Von solchen Steigerungen können andere Veranstalter meist nur träumen! Mit 1278 Anmeldungen gelang den Veranstaltern des PfalzTrail eine Steigerung der Anmeldezahlen gegenüber dem Vorjahr um 45 %. Diesen Erfolg verdienen sie auch, denn nach diversen Schwächen in den ersten beiden Jahren ist der PfalzTrail in seiner 5. Ausgabe eine hervorragend organisierte Veranstaltung auf einer Trailstrecke, die den Namen Trail wirklich verdient, dabei aber Einsteiger nicht überfordert.
Kein Thema wurde in diesem Jahr in der Trailrunning-Szene so emotional und kontrovers diskutiert wie der Trend zu "immer länger, immer höher, immer härter". Der PfalzTrail setzt dieser Entwicklung eine für nahezu alle Teilnehmer gut laufbare Strecke entgegen, mit flexiblen Zeitlimits auf der Ultradistanz und äußerst großzügigen Zeitlimits auf der Half- und Kurzstrecke.
Ich persönlich finde es aber auch positiv, dass die Angebote an immer größeren Herausforderungen zunehmen. Wer seine Grenzen ausloten und überschreiten will, sollte auch die Möglichkeit dazu bekommen. Niemand wird gezwungen, bei einem Ultratrail auf der längsten der angebotenen Distanzen zu starten.
Wer die aktuellen Veranstaltungsangebote komplett betrachtet, wird feststellen, dass nicht nur die Extreme, sondern auch die Auswahl an Kurz- und Mitteldistanzen und leichteren Trails schnell wächst und auf dankbare Fans stößt, so wie hier in der Pfalz.
Die längste Distanz mit 85,6 km und 2440 Höhenmetern kann man bei Bedarf an zwei Stellen abkürzen und steht dann in separaten Ergebnislisten. Nachdem Joe in den letzten beiden Jahren davon berichtet hat, entscheide ich mich dieses Jahr für die "kleine grüne Runde", wie ich den HalfTrail nenne, da sie mich 32,7 km mit 770 Höhenmetern fast immer durch herrlich grünen Laub- und Kiefernwald führt. Außerdem werden 16,8 km, 8,8 km und ein Kidstrail angeboten.
Carlsberg-Hertlinghausen erreicht man bequem über die A6. Etwa auf halbem Weg zwischen Mannheim und Kaiserslautern sind es nur noch wenige Kilometer bis zu dem Ort, in dem uns zahlreiche Helfer schon zu den weit in der Gegend verstreuten Parkplätzen lotsen. Parken und mit Shuttlefahrzeugen zum Start sowie nach dem Lauf zurück fahren - perfekt organisiert!
Als wir HalfTrail Läufer um 11 Uhr starten, sind die Ultras bereits seit fünf Stunden unterwegs. Nur wenigen von ihnen werden wir unterwegs begegnen. Entgegen der trüben Vorhersage ist es heute auf der ersten Streckenhälfte fast wolkenlos bei sehr angenehmer Temperatur. Vor drei Jahren lief ich hier zeitweise auf Schlammpisten und durch große Pfützen, heute sieht von den Läufern aufgewirbelte Staubwolken im Sonnenschein.
Schon kurz nach dem Start verlassen wir den Asphalt. Schmale Pfade führen uns in leichtem Auf und Ab voran. Trotz der stark gestiegenen Teilnehmerzahl gibt es kein Gedränge. Rechts unter mir sehe ich einige Fischteiche, an denen ich in drei Stunden auf der anderen Seite wieder vorbei kommen werde. Wir laufen über eine Brücke, dann beginnt der erste steilere Aufstieg. So richtig steil wird es auf der HalfTrail Strecke aber nirgends. Nur selten überschreite ich heute die Grenze zwischen Laufen und Gehen.
Da ich bei Ultratrails auf kraftsparendes Tempo achte, um meine Energie bis zum Ziel gut aufzuteilen, ist es für mich immer eine schöne, aber auch ungewohnte Abwechslung, wenn ich bei kurzen Wettkämpfen mal wieder in meinem Maximaltempo laufen kann, mit hohem Pulsschlag über die Trails wetze, atemlos den Berg hinauf keuche und mich bis zum Anschlag fordere. Auch das macht mir ab und zu Spaß, auch wenn ich physisch und mental ganz klar mehr ein Ausdauerläufer als ein Sprinter bin.
Die Trails in der Pfalz eignen sich sehr gut dazu, in hohem Tempo zu laufen. Klar, man muss gut aufpassen, dass man nicht über Wurzeln oder Steine stolpert, doch technisch sind sogar einige meiner Trainingsstrecken schwerer. Und bei "nur" 770 Höhenmetern auf 32,7 km gibt es auch sehr lange Abschnitte, auf denen man mit nur minimaler Steigung bzw. Gefälle Vollgas geben kann. Die Sonne scheint vom blauen Himmel, die Kiefern scheinen im Licht zu leuchten, der Sand unter meinen Schuhen staubt und ich rase immer mal wieder mit großer Begeisterung bergab. Jetzt gibt es für mich keinen Zweifel mehr, dass die Entscheidung, heute statt Ultra mal eine schnellere Runde zu laufen, eine schöne Abwechslung ist.
Der Pfälzer Wald zählt zu den größten zusammenhängenden Waldgebieten Deutschlands. Daher führen auch die Strecken des PfalzTrail überwiegend durch herrlich grünen Wald. Nur ab und zu kommen wir auf kleine Lichtungen, laufen über Wiesen, durch Obstgärten oder kleine Dörfer. Beim Parkplatz Langental (km 6,4) gibt es zum ersten Mal etwas zu trinken. Weiter geht es wie gewohnt abwechselnd auf sehr schmalen Pfaden und auf breiten Forstwegen, bergauf, bergab, zwischendurch fast flach.
Dann führt ein Streckenabschnitt vorbei an Weinreben. Weit reicht der Blick hier über die Rheinebene. Als ich bei der Verpflegungsstelle vor Burg Battenberg (14,4 km) auf die Uhr schaue, wird mir klar, dass ich auf der bisherigen Strecke für meine Verhältnisse viel zu schnell gelaufen bin. Das hohe Tempo hat mir zwar Spaß gemacht, aber ich weiß, dass ich jetzt in den Energiesparmodus wechseln muss.
Burg Battenberg liegt am Premium-Wanderweg Pfälzer Weinsteig. Zu meiner großen Freude treffe ich hier Christine und Günther Bruhn, die Veranstalter des Pfälzer Weinsteig 100 Meilen Lauf, den ich bei der Premiere gelaufen bin und seither dort als Helfer an Verpflegungsstellen dabei bin.
Leider steht die Verpflegungsstelle heute etwas abseits der Burg, so dass wir diese nicht sehen. Schade, denn der mediterran wirkende Garten im Burggelände war für mich der fotografische Höhepunkt dieser Strecke. Stattdessen laufen wir kurz durch den Ort Battenberg, dann geht es wieder an Feldern vorbei in den Wald.
Der PfalzTrail braucht keine spektakulären Touristenmagnete. Hier stehen ganz klar der Naturgenuss, der schöne, vielseitige Wald, die mal breiten, mal schmalen Wege und das herrliche Grün um uns herum im Vordergrund. Ein Leckerbissen für Naturfreunde! Und einmal kommen wir kurz an einigen der für den Pfälzerwald so typischen Sandsteinfelsen vorbei.
Für kurze Zeit verlässt die Strecke den Wald. In Höningen kommen wir an den Resten eines ehemaligen Klosters vorbei. Dieses war ab 1120 ein Chorherrenstift der Augustiner, bis es 1569 durch einen Brand zerstört wurde. Anschließend befand sich hier eine Lateinschule. Zuerst sehen wir die Westwand des ehemaligen Kirchenschiffs, in das erst nachträglich rechteckige Fenster eingebaut wurden. Dann kommen wir am ehemaligen Konventsgebäude vorbei, von dem auch nur noch eine Wand steht, danach am ehemaligen Torhaus. In der Mitte des Ortes befindet sich eine große Verpflegungsstelle, an der zwei Musiker für Stimmung sorgen.
24,1 km habe ich inzwischen geschafft. Durch die romanische Hauptpforte des ehemaligen Klosterbereiches verlasse ich den Ort. Bald darauf geht es für kurze Zeit noch einmal recht steil und anstrengend bergauf, doch schon folgt der nächste Gefällabschnitt. Die Streckenmarkierungen sind hervorragend. Sogar ein typischer Fehler vieler Streckenmarkierer wird hier vermieden, denn die am Boden angebrachten Kreidepfeile sind nicht in der Mitte des Weges, wo nach den ersten paar Dutzend Läufern fast unkenntlich sind, sondern fast immer direkt neben dem Weg. Ein weiterer Punkt, der bei anderen Läufen oft für Verwirrung sorgt, sind die Einmündungen, Abzweigungen oder Kreuzungen der Strecken der anderen Distanzen. Hier hängen rechtzeitig vor der betreffenden Stelle Schilder an den Bäumen, die unmissverständlich die jeweils richtige Wegführung anzeigen. An kritischen Stellen passen außerdem Streckenposten darauf auf, dass alles klappt.
Dass ich dann plötzlich doch wie Hänsel und Gretel vor dem Hexenhaus stehe, liegt nicht an der Orientierung. Die Hexenburg der Altleininger Waldhexen liegt nämlich direkt an unserer Strecke. Nur allzu gerne würde ich jetzt auch einen Hexenbesen besteigen, um schneller vorwärts zu kommen. Ich spüre nämlich mein übertriebenes Anfangstempo immer deutlicher. Als ich wieder die Fischteiche erreiche, an deren anderem Ufer ich vor Stunden vorbei kam, muss ich eine Weile auf flacher Strecke sogar gehen. Die Muskulatur an meiner rechten Wade ist so verhärtet, wie ich es bisher nur sehr selten hatte.
Doch die Natur um mich herum lenkt mich von den Mühen ab. Immer wieder begeistern mich die schönen Kiefern, das Heidekraut am Wegrand und der rote Sandboden. Es freut mich, dass der letzte Streckenabschnitt offenbar verbessert wurde. Bei meiner ersten Teilnahme ärgerte ich mich über einige langweilige Kilometer auf Asphalt, heute laufe ich oberhalb der Straße auf angenehmen Trails. So muss es sein! Erst die letzten paar hundert Meter geht es dann auf einer Straße hinab in Richtung Ziel. Ein paar Anwohner sitzen vor ihren Häusern, ein paar Finisher stehen am Streckenrand, dann laufe ich zufrieden über die Ziellinie. Gepäckrückgabe, Duschen (eiskalt!), Verpflegung, alles funktioniert problemlos, nur meine Muskulatur fühlt sich heute nicht wie normal an.
Eines habe ich schon vor vielen Jahren erkannt: „Nur“ 33 km können anstrengender sein als eine lange Ultradistanz. Es hängt auch viel vom Training und vom Tempo ab. Das Wort „nur“ sollte man daher nicht benutzen. Ich laufe 10 bis 40 Stunden in langsamem Tempo besser, als kurze Distanzen in maximaler Geschwindigkeit. Mein Muskelkater tags darauf ist jedenfalls heftiger, als nach den meisten Ultraläufen. Das „Kleine Grüne“ sollte also nicht unterschätzt werden. Doch es hat auch sehr viel Spaß gemacht, mal wieder etwas schneller über Trails zu sausen! Und mehr als je zuvor weiß ich jetzt, dass ich zukünftig zweierlei in einem ausgewogenen Verhältnis in meiner Laufplanung berücksichtigen will: lange und anspruchsvolle Ultratrails und kurze, etwas schnellere Strecken. Angebote dazu gibt es! Den PfalzTrail empfehle ich auf jeden Fall nach bestem Wissen und Gewissen.
UltraRun Frauen (13 Finisher)
1. Birthe Helmes 9:33:40
2. Claudia Schroegel 9:41:40
3. Esther Delp 10:04:31
Männer (104 Finisher)
1. Christoph Lux 7:52:55
2. Holger Exner 8:08:46
3. Felix Baiker 8:15:23
HalfTrail Frauen (73 Finisher)
1. Aoife Quigly 2:40:27
2. Josefine Lißner 2:46:13
3. Annette Frings 2:57:42
Männer (215 Finisher)
1. Janosch Kowalczyk 2:13:48
2. Jürgen Reiser 2:23:16
3. Christian Alles 2:25:58
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