…und feiert mit seinen Gästen in der Turnhalle von Holzhausen, dem versierten Trailläufer als neues Mekka gut bekannt, dem historisch versierten als Geburtsort von Nicolaus A. Otto (der hat den Motor erfunden, mit dem wir üblicherweise zum Startort fahren), oder dem römischen Limes sehr geläufig. Zu Ehren des Geburtstagskindes drehen wir eine Runde auf seiner Lieblingsstrecke, dem Schindertrail Grauer Kopf. Die Party ist dann hinterher!
Es ist Winter, sagt der Kalender. Und kalt ist es tatsächlich, neblig auch, sodass ständig die Linse beschlägt. Fürchterlich ist das. Kaum abgewischt, ist das Motiv perdu. So geht das die ganze Zeit und reduziert meine Bilderausbeute beträchtlich. Aber: kein Schnee, kein Eis, dafür reichlich Schlamm. Hurra, hinein in den Motker!
Pünktlich um 8 wirft der Schinder alle Besucher raus. Auf die Strecke. Gut, vorher gabs Frühstück und klönen, es sind nämlich alle, alle gekommen! Fröhlich und heiter traben wir ab. Kaum hat der Nebel die Vordersten geschluckt, tönt geisterhafte Musik durch den Dunst. Mitten auf dem Feld, aus Koblenz angereist, steht eine one-man-Band mit Kilt und Dudelsack. Ganz große Klasse!
Die 5 km nach Miehlen geht es bergab im Wald, gut zum Anwärmen oder Tempo vorlegen. Ein ruhiges Einlaufen ist das, bis im Ort die Grundschulkinder jubeln – es ist einfach super, wie sie uns anfeuern! Vielleicht legen wir hier den ein oder anderen Grundstein für künftige Renner! Jeder von uns hat mit seiner Startnummer ein Gedicht bekommen, von den Kindern handgeschrieben und koloriert. Das sind die schönen Erinnerungen, die bleiben!
Ein wenig laufen wir noch flach durch Marienfels, dann dem Mühlbach entlang bis Burg Nassau. Das Tal ist sehr angenehm zu belaufen, die Wege sind gut, nur an einigen Stellen geht’s mächtig steil hoch, manchmal über rutschigen Fels. Drahtseile sorgen für Sicherheit, also keine Sorge. Was es nicht gibt, sind Schilder oder Pfeile. Ohne Kenntnis der Strecke brauchts ein GPS-Teil. So mancher kleine Umweg kommt da schon zusammen.
Und dann, oben an den 12 Kehren: Der Idiot. Von Dostojewski. Nicht zum drin lesen (könnte man aber natürlich), sondern um eine Leseprobe am nächsten VP vorzulegen. Diesen fiesen Hügel könnte man ja auch umgehen… Große Gaudi am toten Briefkasten – der Titel macht neugierig. Was hat der Schinder wohl beim kommenden Posten ausgesucht?
Qualvoll laufen wir hoch zur Burg Nassau. Endlich oben, gibt’s Schinders Gebäck. Lecker. Dazu was Heißes, was Kaltes und was Blondes (in der Flasche, aber die Edelhelferin ist es auch). Kraft ist nötig, um an Nassau vorbei hoch zum Fernsehturm zu kommen. Der Blick in die Weite ist da oben umwerfend - im Sommer, heute wegen Nebel nur eingeschränkt. Aber den Briefkasten finden wir. Offline- der Titel. So ähnlich fühle ich mich auch gerade.
Im Nebel traben/gehen wir über den Gipfel auf Kloster Arnstein hin. Tobias, der Besen, trabt neben mir. Ich bin wieder ganz, ganz hinten. Immer wieder scheiden einige aus und Tobias rückt vor. Er ist supernett und hat alle im Blick. Kurz vor dem Kloster biegen wir auf einen steilen Bergpfad ein. 100 HM sind es bestimmt rauf zur Kanzel. Hier sollen wir die nächste Leseprobe holen. Aber keine Chance - irgendwer hat das Buch so toll gefunden und nahms gleich in toto mit. In dem Fall gilt: Selfie am Briefkasten machen und wacker weiter!
Die Runde ist schnell erledigt und im Kloster erwartet uns im Warmen die Erlösung vom Schinden. Serranoschinken, Glühender Wein, Süß und Salz, Kartoffeln, Blond mit und ohne - es ist einfach alles da. Segensreichen Zuspruch von den gastgebenden Nonnen gibt es oben drauf! Wo gibt’s sowas noch mal - Tipps bitte an die Redaktion!
Tja, gut die Hälfte ist rum. Berg der Tränen, oben wieder mit Leseprobe – Tränenbringer, wie passend – dann runter ins Dörsbach- und Hasenbachtal. Die guten Wege sind nun passe, der Schlamm wird zum klebrigen Kleister, glitscht um die Treter, quillt über den Rand in die Schuhe. Hier können sämtliche Sünden abgebüßt werden. Und wer sich nicht in den Motker legen möchte, tapst sehr, sehr vorsichtig und sehr, sehr langsam daher. Aber Cutoff im Ziel ist 20:00, da will der Schinder Party machen. Das sollte man im Auge behalten.
Bis zur Plätzermühle, VP 2, steigt der Weg langsam, aber entschlossen an. Das spürt man nach der bereits zurückgelegten Strecke deutlich und bremst. Quasi in Trance – ich sehe wieder ein großes Glas Bier ganz deutlich vor mir – krame ich die allerletzten Körnchen zusammen und gehe/wanke/torkele so vor mich hin.
Kurz vor 5: Endlich isotonische Labung. Und wieder erwachen müde Lebensgeister. Jetzt noch den Grauen Kopf und dann ins Ziel. 15 km werden es noch sein, das passt. Die versammelte, inzwischen wieder muntere Schlusstruppe zieht davon. Jeder wie er kann.
Im Anstieg kommt der Nebel zurück und es wird dunkel, mit jedem Schritt mehr. Etwa 4 km sind‘s bis oben. Naja, bis fast oben. Hat man das Römerkastell passiert, kommt nicht mehr viel Höhe. Eine Runde um den Gipfel, den Briefkasten suchen – Der Schmerzmacher liegt drin - Leseprobe entnehmen und runter. Der Nebel wird dichter, die Stirnlampe stört, man sieht kaum 3 Meter weit. GPS kommt unter den hohen Bäumen auch nicht so recht zum Zug.
Plötzlich eine Straße mit Verkehr, das war sonst nicht. Um die Ecke - Holzhausen! Tätäää, ich habe unfreiwillig eine Abkürzung erwischt und glatte 4 neblige km gespart! Aber eben auch kein richtiges Finish. Blöd gelaufen. Der passt, der Spruch, was? Trotzdem trinke ich in der Halle mein Zielradler, schnuppere am Spanferkel und bin froh und zufrieden. Alles ist heil und alles ist fair. Schinders Party kann starten…
Fazit
Ein Trailjuwel im Taunus, im Winter wie im Sommer. Aber anstrengend. Alle Körner sind aufgebraucht. Aber die Mühen werden belohnt durch die Fürsorge vom Schinder und seinem Edelhelferteam!
26.01.19 | Der Schmerzmacher |
Frank Albrecht |