Halb neun geht’s los, also wirklich. Nix mit französischem „Tranquil“. Sind ja auch Korsen. 5 Minuten vor Zeit sind alle im Bus, also los geht’s. Und das zieht sich durch. Die Etappe heute wird lang genug, da muss man wirklich nicht in die Nacht reinkommen!
Lieber locker Späßchen am Strand machen, Fotos und gute Laune! Alle treten an, auch die Italienerin, die gestern ein paar Bodenproben genommen hatte: Dickes Knie, ein paar abgepflasterte Schrammen im Gesicht - eine echte Trailerin lässt sich von solchen Petitessen nicht aufhalten. Scheint auch zu gehen, der Laufstil ist immer locker- und dabei sauschnell.
Heute dauert‘s gerademal zwei Kilometer und der Rest ist mir enteilt. Gemach, ist lange genug. Morgen kommt ja auch noch was, haushalten ist klug. Den Strand entlang, ein kleiner Fahrweg, der einzige für heute und der erste Abstieg. Meine Gedächtnisstelle ist locker passiert, keine Ahnung, wieso es mich das letztes Mal derart geschmissen hat. Wahrscheinlich hat Marc den Stolperstein eigenhändig ausgebuddelt.
Im Steten auf und ab die wunderschöne Küste entlang. Das Wasser ist intensiv blau, die Sonne scheint, gut laufbarer Singletrails. Ich laufe auf Pierre Louis auf, gemeinsam geht’s zur ersten Wasserstelle, also bis kurz davor. Da kommt der erste längere Strand… Traumhaft, direkt aus der Südsee importiert. Feinster weicher Sand. Ich merke schnell, dass die tiefprofilierten Treter nicht die beste Wahl sind. Nach wenigen Metern kann man darin eine Strandbar aufbauen. Das Entleeren kostet mich ein paar Minuten. Das kann ja lustig werden.
Wird’s auch: Der nächste Strand und wieder ein Beach-Volleyballfeld in den Schuhen. Einen Berg hoch, ähem, ist ne Düne mit Büschen. Ich seh den nächsten Strand und nehme mir vor, erst nach diesem wieder zu leeren. Der Sand ist anderer Meinung. Schuhe zu groß gekauft? Korsischer Sand hilft, garantiert! Meine haben aber die richtige Größe, also wieder Sand raus. Ich wechsle in den „CowboyhatmandasPferdgeklaut-Modus“, was ein wenig hilft, dennoch: Noch ein Strand geht nicht, mir gehen die Metaphern für Sand in den Schuhen aus! Es bleibt beim Wünschen, bis ins Ziel leere ich neunmal die Schlappen.
Das Panorama aber entschädigt für den Mineraltransport. Traumstrände, Dünen, Klippen, kniehohe Maccia. Das volle Küstenprogramm. In der Tat sind die zwei großen Wasserquerungen weg, aber so ganz ohne Erfrischung geht’s natürlich doch nicht. Einen Kilometer vorm Ziel gibt’s doch noch nasse Füße, zwei Gatter zum Überklettern und dann das Finish: Die Sandorgie hat mich so viel Zeit gekostet, dass ich souverän Letzter werde, der Bus ist bereits weg und ich bekomme einen Exklusiv-Fahrservice. Massage und Fußpflege gibt‘s dann eben im Hotel, dieses Mal eines direkt am Meer.
Das ist noch so eine Besonderheit hier: Auch die Nachzügler müssen auf das Verwöhnprogramm nicht verzichten. Auch die Wanderer nicht, die Teilstrecken wandern können. So kann man das auch mit Freunden zusammen machen, die nicht das komplette Programm laufen wollen.
Mein Zimmergenosse hat offenbar nur ein paar Schuhe dabei, die Treter sind nass! Also wird die Heizung auf volle Pulle gedreht, um trockenen Fußes in die Berge zu kommen. Irgendwie vermisse ich nachts den Aufgusseimer! Der Duft aber kommt hin. Das 2-Sterne Haus hat doch tatsächlich ne Sauna.
Heute geht’s in die Berge! Jetzt aber die grob profilierten! Hatte mich am Abend noch gewundert, dass die Ansage hieß: „Am Schluss nochmal rauf….“ Am Start, den man nach einer knappen Stunde Fahrt erreicht, sehe ich, die Strecke wurde umgedreht. Das heißt, gleich schön den Berg rauf. Ein paar Kilometer einer steinernen Wasserleitung entlangdurch einen Märchenwald bis auf 500m.
Hochwiese - schon oben? Nööö, ganz so einfach geht’s dann doch nicht. Erst locker durch uralten Baumbestand, gut zu laufen. So langsam merkt man, dass man auf dem Grat unterwegs ist, der Ausblick ist atemberaubend schön. Auf beiden Seiten sieht man das Meer 777m weiter unten. Jetzt wird auch ein wenig geklettert, bis das Gipfelkreuz kommt.
Der Abstieg ist anfangs sehr felsig, kraxeln mal wieder, dann auf einem gut zu laufenden Trail bis ins Dorf runter. Dasselbe liegt schon unwirklich romantisch auf einer Klippe mit Burg überm Meer. Wir laufen den Kiesstrand entlang, dort die Verpflegung (km14), über eine Brücke (die ist neu, die Füße bleiben wirklich trocken).
Die wildromantische Tour geht weiter! Entlang der Klippen 200m rauf, wieder ist Allradantrieb gefragt, zum nächsten Steinstrand. Der dritte Tag, so langsam spüre ich das. Der Schlussanstieg wartet. Weitere 300HM hoch zum Ziel. Durch alten Wald eine kletterfreie Tour über den Klippen. Oben ist mal wieder alles in bewährter Weise aufgebaut, Suppe, Bier, Bein-und Fußmassage, Versorgung der Blasen. Da ich heute nicht der letzte bin, habe ich ausreichend Zeit, alles zu genießen, bevor wir uns auf die 3h Fahrt nach Ajaccio machen. Sightseeing vom feinsten, incl. malerischem Sonnenuntergang.
Morgen ist Ruhetag! Nicht schlecht, aber ich habe schon ein wenig Sorge, schließlich kommt nun vor der Königsetappe eine ziemlich knackige 27km/750HM Etappe. Am Donnerstag ist also Pianissimo angesagt. Das Hotel liegt in Gehweite zur Altstadt mit Läden und Restaurants. Morgen Powershopping für die Lieben zuhause. Sehr zu empfehlen ist der Korsische Ziegen/Schafskäse. Sehr alt, leicht stinkig (Asterix übertreibt aber). Dazu ne Flasche einheimischer Rotwein und der Erinnerungsparty steht nichts mehr im Weg.