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26.05.17 - Saar-Hunsrück-Supertrail

Adlerauge sei wachsam

Zwei hat man davon, besser wären drei. Das eine guckt nach unten, sucht die Stolperfallen am Boden, das andere scannt die Bäume. Die Beschilderung hängt in 2 m Höhe. Und, naja, das dritte  erfreut sich an einer wunderbaren Landschaft. Davon hat der SH-Steig nämlich überreichlich. Und vom Allerfeinsten.

Wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt ganz schnell ne Steigung her … getreu diesem Motto schickt uns Bernhard auf die Strecke. Und da hat er vielleicht eine tolle ausgesucht, mannomann! Nunmehr zum 7. Mal versuchen sich Erst- und Wiederholungstäter daran, mit steigender Begeisterung. Die Vorfreude am Himmelfahrtstag ist schon groß, ein Wiedersehen mit Freunden, Austausch abenteuerlichster Geschichten, Läuferlatein. Die Begeisterung steckt jeden an. Erst lange nach dem Nudelbüfett legt sich auch der Hartgesottenste zum Schlafen nieder, die Nacht ist kurz, sehr kurz…

 

1.Tag

 

Ab 5 gibt es Frühstück, alles da und ein Kaffee zum richtig Wachwerden. Die erste Läuferwelle fährt um 6 los. Der Bus ist voll und eine gute Stunde unterwegs. Startort ist neben einer Burganlage mit sehr markantem Turm. Dort beginnt eine Schleife von etwa 6 km mit Trails vom Feinsten. Alles da. Zum Einlaufen leicht bergab, später getreu dem obigen Motto wieder hoch, Wurzeln, Steine, Aussicht, steil hoch und runter, einfach toll. Und zum ersten Mal muss Adlerauge Nr.2 ran, die Schilder finden. Oder Bernhards Spraypfeile. Noch sind alle beisammen und es ist einfach. Immer hinterher, das passt schon. Erst später wird’s knifflig…

 

 
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Die Kolonne zieht sich in die Länge. Jeder so, wie er kann oder möchte. Kein Zeitdruck dahinter. Im Wald haben wir gute Wege, weichen Boden. Abwärts. Es rollt nur so. Aber auch hier erste Fallen: der Steig ist nämlich nicht die kürzeste oder bequemste Verbindung zweier Wegpunkte. Das wäre dann wohl eine Straße. Nein, er führt uns zu den schönen Aussichten, zu Naturwundern, zu kulturhistorischen Stätten oder einfach nur im Schatten daher, wo es schön ist. Meist fern von Dörfern. Ein paar Straßen werden gequert, STVO beachten! Wir sind mitten in der Landschaft, werden ein Teil davon. Genauso möchte ich es haben.

Der 2. VP befindet sich an einem tollen Platz. Eine Aussicht, also wirklich. Über Berg und Tal, in die Ferne, bis zur Wildenburg. Was man bis hierher schon geleistet hat, wird bei so einer Gelegenheit plastisch erfahrbar. Die Wege sind gut, die Schilder kann man finden, und auch die Angler brummen freundlich: „Da links hoch“. Sonst nimmt keiner von uns Notiz, ist ja auch kaum jemand unterwegs. Nach Langweiler ab in den Wald. Lange hoch. Sehr lange. Teils über einen tollen Singletrail, teils über Schotter. So schön, dass überall kleine Steinpyramiden entstehen: Ich komme wieder, heißt das.

Kurz vor dem nächsten VP beginnt das Hase-und-Igel-Spiel. Kennt ihr doch noch, oder? Verabreden sich die zwei zum Wettlauf, der Igel hat nen Doppelgänger… Kameraden, die ich weit vor mir wähnte, kommen plötzlich von hinten heran. Adlerauge war etwas abgelenkt, farbenblind, oder zu schnell dran vorbei. Schon ist‘s passiert. Ein Extra-km. Der SH-Steig hat so was im Programm, nennt sich Traumschleife. Klar, dass auch ein verträumter Läufer drauf kommt. Die Chancen sind hoch, an beiden Tagen. Nach VP 3 kommt Kultur ins Spiel. Wie aus dem Nichts tauchen gewaltige Viadukte einer alten Eisenbahnstrecke über uns auf. Kolossale Bauten sind das. Kolossal auch, was jetzt kommt; der Anstieg zum Erbeskopf ( 818 m). Im Wald, im Schatten geht’s ja noch. Oben ist pralle Sonne, pur. Bernhard überwacht die Versorgung, ist auf dem Laufenden, kümmert sich. Die zweite Starterwelle ist nämlich auch schon mitten unter uns. Meine zwei Stunden Vorsprung sind dahin.

 

 
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Wir sind ja schön hoch, nun geht’s überwiegend abwärts. Kleine Gegenanstiege sind nicht schlimm. Man muss nur auf die Schilder achten, die stehen im Wald auf Singletrack dicht hintereinander. Kann man nicht verpassen. Eigentlich. Wenn Adlerauge aber mit dem Nachbarn schwätzt, ja dann… Läufer sind ja lernfähig. Im Zweifel kehrt man um, bis es wieder passt. Hat Bernhard beim Briefing eindringlich so empfohlen.

Mitten im Wald ein Siegfriedsbrunnen. Nicht irgendeiner, sondern der von den Nibelungen.  Mord und Totschlag und kein Happyend. Irgendwie so wie bei game of thrones. Beim Erfrischen habe ich mich unwillkürlich umgeguckt, man kann ja nicht wissen… aber das Wasser ist kalt und herrlich erfrischend. Es hält vor bis km 50.

Fata Morgana. Sowas gibt’s nicht nochmal. Nicht im Wald. Ein VP mit Wohnmobil, Lehnstuhl, allen denkbaren Vorräten, auch Eis! Sagenhaft. So eine Stärkung tut jetzt Not, denn der höchste Berg des Saarlandes will bezwungen sein.695m. Mit dem grauenhaftesten Untergrund: Steine jeder Größe, fest im Gras, alles durcheinander. Löcher dazwischen. Das Gehen ist schon schlimm genug, aber laufen…? Bitte nicht umknicken, nicht stürzen, hier kommt Erste Hilfe nicht gut hin. Von hier haben damals die alten Kelten ihre Steine geholt, zu einem Wall aufgehäuft und so eine Fluchtburg erschaffen. Wahrlich gewaltig! Was für eine Anstrengung! Ich bin platt, komme die Treppe gerade noch hoch, runter ist eine Katastrophe. Bloß kein Fehltritt, hier gehört jeder Stein zum alten Verteidigungskonzept, und das geht heute noch auf, jedenfalls für Fußgänger.

Letzte VP bei km 60, dann Stausee, dann Nonnweiler. Von weitem. Am Ortsrand vorbei und auf glühendem Asphalt in der Nachmittagssonne noch 3-4 km zum Ziel. Natürlich bergauf. Klar. Aber oben, ganz plötzlich, sind die Kräfte wieder da. Zieleinlauf! Birgit nimmt die Zeit. Schluss ist erst, wenn der letzte kommt. Lecker Abendessen, flott in die Federn, die Nacht ist wieder verflixt kurz. Und hier und da tut‘s auch noch weh…

 

2.Tag

 

Alles vergeben und vergessen was gestern war. Neustart. Nicht alle sind mehr dabei, Verletzungen, schade. Manches spricht sich erst beim Frühstück oder im Bus rum… Auf nach Trier! In einem Vorort geht’s los. Immerhin hoch oben auf einem Hügel. Dynamisch bricht das Feld auf. Alle unscharf, nur der grinsende Bernhard nicht…

Erstmal etwas auf und ab, so zum Warmwerden, durchs Gestrüpp, oben wäre ja ein Weg, aber unten der Trail. Durch die Felder dann hoch. Ordentlich steil ist es ja. Im Zickzack. Und wieder die verflixten Schilder. Man traue bloß nicht den anderen, die kehren manchmal nämlich um. Falsch abgebogen. Das passiert heute regelmäßig. Die Temperaturen und die Sonne machen mürbe. Adlerauge ist nicht immer voll dabei…

 

 
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Nach drei km stramm bergab der erste VP. Auftanken. Nun wird’s wild. Man könnte ja dem Fluss folgen, aber das wäre zu einfach. Die Schöpfer des SH-Steiges schicken uns erstmal ganz hoch, an Morscheid vorbei, über tolle Trails wieder runter, gleich nochmal hoch zu Quarzitklippen, dann muss man ja den Stausee noch kennenlernen. Also runter; natürlich führt der Steig dann berghoch.  Der 2. VP, von allen lang ersehnt, liegt ganz oben. Fantastische Aussicht dort. Und tolle Verpflegung. Und erst 20 km, 38 to go.

Die sind aber wirklich schön. Im schattigen Wald erstma und mit vielen Trailabschnitten. Gefühlt nur hoch. Stimmt aber nicht wirklich, bergab kriege ich nicht so recht mit. Viel zu schnell vorbei. Abwechslungsreich, sogar an einen kleinen, kalten Bach wurde gedacht. Wer den erreicht, hat es nicht mehr weit zum See. Ein großer Park, Ferienhäuser, viele Wanderer und unser VP! Endlich. Pause. Futter. Trinken. 28 to go. Anders gesagt, Halbzeit.

Auf den folgenden 2 km Luftlinie bestimmt 5 km kurviger Trail. Versteckte Schilder. Hase und Igel mal wieder. Trotzdem schön, sehr schön. Mitten im Busch Fernsehen. Eine bequeme Bank, davor ein Holzrahmen. Erinnert an früher, Testbild gucken…aber der Wald da  ist wirklich toll. Da kann man bestimmt gut und lange sitzen. Die zweite Welle holt mich ein. In bemerkenswertem Tempo überholen sie mich. Deckung. Dann auf eine Hochfläche  mit blühenden Wiesen und einer Fernsicht.  Ganz ganz großes Kino!

Von irgendwo kommt Carlos daher. Er hat eine halbe Stunde verloren, verlaufen! Sein Begleiter hat die Faxen dicke. Carlos zieht davon, wir wandern eine Weile vor uns hin.

Gute Schotterwege hier, aber die Schilder, merkwürdig. Gerade noch 18, plötzlich 19,3 km zum Ziel. Ist das noch richtig hier?  Zweifel über Zweifel…das quält. Da hilftnur: Kopf aus, vorwärts, nix denken. Adlerauge auf die Schilder und weiter. Automatisch. Da passt es, dass ein relativ langes, flaches Stück Weg kommt. Aber genau hier irgendwo teilt sich der Steig in den nördlichen und südlichen Arm. Bernhard hat vorgesorgt und den Fatamorgana-VP aufgebaut. Erstmal innehalten, Kraft sammeln. Orientieren und fragen. Nur noch 16 to go.

Naturwunder links am Weg und wieder hoch. Das Motto gilt immer noch und heute ganz besonders. Kaum hat man seine Kraft wieder beisammen, kommt ein Trail. Steil, steiler, ganz hoch, nur um sofort wieder alles runterzuführen. Ich bin platt. Der Trail schafft mich. Und das bei der Hitze. Aber dennoch, wir nähern uns dem Ziel. Wir kommen voran. Wiesen und Wälder. Ein Cowboy auf seinem roten Bronco erklärt uns die Gegend. Dahinten, da ganz hinten, die drei Windräder, da müsst ihr hin. Dass da mehrere tiefe Täler dazwischen sind, stört ihn nicht. Er hat ja PS ohne Ende. Wir nicht. Ja, richtig gelesen, wir. Wir sind eine kleine Gruppe. Schutz vor Hase und Igel. Mit diesen Spielchen muss endlich Schluss sein.

 

 
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Auf zu km 50. Bernhard wartet schon unter Mammutbäumen, jeder so 130  Jahre alt. Da gibt die Jugend schon mal ein Küsschen auf die Rinde….Letzte Stärkung. Wer nun glaubt, es wird nun einfach, liegt nicht ganz falsch. Überwiegend abwärts ist schon mal ganz gut. Aber auf einem Trail, der zu den schönsten überhaupt zählt. Gut zu laufen. Erfrischung im kleinen Bach, Schilder sichtbar, toll! Somit der tollste Teil der Strecke. Und unten nach ein paar Kurven warten sie schon, die Radbegleiter. Zwei tapfere Kameraden auf ihren Rädern feuern uns an, machen Mut.  Ein kleines Schlückchen Bier gibt noch Kraft, denn jetzt kommt der Asphalt. Der Staudamm liegt links. Bloß nicht hoch, hieß es. Rechts halten und dann auf die bekannte Straße von gestern.

Klappt gut. Da ist noch der Brunnen. Kalt und erfrischend. Wir kühlen uns runter und traben ab. Vorsichtig über die Hauptstraße, dann jeden Schatten ausnutzend bis Mariahütte. Der letzte Berg. Auch den kriegen wir hin. Etwas bergab nach Braunshausen und Schlussanstieg wie gestern. Was das für ein Hochgefühl sein kann, da oben am Ziel. Jubeln, spurten, es ist unbeschreiblich. Zur Nachahmung dringend empfohlen.

Im Ziel ist Partytime. Alle Besatzungen der VP sind da. Auch die meisten Läufer. Und immer noch- Hase und Igel ganz emsig am Werk. Mancher weit vor uns kommt spät nach uns an…
Leckere Grillwürstchen, Büffet, Getränke, alles reichlich da. Duschen und Wunden lecken, dann zur Oscarverleihung. Die schnellsten Damen und Herren werden geehrt. Wo kriegt unsereins schon mal nen Oscar aus der Nähe zu sehen? Nur mit Adleraugen und nur hier!

 

Fazit

 

Bernhard hat uns einen Klasse-Trail organisiert. Hart. Härter. Und Herzlich. Von Freunden mit Freunden. Und enorm fürsorglich. Er hat alle Tipps und Kniffe  für uns aufgeschrieben. Unvergessen seine Spraypfeile, die mit der Qualle.

International wird es auch noch. Carlos Sa aus Portugal hat hat den Lauf gewonnen.
Glückwunsch an Götz zum ersten Doppeldecker, und die Geduld mit mir als Igel…

 

 

 

 

Informationen: Saar-Hunsrück-Supertrail
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