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06.07.19 - raunsee Bergmarathon

Steiler geht nicht

Steil sind Berge nun mal. Ist ja auch richtig so. Aber dieser hier, der Traunstein, der ist es besonders: Imposant, allein stehend, senkrechte Wände und zwei Gipfel. Was ich bereits von der Autobahn aus erspäht hab, noch 30 km entfernt, ist vielversprechend  bis  bedenklich.  Aber die Realitäten übertreffen jede Phantasie …

Freitag. 5.7., es wird spät. Um 8 macht in Gmunden am Traunsee die Startnummernausgabe zu. Wunderschön sind der Ort und die Lage und nett die Leute. Flott in die Tiefgarage am Rathaus und zur Orga geflitzt. Geschafft! Noch 6 ½ Stunden bis Start. Das reicht für ein paar erste Eindrücke: der See, das Startgelände, eine Portion Kaiserschmarrn, Schloss Ort (in der Serie: Schloßhotel Orth) und ein kleines Helles,  nur zum besser einschlafen.

 

 
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Samstag, 6.7., 1:50, es ist verdammt früh und finster, aber ziemlich warm. Von meinem Nachtparkplatz (Toscanapark) ist es ein km zum Start. Ist auch wirklich alles Nötige dabei, sitzen die Klamotten, sind die Schuhe nicht zu fest gebunden? Mit diesen Gedanken vergeht die Zeit.

Läuferfrühstück: Eine Käsesemmel, mehr geht nicht. Dazu Kaffee. Dann das Briefing.  Der Buchinger Harald gibt letzte Streckenänderungen bekannt und scheucht uns dann zum Start. Es ist warm, bloß weg mit den warmen Sachen. Ab in den Sack. Lampe an und ab geht’s. Start um 3:00,  über die Traunbrücke ans Ostufer und zum Grünberg hoch. Von 425 m Seehöhe auf knapp 1000 in 4 km. Nur so zum Aufwärmen.

 

 
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Wir bewegen uns auf Trails im Wald, über Steine und Wurzeln, recht steil, aber stellenweise auch laufbar. Oben beginnt eine Forststraße, breit und eben, zum Rollen lassen genau richtig. Aber nur für etwa 8 km bis zum VP 1, Traunstein-Gedenkstein. Bis jetzt ist alles in Ordnung. Unsere Höhenmeter sind zwar wieder alle vernichtet, dafür beginnt aber die Morgendämmerung. Die Lampe kann weg. Man kann sie hier auch abgeben und Gewicht sparen. Warum eigentlich?

Die Frage beantwortet sich alsbald: Nach zwei Tunneln beginnt links unvermittelt der Steig. Naturfreundesteig klingt harmlos, ist aber ein richtiger Klettersteig, versichert mit Drahtseil, später an den ganz schwierigen Stellen mit Leitern und Trittstufen. Helm und Eigensicherung werden dringend empfohlen und eine Aufsteigezeit von 3,5 Stunden angegeben. Senkrecht geht es nach oben. Da ist jedes Gramm weniger sehr, sehr wertvoll…

Mit den etwa 1100 Höhenmeterchen sind wir also erstmal gut beschäftigt. Es geht wirklich nur hoch. An ein oder zwei Stellen kann es auch mal flach gewesen sein, so für 5 m vielleicht. Die Pausen gilt es zu nutzen, um immer mal was zu trinken. Die Luft ist warm und trocken, die Aussicht einfach grandios. Sie gehört eindeutig zu den schönsten. Bizarre Felsnadeln tauchen auf, senkrechte Wände, schroffer Kalkstein. Wo es eben geht, krallen sich Bäume fest. Wir auch. Aber die Stellen, ob auf Stein oder Holz, sind abgegriffen und schlecht zu packen. Am besten geht’s  mit Handschuhen.

Eines sollte man auf keinen Fall: nicht runtergucken! Immer den Blick nach oben, aufs Ziel! Das Naturfreundehaus kommt tatsächlich nach 2 Stunden in Sicht, aber durch Rinnen und Wände, ein Felstor und andere Schikanen dauert es noch. Meine Pausen werden häufiger und die ersten richtig Schnellen der 2. Welle, gestartet um 5, überholen mich. Ich fasse es nicht, staune über das Tempo und trete natürlich beiseite. Ich will ja keinen Rekord vermasseln. Griaß di, und weg sind sie.

Und dann: Eine Treppe, das Haus, der Tresen, ein Bier! Natürlich nur wegen der reinen Isotonie. Kostet, tut aber gut. 16,5 km in gut 5 Stunden. Die freundlichen Naturfreunde zeigen mir die Berge und den weiteren Weg.  Das macht Mut, das spornt so richtig an.  Also jetzt hier runter, auf dem Steig, dann die Straße und da hinten, da, wo man die Almwiese sieht, über den Sattel. Dahinter käme dann Ebensee und die Hälfte wäre geschafft. Nee, die Stöcke lass mal stecken, erst unten ab Kaisertisch wieder. Pfia di.

 

 
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Kaisertisch heißt das nächste Ziel. Der Franz Josef hat damals hier Pause gemacht, beim Jagen. Immer noch unvergessen. Da geht’s jetzt hin, 700 m tiefer und nur 1,5 km entfernt. Der Mairalmsteig hat es in sich. Steil ist er nicht, eher übersteil. Loses Geröll, Wurzeln, ab und an eine Holzleiter. Der hat es gewaltig in sich. Das merkt auch der eine und andere richtig Schnelle.  Ein falscher Tritt, und es ist aus. In diesem Fall geht es glimpflich aus, nix ernstes. Mich mahnt es zu noch mehr Vorsicht.  

Inzwischen hat sich die Sonne so hochgearbeitet, dass sie uns direkt erwischt. Mann, ist das heiß. Aber die unendlichen Serpentinen führen wieder andersrum und in den Schatten. Da liegt auch der VP Kaisertisch. Pause und ein isotonisches Heilmittel. Salz, viel Salz dazu. Cola gibt’s und „Energie normal“ = Red Bull. Kann man alles gebrauchen. Und wem das nicht reicht, der kann nach links zur Mairalm- Jausenstation.

Nun beginnt die versprochene Forststraße. Breit und eben führt sie so 100 HM hoch nach Karbach am Seeufer. Also dann schön sanft bergab, durch nen Tunnel noch, bis km 26. Endlich geht es voran! Laufen, man kann wirklich laufen! Ein paar Serpentinen dürfen wir abschneiden, auf markiertem Trail natürlich! Welch ein LuxusUnten ist es dann richtig heiß. Die versprochenen 31° vielleicht? Immerhin ist Schatten, der Riesenvorteil am Ostufers.

Der VP ist gut besucht, der See lädt zum Baden ein. Will nur keiner. Nun könnte man ja ein Boot nehmen und direkt nach Ebensee rüber schippern. Der Ort ist fast zum Greifen nah. Inzwischen sind auch die Kameraden der zweiten Welle weitgehend durch, was ein großer Vorteil für das folgende Stück ist. Überholen geht nur sehr, sehr selten.

Der Einstieg verheißt irgendwie nichts Gutes. Das verfallene Bootshaus, ein Schiffswrack und der Name Zeckeninsel machen nicht wirklich Lust auf mehr. Auf einem sehr, sehr schmalen Pfad, wellig auf und ab, ist laufen für unsereiner nicht ratsam. Ein Abgrund droht, es geht jäh in die Tiefe. Da wäre bei einem Fehltritt dann kein Halten mehr. Die vielen hundert Füße haben den Pfad zwar deutlich markiert, ihn an vielen Stellen aber auch völlig zum Absturz gebracht. Ich kann es kaum glauben, aber es ist unser Weg. Drahtseilsicherungen sollen das Schlimmste verhindern. Die hätten auch ruhig mal jemanden mit ner Säge schicken können, um die Baumleichen zu räumen.

Irgendwann hat diese Vorhölle ein Ende. Dafür beginnt dann die richtige. Die Namen: Daxnersteig und Spitzlalmsteig, 600 Höhenmeter auf 2 Kilometer. Alternativen: Keine! Steiler geht’s nimmer. Wenigstens sind wir im Schatten. Flüche, schweres Atmen, hoffnungsvolle Datenabfrage auf der Läuferuhr. Wie lange noch?

Die tolle Aussicht tröstet. Auf den Feuerkogel zum Beispiel, das Highlight der zweiten Hälfte. Oder auf den Grasberg und den Gmundnerberg und alles, was dazwischen liegt. Jetzt muss ich auch noch auf die Uhrzeit achten, Es gibt cut-offs und keine Gnade. Es sollte reichen, denn hinter dem Sattel mit der Alm gäbe es eine Forststraße…

An der Alm angekommen, wird erstmal ordentlich restauriert. 5 km noch, laut Schild und nur bergab, laut Ansage. Auf der Straße eine halbe Stunde, dann ist es geschafft. Nur: Nix ist mit Straße. Stattdessen fiese Trails, lose Steine und unzählige Wurzeln. Wie oft ich gelegen bin? Ich hab‘s nicht gezählt. Irgendwo lauert eine Fotofalle. Geblitzt! Zu schnell? Ich doch nicht. Bei meinem Tempo und der Sorge vor Sturz und Bruch dauern die 700 HM eine ganze Weile. Und der cutoff naht.

 

 
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Ganz, ganz unten schließlich blitzen weiße Hauswände auf, der Wald wird verlassen und eine flache Straße betreten. Flatterbänder  kennzeichnen die Route. Das kriege ich gerade noch so mit. 31°, alles glüht. Lorenz von oben und der Asphalt von unten. Wären da nicht freundliche Anwohner mit Kühlwasser, ich wäre aus Verzweiflung in den erstbesten Bach gesprungen. Oder in die Traun. Meinetwegen auch von der Brücke.

Was bin ich platt. Diese Hitze ist mein Untergang. Tropentauglichkeit war laut Ausschreibung nicht gefordert. Applaus ist zu hören, man heißt mich willkommen an der Labestation Ebensee!

11,5 Stunden bin ich unterwegs für 35 km und 2500 HM. Weitere  32 km und 2000 HM sind im Angebot, diesmal aber bei 30° und in praller Sonne. 6,5 Stunden sind es noch bis zum Zielschluss. Knapp ist das, verdammt knapp.

Aber der Leser will ja informiert sein über alles Mögliche. Beispielsweise über Fahrmöglichkeiten im Falle der Fälle. Also beschließe ich, in diese Richtung zu recherchieren. Nach einem Eisbecher -zu Kaiserpreisen-  bringt ein Zug viele Läufer pünktlich zurück zum Start. Kaum 30 Minuten dauert das, einschließlich der berühmten Gmunder Straßenbahn. Alles ist mit der Startnummer inklusive.

Zum Start nach Ebensee für die halbe Runde geht’s um 7:30 in der Früh natürlich umgekehrt. Alles easy. Das wäre also auch geklärt.

Im Zelt ist richtig was los. Ständig treffen die Helden ein, die 11-12 Stunden für die ganze Runde brauchen. Es geht kaum schneller. Die Läufer mit der halben Runde ab Ebensee sind leicht zu unterscheiden. Sie sehen noch verflixt frisch aus. Einheimische verraten mir (leider erst hinterher), dass sie allerhöchstens dieses Stück laufen würden. Das andere sei ja nur ein ungeheuerlicher Akt der Gewalt…

Chipabgabe und relaxen. Schnitzel, Wurscht und blondes Iso. Und ein Bad im See. Mein Tip: Eine schöne Badestelle findet sich 300 m weiter an der Esplanade. Alle Klamotten einfach anlassen, besonders die Schuhe. Die Steine sind nämlich verflixt glitschig. Aber Duschen gibt’s auch, sogar warme.

Fazit

Fast 70 km mit 4500 HM sind zu bewältigen. Über derart steile Steige, daß mir die Worte dafür fehlen. Es braucht ganz, ganz besonders allerbeste Trailschuhe mit rutschfester Sohle! Ich wage nicht, mir die Strecke bei Nässe vorzustellen. Handschuhe und ausreichend Getränke und Salz (bei derartiger Hitze) unbedingt mitnehmen. Stöcke sind sehr hilfreich. Die zweite Hälfte soll etwas einfacher sein. Von 378 Startern sind über 100 ausgeschieden…

Die wunderbare Landschaft entschädigt für alles. Das Panorama, der See, die Villen und Schlösser, hier lässt es sich aushalten!

 

Informationen: raunsee Bergmarathon
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