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26.10.09 - Special Event

Himalayan 100 Mile Stage Race

Auch diese Etappe hat es in sich. Immer wieder müssen kürzere, dafür aber giftige An- und Abstiege bewältigt werden. In Moly, bei Kilometer 16, befindet sich der Wendepunkt bei dieser Etappe. Wir passieren immer wieder Grenzsoldaten, die uns anfeuern. Ein paar Schritte weiter nach links und wir befinden uns auf nepalesischem Terrain. Nach einer für mich kurzweiligen Etappe gönne ich mir erstmal eine warme Dusche, was in dieser Umgebung durchaus ein Luxusgut darstellt. Dusche bedeutet hier – einen Eimer Wasser mit Becher! Es ist schon erstaunlich, wie man mit einfachen Dingen zufrieden zu stellen ist und wie wenig man zum Leben braucht.

 
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Am dritten Tag beinhaltet der Mehrtageslauf einen ausgewachsenen Marathon, den Mount Everest Challenge Marathon. Dieser stellt gleichzeitig die Königsetappe bei diesem Rennen dar. Die ersten sechzehn Kilometer bis Moly sind identisch zur gestrigen Etappe. Auch heute beschert uns die Sonne wieder angenehme Temperaturen und sagenhafte Ausblicke auf die Bergwelt. In Phulet, bei Kilometer 22, ist distanzmäßig fast Halbzeit. Nach einem längeren Anstieg befindet sich hier der Wendepunkt auf dieser Etappe. Ich fühle mich prächtig und genieße die traumhafte Kulisse in vollen Zügen! Mein “Runners High“ wird auch durch die Tatsache, dass es ab Kilometer 29 nur noch bergab geht, nicht abgeschwächt. Eine renommierte Laufzeitschrift sprach gar von einem „Killerabstieg“. Kein Wunder, bei über 1.600 Meter Nonstop-Bergablaufen! Die ersten Meter sind noch relativ moderat und gut zu laufen. Doch dann wird es immer steiler. Steine und Felsen erschweren das Vorankommen. Stellenweise ist es nass und rutschig.

Rimbik, unser heutiges Etappenziel, kommt nur ganz langsam näher. Meine Laufuhr zeigt, dass wir bereits 40 Kilometer zurückgelegt haben. Das Ziel kann also nicht mehr weit sein. Was für ein Trugschluss! Beim nächsten Verpflegungsposten sagt man uns, dass es noch sieben Kilometer sind. Das kann doch nicht wahr sein! Meine Laufkameraden sind genauso überrascht wie ich. Zusammen mit Jacob, einem dänischen Abenteuerläufer, laufe ich die letzten Kilometer bis Rimbik. Nach 7 Stunden und 5 Minuten erreiche ich endlich das Ziel. Ich habe noch nie so lange für einen Marathon gebraucht. Wobei man bei diesem Marathon sicherlich das Wort „Ultra“ davor setzen muss.

Auf der vierten Etappe steht heute nur ein Halbmarathon mit knapp 500 Höhenmetern auf dem Programm. Diesen läuft man fast ausschließlich auf einer breiten, asphaltierten Straße. Vom Papier her ist dies die mit Abstand einfachste Etappe. Doch nicht für mich. Ich habe am gestrigen Abend offensichtlich etwas Falsches gegessen. Magenkrämpfe und Durchfall sind für mich heute ständige Begleiter. Ich „schleppe“ mich von Kontrollpunkt zu Kontrollpunkt. Für die reizvolle Umgebung habe ich heute keine Augen. Ich bin heilfroh, als ich endlich das Tagesziel erreiche und mein Bett aufsuchen kann.

Bei diesem Rennen stehen weniger sportliche Höchstleistungen und Platzierungen im Vordergrund, als vielmehr die vielfältigen kulturellen und landschaftlichen Eindrücke entlang der Strecke, wie uns Mister Pandey schon zu Beginn des Rennens sagte. Dieser Aspekt wird vom Veranstalter durch den schon legendären „Cultural Evening“ unterstrichen, der an diesem Abend stattfindet. Dabei muss sich jede teilnehmende Nation mit einem Lied oder Tanz vorstellen. Was zu Beginn bei einigen Läufern ein wenig Verwunderung hervorrief, entwickelt sich zu einem tollen Abend und einem absoluten Höhepunkt bei dieser Veranstaltung. Interessante, lustige und unterhaltsame Darbietungen und landestypische Gesänge aus Korea, Südafrika, Taiwan, Australien, der Schweiz etc. bekommen wir zu hören. Auch Mister Pandey und seine Mannschaft geben einheimische Lieder zum Besten. Am Ende singen und tanzen fast alle.

Am letzten Tag sind noch 27 Kilometer zu laufen. Die Strapazen des bisherigen Rennens sind uns Läufern deutlich anzumerken. Doch die Vorfreude auf das große Ziel lässt uns noch einmal die letzten Kraftreserven mobilisieren. Die Landschaft verändert sich ein weiteres Mal. Wir kehren der Bergwelt den Rücken zu und tauchen ein in grüne und dichte Wälder. Ich fühle mich stellenweise wie im Schwarzwald! Die ersten zehn Kilometer geht es stetig bergauf. Heute fühle ich mich um Welten besser gegenüber dem Vortag. Ich freue mich auf den Zieleinlauf und gehe die heutige Etappe deutlich schneller an. Es wird der einzige Tag sein, an dem ich kein Foto während des Laufens schieße.

Die Strecke führt die letzten Kilometer überwiegend leicht bergab. Hier kann man es im wahrsten Sinne des Wortes laufen lassen. Wie berauscht renne ich die letzten Kilometer. Von weiten sehe ich schon Maneybhanghang. Hier sind wir vor fünf Tagen gestartet. Kinder in ihren Schuluniformen stehen am Wegesrand und heben ihre Hand zum Abklatschen. Dann laufe ich über die Ziellinie. Was für ein „geiler“ Moment!! Überglücklich nehme ich die Glückwünsche und den „Finisher-Seidenschal“ entgegen.

Ein erlebnisreicher Lauf neigt sich dem Ende entgegen. Am Abend rundet die Siegerehrung mit tollen Preisen diese gelungene Veranstaltung ab. Ich habe die letzten Tage sehr intensiv gelebt und außergewöhnliche Erfahrungen gesammelt. Ich werde sicher wieder kommen.

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