Die Table Mountain Challenge in Kapstadt führt einmal rund um und über den Tafelberg. Dieses Jahr gab es einen neuen Startplatz oberhalb der Deutschen Schule. Dadurch verlängerte sich die Strecke auf deutlich über 40 km. Außerdem wurde in Gruppen in 10-minütigem Abstand gestartet, sodass es weniger Gedränge an engen Stellen gab. Ich hatte mich für die letzte Solo-Gruppe angemeldet und konnte so relaxt die früheren Starts beobachten.
Außer Solo kann man als Duo oder als Staffel laufen, wobei die dritte Teilstrecke, die über den Tafelberg führt, länger dauert als die ersten beiden zusammen.
Der Organisator Trevor Ball hat immer lustige Sprüche auf den Lippen und so gab es auch beim Briefing viel zu lachen. Am Start/Ziel und auf der Strecke sind verkleidete Figuren unterwegs, um die Läufer zu erfreuen oder zu erschrecken.
Vom Start weg geht es steil hoch Richtung Löwenkopf und dann über ein kleines Stück Straße, vorbei am Startplatz der früheren Jahre, auf breiten aber teilweise unebenen Wegen unterhalb der Schauseite des Tafelbergs und oberhalb der Stadt.
Mit den Windungen des Weges haben wir abwechselnd die Felswände des Tafelbergs und die Stadt mit der Tafelbucht vor Augen. Der Blouberg, auf dem ich morgen laufen werde, ist nur im Dunst zu ahnen. Der Dunst hat zwar für einen schönen roten Sonnenaufgang gesorgt, Fotos mit Sonne sind aber zunächst nicht zu schießen. Zwar zieht sich der Weg immer am Hang des Tafelbergs entlang, aber er ist selten eben. Entlang der Nordseite sind schon 600 Höhenmeter absolviert, auf dem weiteren Weg zum südlichen Ende des Tafelbergmassivs kommen noch einmal 800 dazu. Am Ende des Tages stehen 2600 auf der korrigierten Anzeige, obwohl die Route nur einen größeren Anstieg auf den Berg enthält (500 Hm).
Je näher wir der Biegung Richtung Süden kommen, desto stärker wird der Wind spürbar. Hier bremst er uns nur in einigen Abschnitten, dann geht es in den Wald.
Das wird nicht immer so bleiben. Die Bäume sind fast ausnahmslos „Aliens“ wie Eukalyptus und Kiefer, die die Nationalparkverwaltung in den nächsten Jahren entfernen will. Diese Bäume brauchen mehr Wasser als die einheimische Vegetation und sie heizen Buschfeuer auf viel heißere Temperaturen, die alles verbrennen. Wie wir früher im Jahr schmerzhaft erkennen mussten, sind so heiße Feuer auch eine Gefahr für die Stadtviertel, die sich bis an den Wald erstrecken.
Zum Laufen ist der Wald dagegen angenehm, zumal sich immer wieder Ausblicke öffnen über die Stadt bis zu den zackigen Bergen in den Winelands. Der Untergrund ist abwechslungsreich mit Waldboden, Fels, verstürztem Fels, Boardwalks und Treppen. Durch die erste Wechselzone für die Staffelläufer laufe ich durch, weiter oberhalb des berühmten Botanischen Gartens von Kirstenbosch, ermuntert von Batman, belustigt von King Kong und weiter in Richtung der Weinberge von Constantia.
Am Pass Constantia Nek ist der zweite Staffelwechsel, hier wird erneut die Pflichtausrüstung geprüft, da es auf der dritten Etappe auf den Berg geht. Ich fülle mein Wasser auf, heute bin ich schon über 3 Stunden unterwegs. Von Constantia Nek führt uns die Route entlang der Südseite des Tafelbergmassivs zunächst durch das weite Tal Orange Kloof. Dieses Gebiet ist besonders geschützt und das Jahr über für Wanderer ohne spezielle Führung gesperrt. Dann wird der Weg wieder steinig.
Der Blick, soweit man ihn vom Weg lösen kann, schweift über die False Bay, den Fischerort Hout Bay, Llandudno und den Atlantik. An Llandudno Corner haben wir den westlichsten Punkt der Route erreicht. Nun geht es wieder nach Norden, aber nicht mehr am Hang entlang, sondern hinauf auf den Berg. Ein steiler Anstieg, im unteren Teil mit Treppen, dann unterbrochen durch Abschnitte auf ebenen Felsbändern teils direkt am Abgrund und weiter aufwärts im Fels und auf rutschigem Grund. Die Felsblöcke, die wir auf dem Weg überwinden müssen, sind jetzt durch eingedübelte Griffe leichter zu erklimmen. Ich erinnere mich, hier schon einmal bei der größten Anstrengung mit einem Krampf auf dem Fels gehangen zu haben, sodass keiner vorbei kam. Seitdem dehne ich vor solchen Stellen etwas, dann sind die großen Schritte sicher zu schaffen. Wenn man nicht auf Sieg läuft, darf man sich auch mal umdrehen und das atemberaubende Panorama genießen.
Oben angekommen, geht es noch ein Stückchen etwas geschützt unterhalb der Berggipfel voran, bis wir beim Grootkop den höchsten Punkt der Route erreichen. Ab hier bleiben wir relativ nah an den Gipfeln der 12 Apostel und kämpfen immer wieder mit dem Wind. Besonders an den Stellen, wo zwischen den Gipfeln die Schluchten (Kloofs, Ravines, Gorges) Richtung Meer stürzen, versucht er immer wieder, mich von den Beinen zu holen. Die Aussicht bleibt grandios mit dem Meer, dem markanten Löwenkopf, dem höchsten Gipfel des Tafelbergs und hinüber zu den nächsten Bergketten in 40 bis 60 km Entfernung.
Nach gut dem halben Weg zurück nach Kapstadt kommen wir an den Kasteelpoort. Da schwingen wir ab auf den 450 m tiefer gelegenen Pipe Track, einem Versorgungsweg für die Leitung, die Wasser aus den Reservoiren auf dem Tafelberg in die Stadt bringt. Dieser Abstieg ist auf 2 km zu bewältigen, größtenteils auf Steinstufen. Auch auf dem Pipe Track muss man auf den Weg achten, meistens ist er sehr steinig. Zwischendurch kann ich aber auch einen Blick auf die Frühlingsblumen und auf den Löwenkopf riskieren. Unter dem laufen wir dann noch etwas weiter, um wieder auf den Sportplatz zu kommen, auf dem wir heute Morgen schon einmal waren.
Etwas enttäuscht von meiner Zeit, aber hochzufrieden mit dem tollen Tag auf dem Berg komme ich ins Ziel. Jeder bekommt eine Topfpflanze, für eine schöne Clivie bin ich aber zu langsam gelaufen. Nun ja, morgen ist auch noch ein Tag. Da laufe ich auf dem Blouberg, dem ersten größeren Hügel jenseits der Tafelbucht, von dem aus man einen unvergleichlichen Blick auf die Schauseite des Tafelbergs hat (die mit der geraden Kante). Unterhalb des Blouberg gingen 1806 englische Truppen an Land und machten in der nach dem Berg benannten Schlacht den Weg frei für die Eroberungen zunächst der Kapregion, dann des an Bodenschätzen reichen Nordens des heutigen Südafrika und darauf aufbauend bis nach Ostafrika. Damit hat sich vor 200 Jahren an meinem jetzigen Wohnort ein zwar wenig bekanntes, aber wichtiges Ereignis der Weltgeschichte zugetragen.
Also geht es am nächsten Morgen wieder früh aus dem Bett, um beim „Battle of Blaauwberg Hill Trail Run“ dabei zu sein. Auch deshalb, weil der Berg in einem Naturschutzgebiet liegt, in das man nur mit seltenen Führungen Zutritt hat. Da mein Verein dieses Rennen organisiert, gab es schon am Start großes Hallo. Die Strecke führt viel über sandige Wege, enthält einen sehr steilen Anstieg ohne Weg auf einer frisch gerodeten Schneise am Zaun des Naturschutzgebiets und wird gekrönt durch einen großartigen Single Track, den wir zwei Mal herunterlaufen. Die angekündigten 15 km standen am Ziel als 13 auf meiner Uhr, auch nach der gestrigen Table Mountain Challenge gut zu schaffen.
Der Startschuss von einer kleinen alten Kanone ist nicht zu überhören. Nach dem ersten kleinen Anstieg laufen wir für eine Weile direkt auf den Tafelberg zu, und das Wetter spielt mit und gönnt uns den Postkartenblick. Eine gelungene Ergänzung zur Table Mountain Challenge – was für ein großartiges Laufwochenende!