Die „Route des Cretes“ in den Vogesen zählt mit zu den beliebtesten und schönsten touristischen Straßen Mitteleuropas und Frankreichs. Die Route des Cretes wurde im 1. Weltkrieg als französische Nachschublinie angelegt und verlief damals, für die deutsche Wehrmacht zum größtenteils nicht einsehbar und somit auch nicht zu beschießen, fast immer westlich und etwas unterhalb des Vogesenkamms in Höhen von 1000 bis 1350 mtr. Die Gesamtlänge der Route des Cretes beträgt von Cernay (Sennheim) bis zum Col du Bonhomme (Diedolshausen) 77 Km, wobei unterwegs nicht eine Siedlung und kein Tal berührt wird. Im Winter wird die Route des Cretes vom reichlich fallenden Schnee nicht geräumt, sondern oft für Wintersportaktivitäten gesperrt.
Direkt neben dieser Passstraße verläuft der Fernwanderweg GR 5. Zum Ende des Monats August findet dann auf einem Teilstück von diesem Wanderweg der Berglauf „Cretes des Vosgiennes“ statt. 33 Km und 2200 HöM im Auf und Ab müssen dabei bewältigt werden. Gestartet wird auf 1184 müNN an der Skistation „Le Markstein“, eines der bedeutendsten Skigebiete der Vogesen. Hier finden auch immer wieder Weltcuprennen statt. Das Ziel befindet sich auf 1144 müNN an einer Skistation etwas oberhalb des „Lac Blanc“.
Dies ist ein Lauf für Genießer, der ständig zwischen 1100 und 1400 mtr. verläuft. Um zum Start zu gelangen, setzt der Veranstalter vom Zielort aus Shuttlebusse ein. Bei meiner ersten Teilnahme im Jahre 2007 nahmen knapp 1000 Teilnehmer an diesem Traillauf teil. Letztes Jahr waren es sogar 1500, und dieses Jahr? Zum 40jährigen Jubiläum werden von Veranstalterseite 2000 erwartet.
Um 9:30 Uhr geht dann die Reise über den Vogesenkamm los. Auf den ersten 500 Metern haben wir Trailer noch Zeit, um uns im Läuferfeld einzuordnen, denn wenig später geht es bergan über einen Wiesenweg, unter einer Sessellifttrasse, wo es unweigerlich zum Stau kommt. Nach diesem ersten heftigen Anstieg geht es im Anschluss über eine baumlose Hochebene, bestehend aus einem Feld- und Wiesengelände leicht bergab zur „Vogesenkammstraße“. Am „Le Breitfirst“ auf 1282 müNN muss dann die Landstraße D 27 überquert werden. Direkt danach geht es durch ein kleines Waldgebiet. Zuerst bergan, dann aber abwärts zur ersten VS am „Col de Hahnenbrunnen“ auf 1186 müNN. Auch hier kommt es zum Läuferstau, da auf den ersten drei Km sich das Läuferfeld immer noch nicht aufgedröselt hat.
Nicht nur steinige Wege begleiten die Trailläufer auf den ersten Kilometern, sondern auch grasbewachsende Trampelpfade über Kuhweiden. Der Wanderweg GR 5 ist zu Anfang nicht als besonders schwer zu bezeichnen, was sich im weiteren Verlauf aber noch ändern wird. Über einen Wiesenpfad geht es ab der VS sogleich wieder bergan und in ein Waldgebiet hinein. Nach diesem Waldstück gelangt man an den ersten der vielen Vogesengipfel, dem „Schweissel“ mit einer Höhe von 1271 müNN. Bei diesem steilen Aufstieg auf die baumlose Kuppe müssen dann sogar Stufen aus Holzbalken erstiegen werden.
Nachdem die Anhöhe erreicht ist, geht es über eine schöne Heidelandschaft im mäßigen Auf und Ab zum „Col du Herrenberg“. Vor den Augen der Teilnehmer erscheint dann der nächste markante Buckel, der „Batteriekopf“, den es zu erklimmen gilt. Hier muss dann der Berggang eingelegt werden, denn es geht mächtig bergan auf 1311 mtr. So steil wie es hinauf geht, geht es auf der anderen Seite hinab. Bei diesem Abstieg müssen dann wieder viele Stufen springend und hüpfend bewältigt werden.
Weiter geht es in leichten Wellen über eine Steppenlandschaft zum nächsten Anstieg auf den 1316 mtr. hohen „Rothenbachkopf“. Bequem geht es nun hangabwärts, man durchläuft ein kleines Waldgebiet und gelangt dann an den Buckel des 1306 mtr. hohen „Le Rainkopf“. Der Abstieg vom Rainkopf ist mit etlichen Schwierigkeiten verbunden. Es geht über lockere Gesteinsbrocken auf einem Singletrail, der als solcher kaum zu erkennen ist, auf 1200 mtr. mächtig bergab. Jeder sichere Tritt muss hier gesucht werden. Ist der Abstieg geschafft, geht es direkt in einen Wald hinein.
An der „ Auberge Firstmiss“ erreicht man dann die nächste VS. Der folgende Aufstieg zum „Le Kastelberg“ auf 1350 mtr. entlang einer Kuhweide, muss dann über eine Schotterpiste aus losem Gestein bewältigt werden. Am Ende des Weidengeländes taucht man mal wieder in ein kleines Waldstück ein. Nach Verlassen des Waldes geht es über eine baumlose Hochebene, dem „Wormspel Sattel“ ziemlich flach weiter. Dabei kann man in einiger Entfernung den höchsten Punkt der Strecke sehen.
Mit Erreichen des Bergfußes muss dann mal wieder der Berggang eingelegt werden, denn erneut geht es über Stufen in unterschiedlichen Tritthöhen und Längen steil bergan zum Hotelrestaurant auf dem 1363 mtr. hohen „Le Hohneck“. Hier gibt es was zu Essen und zu Trinken. Die Aussicht vom zweithöchsten Berg der Vogesen ist gigantisch und spektakulär. Direkt unterhalb der felsigen südabstürze des Hohneckmassivs liegt der ziemlich große Karsee „Lac de Schiessrothried“, den wir bestaunen dürfen.
Der nun folgende 228 HM Abstieg erfolgt auf schmalen und unebenen Pfaden und mit allen Gemeinheiten gespicktem Untergrund. Wir laufen durch einen lichten Bergwald und über teilweise heidebewachsene Viehweiden entlang der „Haute de Falimont“. Auf einem breiten Wanderweg geht es dann bequem abwärts zum „Col de la Schlucht“ auf 1139 müNN. Über diesen Pass führt die vielbefahrende Landstraße D 417 von Colmar nach Lothringen. Die Passstraße stammt aus den 1860er- Jahren und deutete seinerzeit den Beginn einer neuen Epoche des alpinen Straßenbaus an. Die heutige Passstraße wurde teilweise in den Fels gesprengt. Die Passhöhe ist heute ein stark besuchter Touristenmagnet mit vielen Hotels, Souvenirläden, Sessellifts, einer Sommerrodelbahn und mehreren Parkplätzen.
An einem dieser Parkplätze ist eine weitere VS für uns aufgebaut. Ab dem Pass geht es wieder bergauf durch schönen und lichten Wald zum nächsten markanten Punkt, dem 1288 mtr. hohen „Haut Fourneau“. Den Wald verlassend erreicht man eine Hochebene, bestehend aus Felsen und Heidekrautpflanzen. Hier hat man einen phantastischen Ausblick über die Höhen der Vogesen.
Der folgende Abstieg ist dermaßen schwierig, so dass an ein zügiges Laufen nicht zu denken ist. Es geht durch einen Wald, wo immer wieder große und kleine Felsen umlaufen werden müssen. Am „Collet du Lac Vert“ auf 1225 mtr. geht es aus dem Wald hinaus und man gelangt in das Naturschutzgebiet „Tanet - Gazon - Faing“. Immer bergan laufen wir mal im Wald, mal auf einer Hochweide zum Aussichtspunkt „Taubenklangfelsen“ auf 1299 mtr. Ab dem „Gazon du Faing“ ist dann der letzte Anstieg bewältigt.
Unter uns schauen wir auf drei weitere Karseen. Den „Lac du Forlet“, den höchstgelegenen Karsee der Vogesen auf 1056 müNN, den „Lac Noir“ und den „Lac Blanc“. Der „Lac Blanc“ befindet sich in großartiger Lage in einem alpinen Fels- und Geröllkessel. Ab dem „Gazon“ sind es nur noch 4,5 Km bis ins Ziel oberhalb des „Lac Blanc“. Wer aber denkt, das schlimmste sei überstanden, der wird aber eines Besseren belehrt.
Weiterhin geht es über Stock und Stein über unebene Wiesen- und Waldpfade gefährlich weiter. Kurz vor dem Ziel muss dann sogar noch eine steile Skipiste abwärts bewältigt werden. Hier kann es passieren, dass die Beine schneller sind als der Kopf es will. Wer das Ziel an der Skistation am „Lac Blanc“ ohne nennenswerte Blessuren erreicht hat, darf sich glücklich schätzen.
Fazit:
Über sieben Berge musst du gehen. Dies ist kein Lauf für Traileinsteiger. Hier sollten wirklich nur Läufer teilnehmen, die über Berg- und Traillauferfahrung verfügen. Das ständige Auf und Ab über den Kamm der Vogesen mit seinen unebenen und schwierigen Pfaden erfordert ein hohes Maß an Kraft und Konzentration. Die Landschaft mit seinen herrlichen Ausblicken ist phantastisch und bisweilen spektakulär.