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30.04.17 - Schönbuch Trophy

Schön, schöner, Schönbuch

Warum oben drüber, wenn man unten durch kann? Diese Frage habe ich mir bisher auf dem Weg nach Stuttgart gar nie gestellt. Die Logik der A81 hat mich immer durch den Schönbergtunnel geführt. Daran hat auch die halbe Ewigkeit, während derer die beiden Röhren saniert wurden, nichts geändert. Und die Ausfahrt kurz vorher? War nie ein Thema.

Es ist also höchste Zeit, dieses Konzept auf den Kopf zu stellen. Gelegenheit dazu bietet mir die  Schönbuch-Trophy. Ich nehme die letzte Ausfahrt vor dem Tunnel, biege nach links ab und fahre hinein nach Herrenberg, der im 13. Jahrhundert gegründeten Stadt. Mein erstes Etappenziel ist die Stadthalle, vor welcher ich Parkplätze in Hülle und Fülle antreffe. Drinnen geht es auch ruhig zu. Großer Andrang sieht anders aus. Selbstredend bin ich umgehend im Besitz der Startunterlagen. Startnummer, Leihchip, Funktionsshirt (laut welchem ich bereits ein Finisher bin) und eine Startertüte mit verschiedenen Goodies gehören dazu.

 

 
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Alles wirkt sehr unaufgeregt, organisiert und familiär. Viele kennen einander. Alte Bekannte – mit Betonung auf bekannt – treten zum wiederholten Mal an, auch das ist ein gutes Zeichen. Draußen ist es noch recht frisch aber wunderbar sonnig. Letzteres und die Aussicht, auf dem Marktplatz vor dem Start noch Kaffee und Kuchen zu einem zweiten Frühstück kaufen zu können, machen die Entscheidung einfach.

Auf dem Weg dorthin wird mir schnell klar, dass es höchste Zeit war, endlich einmal die Ausfahrt Herrenberg zu nehmen. Ich stehe mitten in einer Bilderbuch-Altstadt mit Häusern, welche das Herz eines historisch-architektonisch Interessierten höher schlagen lassen.

Mit Dieter zusammen lasse ich mir das zweite Frühstück munden und überbrücke in Ferienatmosphäre die verbleibenden zwanzig Minuten bis zum Start gemütlich auf dem Bistrogestühl.

Auf Wunsch des Chefs geht es mit Höllenglocken zum Countdown. Kurz vor den Besenläufern gehe ich auch über die Startlinie. Schnell loslaufen ist zwecklos, denn es gibt schon bald ein Nadelöhr und danach geht es ziemlich steil die Treppen hoch. Wer da auf Zehntel aus ist, denkt kurzfristig. Es geht den Schlossberg hoch, auf welchem nur noch Mauerreste des Schlosses und der zum Aussichtsturm umgebaute ehemalige Pulverturm stehen.

 

 
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Dort im Feld, wo ich mich bewege, ist der Spreu bereits vom Weizen getrennt und ich kann meinen Trott ungehindert laufen, ohne andere zu behindern. Es geht nur leicht aufwärts, die Sonne scheint, links und rechts ist frisches Grün und um mich herum sind Leute, denen das ebenso Freude bereitet wie mir. Es geht nur ein kurzes Stück auf Asphalt und bereits nach dreieinhalb Kilometern steht der erste vollausgestatte Verpflegungsposten.

Kurz danach geht es aus dem Wald heraus und über die für uns gesperrte Verbindungsstraße Herrenberg-Hildrizhausen. An diesem Sonntag führt für die Autos kein Weg oben drüber, sie müssen unten durch.

Nach einer kleinen Schlaufe um die Parkfelder beim Waldfriedhof herum wird es majestätisch. Beim Königsrain haben meine Füße das erste Mal seit genau einem Jahr wieder Trail unter den Sohlen. Ich bewege mich noch etwas hölzern, aber das ist ja kein Schönheitswettbewerb.

 

 
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Den ersten Test auf unebenem, teilweise leicht schmierigem Untergrund bestehe ich und bekomme am Waldrand auf einem asphaltierten Wegstück Zeit zur Erholung. Einzig das Dröhnen derer, die unter dem Schönbuch durchdonnern, stört die Idylle mit Aussicht über das Gäu und blühenden Obstbäumen, zwischen denen es wieder in den Wald hinein geht. Nach einer kurzen Steigung kommt die Weiche. Geradeaus laufen die Teilnehmer des 45 Minuten später startenden 15,4km-Laufs, wir, also die miteinander gestarteten Marathonis, Staffelläufer und 26,8km-Läufer, biegen rechts ab.

Auf Waldwegen und unterschiedlichst gearteten Forstwegen und –straßen sind wir im Herrenberger Stadtwald, dem westlichen Teil des Naturparks Schönbuch unterwegs.  Der Stand der Sonne und der Schattenwurf lassen nur ungefähr erahnen, in welche Richtung ich unterwegs bin.  Hänsel und Gretel würden hier ihr Waterloo erleben – oder so. Mir bleibt es vorderhand und hoffentlich ganztägig erspart.

Irgendwann ist wieder eine richtige Straße in Sicht und wieder ist es die Verbindungsstraße. Nach 100 Metern dieser Form von Zivilisation biegt die Strecke wieder in den Wald. Den Verpflegungsposten hier habe ich sehnlichst erwartet, liegt der letzte doch fast schon zehn Kilometer hinter mir. Bei der angenehmen Temperatur ist dieses Sehnen allerdings vorwiegend mentaler Natur.

 

 
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Gut verpflegt mache ich mich weiter auf die angenehme zu laufende Strecke. Lichter Wald, guter Untergrund, es ist einfach ein schöner Sonntagslauf. Zwischendurch kommt wieder ein Single Trail – und dann meine erste Krise. Breite Forststraßen mit ganz leichter Steigung sind in dem Moment nicht mein Ding. Da entspannt auch das Schild mit der frohen Botschaft, dass die Hälfte der Strecke nun geschafft sei, nur unwesentlich. Da nützt dasjenige, das einen Kilometer später folgt, deutlich mehr. Die nächste Verpflegung wird angekündigt. Beim Posten angekommen, erschließt sich mir langsam das Konzept der Streckengestaltung: Es ist der gleiche wie der letzte. Clever gemacht.

Ich lasse mir ausgiebig Zeit, genieße den sonntäglich leckeren Hefezopf und lasse mir ein Schönbuch Radler kredenzen. Das nenne ich doch mal individuellen Service, daran könnte man sich gewöhnen. Aber ich bin nicht zum Schlemmen da und es gibt einen Cut Off auf dem Marktplatz, zwei triftige Gründe, mich vom Acker zu machen.

Etwas Trail, ein bisschen Forststraße, dann nochmals ein kurzes Stück auf der Verbindungsstraße, anschließend ein kurzer heftiger Aufstieg und ebensolcher Abstieg auf den und vom Stellberg, wo es nochmals eine gute Rundsicht gibt; es dauert gar nicht lange, dann kommt mir etwas wieder bekannt vor. Der Parkplatz vom Wanderheim auf der Höhe des Waldfriedhofs gibt mir eine ungefähre Idee, wie weit ich vom Ausgangspunkt entfernt bin. Ebenso die Verpflegungsstelle, welche identisch ist mit der ersten. Clever gemacht. Während ich mich versorge, kommt ein Warnruf: Der Führende des Marathons schnappt sich einen Becher Wasser und prescht an mir vorbei. Wer kann, der kann.

Auf bekannter Strecke kommen mir nun zahlreiche Läufer entgegen. Wenn ich dann wieder in der Gegenrichtung unterwegs bin, werden es fast ausnahmslos solche sein, die das Ziel kurz vor Augen haben. Den Cut Off  um 13.30 Uhr kratze ich gerade noch, aber diejenigen, die nach mir kommen, kennt man, weiß, was sie können und lässt sie weiterziehen.

Ich bin gespannt, wie sehr ich mich auf der zweiten, elf Kilometer kürzeren Runde noch an die Streckendetails erinnern kann. Und wieder einmal zeigt sich, dass es für mich kein Nach-, sondern ein Vorteil ist. Und nicht nur deswegen, weil mir unten am Königshain der Schweiß mit Sonnencreme vermischt in die Augen rinnt und ich deswegen die Augen kaum mehr geöffnet lassen kann.

Dort, wo vorher die Streckenweiche war, habe ich nichts dagegen, nicht rechts abbiegen zu müssen. Da nehme ich auch in Kauf, dass dafür Waldautobahn angesagt ist. Irgendwann kommt das Wildgehege in Sicht und damit weiß ich, dass es gar nicht mehr so weit ist, bis es wieder etwas zu schnabulieren gibt. Zum dritten Mal bin ich jetzt Gast hier und lasse mir zum zweiten Mal ein Lokalgetränk ausschenken. Jetzt kann nichts mehr viel schiefgehen, denn es geht diretissima auf bekannter Strecke in Richtung Ziel und auf halbem Weg gibt es nochmals Erfrischung.

 

 
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Bevor es die Treppenstufen vom Schlossberg hinunter geht, ziehe ich das Tempo noch an. Immerhin geht das noch, obwohl ich den ungewohnten Untergrund eines Traillaufs ganz ordentlich in den Beinen spüre. Ich muss auch so aussehen, anders kann ich mir nicht erklären, wieso Peter mich im Ziel – zur Belustigung der Zuschauer - mit der Bemerkung begrüßt: „Ich glaube, Dir reicht es nun auch!“ Womit er nicht unrecht hat.

 

 

Mit der originellen, rustikalen Medaille aus Holz um den Hals verlasse ich den Marktplatz, nicht ohne mich zuvor nochmals am Hefezopf gütlich zu tun.

In Zukunft werde ich die Ausfahrt Herrenberg nicht rechts liegen lassen. Die Altstadt ist mehr als einen Besuch wert und das Gleiche gilt für die Schönbuch Trail Trophy. Eingefleischte Duathleten können am Samstag mit dem MTB schon vorglühen und am Sonntag zu Fuß auf die Strecke.

Das Konzept der neuen Strecke mit den zwei unterschiedlich langen Runden, welches dem Veranstalter erlaubt, mit nur zwei Verpflegungsposten auf der Strecke einen diesbezüglich guten Service zu bieten,  finde ich gut durchdacht. Einzig bei sommerlichen Temperaturen müsste auf der ersten Runde noch eine Wasserstelle eingeschoben werden, was mit relativ kleinem Zusatzaufwand zu bewerkstelligen ist. Bleibt zu wünschen, dass diese Veranstaltung noch mehr Zuspruch und Teilnehmer erhält. Verdient hat sie es sich.

 

Informationen: Schönbuch Trophy
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