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03.07.10 - Raiffeisen Montafon Arlberg Marathon

Klein, aber fein

Als Entschädigung eröffnen sich immer wieder wundervolle Ausblicke hinein ins felsige Bachbett der Rosanna. Wie die Litz donnert sie wildromatisch und ungestüm gen Tal. Bei km 31 wird es aber auf einmal ruhig und friedlich. Hier wird die Rosanna zu einem türkisfarben schimmernden See aufgestaut. Aus der Vogelperspektive wirkt das von üppiger Natur umrahmte Gewässer wie ein geheimnisvoller Dschungelsee. 

Das Erreichen des Verwallsees bedeutet auch einen Wechsel im Streckenuntergrund. Der Naturweg wird durch Asphalt abgelöst. In zahllosen Kurven windet sich die Straße durch den dichten Wald. Angesichts der Hitze versuche ich ständig in den Schatten zu schlüpfen, aber oft gibt es vor der Sonne kein Entkommen. Jede Versorgungsstation bedeutet für mich zumindest kurzfristige Erlösung.

Bei km 36 treten wir hinaus aus dem Wald und vor uns prangt ein großes Schild „St. Anton am Arlberg“. Aber ich bin schon vorgewarnt: Davon darf man sich nicht täuschen lassen. Noch liegen 6 km vor uns. Ein wenig erinnert mich die Situation an den LGT Alpin Marathon in Liechtenstein, wo man - bereits das Ziel vor Augen - auf den letzten Kilometern noch den Talkessel von Malbun auf einem Höhenweg umrunden muss.

Auch hier werden wir auf einen Höhenweg geleitet und dürfen auf dem steilen Slalomhang über St. Anton sogar ein paar Serpentinen – natürlich nach oben - drehen. So schön der Blick von hier auf den Ort auch ist: Ich wäre im Moment sehr viel lieber schon da unten als hier oben. Auch wenn man vom Ziel im Ortskern noch nichts sieht, so dringen doch ein paar Lautsprecherfetzen nach oben. Wir aber traben auf einem schmalen eingewachsenen Pfad mal rauf, mal runter, aber immer weiter und weiter an St. Anton vorbei.

Über den Pfad gelangen wir schließlich auf einen breiten staubigen Weg, die Rodelabfahrtsstrecke, wie man mir sagt. Und da Rodeln bekanntermaßen aufwärts nicht funktioniert, weiß ich: Jetzt geht es nur noch bergab. Und wie: Steil geht es hinunter, nur fliege ich nicht wie ein Adler, sondern komme mir eher vor wie ein flügellahmer Gockel, der da hinab stakst. Für kurzzeitige Irritation sorgt die Km-Beschilderung. Seit km 30 weist diese jeden einzelnen Km aus und ich bin freudig überrascht, etwas unerwartet auf einmal schon das km-Schild 39 zu entdecken. Die Freude weicht leichter Verwirrung,  als das nächste Schild eine „38“ trägt – die Schilder wurden wohl verwechselt, was ich hitzeumnebelt aber erst nach einer Weile realisiere.

Kurz nach km 39 ist es soweit: Wir laufen dörfliches Gebiet hinein, allerdings noch nicht in St. Anton, sondern im Ortsteil St. Jakob. Keinen vernünftigen Menschen treibt es angesichts der spätmittaglichen gut über 30 Grad C auf oder an die Straße. Und so sind es nur ein paar Verrückte, zu denen auch ich gehöre, die die einsame Dorfstraße entlang laufen, ab und an beklatscht von einem versprengten Zuschauer.

Daran ändert sich auch nichts, als ich nach ein paar Schlenkern im Talgrund St. Anton erreiche und an der Dorfkirche vorbei geradewegs der Fußgängerzone entgegen steuere. Wie ausgestorben wirkt der Ort – bis auf die letzten 200 Meter zum Ziel.

Zieleinlauf in St. Anton

Jetzt hört man schon den Zielmoderator, der jeden Einläufer persönlich begrüßt, und die Musik, die das Zielspektakel umrahmt. In den Lokalen und Cafes sitzen die Menschen und feuern die Läufer auf den letzten Metern an. Und dann ist es geschafft: Durch den Zielbogen, der so groß ist, dass er kaum auf der Straße Platz hat, erreiche auch ich das Ziel. Erst als ich ein wenig zu Ruhe komme, merke ich, wie sehr die Hitze selbst im Zustand der Nichtbewegung drückt und mehr als bei anderen Marathons habe ich den Eindruck, dass die Einläufer heute besonders glücklich und stolz sind, diese Hitzeschlacht erfolgreich geschlagen zu haben.

 
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Die Zielverpflegung ist ein weiteres Highlight: In acht großen silbrigen Schüsseln werden wassergekühlt acht verschiedene Obstsorten angeboten, bei den Getränken wird von Säften über Bier bis Red Bull alles aufgetischt, was sich ein durstiges Läuferherz wünschen könnte – nur leider heute ein paar Grad zu warm. Überall im Zieleinlauf sitzen und liegen die Läufer herum, feiern mit Freunden und Familien sich und die anderen oder genießen einfach still die launige Stimmung. Dabei schafft gerade auch der Zielmoderator das Kunststück, diese gute Stimmung durchgehend aufrecht zu erhalten, obwohl die Läufer nur vereinzelt alle paar Minuten eintröpfeln. Letztlich sind es heute nur 156 Läufer/innen, die das Ziel in St. Anton erreichen, wobei zwischen dem ersten und dem letzten Einläufer immerhin gut vier Stunden liegen. Aber diejenigen, die es schaffen, die lassen sich aus dem kleinen Zielparadies nicht so schnell vertreiben.

Hart war es heute, aber auch wunderschön. Ein tolles Berglauferlebnis wird zwischen dem Silbertal und St. Anton geboten: klein, aber fein. Und in puncto Organisation, Verpflegung und Attraktivität der Strecke steht dieser Lauf in keiner Weise den „Großen“ der Szene nach. Warum dennoch nur vergleichsweise wenige kommen? Wirklich erklären kann ich es mir auch nicht. Vielleicht ist es einfach nur der doch relativ geringe Bekanntheitsgrad. Ob man dem Lauf mehr Bekanntheit wünschen sollte? Ich weiß nicht recht. Einerseits schon, andererseits aber auch nicht: Denn irgendwie ist es vielleicht gerade auch diese Intimheit, die ihn zu einem echten Berglaufjuwel macht.

Marathonsieger

Männer

1. Schenk Felix, CH-Wigoltingen              3:14.18,7   
2. Holzmann Sven, Schruns                    3:28.50,7    
3. Signer Stefan, CH-Appenzell               3:36.59,8

Frauen

1. Holzknecht Henriette,  Sellrain            3:49.39,6    
2. Müller Astrid, CH-Grafstal                3:56.18,6   
3. Dohr Karoline, Voitsberg                  3:59.41,5

156 Finisher

 

Informationen: Raiffeisen Montafon Arlberg Marathon
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