Für mich ist dieser G2G meine erste Teilnahme an einem Etappenlauf, bei dem ich 7 Tage ohne Drop Bags auskommen musste. Genau heißt das, dass alles, was sich in meinem Rucksack befindet, für die 7 Tage in der Wüste des Grand Canyons ausreichen musste. Dazu gehörten in erster Linie das komplette Essen und die vorgeschriebene Pflichtausrüstung für die ganze Woche, so dass ich mich auf das Wesentlichste beschränken musste. Die tägliche Wasserration konnte ich mir an jeder Kontrollstelle (Checkpoints = CP), die etwa 10 Kilometer voneinander entfernt lagen, holen. Den Rest bekam ich dann abends im Zeltlager. Um die genaue Position der einzelnen Läufer zu kennen, wurde an jedem CP ein Race Passport abgestempelt und auf einer Liste die Startnummer mit Uhrzeit notiert. Die größte Herausforderung an die einzelnen Teilnehmer war, mit dem Wüstenklima zurechtzukommen, also Temperaturen am Tag von über 30 °C ohne Schatten auszuhalten und nachts die Kälte bis auf 0°C zu ertragen.
Geologisch gesehen ist das Grand Canyon-Gebiet ein wahres Naturwunder, das wir auf unserem großen Abenteuer in 6 Etappen miterleben durften. Sozusagen ging es beim Grand to Grand Ultra (G2G) mit jedem Tag ein Stückchen bergauf. Wir begannen fast am tiefsten Punkt im Grand Canyon-Gebiet, nämlich an den Klippen zum Colorado River auf dem Paria Plateau, das etwa 1000 M oberhalb des Flusses mit steilen Klippen liegt. Die Felsen hier sind dunkelrot bis schwarz gefärbt und werden deshalb Chocolate Cliffs genannt. Und unser Ziel in Utah lag nicht nur 274 Kilometer nördlich von unserem Startpunkt, sondern auch noch über 1300 m höher an den Pink Cliffs. Dieser Anstieg erfolgt aber nicht auf einmal, sondern in Stufen, bei denen ich an verschieden farbigen Klippen oder Felsmassiven vorbeikam. So erreichte ich gleich am ersten Tag die Vermillion Cliffs, die dunkelrot erscheinen (Vermillion ist die englische Bezeichnung für Zinnoberrot!).
Danach erhoben sich entlang unseres Weges die White und Grey Cliffs, also weiße und graue Klippen, bis ich schließlich zum Finish auf der letzten Etappe die Pink Cliffs, hellrote bis pinkfarbene Felsformationen erreichte, die sich vor mir wie riesige Monumente auftürmen. Das Ganze nennt sich „The Grand Staircase“, also die große Treppe, die ich auf meinem Abenteuer zu sehen bekam.
Am meisten jedoch beeindruckte mich die große Weite und die Leere, die mich umgab, als ich die glänzende Wüstenmetropole Las Vegas verließ und nach einer vierstündigen Autofahrt in das verschlafene Städtchen Kanab in Utah fuhr. Dort trafen bis Freitag alle Teilnehmer des Etappenlaufs zum Race Check-in ein, bei dem peinlich genau die Pflichtausrüstung und die Essensvorräte geprüft und gewogen wurden. So hatte ich zum Racestart ein Gesamtgewicht von ungefähr 10 Kilogramm. Im Schnitt wogen die Rucksack meist 8 und 12 Kilogramm.
Die Strecke des G2G Ultra war in 6 Etappen über 7 Tage durch diese einsame Wüstengegend von Arizona nach Utah aufgeteilt. Mit insgesamt 273 Kilometer und 5500 positive Höhenmeter sowie 4500 negative Höhenmeter hatte jede Etappe etwas Besonderes, so z.B. stachelige Büsche und Kakteen am ersten Tag, lichter Wald im Kaibab National Forest am zweiten, viele Sandpisten und Sanddünen am dritten Tag. Der vierte Tage brachte mich durch einige Canyons, in denen ich auch Klettern musste, am fünften Tag hatten wir die Slot Canyons zu bewältigen und am letzten Tag einen Aufstieg entlang der Pink Cliffs-Felsentürme, bis ich diese von oben bewundern durfte.
Beim Briefing wurden wir auf die Gefahren in der Wildnis hingewiesen: Neben kratzigen Büschen gab es noch unzählige Kakteenarten, die meist flach am Boden wuchsen und kaum zu erkennen waren. Vor den Stacheln dieser Kakteen wurde gewarnt, da sie sich selbst durch die harte Gummisohle der Traillaufschuhe bohren und die Fußsohle oder die Zehen verletzen konnten, die sich dann oft infizieren. Auch Klapperschlangen und Skorpionen sollte es hier geben, denen ich zum Glück nicht begegnete.
Am Samstagmorgen hieß es dann Abschied nehmen vom großen Koffer und dem Bett im Hotel. Wir fuhren in zwei alten Schulbussen, die viel zu eng für uns und unsere Rucksäcke waren, zum ersten Camp in der Wüste. In meinem Gepäck hatte ich nur noch die Ausrüstung, die ich in den nächsten sieben Tagen für unterwegs benötige. Nach eineinhalb Stunden im Schulbus stiegen wir in Allrad Shuttles um, die mich in weiteren eineinhalb Stunden über staubige Schlaglochpisten bis an den Rand des North Rim am Grand Canyon brachte, wo unser Camp bereits aufgebaut war. Was für ein Panorama hatte ich für meine erste Nacht im Camp des G2G! Einfach atemberaubend schön und kaum zu begreifen.
Beim Abendessen stellte uns Colin (der Veranstalter) seine Crew und das Ärzte- und Helferteam (Volonteers) vor und erklärte die wichtigen Details für die kommenden Etappen. Danach zog ich mich wie alle anderen in mein Zelt zurück. Bereits um 6 Uhr morgens wurde ich mit dem bekannten „Reveille“ der US Army aufgeweckt – okay, auch eine interessante Variante, aufgeweckt zu werden! Das Organisationsteam und die Volunteers waren da bereits schon mit ihren Vorbereitungen für den nun folgenden Etappentag beschäftigt. Ich musste mich erst einmal organisieren und das Einpacken meines Rucksacks optimieren, glücklicherweise bekam ich mit jedem neuen Etappentag mehr Routine darin.
Startpunkt der ersten Etappe lag unweit der Cliffs des North Rim auf 1630 m ü.M. und führte in leichtem Auf und Ab über das Paria Plateau, immer mit Blick auf die Vermillion Cliffs. Diese Klippen sind nicht nur beeindruckend rot und mächtig aufragend über dem Hochplateau, sie sind auch Lebensraum des Kalifornischen Kondors, der zuweilen über diesen Klippen kreist. Leider konnte ich diesen Vogel beim Laufen nicht ausmachen, zu sehr war ich mit der Hitze bei dieser Etappe, die insgesamt 49,6 Kilometer lang war, und den endlosen Kilometern über die Staubpisten, beschäftigt. Mit fortschreitenden Kilometern fühlte sich mein Rucksack immer schwerer an. Wie lange würde es noch dauern, bis ich das zweiten Camp erreichte? Schon von weitem konnte ich ein weißes Zeltlager ausmachen, doch dann verschwand es wieder vollständig hinter den Hügeln und ich quälte mich durch dichtes Gestrüpp, das mir bis zur Hüfte reichte. Dazwischen versuchte ich den Kakteen auszuweichen. Und plötzlich hatte ich das Zielportal des G2G vor mir und freute mich über mein erstes Finish.
Mit struppigen, kratzigen Büschen und Kakteen endete der erste Tag und begleitete mich am zweiten Tag auf den ersten Kilometern. Gleich nach dem ersten CP ging es auf steilen, engen Trails auf ein weiteres Plateau im Kaibab National Forest. Ein letzter Blick zurück zu den Vermillion Cliffs und dann ging es auf dem Navajo Trail durch einen lichten Wald aus Kiefern und Eichen, die meist nur wenige Meter hoch waren. Dazwischen wuchsen silbergraue Sträucher. Und plötzlich endete der Wald und ich stand hoch oben über dem Plateau, der Horizont schien weit weg zu sein! Bereits am letzten CP konnte ich die weiße Zeltstadt am fernen Horizont erkennen. Nur noch 10 Kilometer fast flaches Gelände bis ins Ziel, eigentlich keine große Sache ohne den schweren Rucksack, ohne gleisende Nachmittagssonne, Hitze und Staub! Aber so lag der Rucksack wieder schwer auf meinen Schulten, die tief stehende Sonne blendete mich trotz Mütze und Sonnenbrille und das Laufen wurde immer mehr zur Qual. Doch mit jedem Schritt näherte ich mich meinem heutigen Tagesziel und freute mich umso mehr, dass ich die 43,3 Kilometer meisterte und später keine Blasen, wunde Stellen oder sonstige Blessuren davon trug. Nach diesen ersten beiden Tagen hatten manche meiner Mitstreiter bereits geschundene Füße und mussten aufgeben.
Beim Lagerfeuer war das allgegenwärtige Thema die bevorstehende, lange Etappe über knapp 85 Kilometer und nicht das Erlebte an den ersten beiden Tagen. Wer die lange Etappe finishen würde, würde auch die restlichen Etappen finishen! Ich war gespannt, denn auf dieser Etappe müsste ich mehr als 75 % feinen Sand meistern. Die ersten 10 Kilometer lief ich auf einer staubigen, breiten Schotterpiste, bis ich auf einen Highway traf, den ich überquerte und dann über den Mansard Trail steil bergauf ein weiteres Plateau kletterte. Stellenweise musste ich mannshohe Felsen überwinden, was mit dem schweren Rucksack nicht ganz so einfach war. Oben angekommen wurde ich mit einem gigantischen Weitblick zu den sogenannten White Cliffs belohnt, die sich mächtig vor mir aufbauten und doch so weit entfernt waren.
Über schmale Sandpisten ging es dann viele Kilometer durch lichten, kaum Schatten spendenden Wald, dafür hatte ich immer wieder eine tolle Aussicht bis zum unendlich weit entfernten Horizont. Nicht nur Sand begleitete mich auf diesem Abschnitt, immer wieder ging es über schräg abfallende Felsen und durch tiefe Bachfurte. Zuweilen führte der Weg entlang eines sandigen, ausgetrockneten Canyons und dann wieder durch mannhohes Buschland oder durch einsame Täler. Nach dem 5. CP brach die Nacht über mich herein und ich leuchtete den Weg mit meiner Stirnlampe aus. In der Monotonie der Landschaft, die ich im Schein meines Lampenlichtes ausmachen konnte, konnte ich in einem gleichmäßigen Schritt Kilometer für Kilometer hinter mich bringen. Die einzige Abwechslung in dieser Nacht war der 5 Kilometer lange Streckenabschnitt durch die Coral Pink Sand Dunes nach CP 6 (km 65), wo ich mich die steilen Dünenhänge hinaufquälte. Bei jedem Schritt nach oben rutschte ich mindestens die Hälfte wieder runter. Das war ganz schön anstrengend, machte aber trotzdem sehr viel Spaß!
Vor und hinter mir konnte ich die Lichter anderer Läufer erkennen, die sich auch nur langsam fortbewegten. Leider konnte ich das Ausmaß der Dünenlandschaft nur erahnen, denn mit dem Licht meiner Stirnlampe konnte ich nicht sehr viel von der Weitläufigkeit ausmachen. Nur die erstplatzierten Läufer konnten diese Dünen bei Tageslicht oder bei beginnender Dämmerung sehen. Aber auch diejenigen, die sich entschieden hatten, am CP 6 zu übernachten und dann am nächsten Morgen die restlichen 20 Kilometer dieser Etappe zu laufen. Das Ziel erreichte ich nach 20,5 Stunden und 85 gelaufenen Kilometern und verzog mich gleich in mein Zelt, um noch vor dem Morgengrauen ein wenig zu schlafen, aber auch bevor die Sonne überm Zelt stand und es sogleich aufwärmte.
Und dann war ich zu neugierig auf die Gegend um mein Zeltlager, das ich ja in der Dunkelheit erreichte. Die Zelte standen im Schatten des Elefant Butte, einem großen, alleinstehenden Felsen, oben abgeflacht wie ein Elefantenrücken und seitlich steil abfallend. In nördliche Richtung konnte ich am Horizont die Steilklippen des Zion National Parks erkennen. Den heutigen Tag hatte ich „frei“, da die lange Etappe für viele erst am späten Vormittag endete, ging es erst wieder am darauf folgenden Tag weiter. Ich nutze die Zeit, um mit anderen über die vielen Eindrücke zu erzählen.
Hier oben wehte zuweilen ein kalter Wind und ich zog mir immer wieder ein warmes Shirt über. Ansonsten war der Ruhetag sehr kurzweilig, mit Lasso und Hufeisen werfen wie die richtigen Cowboys. Und bevor die kühle Nacht uns in die Zelte trieb, gab es noch Live Country Music.
Auch die 4. Etappe hatte noch einmal 41,9 Kilometer mit kurzen Anstiegen und steilen Gefällen, durch enge Bachfurte, über flache Sandpisten und durch schmale Canyons. Auch wenn die Strecke nicht ganz einfach zu laufen war, kam ich gut voran. War es der leichtere Rucksack? Oder hatte ich nur einen guten Tag? Oder waren es die vielen Wolken am Himmel, die die Hitze etwas milderte? Egal, ich freute mich über viele Streckenabschnitte, die ich ohne große Anstrengung laufen konnte. Doch allmählich verdunkelte sich der Himmel zusehend und Gewitterstimmung kam auf, aber zum Glück noch kein Regen. Der 3. CP war kurz vor einem schmalen Tunnel, ein rundes Loch durch das ich laufen musste. Erneut ein Canyon, der nur über eine 10 Meter hohe Felswand weiterging. Den unteren überhängenden Felsen überwand ich zuerst mit einer Leiter, die dort angebracht war, danach konnte ich mich an einem Seil hochhangeln. Oben angekommen befand ich mich erneut in einem breiten Bachbett.
Der Himmel verdunkelte sich kurz darauf und ein Gewitterregen zog über mich hinweg. Der Veranstalter hatte auch an diesem Morgen Einwegponchos für die mögliche Wetterkapriole verteilt, den ich auch über mich und meinen Rucksack zog. Die Sandwege waren kurz darauf geflutet und das Durchqueren der Canyons wurde für manche vor und hinter mir zur einzigen Mutprobe. Kurz vorm letzten CP hatten einige Läufer einen reißenden Fluss von 2 m Breite zu überwinden, der aufgrund des Regens kurzzeitig viel Wasser führte. Ich hatte später dann kaum Mühe, denn das Wasser war bereits deutlich zurückgegangen. Auf den letzten 5 Kilometern der heutigen Etappe begleitete mich ein großes Felsmassiv, das mit dem Gewitter, den tiefhängenden, dunklen Wolken und dem Nebel ein tolles Fotomotiv bot. Dieser Fels wird Diana´s Throne genannt und war dann auch das Panorama des heutigen Camps. Durchnässt erreichte ich das Camp und war froh, die nassen Sachen abstreifen zu können, die ich dann später am Lagerfeuer trocknete.
Die 5. Etappe trug die Überschrift „Peek-A-BOO“, auf Deutsch Guck-Guck-Spiel mit Kleinkindern. Genauso fühlte sich das Durchlaufen des sogenannten Slot Canyons an (Slot Canyon ist die englische Bezeichnung für enge Schluchten, die durch hindurchfließendes Wasser entstanden sind). Durch ständige Richtungswechsel in der engen Schlucht, verlor ich meinen Vordermann immer wieder aus den Augen. Zu beiden Seiten ragten steile Sandsteinwände empor, die auf mich beengend wirkten und oft der Eindruck entstand, als würden sie sich über mir berühren. Über mehrere Leitern ging es den Slot Canyon hinunter, immer wieder gab es große Wasserpfützen, die ich nicht trockenen Fußes überwinden konnte. Wer nicht schon in den Slot Canyons knöcheltief im rotbraun farbenen, trüben Sandwasser stand, der musste unweigerlich später im wasserführenden Canyon ins Wasser steigen. Durch den Regen der vergangenen Nacht gab es auf der heutigen Etappe viel Wasser und für jeden Läufer nasse Füße. Außerdem verteilte der Veranstalter erneut Einwegponchos beim Start, da die Wetterprognose wieder Gewitter am Nachmittag vorhersagte.
Fast 10 Kilometer ging es in einem Bachbett mal links, mal rechts davon leicht ansteigend das Tal hinauf. Da der Canyon aufgrund des Regens nun erheblich mehr Wasser hatte und es hier in der Wildnis keine Brücken gab, musste ich immer wieder meine Füße ins kühle Nass setzen, um auf die andere Seite zu gelangen. Doch auf der Hälfte des Tales bog ich in ein kleineres Seitental ab, das nun kein Wasser mehr hatte. Hier kämpfte ich dagegen mit größeren Felsbrocken und losem Gestein im Bachbett und kam deshalb nur langsam voran.
Am Ende des Tales ging es dann über einen steilen Trail auf ein Plateau hinauf. Endlich hatte ich mal wieder einen befestigten Schotterweg unter meinen Füßen, der in eine staubige Schotterstraße mündete. Noch etwa 10 Kilometer auf diese Piste und dann hätte ich das heutige Ziel erreicht. Auf den letzten 3 oder 4 Kilometern beobachtete ich abermals die dunklen Wolken, die doch hoffentlich noch an mir vorbeiziehen würden. Doch ich hielt immer mehr darauf zu und kurz vorm Ziel kämpfte ich gegen den kalten Wind, der mit einem kräftigen Hagelschauer einherging. Ich stülpte mir schnell den Poncho über, um nicht total durchfroren und durchnässt im Camp anzukommen. Durch tiefe Wasserpfützen und eine schlammige Wiese erreichte ich das Camp. Ich hatte alle Mühe, mich von den nassen Sachen zu befreien, vor allem aus den schweren, nassen Schuhen. Das letzte Camp befand sich dann auch noch auf etwa 2100 m und die Nacht versprach besonders kalt zu werden. Mit einbrechender Dunkelheit saß dann auch keiner mehr am Lagerfeuer, weil sich die meisten in ihre Zelte zurückzogen und sich in ihren warmen Schlafsack kuschelten.
Der Morgen unserer letzten Etappe fühlte sich feucht und kalt an, unsere Kleidung war ebenfalls noch klamm. Aber für die letzten 12 Kilometer bis zum Finish würde es auf jeden Fall auszuhalten sein! Also raus aus dem warmen Schlafsack und rein in die feucht kalten Laufklamotten. Ich würde schon irgendwie warm werden, auch wenn das Wasser von der Zeltdecke heruntertropfte. Die ersten Sonnenstrahlen ließen allerdings auf sich warten und die ersten Kilometer am heutigen Morgen lagen im Schatten der Berge. Kaum merklich ging es bergauf, so dass es mir nur allmählich warm wurde. Immer wieder fragte ich mich, wieso ich denn hier frieren musste, wo ich mich doch in der Wüste war und mich eher mit Hitze und Schwitzen rumschlagen müsste. Auch für die Organisatoren war es neu, die vorigen Jahre war es eher zu warm als zu kalt und Regen gab es auch viel weniger oder gar nicht. Aber auch hier war das Wetter nicht mehr das, was es einmal war.
Die letzten 6 Kilometer befand ich mich auf dem Grand View Trail, der teils zum Bryce Canyon zählt. Der Trail führte unterhalb der Pink Cliffs entlang und mich beeindruckte die Höhe der mächtigen Türme aus hellrot leuchtendem Sedimentgestein. Stellenweise war der schmale Bergweg durch die gestrigen Regenfälle abgerutscht, so dass auch ein wenig Kletterei über riesige Steinhaufen gefragt war. Erst einmal oben auf dem Plateau angekommen, war der letzte Kilometer dann nur noch sanft ansteigend bis ins Ziel, wo mich bereits meine Mitstreiter erwarteten und mein Finish mit mir feierten. Colin und Tess beglückwünschten mich und überreichten mir die begehrte Gürtelschnalle des Grand to Grand Ultra. Der Bereich hinter der Ziellinie war dann etwas beengt, direkt oberhalb der Steilklippen der Pink Cliffs auf 2700 m Höhe. Nachdem sich alle Läufer im Ziel befanden, gab es noch ein letztes Finisherfoto und dann ging es zurück zum Parkplatz zu den Bussen.
Die Busfahrt dauerte etwa 2 Stunden zurück nach Kanab, wo dann am selben Abend noch die Abschlussfeier (Final Award´s Dinner) stattfand. Am nächsten Morgen fuhr ich dann mit Shuttlebussen nach Las Vegas.
Aus der einsamen Wüste zwischen Utah und Arizona in die Spielerstadt Las Vegas in der Wüste von Nevada. Was für ein Kontrast! Die Einsamkeit und das dünn besiedelte Grand Canyon-Gebiet mit der unendlichen Weite waren über 7 Tage mein ständiger Begleiter. Zum Abschluss meiner Reise wollte ich aber auch Las Vegas erleben, eine Stadt mit vielen Hotels, überall Spielcasinos. Eine Wüstenstadt und viel Wasser – welch Gegensätze! Eine Stadt, die wie ein Themenpark aufgebaut ist, mal befand ich mich in Paris, mal in New York, dann wieder in Disneyland. Dichtgedrängt türmten sich zu beiden Seiten die Hochhäuser entlang dem „The Strip“, der Hauptstraße von Las Vegas. Anfangs hatte ich Mühe, mich in dem Trubel vor allem am Abend zurecht zu finden, war ich doch auf den Schotter- und Sandpisten die Freiheit und die Weite gewohnt.
Mit diesen Eindrücken beendete ich meine Reise durch den Wilden Westen!