Heute stehe ich am Startpunkt des Röntgenlaufes in Rennscheid (kein Schreibfehler), der mit der 10. Austragung ein Jubiläum feiert. Was ich erlebt habe, was es mit der Überschrift auf sich hat, warum ich für die Drecksarbeit zuständig bin (mit einem Augenzwinkern) und was sonst noch interessant ist, erfahrt ihr hier.
Meine Anfahrt ist für dieses Lauferlebnis ein wenig weiter. Aber eine interessante Strecke, viel Natur und einige Höhenmeter sind mir das wert. Der Röntgenweg zieht sich auf rund 60 Kilometer um die Stadt Remscheid herum. Er wurde 1995 zum 150. Geburtstag von Wilhelm Conrad Röntgen von „Remscheider Rundweg“ in Röntgenweg umbenannt. Und noch zwei Jubiläen sind von Bedeutung: Zum ersten Röntgenlauf 2001 jährte sich zum 100. Mal die Verleihung des Nobelpreises für Physik an den Wissenschaftler. Und an diesem Wochenende findet der 10. Röntgenlauf in Remscheid statt - weitere Gründe für meine Teilnahme.
Für die Interessierten ist am letzten Sonntag im Oktober allerhand geboten. Es gibt Kinderläufe, Jedermannläufe über fünf und zehn Kilometer und etwas für die Walker. Der „harte“ Kern startet dann auf dem Röntgenweg über 21 Kilometer, Staffellauf, Marathon, Ultra über 63 Kilometer und im Jubiläumsjahr auch über 100 Kilometer. Der letzte Wettbewerb ist aufgrund der Feierlichkeit einmalig und daher frühzeitig ausgebucht. Für mich reicht der Ultra, denn öfter als einmal im Jahr möchte ich die 100 Kilometer nicht machen.
Stützpunkt der Organisation ist das Sportzentrum Hackenberg in Lennep, einem Stadtbezirk von Remscheid. Hier finden wir Startnummernausgabe, eine kleine Laufmesse, Umkleidemöglichkeiten, Massage und die übliche Infrastruktur. Für die Pasta (mehrere Sorten und Saucen!) und ein Getränk sind fünf EUR zu zahlen. Aufgrund des günstigen Startgeldes für den Marathon bzw. Ultra mit 36 EUR fällt das überhaupt nicht ins Gewicht. Wie die das finanziell hinkriegen, noch jeden Teilnehmer mit Medaille und Funktionsshirt auszustatten, das bleibt mir ein Rätsel. Hut ab!
Mit den Parkmöglichkeiten ist es am Sportgelände etwas beengt. Am Kirmesplatz bestehen weitere Parkplätze und von dort wird ein Pendelbusverkehr eingerichtet. Ich habe Glück, noch am angrenzenden Schulgelände einen (in)offiziellen Stellplatz zu ergattern.
Leider hat es im Laufe der Nacht zu regnen begonnen. Die 100-Kilometer-Läufer befinden sich bereits seit Stunden in ihrem Wettkampf. Für sie ist es hart. Ich bleibe noch eine ganze Weile im Auto sitzen und mache mich dann etwa 30 Minuten vor dem Start auf dem Weg. Die Funktionsjacke nehme ich mit und falls sich das Wetter bessert, kann ich ja das Ding umbinden.
Es regnet immer noch, knapp zehn Grad. Das ist zwar nicht kalt, aber bei einem langen Lauf könnte man da schon unterkühlen. Ich ziehe die Jacke an. Überschüssiger Wärmeentwicklung kann ja mit einer antizyklischen Reißverschlussstellung der Jacke begegnet werden. Viele Läufer schützen sich mit Plastikumhängen oder haben gar Regenschirme dabei.
Bei der ersten Fotoarbeit merke ich schon: Es wird nicht einfach, gutes Fotomaterial zu sammeln. Jetzt ist es noch zu düster für die Digicam. Und da dann der Blitz zuschaltet, kommt das Gerät schon an seine Grenzen.
Um 08.30 Uhr ist es soweit. Frau Oberbürgermeisterin und Schirmfrau (oder Schirmherr?) gibt mit der Startpistole das Signal für unser langes Tagewerk. Vorne die schnellen, die Bleistifte, dahinter, ja, die Radiergummis, da kann man sich in mehreren Startblocks je nach Tempo einreihen. Kontrolliert wird nicht.
Damit man nicht zu schnell angeht, wartet nach dem Start schon die erste Steigung mit 30 Höhenmetern. Die ersten Kilometer führen uns in die Altstadt von Lennep. Der Ort wurde bereits 1929 nach Remscheid eingemeindet. Heute ist er mit knapp 26000 Einwohnern der zweitgrößte Stadtteil der Großstadt. Im 13. Jahrhundert erhielt Lennep das Stadtrecht und gehört damit zu den ältesten Städten des Bergischen Landes.
Wer jetzt meint, die Gegend hat aufgrund der Berge seinen Namen erhalten, der irrt. Nein, die Grafen von Berg mit ihrem Herzogtum haben der höher gelegenen Gegend dem Namen beschert. Wieder was gelernt.
Am Ende der Steigung steht ein Trommler, der sein Gerät unbeirrt trotz des Regens bearbeitet. Einige Stimmungsnester sind vorhanden. Es geht dann abschüssig in den mittelalterlichen Stadtkern hinein. Die schnellen Läufer haben ihre kurze Stadtbesichtigung schon beendet und kommen uns entgegen.
Dann sehe ich kurz das Röntgenmuseum. Hier kann man alles über den Erfinder der „X-Strahlen“ erfahren. Übrigens, sein Geburtshaus ist nur einen Steinwurf vom Gänsemarkt entfernt. In der mittelalterlichen Altstadt sehen wir viele denkmalgeschütze Häuser aus dem sogenannten Bergischen Barock, die nach dem Stadtbrand von 1746 entstanden.
Der mitunter gepflasterte Laufuntergrund ist aufgrund der Nässe nicht ganz ungefährlich. Wer in den Kurven langsam macht, mindert das Risiko und kann sich einige Körner für später aufsparen. Etwa bei Kilometer fünf ist die Stadtbesichtigung beendet, gerade sind wir am Sportzentrum vorbei. Da stehen noch viele Neugierige und treiben uns mit Klatschen weiter.
Wir verlassen den bebauten Bereich auf einem geteerten Feldweg. Entsprechend eng geht es jetzt zu. Konzentration ist notwendig, nicht dass man dem Vordermann in die Hacken tritt. Nach dem Ende des Gefälles endet der befestigte Untergrund, es geht auf Feld- und Waldwegen entsprechend crossig weiter. Wasserlachen und morastige Stellen warten darauf, dass wir rein tappen. Mit einem vorsichtigen Laufen ist es vorbei. Mein Hauptaugenmerk ist jetzt, mir keine übermäßig nassen Füße zu holen.