Im Essener Ruhrtal, rund um den schönen Baldeneysee, gibt es seit 2017 einen Steig. Den kennen noch nicht viele. Aber wer ihn denn kennt, weiß ihn umso mehr zu schätzen. So auch bei Kati und Marina. Erst aus Neugier, dann in Gesellschaft sind sie immer wieder herumgetrabt, und nun organisieren sie einen Lauf für alle. Und dies ist der Bericht von der Premiere, vom 1. Baldeneysteig- Ultratrail!
Und es war eine schöne, reibungslose Geburt am letzten schönen Tag dieses Jahres. Am Jagdhaus Schellenberg weit oben am Berg: Blauer Himmel, herrlicher Herbstwald und a…kalter Ostwind mit Bodenfrost. Das Warten auf den Start - begleitet von Frösteln und Bibbern. Um 9 starten die 26er, die laufen die Runde einmal. Eine Viertelstunde später traben die 52er los, zwei Runden. Es gibt noch eine 10km- Runde, aber später, um 13:00.
Wir folgen den offiziellen Wegzeichen, grünes W mit blauem Strich auf weißem Grund. So sie denn vorhanden sind. Denn Sabotage gibt es überall - Zeichen werden geklaut, übermalt, abgeknibbelt. Das hilft nicht wirklich an den diversen Weggabelungen. Auch die offizielle Karte stimmt nicht überall, an einigen Stellen wurde der Steig verschwenkt. Und der GPX-Track…naja. Genau deshalb haben die beiden mühsam Pfeile gesprüht, und es hilft. Wenn man denn auf seiner Strecke bleibt und nicht auf die 10er abbiegt.
Deshalb haben wir rasch die Frühstarter eingeholt und laufen nun zusammen, auf Sicht. Auch dabei passieren noch Irrläufe, aber das ist halt so. Laufen nach Schildern, aber in herrlichem Herbstwald. Und bald hat man die Heimtücke durchschaut, mit der die Schilder angebracht wurden - mal in Augenhöhe, mal am Boden, auf Zäunen oder Straßenschildern, aber immer mit einer besonderen Logik. Nur ich bin noch nicht hinter den tieferen Sinn gekommen. Egal.
Sehr abwechlungsreich und an vielen Aussichtspunkten vorbei bewegen wir uns auf die Kruppsche Villa Hügel zu, langgezogene Anstiege, steile Bergab-Passagen, aber immer gutes Geläuf. Oben am Eingangshäuschen vorbei in den schilderlosen Wald. Nicht ganz – an so manchem Baum prangt ein frisch aufgemaltes Logo, aber nicht an Kreuzungen – die seltsame Logik eben. Nach auf und ab nähern wir uns einer Bundesstraße, die wird an einer Ampel gequert. Drüben steil hoch, an einem Steinbruch vorbei, oben toller Trail, dann ein Parkplatz. Drüber und zum Wildgehege am Heissiwald. Schweine, Rotwild, Mufflons innen, wir außen. So ist das richtig.
Ein toller Aussichtspunkt über das Ruhrtal kommt, unbedingt mal gucken. Sind nur 30 m, hin und zurück. Und dann der nächste tolle Trail abwärts. Oben das Lokal Villa Vue, unten die Ruhr bei Essen-Werden. Und die Gleise, dann die Bundesstraße wieder. Auch hier eine Ampel und rüber. Nächster Halt das große Stauwehr mit Fischaufzug und Schiffsschleuse. Hier machen sie aus fließendem Wasser fließenden Strom. Und weil es hier vor Energie nur so sprüht, liegt am anderen Ufer der VP.
Zwischenzeitnahme, auftanken, Warmes und Salziges. Oder Süßes. Hier gibt’s alles. Wem die Gegend bekannt vorkommt: wir sind auf der Laufstrecke des Marathons Rund um den Baldeneysee, der hier am Seeufer lang führt. Diese verlassen wir rasch und steigen richtig hoch nach Werden. Enge Serpentinen führen uns steil aufwärts. Erst am Friedhof, den wir aber umgehen/laufen, wird es eben. Schnieke Häuser, dolle Autos überall. Eins davon: ein weißer 911er Porsche, 40 Jahre alt, aber wie neu. Der stolze Besitzer zeigt seinem Sohn gerade, was ein richtiges Auto ist…
Während der Auspuffsound verklingt, biegen wir schon wieder in den Wald ab. Ein (ur)alter Weg, gepflastert, eine alte Steinbrücke, dann einTrail, Baumhindernisse. Sehr gut die zusätzlichen Pfeile. Ein Bergabtrail geht in eine lange Bergaufstrecke über. Oben sieht man über den See, drüben die Villa Hügel. Was für ein Trumm das ist, wird erst von hier aus klar.
Dann Asphalt unter den Füßen, eine kleine Siedlung, viele Bauerngehöfte und viel offenes Gelände. So ganz anders als bisher. Felder, Wiesen, Pferde. Hier findet man auch Bergbaureste, einen alten Schacht von Zeche Pörtingsiepen etwa, später kommt noch mehr.
Nun erstmal runter ins Hespertal. Aufpassen heißt es an der Maasstraße, da führt ein Trail links ab, weiter zu Haus Scheppen am Ufer. Links Camping, rechts Yachthafen und mittendrin Biker. Zum privaten Auftanken oder auch Ballast loswerden gibt es Gelegenheit.
Kurz danach zweigt vom Uferweg nach rechts unser Weg ab, der am Bahnhof der Museumsbahn vorbei zum schmalen Pfad wird und uns über eine alte Halde führt. Der Spaß endet nach einem km mit steilem Abstieg. Über die Schienen, an des Imkers Anwesen links zwischen die Zäune durch und wieder hoch. Nicht so steil, dafür wunderschön. Ganz oben treffen wir auf eine Straße, ein kurzes Stück der Erholung, dann folgt der nächste Trail auf neuer Strecke, aber mit offiziellen Logos. Über die Hammer Straße und wieder in den Wald. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: die alte Runde oder der neue Trail scharf links mittendurch. Beides endet an der Villa Kunterbunt und wir haben die höchsten Punkte der Strecke geschafft.
Nun führt links ab der Augustaweg direktemang ins Tal. Ein schöner, aber recht unebener Trail mit Stolperfallen im Laub. Tückisch. Unten an einer Villa vorbei und wieder: die alte Runde hoch in die Siedlung, über den riesigen Spielplatz und kurz vor dem Lokschuppen der Hespertalbahn zum See oder gleich auf wunderbarem Trail an den See und am Ufer längs. Unter der Brücke durch und dann oben weiter über den See. Viele Spaziergänger sind unterwegs, das geht die nächsten km so weiter. Direkt am Wasser lang, flach, im Zickzack um den Yachtclub Ruhrland herum und bis zur alten Zeche Carl Funke. Den Förderturm haben sie stehenlassen, alles andere ist Erinnerung.
Obacht jetzt: die Logos sind alle geklaut und es gibt mehrere Wege parallel. Unser steigt nach rechts hoch, unter dem losen Laub ist das Logo versteckt. Stramm aufwärts, stellenweise gibt’s Stufen. Eine Aussichtsplattform noch, dann hoch bis zur Straße. Kurz links, dann auf den Parkplatz und zum Ziel.
Zwischenzeit und Stärkung für die zweite Runde. Diesmal benutze ich meine Stöcke. Ich habe viele Körnchen verbraucht, da sind die Aufstiegshilfen recht nützlich, aber bei trockenem Wetter eigentlich nicht nötig. Auch die zweite Runde ist toll, das Licht ist ganz anders, die Leute werden weniger. Und Kraniche ziehen hoch über uns über den See, ihr Trompeten hallt noch lange nach. Der Sonnenuntergang zaubert tolle Farben an die wenigen Wolken. Eine Stimmung der Stille breitet sich aus. Aber nur bis zum Ziel, da ist Jubel, da ist Stimmung. So ein herzliches Willkommen! Mit Medaille, Urkunde, meiner Verlosungsbeute und noch reichlich Verpflegung ziehe ich von dannen, hochzufrieden wie alle. Ein toller Tag war das.
Fazit
Dieser Steig hat es in sich. Echtes Training für die Berge und das hier am Rand des Ruhrgebiets, hält man nicht für möglich. Die Ausrüstung – semiautonom - sollte gut zusammengestellt sein, bei Nässe werden viele Passagen wohl recht anspruchsvoll. Ortskenntnis hilft sehr. Kati und Marina haben tolle Arbeit geleistet, danke dafür und an alle fleißigen Helfer!