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20.05.12 - Special Event

CBXR - Costa Brava Extrem Run

Autor: Joe Kelbel

Die Küste ist nun unverbaut.  Der GR 92 berührt immer wieder kurz die Küstenlinie, um dann unmittelbar durchs Wasser zu führen. Manchmal steigt er hoch hinauf in die Kiefernwälder am Cap Roig, wir kommen ohne Eintritt in den Botanischen Garten La Fonradada im Espai d´Interès Natural Castell-Cap Roig.  Weit verstreute Villen verstecken sich im Wald am Küstensaum. Ein Softdrink-Automat wehrt sich gegen mich, der Dreckskerl.

 
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Ein versteckter Pfad zwischen den Häusern, runter an die Küste. Mund bleibt offen vor Staunen, Fotos geben es nie wieder. Blaues und grünes Wasser, und alle Farbtöne dazwischen. Oleanderduft und der frischer Geruch der Brandung, es ist eine andere Welt.

Und nach Platja de Canadell, kommen die heutigen Steigungen erst.  Hoch zum Llafranc. Phoenizische Siedlungen. Weiter tief ins Land hinein und zurück an die Küste.

Tamariu, Cut-Off 15:30 Uhr.  "Joe! Are you o.k.?" Immer diese blöden Fragen der Kampfrichter.

Cala dÀiguablava, Orte, die wohl kaum ein Touri je gesehen hat, hoch und wieder runter. Und zahlreiche Treppen, die im Meer beginnen und enden.

Rauf Richtung  Begur, durch ein dunkles Tal, über drei Stunden, der Puig Sa Guardia liegt dazwischen. Die Cut-Off Zeit in Sa Tuna kippt langsam. Oft hatte ich das noch nicht, dass ich stehen bleibe und nach Sauerstoff schreie. Aber dort oben im dichten Nebel bin ich am Ende. Der Weg ist kaum zu erkennen und mir geht es miserabel.

Bergab gebe ich Gas. Ich muss um 17 Uhr unten sein, sonst bin ich draußen. Wahnsinnstempo, Blick auf die Uhr, 30 Minuten. Es ist mein Geburtstagsgeschenk! Und dann bekomme ich noch eins: Zeitgutschrift von 30 Minuten wegen des schlechten Wetters.

Darauf erst Mal ein isotonisches Getränk. Das weckt Begeisterung bei den Gästen des Weinlokals. Es ist der letzte Cut-Off für heute. Ich habe Geburtstag, jetzt lass ich es krachen!

Irgendwann muss ich aber weiter und ich sehe schon: Die globale Erwärmung lässt das Mittelmeer  und mich und die Küstenfelsen hoch steigen. Ja, ich bin allein, muss aber erst um 19 Uhr im Ziel sein. Zeit für Fotos … It´s my birthday in einer der schönsten Gegenden der Welt!

Dann, nachdem dieser coole Opi da sitzt, dann sehe ich am Horizont das Ziel. Nur noch acht Kilometer Sand habe ich vor mir.

 
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Ich bin in Platja Illa Roja, finde keine Markierung mehr, bin ich richtig? Frage die Leute nach Platja de Raco oder Platja de Pals, oder Camping Delfin Verde, dem Ziel. Egal. Es ist mein Geburtstag, ich setze mich erst Mal für ein kleines isotonisches Getränk und warte ab, wer nach mir kommt. Jetzt verstehe ich auch, warum vor dem Start gefragt wird, ob man Geld dabei hat. Nun, ich hätte genügend für eine halbe Ewigkeit. Und nach einer solchen kommen dann auch meine Verfolger. Donde esta el camina?   Eigentlich war alles egal. Geiler Geburtstag und nach  9:18 Std. im Finish.

1,5 Std Busfahrt, ungeduscht nach Roses. Manchen stinkt es, sie schreien nach Luft, andere frieren.

21:30 Briefing. Ich übersetze aus dem Spanischen: Morgen müssen wir laufen, richtig laufen! Cut-Off wurde verschärft, am Montag müssen alle wieder bei der Arbeit sein.

 

Tag 3: Roses- Cadaqué - El Port de Selva - Llancà - Colera- Portbou (55 km) 1600 Hm.


4:15 Wecken. 4:45 Frühstück, ich bekomme kaum einen Bissen runter. Heute ist die Kontrolle der Ausrüstung besonders streng. Ein Läufer muss ins Krankenhaus.

 
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6 Uhr Start. Das Donnern ist nicht die Brandung, klingt bedrohlich. Auch das helle Flackern der Laternen ist ungewöhnlich, es dauert nur Sekunden und die Welt geht unter. Gewaltige Mengen Wasser  von oben schießen augenblicklich durch die Entwässerungsrohre, die direkt auf den Uferweg münden. Der Druck der ungeheuerlichen Wassermassen presst die gesammelte Touristenscheiße nach oben und plattert mir ins Gesicht. Knietief stehe ich jämmerlich zitternd in der Gülle und analysiere, ob es die Paella von gestern, oder die drei Cornflakes von heute Morgen sind.

Fotos sagen mehr als Worte.

Max Zeit 10 Stunden, 1600 Hm

Cadaqués, davon reden alle, wenn sie von der  Costa Brava schwärmen. Picasso, Lorca, Magritte, Buñuel und auch der olle gezwirbelte Dalí, wenn das kein Qualitätssiegel ist.

Das da unten ist die  Cala Montjoi , Pilgerstätte der Feinstfutterer.  Einer der edelsten Fresstempel dieser Welt drückt sich in die Ecke. Unscheinbares Haus, eher von so einem Strandräuber.  Golfspieler beim Frühstück.

Aber in  diesem Moment ist es mir ja noch nicht bewusst, wo ich  bin, und brülle den Schampustrinkern entgegen: "Macht mal ein bisschen Stimmung hier,  Ihr Trantüten!" - "Kein Pronlem Joe!" klingt es mir wiederum auf Deutsch entgegen. Mein Name steht ja auf dem  Seidennümmerchen.  El Bulli, drei Michelin Sterne, fünfmal "Bestes Restaurant der Welt", 50 Sitzplätze, Hunderttausende Anfragen nach einer Tischreservierung. Angeblich zwei Millionen Reservierungswünsche. Ferran Adriàs , der ist bestimmt so dick, der kann nicht laufen.  Ist dafür aber  "Koch des Jahrzehnts." Und der dolle Joe läuft auf seiner 135 Kilometer- Tour hier gnadenlos vorbei, direkt in die Bäckerei und kaúft sich zwei Dosen Bier. Wer ist hier eigentlich bekloppt?

 
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Oben auf dem  Alt Empordà fühle ich mich wohl. Satte, wohlgetürmte  Kuhfladen künden von der Schmackhaftigkeit dieser almartigen  Hochfläche. Stundenlanger Traillauf, so ist es recht.  Und unter mir die  malerischen Buchen von Montjoi, Norfeu und Jóncols. Läuferherz, was willste mehr?

Port de la Selva, Llanca, dem Berg Colera. Xavi hat uns beim Briefing gewarnt: "Behaltet Euch Körner. Es ist nicht schön, sich von den Spaziergängern überholen zu lassen!"  Aber mir ist alles recht, ich bin heute gut drauf, genieße das Leben, unterbiete alle Cut-Off-Zeiten um mehr als eine Stunde. Und dazu scheint die Sonne.

Salami in Colera, Honigglasur auf den Würstchen. Ich bin geschockt und 20 Meter weiter ein Fan von den Dingern. 

 
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Zwischen el Port de la Selva und Llançà kreuzen wir kurz  den  Pilgerweg Sant Jaume, der über den GR 11 hoch zum Kloster Sant Pere de Rodes weiter nach Santiago de Compostella führt. Ich bin ja längst im Endspurt, auch wenn es stetig hinauf geht.

Zwanzig oder nur zehn Kilometer? Diese Frage habe ich mir nie gestellt. Ich ziehe mir die Stacheln aus dem Bein. Entschuldigt die schmutzigen Fingernägel, die waren bei meinem Abflug in Franfurt Hahn  sauber. Der Bunker vom Franco lässt mich fragen, warum man Diktatoren immer unter der Erde findet. Ich kann mir nicht  so viel Untergrundwissen leisten, denn jetzt läuft ein Pulk lachend vorbei und ich muss mich dranhängen.

 
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Ziel:  Portbou. Dei Tage, mein Geburtstag, mein Lauf,  Prägung für immer.

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