Auch heuer gibt es wieder jede Menge neue höchstinteressante Trailrunning-Veranstaltungen in den Terminkalendern zu entdecken. Mein gesteigertes Interesse weckt der Rosengarten Schlern Skymarathon. Long, Hard, Fantastic prangt in großen Lettern auf der Landing Page der Website, unterlegt mit einem großartigen Dolomiten-Panorama. Dazu in Knallgelb „No Asphalt“ auf der gesamten Strecke. Da muss ich nicht überredet werden, „Runter von der Straße“ und rein in die Südtiroler Bergwelt in eines der neun Teilgebiete des Welterbes Dolomiten ist genau mein Ding. Jan ist auch sofort dabei, so machen wir uns über den Brenner auf den Weg nach Italien.
Ausfahrt Bozen-Nord: 35 Grad, italienische Temperaturen halt. Zum Veranstaltungsort Tiers am Rosengarten, der etwa 20 Kilometer von Bozen entfernt liegt, geht es aber noch ein gutes Stück nach oben. Der Ort liegt bereits auf knapp über 1000 m Höhe. 29 Grad sagt das Thermometer hier. Geht doch. Bereits am Ortseingang bekommen wir ein atemberaubendes Panorama auf den Rosengarten mit seinen markanten, links davon liegenden Vajolet-Türen geboten.
Passend dazu beziehen unser Zimmer im gleichnamigen Hotel mit direktem Blick auf die Spitzen. Beim Check-Inn werden wir gleich darauf hingewiesen, dass es am Raceday bereits ab 6 Uhr Frühstück gibt. Das ist natürlich optimal. Genauso wie die Lage zum Brunnen- und Kroneplatz, wo sich der Zieleinlauf, die Verköstigung nach dem Lauf mit Sommerfest, der Shuttleservice zum Startplatz befinden und wo wir schlussendlich auch noch unsere Startunterlagen empfangen können. Zwei Gehminuten vom Zimmer entfernt.
Am Freitag ist es noch sehr ruhig in Tiers, von 16 – 20 Uhr können die Startertüten abgeholt werden, man trifft nur sehr wenige Teilnehmer. Der Großteil der Starter kommt aus Südtirol und Umgebung und die reisen wahrscheinlich erst am Veranstaltungstag an. Neben der Startnummer mit integriertem Chip von Datasport und tollen Armlingen befindet sich auch eine zünftige Südtiroler Brotzeit in unserer Tasche: Schüttelbrot mit Speck und weitere Leckereien.
Bereits im Vorjahr wurde die Strecke mit einer „Edition Zero“ und 160 Startern getestet. Heuer findet die offizielle Premiere statt. Etwa doppelt so viele kletterwillige Bergfexe wollen dabei sein. Insgesamt ist das Teilnehmerfeld auf 500 Starter begrenzt, also noch nicht ausgeschöpft.
Zwei Streckenlängen mit 45 und 36 Kilometern werden angeboten. Eine Kurzbeschreibung sähe so aus: Von St. Zyprian (1100 m), drei Kilometer entfernt von Tiers, wird zunächst das Rosengartenmassiv umrundet. Über einige Pässe geht es zum Schlern und über die Teufelsschlucht wieder zurück nach Tiers. Die kürzere Strecke ist bis etwa zur Hälfte identisch und beide Runden werden auch gemeinsam gestartet. Am Grasleitenpass nach 22,5 Kilometern gibt es ein Zeitlimit von 6 Stunden einzuhalten. Wer hier zu spät dran ist, muss auf die verkürzte Strecke wechseln. Üppig sind die Höhenmeter: 3000 im Aufstieg und 3100 im Abstieg. Der 36er Trail beinhaltet 1900 Höhenmeter. Für beide Distanzen gilt ein Zeitlimit von 10 Stunden.
An der Bushaltestelle sehe ich das Gesicht des Rosengarten-Schlern-Skymarathons. Rudi Schöpf ist auf Flyern, Plakaten und der Website abgebildet. Er hatte die Idee und ist auch einer der Initiatoren dieses Laufs. Bevor ich ein paar Worte mit ihm wechseln kann, steht schon der Shuttlebus bereit und bringt mich nach St. Zyprian. Der Startplatz ist gut gewählt, ein riesiger Parkplatz steht hier zur Verfügung. Um 7 Uhr findet ein Briefing statt, um 7:30 Uhr wird gestartet. Unser Ziel haben wir unter wolkenlosen Himmel bereits beeindruckend vor Augen. Es gibt im Übrigen keine verbindlich mitzuführende Pflichtausrüstung. Die empfohlenen Utensilien, wie Rettungsdecke, Handy, Getränk und Wärmebekleidung haben die meisten Trailrunner eh immer bei sich. Ich sehe eigentlich kaum jemand, der ohne Rucksack oder wenigstens Gürteltasche unterwegs ist. Wärmebekleidung könnte man sich evtl. für heute sparen. Bereits 20 Grad zeigt uns das Thermometer um 7 Uhr an und es soll auch wettermäßig sehr stabil bleiben, ohne Gewitterneigung.
Fast ein wenig überraschend, ohne besondere Ankündigung, fällt der Startschuss. Durch eine Wiese hat man eine 20 Meter breite Schneise gemäht, auf der wir unsere ersten 1,5 km, bis zum Waldrand zurücklegen. Hört sich gemütlich an, aber es geht gleich ordentlich aufwärts los. Nur die Spitzenläufer preschen hier davon, das Hauptfeld lässt es langsamer im Marschier-Modus angehen. Trotzdem lässt die Schwüle bei mir bereits ordentlich den Schweiß fließen.
Prima, dass nach 2,5 km bereits die erste Wasserstelle an der Plafötsch Alm eingerichtet ist. Sie liegt direkt unterm Rosengarten mit beeindruckendem Ausblick auf die Vajolet-Türme. Sechs Stück gibt es davon, die nördlichen drei und die südlichen Türme bilden dabei jeweils eine Dreiergruppe und sind bis zu 2600 Meter hoch. Bei Kletterern erfreuen sie sich größter Beliebtheit. Über einige schöne Holzbrücken über den ausgetrockneten Angelbach hangeln wir uns nach oben. Rasant geht unser Aufstieg voran. An der Haniger Schwaige sind wir nach 5,3 km bereits 1937 m hoch. Hier ist die erste Verpflegungsstation errichtet. Wasser, Iso, Cola, dazu Bananen, Melonen, Kekse und Nüsse und Trockenfrüchte sind im Angebot.
Es geht meist aufwärts weiter. Mitten auf einem schmalen Wiesentrail versperrt eine Kuh meiner Vorläuferin den Weg. Als sie durch die Wiese überholen will, setzt sich das Rindvieh in Bewegung. Jeden weiteren Überholvorgang kontert sie mit einer Tempoverschärfung. Ich amüsiere mich köstlich. Nach drei Minuten geht der Kuh die Puste aus, wir können vorbei. Die nächste Rinder-Gruppe ist nicht so bewegungsfreudig, sie räumen bereitwillig und friedlich den Platz.
Ein letzter steiler Anstieg über einen Schotterweg bringt uns direkt an den Fuß des Rosengartens (km 10) auf 2250 m. Wieso wird eigentlich ein graues, steiniges Gebirge Rosengarten genannt? Nach einer volkstümlichen Überlieferung lag vor langer Zeit dort oben bei den grauen Felsen der wunderschöne Rosengarten von Zwergenkönig Laurin. Sein Volk schürfte nach Kristallen, wertvollen Erzen, Silber und Gold. Nur eine Gemahlin fehlte König Laurin. Als der König an der Etsch seine schöne Tochter Similde vermählen wollte, wurden alle Adeligen der Umgebung zu einem Fest eingeladen, nur König Laurin nicht. Dieser beschloss daraufhin, mit Hilfe einer Tarnkappe als unsichtbarer Gast daran teilzunehmen. Als er Similde sah, verliebte er sich sofort in sie, setzte sie auf sein Pferd und sprang mit ihr davon. Sofort zogen die Recken aus, um Similde zurückzuholen.
Kurz darauf standen sie vor dem Rosengarten. König Laurin band sich einen Wundergürtel um, der ihm die Kraft von zwölf Männern verlieh, und stellte sich dem Kampf. Als er sah, dass er chancenlos war, zog er sich wieder die Tarnkappe über und sprang im Rosengarten hin und her. Die Ritter aber erkannten an den Bewegungen der Rosen, wo der Zwergenkönig sich verbarg. Sie packten ihn, zerstörten den Zaubergürtel und führten ihn in Gefangenschaft. Laurin drehte sich nochmals um und belegte den Rosengarten, der ihn verraten hatte, mit einem Fluch: Weder bei Tag noch bei Nacht sollte ihn jemals mehr ein Menschenauge sehen. Laurin hat aber die Dämmerung vergessen, und so kommt es, dass der blühende Rosengarten bei Sonnenauf- und -untergang wunderschön zu sehen ist.
Die Bergwacht steht hier direkt unter den steil abfallenden Wänden bereit um einzugreifen. Für Durstige steht ein Wasserfass bereit. Bis zum südöstlichsten Ende des Rosengartens liegen schattige 3 km unter den gewaltigen Wänden vor uns. Wobei wir uns in leichtem Auf und Ab immer etwa auf einer Höhe bewegen. Erstaunlich gut ist dieser geröllige Abschnitt auf dem schmalen Wanderpfad auch im Laufschritt zu bewältigen.
Ein langgezogener 180-Grad U-Turn führt uns ans südliche Ende des Rosengartens und auf der anderen Seite geht es wieder zurück. In der prallen Sonne laufen wir auf dem Panoramaweg weiter. Es ist warm, aber auf dieser Höhe durchaus noch erträglich. Schon von weitem ist ein 2,5 Meter hoher Bronzeadler auszumachen. Es erinnert an den Südtiroler Politiker und Fremdenverkehrspionier Theodor Christomannos, er betrachtete die wirtschaftliche Erschließung Südtirols als seine Lebensaufgabe. Als begeisterter Kletterer und Bergsteiger widmete er sich insbesondere dem alpinen Tourismus und zudem dem Ausbau des Verkehrsnetzes.
Er war es auch, der den Bau der Rotwandhütte im südöstlichen Teil des Rosengartens förderte. Wir erreichen die Hütte nach 14,3 Kilometern. Hier können wir auch wieder verpflegen und unsere Getränkeflaschen auffüllen. Als einziges Pflichtausrüstungsteil muss im Übrigen jeder seinen eigenen Becher dabeihaben oder er muss verdursten. Nein, nein, ganz so schlimm ist es auch nicht, es stehen meist auch einige Becher zur Verfügung.
Dann geht’s für uns wieder nach oben. Unter den Wänden der Mugonispitze führt der Weg über ein Schuttkar hinauf, zu dem zwischen steilen Felsen eingeschnittenen, schmalen Cigoladepass (2561 m). Die bizarre Felsenwelt der Dolomiten ist herrlich anzuschauen. Im hinteren Teilnehmerfeld haben wir Zeit, sie zu genießen, dürfen aber die Zeit nicht aus den Augen verlieren. Auf 2,5 Kilometer sind 250 Höhenmeter zu bewältigen. Das ist gut und relativ angenehm machbar.
Nächstes wichtiges Teilziel ist der Passo Principe (Grasleitenpass). Die gleichnamige Hütte muss um 13:30 Uhr passiert werden. Dazu müssen wir aber erstmal wieder abwärts. Steil, einige Kletterpartien durch lockeres Geröll geht es abwärts. Das bringt Abwechslung und Spaß. Sonderlich gefährlich sind die Kraxelpartien aber allesamt nicht und es gibt auch keine Passagen, die Schwindelfreiheit erfordern. Die Aussichten an der Flanke des Hanges hinauf auf die umliegenden Gipfel und hinunter in die Täler sind einfach großartig.
An dem Rifugio Vajolet (km 20) steht der nächsten Aufstieg an, vorher aber noch mal Verpflegungs- und Getränkeaufnahme. Überhaupt nix zu meckern gibt es über die Abstände und die Anzahl an Versorgungsstationen. Zudem sind alle reichhaltig bestückt. Das gilt natürlich nur für jemanden, der auch eine Flasche oder Trinkrucksack mitführt, wie es der Veranstalter auch empfiehlt. Es ist angenehm zu laufen, obwohl die Sonne ordentlich vom Himmel brennt
Ebenfalls vom Allerfeinsten ist die Streckenmarkierung. In kurzen Abständen ist die komplette Strecke mit Fähnchen und Kreidesprays durchmarkiert. Verlaufen eigentlich unmöglich. Nach einigen Regengüssen werden die roten Markierungen wieder verschwunden sein, so sollten auch ausgemachte Umweltaktivisten nichts zu meckern haben. Die Fähnchen sammeln die Besenläufer ein. Zudem sind noch viele Helfer, gut erkennbar an ihren grünen Shirts, an vielen Stellen postiert.
Über drei Kilometer führt der Aufstieg zum Grasleitenpass relativ kommod nach oben. Der Abschnitt ist auch eine hochfrequentierte Ausflugsroute, es sind viele Wanderer unterwegs. Aber die Pfade und Wege sind breit, es gibt keine Probleme. Als ein paar Wolken aufziehen, komme ich fast ins Frösteln. Unten im Tal herrscht eine Bruthitze, hier oben ist es mehr als angenehm.
Für uns Läufer gilt zwar normalerweise nur die Orientierung nach vorne, lohnenswert ist es aber hier, sich auch öfters mal umzudrehen und den gigantischen Ausblick durch die hohen Wände des Rosengartens zu genießen. Lustwandeln im Rosengarten könnte man das auch bezeichnen. Unglaublich beeindruckend, ich wiederhole mich.
Nach 5:10 Stunden erreiche ich den Übergang am Grasleitenpass und bin dabei 50 Minuten vor dem Zeitlimit und sehr zufrieden damit. Läuft bisher wirklich gut für mich. Wir sind hier 2600 m hoch und viel höher hinaus kommen wir auch nicht mehr. 15 Minuten zusätzliche Zeit zum Verpflegen und Erholen bekommen noch diejenigen, die den Cut-Off so gerade noch um 13:30 Uhr erreichen. Dann muss aber der Versorgungsstand verlassen werden. Ich habe genügend Zeit und genehmige mir ein paar Minuten Pause. Dann kommt schon Jan und wir machen uns wieder gemeinsam auf den Weg.
Für uns folgt ein weiterer steiler Abstieg über Geröll in den Grasleitenkegel, nach etwa 500 Metern erfolgt die Streckentrennung. Für die Langstreckler geht es nach rechts, während die 36er durchs Tschamintal nach Tiers weiter nach unten geleitet werden. Irgendwo in diesem grauen Kessel, für mich nicht ersichtlich, muss es für uns wieder nach oben auf den Molignonpass gehen. Ich frage bei einem Mann der Tierser Bergrettung nach und er zeigt mir den Aufstieg in der Wand zwischen zwei Bergspitzen. Wow, sieht höchst anspruchsvoll aus, fast senkrecht geht es steil und sandig durch ein Schuttkar nach oben. Die Bergretter wachen hier in kurzen Abständen über uns, das ist wirklich vorbildlich.
Auch auf der Passhöhe werden wir bereits wieder von der Bergwacht erwartet. Als Belohnung für den anstrengenden Aufstieg bekommen wir einen wunderbaren Überblick hinüber zum Schlernmassiv geboten. Weiter geht es zum Tierser-Alpl. Die Hütte liegt bereits am Übergang zum Schlern. Mit ihrem knallroten Dach ist sie schon aus weiter Entfernung gut auszumachen. Etwa ein Kilometer, verbunden mit 200 hm Abstieg, liegen bei der Überführung zum Schlern vor uns. Relativ problemlos, hier kann man es wieder einmal laufen lassen. Erst der Schlussabstieg zur direkt unter uns liegenden Hütte hat es noch mal in sich. Die Passage über glatte Felsen ist aber notwendigerweise mit einem Seil gut versichert, so kommt man gefahrlos hinunter.
Von der AV-Hütte geht es vorerst noch ein Stück auf einem Schotterweg abwärts, ehe sich die Richtung wieder ändert. Über den Gugglochegg-Aufstieg gelangen wir auf das fast flache Plateau des Schlern. Die wiesenreiche Hochfläche bietet uns eine atemberaubende Rundumsicht. Ich bin schon wieder schlichtweg aus dem Häuschen. Ein Bilderbuch-Panorama jagt das andere.
Eine Gruppe Wanderer feuert uns begeistert an. Sie zollen uns großen Respekt, da sie gerade die gleiche Tour wie wir machen … allerdings in 5 Tagen. Auf der relativ flachen Hochfläche kann wunderbar gelaufen und dadurch wieder Zeit gut gemacht werden. Erst geht es mäßig abwärts, vor den Schlernhäusern wieder leicht nach oben. Etwa 3 Kilometer sind auf dem Hochplateau zurückzulegen bis zum Rifugio Bolzano (km 33,5). Nebenan wartet wieder eine VP auf uns.
7:40 Stunden sind Jan und ich jetzt unterwegs, noch liegen etwa 12 km vor uns. Ich würde gerne eine kleine Pause einlegen, um das Panorama zu genießen, aber das Zeitlimit lässt das nicht zu. Es könnte immer noch eng werden.
Seit über 140 Jahren ist das Schlernhaus (2437 m) auf dem Symbolberg Südtirols ein Traumziel für Bergfreunde aus aller Welt. Die Faszination der Gegensätze, die Südtirols Naturlandschaft prägen, kann man hier wunderbar erleben. Inmitten der Almweiden und Wiesen sind gegenüber die schroffen Wände und Türme von Latemar und Rosengarten bis hin zu Platt- und Langkofel und Geisler zu bewundern. Jan macht sich schon wieder vom Acker. Ok, ich möchte dran bleiben. Wenn’s nach unten geht, ist er in seinem Element.
Ich packe noch schnell meine Stöcke ein, so läuft es sich besser und schneller. Insgesamt fast 10 Kilometer Downhill mit mindestens 1500 Höhenmetern liegen jetzt noch vor uns. Unterbrochen von einer 2,5 km langen, flacheren Erholungspause und einem weiteren 2 Kilometer langen Anstieg.
Der Downhill beginnt wie ein Sommertraum. Es geht auf weichen Single-Trails durch grüne Wiesen. Je weiter wir nach unten kommen, umso steiniger und steiler wird aber die Angelegenheit. Jan gibt Gas, ich fühle mich gut und jage hinterher. An einer Alm steht der „Geißen-Peter“, flüchtet aber, als ich vorbei brettere.
Nach 2 km erreichen wir an der Waldgrenze die kleine Sesselschwaige, viele Wanderer sitzen an den Tischen und stärken sich bei einer Brotzeit. Für uns gibt’s hier nix. Prügelsteig nennt sich der Weg und führt uns durch die Teufelsschlucht. Der Pfad wird immer ruppiger und verblockter. Ein längerer Abschnitt führt am Schlernbach entlang. Die pittoreske Schlucht ist mit ruppigen Holzprügeln (daher wohl der Name Prügelsteig) oder grobschlächtig mit Steinen zu einem etwas breiteren Weg ausgebaut worden. Der Weg wurde errichtet, um die Kühe von Völs auf den Schlern zu treiben, wo sie den Sommer verbringen. Sieht wirklich sehr romantisch aus, mutet aber im Laufschritt steil abwärts fast wie eine Prügelstrafe an. Ich bin ja immer der Meinung, bergab ist wesentlich schwieriger als bergauf. Und es nimmt kein Ende. Immer wenn ich mal kurz zum Stand komme, zittern meine Oberschenkel wie Espenlaub.
Nach etwa 4 km erreichen wir auf 1500 m Höhe einen flacheren Erholungsabschnitt, ich bin fix und fertig, meine Oberschenkel sind zerstört und ich kann erstmal nur noch marschieren. Dazu herrschen hier unten hohe Temperaturen, glücklicherweise führt der Pfad durch den schattigen Wald. Anschließend sind nochmals 2 km Aufstieg zu bewältigen. An und für sich eigentlich nicht ungewöhnlich steil, aber ich bin immer noch vom Downhill kaputt und schleppe mich nach oben.
An der Tschafonhütte (km 41) liegt dann unser letztes Bergauf-Stück hinter uns. Ich gönne mir einige Becher Cola und fühle mich jetzt wieder besser. Hinunter nach Tiers kann ich wieder laufen. Ich muss mich sputen, 40 Minuten bleiben mir noch und ich möchte unbedingt unter 10 Stunden bleiben. Weitere 700 Höhenmeter abwärts liegen vor mir. In einer Punktlandung knapp unter dem Zeitlimit komme ich ins Ziel auf dem Kroneplatz in Tiers, wo man mir gleich die schöne Holzmedaille umhängt. Hinter mir treffen noch einige über der Sollzeit im Ziel ein. Aber man ist kulant. Alle, die das Zeitlimit auf dem Grasleitenpass geschafft haben, werden auch als Finisher gelistet.
Der Rosengarten-Schlern-Skymarathon ist schon ein harter Brocken. Ich benötige erst mal eine Stunde Regeneration in der Horizontalen. Dann bin ich fit für das Dorffest auf dem Kroneplatz. Die Siegerehrungen sind längst um, aber unter allen anwesenden Läufern werden noch viele Preise bei einer Tombola verlost. Zudem bekam jeder mit den Startunterlagen Gutscheine für ein Getränk und ein Essen. Wir haben freie Wahl: Schnitzel mit Pommes, Hähnchen, Gnocchi und noch einiges mehr stehen auf der Karte, da kann man nicht meckern. Schmeckt mit einem Finisher-Bierchen auch wirklich gut.
Fazit:
Was soll ich sagen? Sensationelle Premiere - besser kann man es nicht machen - 100 % traumhaft schöne Trails – atemberaubende Aussichten - perfekt organisiert.
Bestnoten auch für die Streckenmarkierung, die Präsenz der Bergrettung, den Helfern auf der Strecke und ebenso für die Versorgungsstellen. Ich wüsste nicht, was man noch besser machen könnte. Auf meiner Liste der schönsten Läufe steht der Rosengarten-Schlern-Skymarathon ganz vorne. Einen kleinen Haken hat die Geschichte aber schon: Um diesen Lauf erfolgreich bewältigen zu können, sollte man schon über eine gewisse alpine Erfahrung verfügen, Trail- oder Berglauf-Neueinsteiger sollten sich diese Herausforderung für später vormerken.
45km Männer
1. Brennwald Adrian (CH) 5:00.31
2. Glennon David (USA) 5:06.11
3. Rabensteiner Alexander (I) 5:14.04
45km Damen
1. Sperger Eva (D) 6:00.28
2. Trimmel Martina, (A) 6:07.24
3. Spiess Regina (I) 6:31.48
36km Männer
1. Keim Stefan (I) 3:52.53
2. Bertagnolli Mauro (I) 4:11.23
3. Nischler Benjamin (I) 4:21.04
36km Damen
1. Berger Waltraud (D)4:41.59
2. Tribus Isabel (I) 4:58.26
3. Brittain Rabea (D) 5:14.12