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20.10.19 - Special Event

EcoMaratona Chianti: Im Zeichen des schwarzen Hahns

Alle zwei Jahre zieht es mich in die  Toskana zu einem meiner schönsten Marathons. Diese Tradition setze ich auch in 2019 fort. Mit Karl-Heinz schwebe ich per Flieger in Pisa ein, per Mietwagen fahren wir weiter nach Castelnuovo Berardenga.

Hier im Herzen der Toskana liegt die Region Chianti und findet der Ecomaratona statt. Von unserem Quartier auf einem kleinen Hügel einen Km außerhalb Castelnuovos können wir sogar die Türme des 20 km entfernten Siena sehen. Wir sind nach unserer Ankunft sofort tiefenentspannt und schlendern in den Ort. Die ersten Schritte führen uns zur Eisdiele und dann müssen wir doch gleich einmal probieren, ob das kleine Gläschen Rotwein in der Bar noch genauso gut schmeckt wie vor zwei Jahren. Tut es!

Wir sind erneut eine ganze Woche hier und verbinden den Marathon wieder mit einigen Tagen Erholung in schönster toskanischer Landschaft. Wir machen Wanderungen, schauen uns u. a. das Castello del Brolio (Startort des Marathons) und Siena an und geben uns kulinarischen Genüssen hin. Dolce vita! Entspannung pur ist angesagt.

 

Genusswanderung

 

Am Freitag gehen wir zur Startnummernausgabe und holen unsere Startunterlagen. Ein medizinisches Zeugnis wird seit kurzem in Italien nicht mehr verlangt. Im Starterbeutel sind wieder viele schöne Sachen. So gibt es eine Flasche Chianti Classico, ein Shirt und  Socken.

Samstag steht ganz im Zeichen des Genusses. Wir wandern im Rahmen des Begleitprogramms von Weingut zu Weingut. Es gibt eine Neuerung. Statt des "Passeggiando per cantine" werden nunmehr im Rahmen des "Emozioni nelle cantine" zwei Genusswanderungen angeboten. Zur "Emozioni Chianti Classico" muss man mit dem Bus zum Start fahren, das Ziel ist auf der Piazza Marconi in Castelnuovo. Wir entscheiden uns für die Genusswanderung "Emozioni Castelnuovo". Hier liegen wie beim alten Passeggiando Start und Ziel auf der Piazza Marconi in Castelnuovo. Ab 09.10 Uhr starten im Stundenrhythmus die Gruppen genusswilliger Läufer.

 

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Wir nehmen in der zweiten Gruppe die Herausforderung an und erleben toskanischen Spezialitäten in fester und flüssiger Form. Einfach lecker, was uns geboten wird. Alleine schon für dieses Begleitprogramm lohnt sich die Reise in die Toskana.

Wieder auf der Piazza Marconi gehen wir über die Expo. Es duftet nach lokalen Spezialitäten. So mancher Wein wird verkostet und so manche Flasche Wein wechselt den Besitzer. Es gibt Käse in vielen Variationen und, und, und. Alles sieht lecker aus und riecht gut.

 

 
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Am Samstagabend gehen wir auf die Pasta-Party, essen Pasta und trinken wieder Wein. Für den Marathon morgen müssen wir uns nicht schonen. Unser Ziel ist es, entspannt zu laufen und die Schönheit der Landschaft zu genießen. Vorne weg laufen sollen andere. Natürlich treffen wir auch wieder bekannte Gesichter. Wir sind ja schon zum dritten Male hier.

Entspannt nehmen wir früh am Lauftag den Shuttle-Bus zum Start am beeindruckenden Castello di Brolio. Hier startet um 9.30 Uhr der Marathon. Um diese Zeit dürfen auch die Halben und die 14er auf die Strecke. Allerdings von Castenuovo Berardenga die Halben und die 14er von San Gusmé. Das Ziel aller Läufe ist die Piazza Marconi in Castelnuovo Berardenga.

 

Castello di Brolio

 

Angekommen in Madonna a Brolio gehen wir zum Start hinauf. Auf halber Strecke an der Kleiderbeutelabgabe müssen wir warten. Es darf noch niemand hinauf zum Start am Schloss. Gottlob ist es nicht allzu frisch. Erst kurz vor 9 Uhr  dürfen wir weiter und dann sogar die Außenanlagen besichtigen. Die Anlage ist sehr beeindruckend und der Panoramablick ist erste Sahne. Das ganze Chianti liegt uns zu Füßen.  Das Castello di Brolio ist seit 1147 im Privatbesitz der Familie Ricasole. Bettino Ricasole war übrigens der erste Premierminister des Königreiches Italien.
Nun aber rasch zum Start. Der Blick von der massiven Schlossmauer hinunter auf das Starterfeld ist beeindruckend. Das hat was. Sogar ein kleiner Hund freut sich auf den Start. Kurz vor dem Start werfe ich noch alte Kleidung ab die mich warmhalten sollte. Die Sonne scheint und es verspricht ein richtig schöner Tag zu werden.

Pünktlich fällt der Startschuss und vorne geht die Post ab. Wir lassen es gemächlich angehen. Die Strecke führt uns erst einmal um das Castello herum zum unterhalb liegenden Ort Madonna a Brolio. Aus dem Ort heraus laufen wir auf Asphalt über die Landstraße. Ein Läufer mit Sandalen an den Füßen fällt mir auf.

 

 
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Uns umgeben große Weingüter. Ein Schild weist Barone Ricasole als Besitzer aus. Den kennen wir doch vom Castello di Brolio her. Es bieten sich uns schöne Ausblicke über die Hügel des Chianti. Hier liegt zwischen Florenz und Siena  das Anbaugebiet des Chianti Classico. 1984 wurde ihm das höchste Gütezeichen in Italien verliehen: DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita). Der schwarze Hahn (Gallo nero) ist das Markenzeichen des Erzeugerverbandes. Das mage als Billigwein in  großen Strohmantelflaschen ist Vergangenheit.

Über die Landstraße SP 114/b laufen wir zum nächsten Castello. Es ist das Castello Cacchiano, auch in markanter Lage in 500 m Höhe auf einem Hügel. Hier wartet die erste Verpflegung auf uns. Vorher stehen schon die ersten für die Landschaft der Toskana typischen Zypressen Spalier am Wegesrand. Sieht immer wieder gut aus und wird heute noch manches Mal zu sehen sein. An der VS greife ich Tee ab, Wasser, Sali und Cola lasse ich unbeachtet.

Es geht rechts am Castello vorbei weiter. Km 5 wird passiert. Alle 5 Km gibt es übrigens KM-Schilder. Später, ab Km 35 ist jeder Km ausgeschildert. Ein Japaner wetteifert mit mir darum, wer  die meisten Fotos macht. Neben Japanern mache ich auch Amerikaner, Holländer, Schweden und Tschechen im Läuferfeld aus.

 

Auf und Ab in den Weinbergen

 

Wir haben längst die Straße verlassen und laufen im steten Wechsel die Weinberge hinauf und hinunter. Insgesamt warten heute fast 1000 Hm auf uns. Allerdings nicht in praller Sonne. Die verschwindet zunehmend hinter Wolken. Es bleibt aber trocken. Bei allzu starken Anstiegen wechsle ich in den Gehschritt, um Körner zu sparen.

Es ist genug Platz zum Laufen, das Läuferfeld ist schon weit auseinander gezogen. Einige Stellen sind sehr steil, wovor auf Schildern gewarnt wird: Attentione: Fondo Sconnesso. Ich kontrolliere das Abwärtslaufen und gehe kein Risiko ein. Ich will Spaß haben und den Lauf genießen. Und das tue ich. Herrliche Blicke tun sich auf. Wir laufen entlang unzähliger Weingüter. Neben Weinbergen sind auch viele Olivenhaine an der Strecke.

Es ist einfach herrlich und eine gute Entscheidung, hier wieder am Start zu sein. An der zweiten VS greife ich wieder Tee und Rosinen. dazu den leckeren Aprikosenkuchen, schön mundgerecht in kleinen Stückchen. Eine breite Schotterpiste nimmt uns auf. O.k., durch die Weinberge war es schöner, aber irgendwo müssen ja auch Km gemacht werden. Km 10 ist geschafft. Weiter geht es über die breite Piste,  mal mehr rauf, mal mehr runter. Oben hat es schöne Blicke zum Castello Cacchiano und Castello die Brolio.

 

 
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Castello Lucignano wird rechts liegen gelassen. Eine weitere VS bietet willkommene Labung. Es geht einen Hügel hinauf. Über Steine und durch das Gebüsch führt ein gut laufbarer Weg. Eine Straße wird aufmerksam gesichert gequert. Hinweisschilder weisen auf das Castello di Brolio. Da waren wir aber schon heute Morgen, also halten wird uns etwas südlich.

Immer wieder haben wir imposante Ausblicke auf die vor uns liegende Strecke, insbesondere wenn es wieder entlang und die Weinberge geht. Es hat sich zugezogen und die Sonne ist weg, aber nicht zu kühl. Eine weitere VS stärkt uns, bevor wir erneut einen längeren Aufstieg durch die Weinberge meistern müssen.

 

Duelle in den Hügeln

 

Ich duelliere mich mit einigen Läuferinnen. Beim Abwärtslaufen bin ich schneller, bergauf sehe ich nur ihre Beine. Ich merke schon die Höhenmeter. Aber es läuft und ich kann mein Wohlfühltempo halten.

Vor Borgo San Felice laufen wir an einer sehr schönen Ferienherberge vorbei. Sieht nicht gerade billig aus. Es gibt hier wunderschöne Anlagen. in denen man richtig viel Geld lassen kann. Diese hier hat sogar einen eigenen Hubschrauberlandeplatz. Ein echter Hingucker ist ein zu durchlaufendes Weinspalier. Nicht nur ich mache hier Fotos.

Bei San Felice können wir uns an einer VS stärken. Das nächste Zwischenziel ist schon zu sehen. Auf nach Villa a Sesta, wieder im Auf und Ab. Dafür werden wir mit einer VS im Ort belohnt. Wiederum im Schutz der Polizia Municipale queren wir die SR 484. Es beginnt ein langer Aufstieg, erst durch Weinberge moderat aufwärts, dann richtig steil durch den Wald. Das Stück habe ich noch gut in Erinnerung. Ich werde nur von vier Läuferinnen überholt und komme aufwärts. Steine erschweren den Weg.

 

 
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Auf einmal sehe ich Lorenzo vor mir. Ihn kenne ich von der Startnummernausgabe. Wir klatschen uns ab und ich ziehe weiter aufwärts. Den Aufstieg will ich hinter mir haben und den Abstieg nach San Gusmé in Angriff nehmen. Es gilt aber noch nach einer kurzen Verschnaufpause eine zweite Steigung zu bewältigen. Aber das Ende des Aufstiegs kommt und ich darf auf teilweise schmalen, ausgewaschenen und steinigen  Pfaden abwärts.

Eine breite Piste folgt und bereitet wesentlich weniger Laufprobleme. Von oben erhaschen wir einen Blick auf San Gusmé. Km 30 wird noch vor dem kleinen Ort passiert. Durch den Ort mit seinem kleinen schnuckeligen historischen Ortskern sind wir schnell durch. Im Ort bietet eine VS nochmals Labung an.

 

Weinprobe

 

Hinaus aus dem Ort laufen wir unter hämmernder Musik durch einen großen roten Torbogen in die Weinberge. Hier war am Morgen der Start der 14er. Wir kommen zur nächsten VS. Hier bietet das Weingut Le Trosce Wein dar. Gestern auf der Genusswanderung hatte ich bereits den Wein von Le Trosce gekostet. Ich werde wiedererkannt. Natürlich muss ich den Dessertwein Vin Santo probieren. So weit ist es ja auch nicht mehr zu laufen. Der Wein schmeckt verlockend. Karl-Heinz wird hier etwas später noch einen hervorragenden 2011 Chianti Classico Gran Reserva genießen. Ein Spitzenwein der ihn einiges an Laufzeit kostet. Oder hat ihm der Wein den Turbo geöffnet für die letzten Km?

Das nächste Weingut liegt auf unserem Weg. Die Tenuta di Arceno wird passiert. Und es wartet ein weiterer Höhepunkt der Strecke auf uns. Nach dem Weingut geht es rechts hinauf entlang einer beeindruckenden Zypressenallee. Einfach grandios dieser Kilometer. Immer wieder nur schön, trotz der Plackerei. Zuerst bin ich noch im Laufschritt, dann werde ich ob der Steigung zum Geher. Puh, das kostet wieder Körner. Schließlich sind wir oben schon bei Km 36. Aber eine VS bietet im rechten Moment Stärkung.

 

 
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Der weitere Weg nach Castelnuovo Berardenga ist mir bestens bekannt. Auf breiter Schotterpiste nähern wir uns dem Ziel. Es gilt auch mehr hinab als hinauf zu laufen. Das kommt meiner körperlichen Verfassung sehr entgegen. Aber eine letzte längere Steigung wartet nach Km 39 noch auf uns. An deren Ende werden wir mit der letzten VS belohnt. Ein Doktor am Beginn der VS mustert aufmerksam jeden ankommenden Läufer.

Es geht abwärts, Castelnuovo ist schon zu sehen. Vorbei am markanten schwarzen Gockel und über die Straße, auf der anderen Seite wartet der Ultimo KM auf uns. Kurz vor dem Weingut Festina müssen wir noch einmal abwärts, um im Ort noch eine letzte kurze Steigung zu meistern. Der kurze Stich tut weh. Aber dennoch genieße ich die letzten Meter auf abgesperrter Straße.

Kaputt aber total zufrieden laufe ich unter dem Beifall der Zuschauer durch das Ziel. Ich bekomme nach dem Zieleinlauf meine Ecomaratona-Medaille und greife an der nahen Zielverpflegung noch einiges ab. Dann gehe ich zur unserer Villa etwas außerhalb des Ortes und dusche in Ruhe.

Am Abend geht es wieder nach Castelnuovo Berardenga, um im Ristorante Quei 2 bei Claudio und Carlo die Regeneration mit einem toskanischen Vorspeiseteller (Salami, Schinken und Wildschweinpastete) und leckerer Pasta fortzusetzen. Traditionen wollen halt gepflegt werden.

 

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Fazit

Schöner, bestens organisierter Landschaftsmarathon im herrlichen Chianti. Sehr empfehlenswert. Unbedingt mit Genusswanderung am Samstag machen. Und dazu einen Urlaub in der herrlichen Toskana verbringen.

 

Sieger:

Frauen: Federica Moroni     3.36,05 Std.
Männer: Andi Dibra         3.03,33 Std.

 


 
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