Ein Feldweg am Waldrand führt auf den nächsten Kilometern um den Marienberg herum. Anschließend geht’s über einen schmalen Trail wieder hinunter zur Kreisstraße. An der Südkante des Bergs ist an vielen Stellen Buntsandgestein sichtbar. Kurze Zeit später werden wir von einem Helfer wieder den Berg hochgescheucht. An die steile, leicht matschige Serpentine kann ich mich noch recht gut erinnern. Dieser schmale Pfad zieht sich Meter um Meter in die Höhe. Mit griffigen Schuhen und gänzlich ohne Karnickelkostüm ist diese steile Passage aber nicht der Rede wert. Ich werde von Björn und Clarkson (dem Hund) überholt.
Erste Umrisse des Schlosses zwischen den Bäumen hoch oben auf dem Marienberg lassen bereits das nächste Highlight des Tages erahnen. Schnell überquere ich die Zugbrücke und befinde mich im Schlossinnenhof. Keine Dudelsackklänge dieses Jahr? Sehr schade. Am ersten VP kippe ich mir dankbar einen warmen Tee in den Rachen, während Patrick es mir gegenüber gleichtut. Hier steht auch der Typ mit seiner Simson Schwalbe. „Weiter geht’s“, ruft mir jemand zu – vermutlich deshalb, weil Ich bereits zum Glühwein rüber schiele.
Ich verlasse den Schlosshof auf der anderen Seite. Der asphaltierte Weg führt zunächst hinunter zum Besucherparkplatz, wo zwischen Bäumen ein großes, rotes Werbebanner mit dem Titel „Der Weg zur Krone“ aufgespannt wurde. Die titelgebende Hauptattraktion gewährt Einblicke in die Welfengeschichte. Zur Schau gestellt werden unter anderem Königskrone mit Zepter und Brautkrone. Von dieser Sonderausstellung hatte ich bereits vor einigen Tagen in einem Zeitungsartikel gelesen. Schlossherr Ernst August freue sich derzeit über die hohen Besucherzahlen. Er besuche jedoch nur alle zwei Wochen das Schloss, da er sich auch um die übrigen Ländereien der Welfen in Österreich und Deutschland kümmere. Sei ja schließlich auch nicht seine Haupttätigkeit, denn davon leben könne man nicht. Wo er recht hat, hat er recht.
Kaum verlasse ich den Wald, geht es wieder abwärts Richtung Adensen. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages brechen stellenweise durch die dunkle Wolkendecke und offenbaren Fernsichten pur auf Hallertal und Calenberger Leinetal. Die Ost-Schleife der achtförmigen Strecke ist also umrundet, das erste Viertel der Distanz erreicht. Nun befinde ich mich quasi innerorts wieder am Kreuzungspunkt mit seinem Start– und Zielbereich. Der VP lockt mit warmem Tee, Lebkuchen und Obst. Sehnsüchtig werfe ich jedoch einen kurzen Blick auf die Würstchenbude, wo sich erste Besucher bereits die Fritten in den Rachen schaufeln. Hach, ein welfisches Königreich für eine Bratwurst…so nah, und doch so fern. Danach ein Bierchen und den sporadisch eintreffenden Läufern zugucken…das wär doch auch mal was. Ich verkneife mir weitere Gedanken und biege flugs in die West-Schleife der 8. Erneut genieße ich ausgedehnte Aussichten beim Verlassen des Dorfes: Windräder am Horizont, dahinter Schulenburg und Hallertal.
Die zweite Hälfte des Rundkurses bietet weitestgehend flaches, aber vielfältiges Terrain mit überwiegend langen, geraden Passagen und wird daher niemals langweilig. Mit seinen ausgedehnten Feldern ringsherum sowie einem kurzen Abstecher in das nahe gelegene Waldgebiet lädt dieser idyllische Streckenabschnitt mit seiner Fauna und Flora zum entspannen und genießen ein. Wer den Kick sucht, ignoriert die Begegnung mit der Natur, die regelmäßigen Markierungen entlang der Strecke sowie das zum Verpflegungspunkt umfunktionierte Wohnmobil mitten in der Feldmark und begibt sich direkt ins Waldgebiet Hallerburger Holz mit seinen verwurzelten Pfaden, stellenweise abgestorbenen Bäumen und feucht-modrigen Wirtschaftswegen. Abschließend geht es am Waldrand, auf trailigem, matschigem und teilweise abenteuerlichem Weg zurück nach Adensen.
Der östliche Teil bietet wieder viel rauf und runter, die Steigungen sind selbstredend größer. Woran das bloß liegen mag. Hätte ich wohl mal doch ein Bierchen getrunken. Oder viel mehr vom leckeren Lebkuchen gegessen. Aber es gibt ja noch Glühwein im Schlosshof…hoffentlich. Also krepel ich erneut durch den Märchenwald, lausche dabei lieblichen Metal-Klängen, umrunde eilig den Marienberg und hetze gierig zum Burg-VP. „Glühwein? Da drüben“, meint der bärtige Helfer bloß und verweist auf einen separaten Stand. Die freundliche Dame am Glühweinstand verweist wiederrum auf das Preisschild. Ich schüttle mit dem Kopf und verweise auf leere Taschen.
Also trotte ich erneut nüchtern runter, raus aus dem Wald und hinein in Wiese und Flur. Der eiskalte Wind folgt mir dabei auf Schritt und Tritt. Spätestens bei Adensen werde ich stetig langsamer und muss gar einige Gehpausen einlegen. Mein diesjähriges Herbsttraining war bislang so Size Zero wie Königin Letizia von Spanien. Endlich rächen sich die nicht vorhandenen, langen Läufe der letzten Monate. Ach, sieh mal an…der eine oder andere schleppt sich ja ebenfalls durch die Feldmark. Deren Schleifen hört man ja bereits von weitem. Ein Hauch von Schadenfreude zaubert ein fieses Grinsen in mein Gesicht. Und es sind ja auch nur noch wenige km bis zum Ziel. Hör auf mit der ewigen Freizeit-Schlurferei, Mario. Auf geht’s, Endspurt!
Nach dem Zieleinlauf, einer heißen Dusche und leckerem Imbiss später (allerbesten Dank für den Gutschein, lieber HaWe) werde ich von Organisator Heinrich gefragt, ob ich denn nun auch beim 100-Meilenlauf am 31.12.2015 (einer flachen und zehn Meilen langen Wendepunktstrecke vom Sportheim Adensen zum Sportheim Rössing – nähere Info’s siehe Webseite des Veranstalters) mitlaufen werde. Lachend antworte ich: „Solange ich pünktlich zum Korken knallen lassen wieder zuhause bin…?“.
Ergebnisse 3. Schloss Marienburg Marathon 2015
Männer
1. Markus Kuhnau Hannover 96 2:56:54
2. Sebastian Radecker Braunschweig 2:57:16
3. Stefan Sutmöller Hannover 96 Triathlon 3:06:51
Frauen
1. Bianca Stanienda SVE Hiddestorf 3:27:07
2. Nicole Röthe 3:50:03
3. Ines Roessler VfB Fallersleben 3:51:46