Eigentlich ist ja Winter, auch um Heidelberg herum. Da erwartet man solche Genüsse eigentlich nicht. Aber beim Jokertrail – da musst du auf alles gefasst sein! Was der Michael da so alles mit uns anstellt: Da ist nicht nur das Wetter, da ist noch viel mehr drin!
Michael hat uns etwa 50 km mit gut 1800 hm ausgesucht. Normalerweise reichlich Trails, dank Sabines Windwurf aber fällt es heuer etwas sanfter aus. Alternativen sind gefragt und der endgültige Track steht erst in der Nacht vom Donnerstag fest. Tja, und dann reist man an in die quirlige Studentenstadt. Mitten drin ist ein Quartier, Lotte Backpackers, wo du dich einfindest. Parken gleich daneben, wenn dein Wagen flach genug ist. Sonst P-Haus am Kornmarkt. Zimmerzuteilung und Briefing um 7 am Abend draußen in der frischen Luft. Und dann kannst du was essen gehen. Aber um 10 ist Zapfenstreich!
Es geht um halb 6 nämlich los: Frühstück und Toilette und was du so alles noch so morgens tust. Dafür hast du Zeit bis halb 8, dann ist Staaart! Wer erst jetzt dazu kommt, bekommt noch ein Kurzbriefing verpasst.
Kalter Nebel liegt quer über dem Neckartal. Ein Stück laufen wir in der Altstadt, dann zum Schloss rauf und zur Himmelsleiter. Die ersten Stufen sind sogar nummeriert. Insgesamt sollen es 15-1600 sein. Hoch zum Königsstuhl mit tollem Blick rüber ins Rheintal. Über den Wolken ist die Freiheit bekanntlich grenzenlos. Waldwege und Trails folgen, und wenn du nicht deine GPS-Mimik richtig abliest, bist du ganz schnell verkehrt. Beim Eintauchen in den Nebel wird’s wieder ganz schön kalt, deshalb schmeckt in Ziegelhausen am VP schmeckt der heiße Kaffee so richtig. Direkt vor einer Bäckerei, da bleibt kein Wunsch offen.
Du hast nun ¼ hinter dir und einen ordentlichen steilen Aufstieg heraus aus dem Talgrund vor dir. Hier haben sie auch ein paar Stufen, etwas Asphalt, aber oben dann breite Waldwege und holprige Trails, alles unter Bäumen. Die gute Aussicht zurück kommt später dazu. Dieses Teilstück hat ungefähr 10 km und so manche Falle zu bieten. Abzweige sind manchmal schwer zu finden, das GPS-Signal ist nicht soo genau und auch nicht soo flott. Wohl wegen der Bäume. Manche stellen sich dieser Herausforderung gern und intensivieren das Lauferlebnis durch reizvolle kleine Umwege…aber was solls, solange du in der cutoff-Zeit von 4,5 Stunden am VP2 ankommst, ist es egal.
Langer Kirschbaum heißt dieser. Und da findest du die Erdbeeren! Und noch viel mehr, lecker vom Bäcker, Iso und Cola. Stärkung tut not, denn es folgt eine versorgungsfreie 16 km-Runde um Wilhelmsfeld. Klasse die Trails, Gedenkstein für Sissi, nette Ausblicke hin und her. Mein Tip: kurzer Abstecher zur Tanke mitten im Dorf – die hat einen gut ausgestatteten Kühlschrank voller isotonischer Flüssigkeiten. Sehr lohnend! Ziemlich wellig geht’s so rund ums Dorf, mit Abstand zu den Häusern. Die siehst du nur am Anfang. Sonst bist du schön im Wald. Ein paar größere Straßen musst du queren, im Ort und später auch noch mal.
Mittlerweile ist es richtig warm, für kurz-kurz reicht es schon. Aber sonst kann es hier arschkalt sein und Michael besteht auf genug warmer Wechselausrüstung! Das hast du alles im Rucksack. Sehr vernünftig ist das, denn bei wirklich schlechtem Wetter, vielleicht bei Eis, kommst du nicht so flott voran wie heute. Das kühlt dich aus.
Und dann kommts. Hinter einer Teichanlage müssen wir links einen Weg hoch. Und hoch und höher und das 7 km lang. Sowas liebe ich ja. Auch hier ist Sabine schuld. Naja, ganz oben wird’s ein Stück flacher und du kannst befreit auf den Langen Kirschbaum zu traben, als ob gar nichts wär. Da haben sich nun die Schönwetterliebhaber versammelt, der Parkplatz ist voll und große Augen starren mich an. Was da wieder für ein Schrat aus dem Wald hervorbricht…
Nach der nötigen Stärkung (mit Erdbeeren als Desert) hast du noch gute 9 km bis zum Ziel. Bergab, so heißt es. Stimmt, aber nur netto. Tatsächlich darfst du erstmal noch 2 km schön aufwärts zum Weißen Stein mit Sendemast. Ab da geht’s dann runter über Stock und Stein. Der Trail ist schwer und holperig, in Gegenrichtung läufst du den beim Heidelberger Trailmarathon. Weiter geht’s am Siebenwegestein vorbei. Bitte nicht verlaufen hier und das letzte Trailstück genießen. Unten folgt noch ein knackiger Anstieg, 90 hm über den Grat hinweg.
Hier kannst du nun zum Schlussspurt ansetzen, ab hier geht’s wirklich nur noch abwärts! Schmal ist der Pfad und Steine lauern im Laub. Weiter unten auf dem Philosophenweg und auf den Treppen vom Schlangenweg sind viele Spaziergänger. Eine Ampel bremst dich aus. Drücken und warten, sonst Knolle. Wäre blöd, jetzt.
Die schöne alte Brücke zur Hauptkirche und schräg links ins Ziel: Zimmer 1 in der Unterkunft. Suppe und Labsal, Shirt und Urkunde kannst du kriegen. Und wenn du vor 6 ankommst, kannst du gleich noch einen draufsetzen: Die Jokertrail Demonrunde. 15 km mit 900 hm. Das hat was, oder?
Fazit
Diesmal war der Jokertrail sanft bei gutem Wetter, trockenem Boden und leicht vereinfachter Strecke. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie das hier bei Schietwetter läuft. Aber Michael sorgt vor. Die Strecken sind anspruchsvoll und haben viele, viele Höhenmeter und rustikalen Untergrund her. Wehe, es ist vereist! Dann wird dein Pflichtgepäck sowas von wichtig…