Im Jahr 1999 wurde als Ableger des Maichinger Laufladens „Stahl Sport Shop“ der Event Service Stahl gegründet. Mit der Austragung regionaler Laufveranstaltungen hatte man bereits Erfahrung - warum das Ganze also nicht erweitern? Mittlerweile sind es 11 Veranstaltungen pro Jahr, darunter den Kreissparkassen Triathlon, den Stadtwerke Night Run, die Böblinger Cycle Days und die beiden Trail Events Schönbuch- und Nordschwarzwald Trophy.
Für Norbert und mich ist die Schönbuch Trophy ein Heimrennen, Herrenberg liegt nur 30 km von unserem Wohnort entfernt. Obwohl wir auch Zuhause laufen könnten, kommen wir gerne hierher. So viele schöne Trails am Stück gibt es bei uns nicht. Dieses Jahr wollen wir es beim T24 belassen, 24 Kilometer mit über 500 Höhenmetern sollten genug sein. Es gibt noch den T15 (320 Hm), den T36 (710 Hm) und den T42 (860 Hm). Zusätzlich sind am Samstag die Mountainbiker dran.
Start und Ziel der Wettbewerbe liegt im Baden Württembergischen Herrenberg, südwestlich von Stuttgart im Landkreis Böblingen. Startnummernausgabe ist dieses Jahr in der Viehversteigerungshalle hinter der Herrenberger Stadthalle; hier befinden sich auch genügend Parkplätze sowie Toiletten. Wo normalerweise Rinder versteigert werden, gibt es heute Startnummern sowie Nudeln und Schokolade als Teilnehmerpräsente.
Die 5 Minuten Fußweg zum Marktplatz sind für Norbert und mich bereits der erste Höhepunkt: Er führt durch die Fußgängerzone mit schönen, alten, denkmalgeschützten Fachwerkhäusern. Durch die morgendliche Stille klingen die getragenen Melodien der Herrenberger Turmbläser vom Turm der Stiftskirche. Die Turmbläser oder Zinkenisten wurden erstmals 1457 urkundlich erwähnt. Auch auf dem Marktplatz lauschen Läufer und Schaulustige andächtig dem Vortrag der Musiker. Was für ein perfekter Moment!
Am Schluss wird kräftig applaudiert. Die Bläser winken von oben und treten ab. Plötzlich ist der Platz wie verwandelt. Ein großes, rotes Marathontor dominiert den Platz. Davor befindet sich der Startkorridor, die Strecke ist mit Flatterband abgesperrt. Rockmusik ertönt, Peter John, der Moderator ergreift das Wort. „Noch 10 Minuten bis zum Start“.
Norbert und ich packen unsere Jacken in eine vorbereitete Tasche und geben sie am Stand bei Karen Stahl ab, die Spannung steigt. Axel Stahl gibt noch letzte Hinweise zur Strecke (es soll richtig matschig werden) und den Markierungen (Pfeile und Flatterband). Zu guter Letzt gibt es noch den Tipp des Tages:„Immer dem Führenden hinterher, und kurz vor dem Ziel überholen.“
Ein Abgeordneter des Hauptsponsors Kreissparkasse spricht vor dem Countdown noch ein paar Worte. Pünktlich um 9 Uhr ertönt dann der Startschuss. Von Publikum flankiert geht es zunächst in moderatem Tempo durch die Altstadt, tendenziell bergauf. Das Kopfsteinpflaster ist gewöhnungsbedürftig, aber alle schaffen es unfallfrei.
Vor uns bildet sich bereits ein Stau. Wir schälen uns durch ein enges Steintor, anschließend geht es scharf links auf die lange Treppe den Schlossberg hinauf. Nur zu zweit nebeneinander kann man hier aufsteigen. Auf dem Jerg Ratgeb Skulpturenpfad passieren wir die Stiftskirche. Immer wieder sitzen Zuschauer auf den angrenzenden Mäuerchen und feuern uns an. Auch untereinander ist die Stimmung ausgelassen, flotte Aufmunterungen machen die Runde.
Eine letzte steile Treppe, der Gipfels des Schlossberges mit 522 Hm ist erreicht. Wir lassen die Ruine des Schlosses hinter uns und überqueren einen kleinen Rasenplatz mit toller Aussicht. Nach ein paar hundert Metern auf Asphalt weisen Pfeile über eine Wiese, dann einen schönen Wanderweg und wieder auf Asphalt. Auf dieser Strecke kommen wir am Ende auch wieder zurück. Ungefähr bei km 3 weisen uns Streckenposten scharf rechts über einen Graben. Dort gelangen wir auf den ersten Trail.
Wellig geht es durch ein kleines Wäldchen. Bald ist die erste Verpflegung bei km 3,6 erreicht. Ich bin bei den Letzten, so haben die Helfer Zeit, sich um mich zu kümmern. Weil es wie angekündigt keine Becher gibt, lasse ich meine Handflasche auffüllen. Da es heute ein wunderbarer Sonnentag werden wird, sollte man das Trinken nicht vernachlässigen.
Wir folgen einem breiten Wanderweg vorbei an einem lauschigen Weiher. Plötzlich fällt ein Singleltrail steil bergab. Ich fliege förmlich den Berg hinunter. Noch ein Stück auf breitem Weg, dann wird es flach.
Der 1974 gegründete Naturpark Schönbuch besteht aus ca. 156 km² Wald, eingebettet in Streuobstwiesen und Felderwirtschaft. Ein 560 km langes Netz bestens markierter Wanderwege, dazu 270 km zum Teil asphaltierter, gut ausgeschilderter Radwege, 40 Grill- und 20 Spielplätze, einige davon mit Schutzhütten - was will der Erholungssuchende mehr?
Norbert kommt von hinten. Er hat es langsam angehen lassen. Vor uns hat sich ein Notarztwagen postiert. Hier weisen Pfeile rechts über eine Wiese. Anschließend geht es im Wald steil bergauf. Ich lasse die Läuferinnen vom TF Feuerbach vorbei. Heute findet ihr finaler Trainingslauf für den Rennsteig-Supermarathon statt. Ihre vorsichtige Renneinteilung sieht wirklich gut aus.
Obwohl der Trail nun wellig weiterführt, geht es tendenziell immer noch bergauf. Bei km 7 erreichen wir die Streckentrennung von T15 und T24. Für uns geht es rechts den Berg wieder hinunter auf einen abwechslungsreichen, welligen Singletrail. Auf einmal wird der Weg ziemlich nass und wir müssen unsere Füße vorsichtig setzen. Ein Fußbad im Schlamm wäre nicht so angenehm.
Ich bin ganz in meinem Element, denn gerade im Frühling gibt es im Wald einiges zu entdecken. Buschwindröschen und Schlüsselblumen sind hier nur die auffälligsten Blüten. Das Laufen auf den schmalen Pfaden ist für mich das Schönste. Ungefähr bei km 9 kommt die nächste VP. Es gibt Hefezopf, Früchteriegel, Bananen, Tee, Iso, Wasser und sogar Bier. Dazu viel gute Laune von den Helfern. Das passt gut zu meiner eigenen frohen Stimmung.
Ich folge dem breiten Wanderweg bis zum großen Parkplatz am Rohrauer Kopf. Dort zweigt der nächste breite Weg scharf rechts ab. Das geht nun so ca. einen Kilometer, dann wird es wieder schmaler. Das Bächlein Kohlklinge mäandert rechts, die Vögel zwitschern, es ist sonnig, aber nicht zu warm. Besser könnte es nicht sein!
Bei km 13 verlassen wir den Wald. Hier sieht man in der Ferne zwischen grünen Feldern Gärtringen liegen. Irgendwo dort rauscht auch die stark befahrenen A81, als Kontrastprogramm zum Paradies, in dem wir uns gerade befinden. Nach 500 Metern biegen wir erneut in den Wald. Dieser hat sich jedoch verändert, ein schmaler Pfad schlängelt sich durch dichten Buchenforst. Das kräftige Grün der aufspringenden Blattknospen leuchtet im Sonnenlicht. Matsch und große Pfützen deuten auf sumpfiges Gelände hin.
An der Überquerung des asphaltierten Radweges feuern uns Streckenposten an. Dahinter geht es steil bergauf. Oben gleicht der Weg stellenweise einem Sumpf. Ich mache kein großes Aufheben mehr, denn mittlerweile sind meine Schuhe und Beine sowieso total verdreckt. An der K1045 bei km 15 warten die Helfer an der nächsten VP. Ich greife erneut zum Hefezopf und lasse mich kräftig anfeuern.
Wie ich an den Läufern vor mir erkennen kann, müssen wir ein Stück an der Straße entlang. Aber nur kurz. Scharf links zweigen wir erneut auf den nächsten Wanderweg ab. Diesem folgen wir für ca. 2 Kilometer. Anschließend geht es zuerst auf tiefem Schotter weiter, gefolgt von einem feinen Trail, und dann nochmals Schotter.
Bevor wir die L1184 erreichen, zeigen Pfeile scharf rechts. Ui, ein herrlicher Singeltrail steil bergab erfordert volle Konzentration. Die Quelle Kalter Brunnen hat hier ein schmales Tal geschaffen. Ein Steg bringt uns auf die andere Seite. Daran anschließend steigen wir matschige Treppen auf der anderen Seite hinauf. Nicht mehr weit vor mir kann ich Norbert erkennen. Den erwische ich noch – denke ich. Aber Pustekuchen, denn es geht endlos steil bergauf. Da hab ich keine Chance. Auch Martin, mit dem ich mich die letzten Kilometer abgewechselt habe, steigt nun munter an mir vorbei und ward nicht mehr gesehen.
Ich verlasse den Wald und kann über mir das neue Wahrzeichen von Herrenberg erkennen: Den Schönbuchturm auf dem 571 m hohen Stellberg. Die filigrane Stahlkonstruktion erhebt sich 35 m hoch, 348 Treppenstufen bringen schwindelfreie auf die Spitze. Bei meinem Aufstieg zum wirklichen Höhepunkt des Laufs treffe ich Axel Stahl, den Veranstalter des Laufs. Er hat die Strecke mit dem Quad abgefahren und gönnt sich hier eine kurze Pause im Sonnenschein unterhalb des faszinierenden Touristenmagneten.
Wir wechseln ein paar Worte, ich bin ja gerade nicht so schnell. Noch ein paar Höhenmeter, dann bin ich oben. Ich fordere die jungen Streckenposten auf, mich auf den Turm zu begleiten. Sie lehnen in sichtlicher Panik ab. Die Turmbesteigung gehöre gar nicht zum Lauf, erfahre ich hier. In gespielter Enttäuschung mache ich mich auf der anderen Seite an den Abstieg.
Ich genieße den Flow bergab, erst steil, dann auf breitem Weg. Viele verständnislose Blicke der Turmbesucher begleiten mich. Erst auf dem nächsten Singletrail bin ich wieder allein. Plötzlich kommt ein Läufer von hinten. Das muss ein Finisher von einem der längeren Distanzen sein. Bis zur VP bei km 21 geht das nun so weiter. Dort befindet sich auch die Wende für den T36. Die Läufer dieser Strecke sparen sich im Gegensatz zu den Marathonläufern die Schleife über den Marktplatz.
Hier ist es zum ersten Mal etwas hektisch, die Helfer haben Sorge, dass jeder Läufer die richtige Richtung einschlägt. Ich fülle erneut meine Flasche. Den Rest der Strecke kenne ich bereits. Daher kann ich mich ganz darauf konzentrieren, die entgegenkommenden Marathonläufer anzufeuern. Es sind auch einige Spaziergänger unterwegs, die mich gerne anfeuern. Bald erreiche ich den Schlossberg. Auch die letzten Treppen runter gehen noch ganz gut. Rasant verliere ich an Höhe. Die folgende steile Straße mit Kopfsteinpflaster ist ebenfalls kein Problem. Überall stehen Streckenposten, damit auf den letzten Metern nichts mehr schiefgeht.
Noch eine letzte Kurve, das Ziel ist da. Ich bekomme Glückwünsche und eine besondere Medaille aus Holz. Norbert wartet an der Zielverpflegung und wir freuen uns über den gelungenen Lauf.
Fazit:
Meines Wissens ist diese Laufveranstaltung der einzige Lauf in der Gegend, der den Namen Traillauf wirklich verdient. Natürlich gibt es auch längere Wanderwegabschnitte, aber der Anteil an Offroad-Strecken ist durchaus anspruchsvoll. Gerade Einsteiger können sich mit dem T 15 und den sinnvollen Steigerungen T24 und T36 auch an größere Herausforderungen herantasten.
Bei der Anzahl der VPs wurde seit unserem letzten Lauf hier deutlich aufgerüstet. Ich hab zwar immer Gels und eine Flasche dabei, aber eigentlich, ist das nicht notwendig. Keine Becher auszugeben finde ich konsequent. Durch die perfekte Streckenmarkierung, ist Verlaufen unmöglich. Mir fällt nichts ein, was man besser machen könnte.