5. Rheinsteig-Erlebnislauf am 26. und 31.03.2010 (1. und 6. Etappe)
O du wunderschöner deutscher Rhein, Du sollst ewig Deutschlands Zierde sein! So heißt es in dieser alten Volksweise und nicht nur deshalb zieht es mich wieder aus dem Seitental der Wied über die Rheinhöhe nach Bonn, um erneut beim Auftakt des Rheinsteig-Erlebnislaufs dabei zu sein.
R(ud)olf und Brigitte Mahlburg richten bereits zum fünften Mal völlig uneigennützig diesen Wohltätigkeitslauf zugunsten der von der Duchenne-Muskelerkrankung betroffenen Kinder aus. Ausschließlich Jungs (derzeit ca. 2.500 in Deutschland) sind von dieser tödlich verlaufenden Krankheit betroffen. Da prahlt die Pharmaindustrie derzeit, um ein positives Image bemüht, in sündhaft teuren Fernseh-Werbespots von ihren Aktivitäten zugunsten der Menschheit. Tut sie bestimmt auch, aber nur dort, wo es sich lohnt. Und bei „nur“ 2.500 Betroffenen lohnt es sich halt nicht.
Sechzehn Hartgesottene laufen in acht Tagen über 320 km und 13.600 Höhenmeter den kompletten Rheinsteig ab und spenden pro km 0,50 €. Natürlich ohne Zeitnahme. Etliche Etappenläufer wie ich ergänzen diese und auch Teiletappenläufer sind, je nach Lust, Zeit und Laufvermögen, herzlich willkommen. Verpflegung ist mitzuführen, aufgefüllt wird unterwegs. Heute stehen 52 km und 1.750 Höhenmeter auf dem Programm.
Mein Freund Gerhard fährt Hannelore und mich am Freitagmorgen zur Jugendherberge auf den Bonner Venusberg, wo wir auf Rolf und seine Mitstreiter treffen. Leider habe ich zuhause meinen Laufgürtel mit u.a. meiner Kamera hängen lassen, daher gibt es von dieser Etappe heute keine Bilder. Allerdings könnt Ihr Euch gerne die vom letzten Jahr ansehen. Denn außer daß wir damals besseres Wetter hatten, ist ja alles gleich!
Die mittlerweile üblichen Verdächtigen sind vor Ort und wir freuen uns u.a. über Heinrich Dahmen, Helmut Hardy mit dessen Frau Martine und ihrer Freundin Gabi. Wir verdrücken mit den anderen noch ein kleines zweites Frühstück und brechen um 8.30 Uhr in Richtung Stadtmitte auf. Das gestrige Wetter mit eitel Sonnenschein und 21° hat leider nicht gehalten, es ist stark bewölkt, deutlich kühler und regnen sollte es auch. Schade, aber eben Kismet.
Mit einer Abordnung eines Kindergartens drehen wir wie in jedem Jahr eine kleine Ehrenrunde. Jeder Läufer hat ein Kind an der Hand, meines heißt Maja. Die Fünfjährige ist zuckersüß und erzählt mir viele Dinge wirklich inhaltsreich in erstaunlich guten Formulierungen. So etwas kommt nicht von selbst und ich freue mich über ihre Eltern, die sich offenbar sehr gut um ihre Kinder kümmern. Sie kann „eigentlich viel schneller laufen, erst gestern, als wir dafür trainiert haben!“ Sie hat heute auch extra den Jogginganzug und die Joggingschuhe angezogen. Zum Abschied zeigt sie mir noch ihre dreijährige kleine Schwester Emma, „die mit der grünen Kappe“. Das hat wirklich Freude gemacht. Wer gewollt keine Kinder hat, weiß gar nicht, was er verpaßt.
Nach der ersten Verpflegungsstelle durch den Kindergarten (Verpflegung ist aber grundsätzlich selber mitzuführen. Jeder von uns trägt deshalb einen Trinkrucksack auf dem Buckel und hat auch einiges zu beißen dabei) führen die ersten km in einer guten halben Stunde bergab in Richtung Stadtmitte zum Rathaus und somit zum Beginn des Rheinsteigs. Dort erwartet uns eine Abordnung des Vereins „Benni & Co.“ und eine zweite Kindergartengruppe, mit der wir um den Marktplatz auch noch eine kleine Runde drehen. Zuvor jedoch erfreut uns die Stadt Bonn in Person des Bürgermeisters Horst Naaß mit warmen Worten und kühlen Getränken.
Dann endlich lassen wir die Stadt hinter uns und überqueren den Rhein auf der Kennedybrücke in Richtung Beuel. Zunächst noch flach am Rheinufer entlang führt uns der Weg über einen Teil der Strecke des Bonner Drei-Brücken-Laufs, der mit 15 oder 30 km (2 Runden) einen optisch attraktiven und schnellen Kurs bietet.
Wir passieren das Telekom-Gebäude, das Anfang Juni den Startpunkt für den Rheinsteig-Extremlauf (34 km und 1.200 Höhenmeter - Bericht aus 2007 auf dieser Seite) bieten wird. Durch ein hübsches Neubaugebiet hindurch überqueren wir die Autobahn und tauchen alsbald in den Wald ein. Wobei das Eintauchen weniger nach unten denn stramm nach oben führt. Die ersten der heutigen 1.750 Höhenmeter über das von mir hochgeschätzte Siebengebirge legen wir über eine Treppe zurück, an der es beim Rheinsteig-Extremlauf immer zum Stau kommt. Erster architektonischer Leckerbissen ist das Foveaux-Häuschen. Ein naturverbundener Kölner ließ es 1820 auf einer Lichtung mit wunderbarem Fernblick erbauen. Leider wird der Regen immer stärker und wir ziehen alsbald weiter.
Nach jeder Menge Auf und Ab über gute Waldwege kommen wir oberhalb Dollendorfs heraus und genießen einen schönen, heute aber wolkenverhangenen Blick über die Wingerte (Weinberge) des nördlichsten rheinischen Weinorts. Weiter hinauf führt uns der Weg durch ein kleines Tor im Zaun auf den Petersberg. Von der Terrassenseite des heutigen Steigenberger Hotels (früher Gästehaus der Bundesregierung) aus hat man üblicherweise einen unvergleichlichen Blick auf Bonn, der aber heute kaum etwas hergibt. Hier machen wir eine erste Verpflegungspause.
Das Wetter ist echt ätzend, mir läuft der Regen mittlerweile in Bächen der Rücken hinunter, so daß unsere Leutchen, versaut wie sie sind, ins Innere flüchten. Die Schuhe werden zur Schonung des luxuriösen Teppichbodens – welch ein Gegensatz! - ausgezogen und ein heißer Kakao sowie ein Stück Kuchen lassen die Laune wieder steigen. Fies ist der Wiederaufbruch aus dem schönen warmen Café in die nasse zugige Kälte.
Den Petersberg hinunter überwinden wir auf der „Seufzerbrücke“ eine vielbefahrene Straße, die ich arbeitstäglich zweimal nutze. Ab der anderen Straßenseite sind wir auf dem Gelände der traditionellen Läufe des LT Siebengebirge, von dem sich auch dieses mal leider niemand angeschlossen hat. Vom Geisberg bewundern wir kurz den tollen Blick rheinaufwärts, bevor uns der Weg wieder hinabführt. Wir passieren nach einer langen Bergabpassage das sog. Milchhäuschen, ein hochbeliebtes Ausflugslokal. Unsere guten Geister Martine und Gabi sind heute nicht hierhergekommen, weil man ihnen gesagt hatte, es habe noch geschlossen. Tatsächlich ist es aber schon offen und die beiden sind enttäuscht, als sie später davon hören.
Schon geht es den Drachenfels hinauf. Heute führt uns der Weg über das frisch renovierte Drachenschloß, das wir sonst immer nur aus der Ferne gesehen haben, sehr schön anzusehen. Oben angekommen ist der Blick zwar toll, aber es zieht wie Hechtsuppe und wieder muß das Aufschließen aller Mitläufer erfolgen. Ja, das ist heute so ein wenig mein Problem: Nicht, daß ich der Schnellste wäre, aber der Gruppenlauf bedingt halt, daß man ab und an auf die Langsameren warten muß. Und das ist, es regnet weiter ohne Unterlaß, heute eben grenzwertig.
Auf der anderen Seite laufen wir über viele feuchte Stufen ganz vorsichtig wieder herunter Richtung Rhöndorf, der Heimat unseres ersten Bundeskanzlers, Konrad Adenauer. Wir erklimmen den Breiberg, umrunden (leider nur) die Löwenburg und stürzen uns hinab ins Schmelztal, wieder hinauf zum Leyberg. Glücklicherweise hat es in etwa zur Hälfte der Strecke zu regnen aufgehört und da steigt die Laune doch gleich wieder. Im weiteren Verlauf kommen wir beim „Auge Gottes“, einem gemalten Auge auf einem Heiligenhäuschen, vorbei. Hier steht beim Siebengebirgsmarathon immer eine Verpflegungsstelle. Der anschließende Hohlweg, vorbei am Kreuz der St. Josephsberger Gewerkschaft, führt uns schließlich an Bruchhausen vorbei ins heutige Etappenziel Unkel/Scheuren.
Zum ersten Mal findet hier heute kein Empfang statt und darüber bin ich, ehrlich gesagt, nicht unbedingt böse. Im Scheurener Hof gibt es das seit langem ersehnte Kölsch, das aber irgend wie trocken sein muß, denn das meiste verzischt schon auf dem Weg durch den Hals... In der Gaststube wird gequalmt und daher sehe ich zu, daß ich Land gewinne und dem Gestank entfliehe.