… hier im Leiningerland, in der Pfalz, beim Pfalztrail - der Legende. Der Trail schlechthin. Alles vom Feinsten und heuer mit unschlagbar guten Bedingungen. Lausig kalt ist‘s zwar, und Ärmel runter ist schon ok, aber es ist trocken – mal kein Schlamm, kein Glitsch, keine Sauerei. Manchen fehlt genau das, die haben sich gestern Abend tierisch über den Regen gefreut. Aber- alles ist versickert. Und der Himmel reißt auf…Ein Tag zum Rekorde brechen!
Ein Tag beginnt, prall gefüllt mit Erlebnissen der besonderen Art. Das geht schon in der Halle los. Vom Frühstück will keiner weg ins Kalte. Es hilft ja alles nix, ran. Wat mutt dat mutt. Lampe an, die ist dringend nötig in der ersten Stunde. Man ist ja diesmal später dran im Jahr. Später hell und früher dunkel, das ist neu. Aber Heidelberg und das Feuerwehrfest hatten nun mal Vorrang.
Für Fotos ist es ziemlich finster, unterwegs erst recht. Außerdem sind auf dem Trail die üblichen Verdächtigen, die uns nach Leben und Gesundheit trachten: Wurzeln, Steine, Stufen. Aber alle Erleuchteten schaffen das, keiner brezelt hin. Bald wird der Weg breiter, es gibt auch mal was zu trinken; aber dann zeigt uns die Strecke die Zähne. Steigung. Kräftig. Wer die Strecke oder das Höhenprofil kennt, hält sich zurück. Denn das ist nur der Anfang…
Freundliche Menschen sind schon lange, lange vor uns da, haben Zelte gebaut, Getränke eingeschenkt, Leckerchen hergerichtet. Und wenn wir weg sind, ein leckeres Genießerfrühstück vorbereitet. Eigentlich sollte ich da bleiben. Aber irgendwas zieht mich auf die Strecke. Nur nicht auf die Richtige. Den Abzweig haben wir (in tiefsinniges Gespräch vertieft) klar verpasst. Ein freundlicher Streckenposten leitet uns auf den richtigen Pfad zurück, der zur Burg Battenberg führt. Mann, was hätten wir da abgekürzt. Diese Möglichkeit haben sie noch nicht im Programm. Vielleicht als Variante C …?
Kaum sind wir auf gutem, breitem Weg aus dem Wald raus und „oben“, müssen wir steil wieder runter. Schmaler Trail um eine Wiese rum und auf und ab. Die Weinberge sind abgeerntet, alles weg. Dann der grüne Tunnel direkt zur alten Burg. Der VP ist grandios, Leute und Lecker, beides. Die Burg durchlaufen wir mal nicht, da ist gerade was Privates im Gang. Also rechts die Straße in den Ort und durch. Wieder den Berg hoch. Breite, gut laufbare Wege, viele Höhenmeter und lange, traumhafte Trails. Wunderschön.
Unser Streckenposten von eben ist auch sehr zufrieden. Radelnde Fotografen tauchen immer wieder auf, belauern die Läufer und schießen aus dem Hinterhalt…und einen coolen Spruch haben sie auch noch parat. Die Markierungen sind eindeutig, wenn man sie denn beachtet. Für alle Fälle bekam jeder eine Karte mit der kompletten Strecke. Trotzdem sind manche Verläufe bekannt geworden. Also Obacht! Der Ungeheuersee kommt, Applaus vom Serviceteam. Die haben extra jemand, der die Nummern abhakt. Klappt auch wohl gut. Das Monster im See lässt sich nicht blicken. Dafür ein Geländewagen, der Futter in den Wald fährt.
Die Strecke (auf und ab, man erinnert sich) führt in weiten Bögen mal oben, mal weit unten am Hang längs. Manchmal am selben Hang, was natürlich interessante Abkürzungen zuließe. Wäre da nicht ein unglaublich steiler Hang, total ungangbar, dazwischen…Die Strecke auf der Karte sieht jedenfalls aus wie ein zerknülltes Stück Papier. Und da, wo man bequem abkürzen könnte, stehen Posten. Man weiß ja nie.
Der historische Rundweg nimmt uns nun auf. Aasig steil natürlich. Einen Hohlweg hoch, viele kleine Steinpyramiden säumen den Weg. Oben ist ein Plateau, große Steine liegen herum, ein alter Grenzstein steht am Weg. Die Historie müsst ihr bei Joe nachlesen. Keltisch und römisch und was so danach kam. Wir verlassen den Berg wieder auf einem Hohlweg, und da – tatsächlich! Römische Schleifspuren im Gestein! Es stimmt also! Aber bloß nicht träumen, der Weg ist ausgewaschen und grauenvoll zerklüftet fast bis unten, zum VP. Nach einer so langen Strecke wird bei km 39 eine Wohltat spendiert und in 3 km schon die nächste. Wer denn da hoch kommt…
VP 4, die Halbzeit, will erkämpft sein. Ein steiler, schmaler Trail führt gnadenlos aufwärts. Und wer dann durch die Brombeeren bricht, steht auf dem Parkplatz direkt vor dem Nudeltopf! Heiße Nudelsuppe, Streuselkuchen und alles andere noch dazu – ha, die erste Hälfte wäre geschafft. Pause und genießen. Und klönen. Die meisten Helfer sind von der Waterkant extra gekommen!
Erste Gedanken über die zweite Hälfte: Wird es mit oder ohne Abkürzung was werden? Das ist ja das Geniale hier, auch kürzere Strecken werden gewertet, denn auch die haben es mächtig in sich. Und man muss auch erstmal da hinkommen. Denn hier in der zweiten Hälfte haben sich so einige Verläufe ereignet. Zu schnell, zu müde, Blick nur nach unten, schon ist‘s passiert. Das zermürbt auch die beste Motivation. Außerdem nähert man sich den cutoff-Marken; an den Abzweigungen stehen Posten, die nach dem cutoff auf die kürzere Strecke schicken müssen. 16:30 bei A und 17:00 bei B. Da könnte es knapp werden.
Am Bismarckturm rechts vorbei, dann auf schönem Trail runter. Weit das Tal aufwärts, am gut gelaunten Posten abwärts wieder zurück. Der Forstweg wandelt sich bald in etwas schmales, überwachsenes um, dann folgen noch so ein paar interessante Trailpassagen, eine Sturmschneise muss gequert werden. Erst kurz vor dem VP ist es besser. Da stehen auch wieder äußerst nette Helfer. Offiziell nur Getränke, aber tatsächlich gibt es viel mehr. Der Trail geht weiter, schmal aber gut laufbar, bis zum Forstweg. Dann dürfen wir rechts hoch über den Berg. Oder fast. Lausig und vor allem endlos. Und wieder runter, genauso.
VP Klaustal gibt nochmal alles. Waren die Wege hierher schon bescheiden und steil (auf und ab…), so folgt nun die Krönung. Da sind erstmal die Treppen zum Nonnenfelsen. Na gut, das geht ja noch. Dann ein schmaler Trail, am Hang längs. Stetig hoch, dann flach. Geht auch noch. Den Posten begrüßen, sowieso. Auf breiter Schotterstraße an Hang gegenüber allmählich hoch. Geht auch noch. Aber kurz vor Schlosseck ist Schluss mit lustig. In schmalen Serpentinen geht es steil hoch. Die Ruine ist in der Abendsonne ganz reizvoll, der Trail ziemlich zugewachsen mit Ginster und kleinen Tannen. Und der Einstieg wird auch mal schnell verpasst. Immerhin- es ist erstmal flach und führt zum Nachbarhügel rüber. Da geht dann richtig die Post ab. Der breite Fahrweg tut nur so, als wäre er steil. Der (gut markierte) Trail ist es aber dann wirklich. Brutal. Und dieses Jahr lauert oben eine (echte) Gefahr!
Raupen, fiese, behaarte Eichenprozessionsspinner. Die halten ihr Jahrestreffen ab und vertreiben Neugierige mit herumfliegenden Härchen. Die lösen heftige Hautentzündungen aus und erstmal eingeatmet… dann gute Nacht.
Eine kleine Umleitung am Gipfel umgeht die Gefahr, einschließlich der Hütte. Von oben runter ist total klasse. Der allerhöchste Berg ist bezwungen (516hm), der steilste Zahn des Höhenprofils. Nun kann einen nichts mehr. Prima Trail, VP 9 am Schluss. Man erwartet mich sehnlichst, auf der Liste fehlen nur noch zwei, der andere wird gerade eingesammelt.
Somit kommt mir ab hier die ungeteilte Aufmerksamkeit der noch verbliebenen Posten und eines äußerst freundlichen Besenradlers zugute und natürlich im Ziel erst recht! Also, mit Gas weiter. Der schöne Trail setzt sich fort, er mündet auf eine Forststraße, immer schön bergab. Hier ist noch Abkürzung B, rechts der Tote Mann bleibt mir diesmal erspart. Ich bin jenseits des cutoff. Noch einen Damm hoch und auf guten Wegen nach Höningen. Ein toller Ort. Altes Kloster, alte Mauern. Und die Speisekarte der Klosterschänke – für später. (Der Saumagen mit Kastanien und Sauerkraut – lecker!)
Aber noch sind es so 8 km. Und da gibt es noch viel zu tun. Direkt nach dem Ort liegt ein Bergriegel quer im Weg, da geht’s drüber. Und da schimpfen auch die Half- und Quartertrailer. Denn hier führen die Strecken zusammen. Obwohl bestimmt so 700 Läufer mit 1400 Füßen durch sind, sind die weißen Pfeile aus Mehl immer noch klar und überdeutlich. Da erkennt man die Markierungsprofis! Hat man den Berg geschafft, folgt ein breiter Weg, genau das Tal entlang, dem wir heute früh im Finstern schon gefolgt sind - nur auf der anderen Seite. Teiche liegen dazwischen. Häuser und Asphalt gibt es dann in OberUnterMittelseligenhof. Nur durch. Alle gucken gerade heute-Nachrichten, keiner ist draußen. Es ist auch wieder kalt, einstellig. Die Sonne verschwindet hinter den Hügeln.
Einer muss noch erklommen werden, dann beginnt der letzte Trail wellig durch den Wald. Zwei passen so gerade nebeneinander vorbei. Von hier hört man das Ziel, den Ansager, den Trubel. Gnadenlos dürfen wir aber weiterlaufen, schnell ist der Wald wieder ganz still. Die Dämmerung hat ja einen eigenen Reiz. Weit, weit am Ziel vorbei, rechts auf einem Knochenbrechertrail das Tal durchquert. Am Naturfreundehaus längs und rechts die letzte Gemeinheit: ein Berg! Nochmal unendlich hoch, immerhin auf Schotterweg. Fängt dann der Asphalt an, sind es kaum noch 800 Meter. Und wirklich – Menschen! Jubel! Applaus! Ich setze zum Schlussspurt an. Ich kann nicht anders, es nimmt mich einfach so mit.
Feierabend für alle! Ein (echtes) Bier mit dem begeisterten Besenradler rundet den Tag schön ab. Ja, was bin ich denn nun gelaufen? Gestartet bin ich als Ultra (85,6km/2440 HM, musste dann Abkürzung B nehmen und bin mit 78,3km und 2200 HM ins Ziel. Es gibt für Läufer, die Probleme mit dem Zeitlimit kriegen, noch andere Abkürzungen. Hört sich vielleicht etwas kompliziert an, ist es aber nicht. Und obendrein immer noch besser, als irgendwo aus dem Rennen genommen zu werden und leer auszugehen.
Fazit
Der Pfalz Trail ist ganz großes Kino, aber bitte nicht unterschätzen! Das stetige Auf und Ab saugt alle Körnchen ab. Und ohne geht’s nicht. Man verläuft sich dann auch ganz schnell. Es ist eine Gegend wie am Mittelmeer, Sandboden, Kiefern, lichte Wälder, steile Berge. Stöcke lohnen sich, besonders in der 2. Hälfte. Kann man ja in einen dropbag packen. Bei Nässe unbedingt gute, profilierte Schuhe tragen. Ist es trocken, geht eigentlich alles. Nur zu!
17.09.16 | Heute mal das "Kleine Grüne" |
Günter Kromer | ||
19.09.15 | Sinnlos ist hier nichts |
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11.10.14 | Respekt! |
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05.10.13 | Trailrunning durchs Leiningerland |
Nicola Wahl |