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19.02.17 - Special Event

Bayerische Corssmeisterschaft 2017

Als laufender Reporter unter Spezialisten

 

Einige Male habe ich Euch schon von Crossmeisterschaften berichtet. Dieses Jahr passt mir der Termin erneut, es geht nach Kemmern, das unweit von Bamberg liegt. Bamberg ist gut auf der Autostrada und per Bahn erreichbar, aber wer mit den Öffentlichen anreist, muss halt für wenige Restkilometer ein wenig planen (oder laufen). Für Marathonis und Trailrunner hat ja die Saison noch nicht so recht begonnen.  Wer das ganze Jahr etwas für sich tut, darf dann auch einmal auf die Crossbahn und sich über Stock und Stein quälen. Ich verspreche Euch, das macht genauso viel Spass wie ein Hindernislauf. Nur ein Cross kostet mit rund zehn EUR nur einen Bruchteil davon, was du bei einem BraveHeartBattle oder Tough Guy Race hinblättern musst.

Cross – das dient nicht nur den schnellen Läufer, sondern es sollte auch dem Gelegenheitsläufer als Trainingsmöglichkeit schnelle Beine machen. Das Laufen über Stock und Stein schult Geschicklichkeit, Beweglichkeit und Koordination, einfach gesagt, es ist eine natürliche Bewegung für den bewegungsfreudigen Menschen. Der Laufkalender bietet gerade im Winterhalbjahr viele Crossläufe für Jedermann an und die sollten für Euch ein- oder zweimal auf der Laufagenda stehen. Ein Cross ist genauso wichtig für den Allrounder, wie ein Lauf auf der Bahn, am Berg oder im Gelände. Nur immer auf der Straße, geradeaus und eben wird irgendwann öde und langweilig. Und wer auf der Crossstrecke Gefallen findet, kann in der Zukunft bei einem Trail seine Erfüllung finden.

Unsere Seite Trailrunning.de beschreibt das ganz kurz und prägnant: „Runter von der Straße“, rein ins Gelände und weg von den bequemen Wegen. Wer dann noch im wöchentlichen Training gelegentlich Intervallläufe einstreut, hat schon alles richtig gemacht. Der Athlet bekommt den Lohn des vielseitigen Trainings über das ganze Jahr zurück. Die Abwechslung macht's. Und Spaß haben wir bestimmt auch. Ihr glaubt es nicht? Probiert es aus!

 

 
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Es muss ja nicht gleich eine Meisterschaft sein. Denn dafür braucht ihr einen Startpass, der über einen Verein beim Leichtathletikverband besorgt werden kann. Wenn Ihr an einem Jedermann-Crosslauf teilnehmt, braucht es keinen Pass, griffige Lauf- oder Trailschuhe genügen vollends. Wer noch ein wenig investieren will, kauft sich Crossspikes.

Bei mir sind die Bayerischen Crossmeisterschaft der Höhepunkt am Ende der Crosssaison. Vorne mitlaufen werden andere und gewinnen auch. Ich werde alle Mühe haben, dass ich nicht mit der Roten Laterne ins Ziel komme. Und wenn doch, dann ist's mir wurscht. Bei meinem ersten Crosslauf ist es mir aber so ergangen. Drei waren zwar hinter mir, haben dann aber aufgegeben und ich war tatsächlich Letzter.

Der veranstaltende Verein SC Kemmern-Running ist noch jung. 2009 haben sich einige Mitstreiter gefunden, weil eine Laufveranstaltung, der sogenannte Kuckuckslauf über vermessene zehn Kilometer, organisiert werden sollte. Klaus Geuß übernahm damals die Abteilungsleitung und hat diese heute noch inne. Soviel ich weiß, haben die Kemmerner Läufe einen Zulauf, der Bände spricht. Wer in Bayern im Laufzirkus mitmischt, wird sich an die giftgrünen Vereins-Trikots erinnern. Und erfolgreich sind die Kemmerner nicht nur beim Laufen. Sie sind auch aus dem öffentlichen Leben der 2500 Seelen-Gemeinde nicht mehr wegzudenken. So veranstalten sie den schon genannten Kuckuckslauf und seit 2016 den Maintal-Cross. Auch werden Laufanfänger und Wiedereinsteiger betreut und innerhalb von einigen Monaten so trainiert, dass sie beim bayernweiten Lauf10! mitmachen können. Eine große Stütze für die Kemmerner ist der bekannte Moderator Artur Schmidt, der auch 2015das Marathon4you-Jubiläum in Bad Füssing begleitete. Heute wird uns Artur Beine machen und die Zuschauer fachkundig informieren.

Die Infrastruktur und die Organisation sind bestens. Um das Sportgelände sind Parkmöglichkeiten zur Genüge ausgeschildert. Große Schilder weisen den Weg zu den Umkleiden, zur Startnummernausgabe und zur Strecke. Einfach kurze Wege! Flugs habe ich die Startnummer nebst Programmheft zur Hand. Als Schirmherr hat man Staats- und Heimatminister Dr. Markus Söder gewonnen. Gerade zu Wahlkampfseiten suchen Politiker ja gerne den Kontakt zu den Menschen.  Doch er kann nicht. Einige munkeln, dass er noch an den Folgen des fränkischen Fasching in Veitshöchheim laboriert. Dafür lassen sich der Bürgermeister Rüdiger Gerst und Landrat Johann Kalb blicken.

 

 
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Insgesamt werden bei zehn Rennen die Bayerischen Meistertitel vergeben, rund 600 Meldungen sind dafür eingegangen. Für den Nachwuchs und für die Hobbyläufer werden zu Beginn zwei Rahmenläufe veranstaltet. Zu laufen sind dann für die Senioren (ab M35 bzw. W35) jeweils 7,5 Kilometer bzw. 6,25 Kilometer. Für die Jugendlichen ist die Strecke kürzer. Interessant dürfte dann die Mittelstrecke der Männer über 3,75 Kilometer sowie die beiden Hauptläufe der Frauen (4,4 Kilometer) und der Männer Langstrecke (8,75 Kilometer) werden. Rund sechs Stunden werden die sportlichen Wettkämpfe andauern und da braucht der Moderator auch ein wenig Ausdauer. Logisch, dass Artur Schmidt hier den Part Outdoor übernimmt. Jochen „Rennt“ Brosig wird die Siegerehrungen Indoor moderieren.

Gerade rechtzeitig komme ich zum Start der Seniorinnen, die fünf große Runden von je 1,25 Kilometer meistern müssen. Mein Einlaufen geschieht halbscharig, ich soll ja noch Bilder für einen gescheiten Bericht sammeln. Der Lauf der schnellen Frauen zeigt schon einiges: Ausdauer, Geschicklichkeit, Beweglichkeit und vielleicht ein wenig Sturheit zeigen die Frauen. Sturheit gegenüber der Strecke, die einen nicht klein kriegt. Und Sturheit, die einen bei einem Fehltritt oder Sturz auch weiterlaufen lässt, brauchst du auch.

Ich schaue bei meinem Einlaufen nicht auf die Uhr und kriege gerade noch mit, dass bis zu unserem Start, alle Männer ab der Altersklasse M50, noch zwei Minuten verbleiben. Das sorgt für ein kurzes Hochjagen meines Pulses. Ich gehe von hinten in das Starterfeld hinein. Mein Freund Albert Walter ruft mir noch zu: „Jetzt aber flott!“ Ich werfe die Laufjacke auf die Seite. Eine Kamera brauche ich bei einem Meisterschaftslauf nicht mitführen, man würde mich dann vielleicht für vollends verrückt erklären. Gut, dass ich die Startnummer schon vorschriftsgemäß angepinnt habe, Bänder sind ja bei Meisterschaften verboten. Du musst die Nummer mit vier Nadeln am der Trikotvorderseite in Brusthöhe anbringen. Vor einigen Jahren habe ich mir da noch einen Rüffel eingehandelt. Ich hatte die Ecken der Startnummer umgebogen, damit die Nadeln nicht ausreißen. Auch das war damals nicht erlaubt. Und dann muss ich ran. Meine Vorbereitung war nicht gerade top, denn ein Winterlauf in meiner Gegend sowie die Oberbayerischen Crossmeisterschaften in Pfaffenhofen genügten. Ich bin skeptisch. Nicht Letzter werden, das ist mein Minimalziel.

Startschuss, das Feld stürmt los, wie wenn es etwas umsonst geben würde. Wie bei einer Stampede. Ich bin gleich im Schlussfeld. Wenigstens sind noch ein paar Oldies dabei. Den einen oder anderen kann ich dann vielleicht hinter mir lassen.

Der Parcours ist hier im Startbereich rund zehn Meter breit. Er verengt sich erst nach rund 50 Meter allmählich. So kann jeder seinen Platz finden. Leichte Linkskurve, dann sehe ich das erste Hindernis, ein Sandhügel, wo wir uns etwa fünf Höhenmeter hocharbeiten müssen. Die Spitze springt hier mit drei, vier Schritten hoch, bei mir schaut das wohl weniger grazil aus. Zumindest haut es mich nicht auf die Schnauze, denn der Untergrund ist doch ruppig und uneben. Dafür gibt es kaum Morast, es hat in den letzten Wochen kaum geregnet. Nachdem ich den Gipfel bezwungen habe, geht es leicht bergab. Doch aufpassen, da warten noch zwei Querrillen. Die habe ich bei meinem Einlaufen bemerkt. Und dann bleibe ich an einem Grasbüschel hängen, komme fast ins Stolpern, denn die Nägel verhaken sich schier im Wurzelgeflecht. Grad noch gut gegangen.

Es geht ein längeres Stück parallel zum Main geradeaus. Ich kann nach dem Hügel und der Fast-Stolper-Einlage wieder Fahrt aufnehmen. Doch mein erster Blick zeigt: Diejenigen, gegen die ich mir Chancen ausgerechnet habe, liegen vor mir. Darunter der x-malige Deutsche Meister Albert Walter.  Den hat wohl der Teufel gejagt, so schnell ist der aus den Startlöchern gekommen. Er ist rund 20 Meter voraus, Tendenz zunehmend. Mein Klassengegner, nein, eher Freund in der AK, Jörg Behrendt liegt nur ein paar Meter vorne.

 

 
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Nach 200 langen und schnellen Metern geht es auf den Mainwiesen zurück, ruppiger als zuvor. Und es sind einige kleinere Senken darunter, die jeden aus den Rhythmus bringen. Ja, das ist Cross,  keine Chance für Eintönigkeit, du musst immer höchst konzentriert sein. Ein falscher Schritt und es geht dahin. Wir rennen um eine Baumgruppe herum, kurvig geht es zur Sache, doch der Kurs ist trotzdem schnell.  Dann nähern wir uns wieder dem Zielgelände. Das Spitzenfeld ist längst in die zweite Runde eingebogen. Parallel zum Ziel haben die Kemmerner noch ein Strohhindernis eingebaut. Die einen steigen auf die Strohbüschel, während die anderen elegant drüber hüpfen. Ich mache zwar auch einen Hupfer, doch sportlich schaut wohl anders aus. Deshalb hat sich Laufsportspezialist Norbert Wilhelmi mit seiner Kamera auf den Bauch gelegt und bannt die ungraziöse Springerei auf seinen Chip. Meine M4Y-Kollegen werden kräftig ablästern, wenn sie die Bilder sehen.  Aber ich kann sie ja mal zu einem Cross einladen.

Wir laufen um ein Sonnenblumenfeld herum, dann sehe ich bereits den Startbogen. Doch ein paar Meter vorher jagt man uns noch durch ein etwa ein Meter tiefes Loch. Auf in die zweite Runde. Die Rundenzeit ist mir jetzt sch...egal.

1,25 Kilometer lang ist eine Runde und vier Mal muss ich jetzt noch abspulen. Der Albert ist mittlerweile 50 Meter vorn und Jörg hat eine gute Form, denn er vergrößert seinen Vorsprung auf mich. Ich wage es kaum, mich umzudrehen. Nach der Wende kann man für ein kurzes Stück seine Verfolger sehen. Ich komme auf sechs bis acht Läufer hinter mir. Weiter kann ich nicht zählen, denn der Kurs dreht wieder ab. Und zu viel schauen geht auch nicht, sonst legt dir eine Unebenheit den Fuß und du hebst ab. 90 Leute standen am Start, liegen denn über 80 vor mir, frage ich mich. Kann das sein?

Dritte Runde, der Albert wird langsamer. Oder komme ich vielleicht besser in Fahrt. Ich kann mich ihm und einem anderen langsam nähern. Es gelingt mir sogar, die Lücke zu schließen. Dann versuche ich kurz vor Ende der dritten Runde vorbeizugehen. Der eine fragt mich zwei-, dreimal etwas, ich kann es aufgrund der lauten Moderation jedoch nicht verstehen. Murmele noch etwas von einer jüngeren Altersklasse. Vielleicht entscheidet sich hier der Bayerntitel der M75, denn Albert gehört schon zu den älteren Semestern. Ich lasse beide zurück.

So kann ich die dritte und vierte Runde abschließen. Wir erhalten nicht nur im Startbereich Applaus und Ansprache, sondern auch kurz vor dem Hügel, wo ein paar pfiffige Fans Lautsprecher, Mikrophon und Verstärker aufgebaut haben und uns entsprechend motivierend beschallen. Letzte Runde, ich gebe Gas. Doch im Feld bringt das mich nicht mehr voran. Zumindest kann ich noch auf zwei, drei Athleten auflaufen, die allerdings schon eine Runde zurück sind. Dass ich von einigen Führenden in unserem Rennen schon überholt wurde, verschweige ich lieber dezent.

Es wird „zach“. Letzter Sprung über den Strohbüschel: An der Landestelle findet mein Schuh Baaz und Morast und will fast von der Ferse schlüpfen. Kann das gerade noch verhindern. Sonst wäre ich die letzten Meter nur mit einem Schuh gelaufen. Zielgerade: Wir müssen eine Asphaltstraße überqueren, die Kemmerner haben da einen grünen Teppich ausgelegt, dann renne ich nach 50 weiteren Metern unter dem Zielbanner hindurch. Artur klopft mir anerkennend auf die Schulter. „Gut gemacht, Anton!“ Ich pumpe wie ein Maikäfer. Nur ein paar Sekunden später kommt Albert ins Ziel. Seinen Gegner hat er in der letzten Runde stehen lassen. Und mit seinen Endspurt holt es sich den Bayerntitel der M75. Norbert steht schon parat und schießt uns ab. Muss für das Bild meinen Rüssel sauber wischen.

Nach einer kurzen Erholung an der Verpflegungsstelle kommt meine Kür. Ich darf die restlichen Rennen beobachten, fotografieren, mit anderen Läufern ratschen. Sehr gut gelöst hat Klaus Geuß die Siegerehrungen, die pünktlich im Sportheim stattfinden. Artur Schmidt moderiert fachkundig Lauf für Lauf und holt sich dann jeweils die Sieger kurz nach der Zielankunft zu sich ans Mikrophon.

 

 
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Mein Auslaufen beschränkt sich dann auf eine kleine Besichtigung des Ortes. Die Kemmerner haben das mit der Bayerischen perfekt abgestimmt, denn in diesem Jahr feiert man hier das 1000jährige Bestehen des Ortes. In einer Urkunde vom 26.10.1017 wurde ein Tauschvertrag zwischen den Bischof Heinrich aus Würzburg und Eberhard aus Bamberg besiegelt. Camerin im damaligen Radenzgau hieß der Ort. Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts erhielt Kemmern einen umfangreichen Hochwasserschutz, denn der Main  liegt nah und sorgte zuletzt 1967 für ein Hochwasser mit großen Schäden. Das Hochwasser Viel Gewerbe und Handel gibt es im Ort nicht, viele Arbeitnehmer zieht es daher in das wenige Kilometer entfernte Bamberg.

Die katholische Kirche St. Peter und Paul dominiert das Ortsbild, das Gotteshaus stammt aus dem 15. Jahrhundert. Ganz besonders interessiere ich mich aber für eine andere Kunst, denn wir sind in der Genussregion Oberfranken. Hier hat fast jeder größere Ort seine Brauerei, auch Kemmern. Der Wagner-Bräu wird bereits in der siebten Generation geführt. Und das erfolgreich, denn die stoßen im Jahr 9000 Hektoliter Bier aus. Und zu dem 1000jährigen Jubiläum hat man ein eigenes Festbier gebraut. Vielleicht kann mir der Klaus Geuß eines zum Probieren zukommen lassen. Der Festkalender im Jubiläumsjahr ist dicht gefüllt, so feiern die Kemmerner zum Monatswechsel Juni/Juli ganz groß mit Festabend, Festumzug und Konzerten.

Zurück am Sportplatz werfe ich einen Blick auf die Ergebnisse, worauf mir doch noch ein „Herrschaftszeiten“ auskommt. Ich bin 16. und Letzter in der Altersklasse. Von den neunzehn Gemeldeten haben drei wohl kalte Füße bekommen. Und dann schaue ich mir noch die Gesamtliste meines Laufes an. Von den 90 Platzierten lande ich auf Rang 59, ich bin dann doch zufrieden. Ja, und den Klaus mit seinen Helfern muss ich über den Schellenkönig loben. So sagt man bei uns, wenn alles perfekt abläuft. Noch ein Beispiel gefällig? Bei der Siegerehrung erhalten die Sportler auf dem Stockerl ein Glas Sekt überreicht und das Glas mit dem Emblem des Jubiläumsjahres darf man mit heim nehmen.

Wer jetzt mal in einen Cross hineinschnuppern möchte, der Laufkalender wird im Herbst 2017 wieder einige Möglichkeiten bieten.

Die Ergebnisse können unter www.maintal-cross.de abgerufen werden.

 


 
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