Schon vom Start weg können wir uns auf die heutige Topografie einstellen, es geht rauf und runter. 980 Höhenmeter verspricht uns das Höhendiagramm auf der 50 km-Runde. Noch sind die äußeren Umstände als angenehm zu empfinden, zumal wir auch einige Kilometer im Wald unterwegs sind, aber das Quecksilber steigt unerbittlich. Nach 7 Kilometern streifen wir Unterschefflenz, wo auch die erste Getränkestelle aufgebaut ist. Zwei, drei Straßen weiter und schon verlassen wir wieder den Ort. Auf unserem Überlandlauf durch‘s www (Wiesen, Weizenfelder, Wälder) begegnen wir auffällig vielen wunderschönen, liebevoll errichteten Bildstöcken und auch eine kleine Kapelle mitten im Wald lädt zur Besichtigung ein. Scheint eine sehr katholische Gegend hier zu sein.
Über Katzental gelangen wir an den Ortsrand von Billigheim, wo erneut eine Verpflegungsstation (Km 14) auf uns wartet. Jeder wird notiert, damit ja keiner verloren geht. Weiter geht’s durch Feld und Flur. Besonders schön sind gerade die Weizenfelder, die sich wie Samtteppiche über die Landschaft legen. Ein besonders lauschiges Plätzchen wird uns am VP in Sulzbach geboten, an einem kleinen romantischen Weiher serviert man uns Getränke und kleine Knabbereien. Kurz nach der Ortschaft passieren wir eine Landstraße, ein Schild weist uns darauf hin, hier vorsichtig zu sein, an alles ist gedacht.
Die Sonne brennt mir jetzt schon gehörig auf die Birne, aber unser Weg durch’s Schefflenztal macht trotzdem riesen Spaß. Bauland nennt sich die geologische Bezeichnung für diese Muschelkalklandschaft. Klimatisch macht sich die im Vergleich zum benachbarten Odenwald geringere Höhenlage durch höhere Temperaturen und geringere Niederschlagsmengen bemerkbar. Aufgrund der Bedingungen wird es umgangssprachlich auch als Badisch Sibirien bezeichnet.
Das nur kleine Läuferfeld hat sich natürlich schon weit auseinandergezogen, so sind Conny und ich meistens ganz alleine auf der Strecke unterwegs, was unserer Freude an der schönen Strecke keinen Abbruch tut. Für Leute die das Remmidemmi bei Stadtmarathons bevorzugen, kann ich aber keine Empfehlung aussprechen. Wir nehmen uns für alle lohnenswerten Objekte und Landschaftseindrücke genügend Zeit um sie aufzusaugen und auch abzulichten. Drei Marathon-Damen, die immer wieder an den Versorgungsstationen oder bei unseren zahlreichen Fotostopps auf uns aufschließen, sind die einzigen Mitstreiter, denen wir über einen längeren Abschnitt begegnen.
Eine richtige Verpflegungsoase ist vom Lauftreff Asbach bei Km 24 in einem Waldstück am Rande des Odenwalds aufgebaut. Hier gibt es alles was das Herz eines Ultraläufers gerade begehrt. Bananen, Melonen, Salzgebäck, Hefezopf, Käsebrötchen, ja sogar Essiggurken sind dabei. Sie finden besonders bei Conny reißenden Absatz. Zum Erfrischen gibt es Wasser, Iso, Cola, Kaffee und wer will kann sich auch ein Bierchen dazu gönnen. Wir wollen und machen uns einen schönen Mix mit Cola. Als wir uns vom Acker machen, laufen auch wieder unsere Verfolgerinnen, die drei ebenfalls gutgelaunten Damen ein. Abgehakt und gut gestärkt geht es weiter auf den zweiten Teil der Strecke.
Der führt uns in einer 6 km-Schleife noch etwas weiter in den Odenwald hinein. Auf einem Thermometer im Wald, werden uns jetzt um 11 Uhr bereits 33 Grad angezeigt, allerdings in der Sonne. Ein traumhaftes Plätzchen mit einer kleinen, liebevoll dekorierten Hütte und dazugehörigen Teich, lädt wenig später zum Verweilen ein. Mehr als ein kurzer Stopp zum begutachten und für ein paar Schnappschüsse sind aber leider nicht drin. Die Spuren am Wegesrand zeugen von der Existenz von Wildschweinen, klärt mich Conny auf. Ich halte meine Kamera schussbereit, aber das Fotoerlebnis wird mir verwehrt. Dafür können wir aber einen schwächelnden jungen Mann samt Fahrradbegleitung schnupfen und so einen Platz gut machen.
Zurück am Waldrand hätte ich mich fast verlaufen, aber auch da haben die Veranstalter vorgesorgt, ein Schild mit der Aufschrift: „STOPP Läufer zurück“, bringt mich sofort wieder in die richtige Spur. Nur wenige Meter entfernt von der letzten Station beenden wir die Odenwaldrunde. Wieder wartet eine kräftige Stärkung auf uns. Mir hat es hier besonders die sehr leckere Bouillon angetan. Beim Verlassen treffen auch wieder die Damen am Stand ein. Bei Km 34 erfolgt die Trennung von der Marathonstrecke, so werden wir ihnen auf der Piste nicht mehr begegnen.
Bald darauf verlassen wir den Wald und begeben uns wieder auf Naturkunde über hügeliges Terrain, aber auch überwiegend in die pralle Sonne.
Spargelfelder, Kirschbäume und Tannenzäpfle gibt es zu studieren. Letzteres in flüssiger Form am Getränkestand bei Km 38. Das verlockende Angebot können wir natürlich nicht links liegen lassen. Von Wasser alleine kann der Mensch schließlich auch nicht überleben. Gleich anschließend daran passieren wir wieder Kirschbäume. Ein Test sagt uns, die Früchte sind noch nicht ganz reif. Wir wollen uns lieber nicht den Magen verderben und ziehen schnell weiter.
Nur ein paar hundert Meter nach der VP-Stelle warten drei Kinder beim Lauf durch ihr Gehöft auf dankbare Abnehmer an ihrem privaten Getränkestand. Das Angebot der lieben Kinder wollen wir nicht ausschlagen. Wir sind aber die Ersten, die bei ihnen anhalten, erzählen sie uns. Wenig später ist der südlichste Punkt des Rundkurses bei Km 38 erreicht und zugleich auch der tiefste der ganzen Strecke.
Ab hier geht es tendenziell mal mehr, mal weniger, bis ins Ziel bergauf. Bis Allfeld (Km 42) können wir wieder größere Streckenabschnitte im Wald verbringen, wo uns Jörg auf dem Bike einholt. Er ist von der Distanz und den vielen Steigungen auch ganz schön ins Schwitzen gekommen, so eine lange Strecke hat der mit dem Radl noch nie zurückgelegt.
Im schmucken Allfeld gibt es einige alte Fachwerkhäuser und auch wieder handwerklich sehr schöne Reliquien zu bewundern. Am Ortsrand sehen wir dann zum ersten Mal den Namensgeber unseres Ultras, die Schefflenz. Man muss aber schon genau hinsehen, sie ist wirklich nur ein Flüsschen oder eher ein Bach. In Billigheim (Km 47) wartet wieder ein Schluck Gerstensaft auf uns und so nebenbei können wir doch tatsächlich noch zwei Plätze im Ranking gut machen. Die beiden kommen doch schon ziemlich auf dem Zahnfleisch daher. Nach dem Ortsdurchlauf gibt es noch einen kräftigen Anstieg. Auf einer Anhöhe kurz vor dem Ortsschild von Waldmühlbach haben wir noch einen herrlichen Blick hinüber auf das Zielgelände.
Aber zuerst geht’s nochmal runter und zum endgültigen Finish wieder einige hundert Meter bergauf. Vor uns können wir noch einen Teilnehmer ausmachen, den schnappen wir uns mit einem Zielsprint. Den Einsatz hätte es aber gar nicht mehr benötigt, er war „nur“ auf der Marathondistanz unterwegs. Vor dem Ziel wartet bereits Jörg mit zwei eisgekühlten Flaschen Kellerbier auf uns. Wir beide haben es heute bei der Hitze richtig gemacht, ein sehr gemütliches Tempo gewählt, die Landschaften genossen und sind so fast entspannt im Ziel angekommen. Nicht allen ist es so gut ergangen. Darunter war auch Olaf, er musste nach 30 km aufgeben.
Für die meisten der 100 km-Läufer wird es später dann noch richtig ungemütlich, der Himmel wird schwarz und kräftige Gewitterschauer kommen vom Himmel.
Klein, aber fein, lautet mein Fazit. Die Organisatoren haben sich alle Mühe gegeben und alles ist perfekt verlaufen. Wer Landschaftsläufe ohne großen Trubel mag der ist hier goldrichtig. Ob es aber überhaupt nochmals eine zweite Auflage gibt, steht noch in den Sternen.
Finisher
100 km 13
50 km 27
Marathon 14
Sieger 100 km
1 Helferich, Gernot 9:53:40
2 Moog, Paul 10:38:30
3 Kraft Anton 11:23:49
Sieger 50 km
1 Starcevic, Zeljko 4:23:16
2 Meder, Kai 4:26:26
3 Müllerleile, Klaus 4:35:52
Sieger Marathon
1 Sprenger, Jochen 3:43:06
2 Samol, Gregor 3:47:04
3 Kolb, Mathias 4:16:53