Blasen habe ich mitgebracht - an den Händen (!), vom Abseilen einen Steilhang runter. Nur ein bisschen zu schnell, und schon... Blasen. Da, wo die Handschuhe weggerutscht sind. Der Wintertrail hier hat es wirklich in sich.
Sonntag früh, Landgraaf, in der Sporthalle. Nebenan wird Handball gespielt, auch die Fußballer machen sich für draußen klar. Saukalt, aber nur ein paar Wölkchen am blauen Himmel. Wir machen uns schubweise für den Trail wetterfest. Für den Hivernaltrail im Grenzgebiet zwischen Heerlen und Aachen/Geilenkirchen. Entlang des kleinen Flüsschens Wurm, inmitten eines ehemaligen Steinkohlereviers. Dies hat hohe Halden hinterlassen, die Herausforderung für bergiges Traillaufen.
Mehrere Distanzen können gelaufen werden, alle 30 Minuten trabt ein Schwung Läufer los. Um 10 die längste Distanz: 47 km, mit großer Schleife nach Deutschland rüber. Dann 30, 20 und 10 km. Und wer schon am Vortag kommt, kann sich auch noch in der Nacht austoben: da sind 11 km im Angebot. Aber Achtung: die können schon mal im Finstern so an die 2 Stunden dauern. Die Wege haben es in sich!
Habe ich Wege gesagt? Das ist später stellenweise tatsächlich so, aber meistens sind es die heißgeliebten, schmalen Pfade. Voller Schlamm. Reinste Schlinderbahnen, bei Schnee und Frost ganz besonders. Heute mit der Nässe Tiefschlamm, klebriger Kleister, Pfützen und Tümpel - über die ganze Strecke verteilt! Ich habe mir nur die 30 km zugetraut. Am Ende 4:50 h. Und 700 hm. Man glaubt es ja nicht, wo kommen die bloß her ?
Das wird kurz nach dem Start klar: Hollands längste Treppe mit 512 Stufen, wie ich höre. Mitzählen geht nicht. Der Wilhelminaberg auf 225 m über NN. Rechts von uns eine lange Skihalle mit Liften und Abfahrt, eine richtig hohe, alte Halde. Schwarzer Boden mit vielen Steinen drin. Kleine Bäume oben, größere unten. Braunes Laub liegt herum, eine schmale Spur führt uns mal runter, mal rauf. Aber richtig: ganz runter, dann wieder ganz hoch, und gleich nochmal das Ganze. Jeder noch so schmale Pfad wird ausgenutzt, die Schilder sind okay, aber trotzdem... Irrläufer kommen immer wieder von vorn und man wundert sich.
Aber rasch wird es flacher und die Strecke führt durch eine schöne, natürliche, hügelige Waldlandschaft. Mal auf echten Wegen, mal auf Fietspad, aber ganz schnell wieder auf Trail zurück. Straßen gibt‘s selten und wenn, dann nur für wenige hundert Meter. Dann wieder Wald und Wiese, Modder und Matsch, steile und sehr steile Passagen rauf und runter. Die ganze Zeit. Mich nimmt das ganz schön mit. Meine Kamera auch. Plötzlich Streik, gerade wo es interessant wird...
Die Versorgung ist gut. Getränke, süßes Naschzeug, Chips, auch warme Brühe gibt‘s. Nur den Becher muss man parat haben. Am dritten VP zu Füßen eines Watertoren mit Außentreppe und Aussichtsplattform gibt meine Kamera den Geist auf. Nichts geht mehr. Dabei kommt schnell so schöner Schlamm...
Im Wald führt der Weg über endlose Schleifen, Flatterband trennt den Verkehr. Nicht abkürzen, man versäumt was! Und dann der Steilhang - etwa 6m tief und nicht laufbar. Ein Seil zum Abwärtsrunterhangeln ist alles. Langsam, sonst gibt‘s Blasen! Wo habe ich sowas schon mal gehabt? Klar, beim Keufelskopf ! Aber der ist im Sommer, bei Sonne und Gluthitze. Aber vom Prinzip genauso wie hier: jeder Berghang wird zwei- dreimal ausgenutzt, ohne Gnade...
Die Streckentrennungen sind natürlich verführerisch. Aber es ist wirklich so, man versäumt was. Wenn es aber gar nicht mehr geht, dann braucht man sich nicht quälen, dann kürzt man besser ab. In der Luftlinie ist es gar nicht so weit zur Basis.
Die webseiten-Karte gibt uns nur eine grobe Orientierung vor. Von früheren Läufen. Heuer ist die Strecke in Teilen entgegengesetzt, und erst am Schluss...
Man nähert sich entlang einer Seenkette dem Ziel. Leicht wellig, aber okay. Ist ja gleich zu Ende. Ha, von wegen! Nach einem Bach kommt nochmal die Halde! Wir schrauben uns allmählich wieder nach oben, nach ganz oben! Und immer wieder zwischendurch senkrecht auf Schlinderbahnen wieder 10 -15 m runter. Oh, Mann! Das ist noch nicht die letzte Schikane: wir umlaufen erstmal eine Rennstrecke. Schön außen rum, auf den Dämmen. Erst nach Norden, dann wieder nach Süden. Etwas quer und vom Damm runter auf den Parkplatz vor der Halle. Wieder den Damm hoch und rund um die Sportplätze. Schöner Schlamm auch hier, ab und an auch tiefer Sand. Und die Zielgerade geht auch noch bergauf- hier weiß man die Leute zu quälen....
Zur Belohnung bekommen alle Finisher eine Medaille umgehängt. Erstmalig. Zur Erinnerung an ein unvergessliches Lauferlebnis.
Fazit
Der Hivernaltrail ist ein richtig harter Brocken. Kälte. Schlamm. Endlose Bergaufpassagen und steile, ja steilste Schlinderbahnen bergab. Aber genau so muss Trail sein. Wer also im Winter dem Läuferblues entkommen möchte und nicht passendes findet, könnte hier fündig werden. Beim Infernal.