle mit Sprit für uns. Im Ort Habach dürften wir die Marathonmarke überschritten haben. Eigentlich Zeit, nach einem Marathon die Füße hochzulegen. Doch wer nimmt diese in die Hand? Die Julia, denn sie zieht mir jetzt davon. Keine Chance mehr, sie zu verfolgen. Wenigstens leistet ihr Marco Rebhandl aus Steyr noch für ein Stückchen Gesellschaft. Dann muss auch der passen.
Die Kilometer ziehen sich jetzt wir Gummi. Ich hangele mich von V-Stelle zu V-Stelle vor, mittlerweile bin ich Einzelkämpfer. An der vorletzten Tankstelle ergattere ich mir ein lauwarmes Bier, das mir mit dem kalten Cola nochmals weiterhelfen soll. Ich kann sogar zwei Walkerinnen zu einem Schlückchen animieren.
Kurz danach führt unser Weg unterhalb des 1043 Meter hohen Nockstein Richtung Westen. Salzburg ist immer noch nicht zu sehen. Doch nach der letzten Tankstelle kurz vor Kilometer 50 sehen wir die Stadt weit unten liegen. Die letzten Kilometer sind gefällig, hat es am Vortag beim Briefing geheißen. An der Pfarrkirche Guggenthal schaut es nach Feiern aus, Geburtstag oder Hochzeit. Die Gäste schauen recht interessiert auf die schwitzenden Jogger herunter.
Ein Trailpfad, schätzungsweise ein Kilometer lang, führt uns im späteren Verlauf durchs Dickicht auf und nieder. Nochmals höchste Konzentration. Und die ist auch nötig, als wir nach einer Kehre der Wolfgangsee Straße über recht grobe Treppen aus hölzernen Eisenbahnschwellen zum Friedhof Gnigl hinuntersteigen.
Nun sind wir in Salzburg angelangt. Die Strecke ist weiterhin gut ausgeschildert. Nur sollte man jetzt auch auf den Verkehr achten. Auf der Eichstraße überqueren wir die Eisenbahn, rechts sehen wir den Güterbahnhof. Die Laufrichtung zeigt nun eindeutig zur Altstadt.
In der Glockengasse rennen wir am Haus der Stadtgeschichte vorbei. Auf 14 Kilometer Regalböden werden hier Schriften, Bild- und Tondokumente aus Neuzeit und Geschichte aufbewahrt. Die Ruhe für uns endet in der Linzer Gasse, die unterhalb des Kapuzinerberges vorbeiläuft. Viele Touristen schlendern umher. Ich muss aufpassen, nicht dass ich einen über den Haufen renne. Außerdem weiß ich nicht genau, ob und wann wir abbiegen.
Am Platzl vor der Staatsbrücke über die Salzach steht ein Helfer und weist uns nach links. Sofort ist es ruhiger. Auf einer Stiege geht es hinunter und nach ein paar Metern auf dem Giselakai überqueren wir via Mozartsteg recht mozartlich die Salzach. Die Fußgängerampel zeigt genau grün, ich kann mit laufendem Gangwerk den Rudolfskai überqueren und renne nur Augenblicke später unter dem Zieltransparent auf dem Mozartplatz durch. Geschafft.
Im Ziel wartet Julia wahrscheinlich schon eine halbe Ewigkeit auf mich und fällt mir um den Hals. Auf den letzten Kilometern hat sie mir fast noch eine Viertelstunde abgenommen - und das bei ihrem ersten Marathon (und mehr). Da fällt mir nichts ein.
Doch, als über die Anlage die Sportfreunde Stiller mit ihrem neuen Song „Applaus, Applaus“ kommen. Das ist jetzt der Titel des Berichtes, das ist mein kurzes Fazit zum Mozart100-Lauf und zu Julias Leistung.
Was ist im Ziel geboten? Jede Menge Verpflegung und eine Sportweiße alkoholfrei, die Duschen jenseits des Mozartsteigs (ich verbrauche das letzte warme Wasser, hahaha), Massage, und, und, und.
Und das eingangs erwähnte Überraschungsgeschenk? Eine tolle Idee: Ein edler Fotorahmen mit deinem Finishbild.
Die Zieleinläufe ziehen sich natürlich hin. Vielen Hundert-Kilometer-Läufern sieht man die Anstrengung an, doch viele haben ein Lächeln im Gesicht, das sagt: „Ich habe es geschafft.“ Einer konnte sogar noch Sprünge und einige Liegestütze im Zielkanal zeigen. Es ist schon dunkel, als Thomas Schmidtkonz um die Ecke biegt. Auch er gezeichnet von den 100 Kilometern. Auf die Frage, Bier oder Wasser, entscheidet sich der Genussläufer für das Hopfengetränk und grinst.
100 km Männer:
1. Csaba Nemeth 7.48.22
2. Andreas Pfandlbauer 8.00.34
3. Rainer Predl LC Strasshof 8.02.18
100 km Frauen: 1. Nika Corbova 10.44.42 55 km Männer: 1. Philip Von Rosen 4.03.33 55 km Frauen: 1. Monika Kalbacher flexyfit.at/fitnessausbildung.at 5.09.50
2. Leanne Rive 11.15.25
3. Marianne Staufer asko henndorf 11.43.28
2. Ingmar Herrmann Team Strassacker 4.49.40
3. Thomas Meingast SV Justiz 4.57.23
2. Angela Fogarolli Fersen Triathlon Pergne Valsugana 5.21.17
3. Janka Romanik Wien 5.21.23
Stadtrundgang in Salzburg