Schlamm in allen Variationen und sich den ganzen Tag darin austoben - das macht Freude, das macht Spaß. Laufen nur zum Spaß - das hat sich ein kleiner aber feiner Verein als Motto ausgesucht. Und das im Norden der Ardennen, grob entlang des Flusses Vesdre. Auf den Bergen liegt Olne, unser Startort.
Bei der Anreise ist es stockfinster. Man sollte um 7 da sein, danach wird es spannend mit den Parkplätzen. Ordner weisen uns ein, dann Auto abstellen und nur noch die Startnummer holen. Mehr ist nicht zu tun. Etwa um 8, als es gerade hell wird, Aufbruch und ab in den Modder. Kaum aus dem Ort raus und schon ist alles versaut. Gut, man kann noch aufpassen, muss nicht in jede Pfütze treten und nicht in jeden Lehmplacken latschen. Aber am Schluss des Feldes, an meinem Lieblingsplatz, kommt man in den Genuss von prima umgerührtem Matsch. Hunderte Füße sind durch und hinterlassen einen klebrigen Brei. Also wirklich...
69 Kilometer, 2250 Höhenmeter und 4 UTMB-Punkte warten. Das will was heißen, denn diese werden nur an besondere QuälDich- Events vergeben. So eins ist das hier: Asphalt minimal, Wege wenn‘s sein muss und sonst Trail, Trail, Trail. Und auf und ab, je steiler umso besser. Wehe aber dem, der ohne Trailprofil kommt, da helfen auch Stöcke nicht mehr. Mit Kalk und weißen Flatterbändern ist alles gut markiert. Eindeutig. Bei Straßen sichern uns Posten ab.
Zum Sortieren des Feldes sind die ersten 2-3 km auf relativ breiten Wegen, aber in einem Dorf der erste Stau. Einspurig. Rutschig, Brombeerhecken, fiese Dornen, kein Überholen. Ein Steilhang kommt. Sauglatt. Der Trail wird breit. Jeder sucht sich seine Spur und glaubt, besser voranzukommen. Tja, oben wieder Stau. Zwischen Stacheldraht dann einspurig, tief ausgetreten. Übermut weicht allmählich der Vorsicht. Dann wieder breitere Wege, das Feld sortiert sich erneut, die Kolonne zieht sich in die Länge. Die Flotten vorn und schnell außer Sicht. Aber interessant: Hinten, im letzten Drittel, wird jeder Anstieg schon jetzt konsequent gegangen.
Wald verschluckt uns, weicher, laubbedeckter Boden. Und ganz schnell wieder Modder, gemischt mit Laub. Das setzt sich gut im Profil fest. Es bleibt spannend. Toll sind auch die Schrägen, wo der Weg am Hang längs führt, der Fuß im Glitsch aber keinen Halt finden kann. Trotz der Stöcke hangelt man sich an irgendwelchen Ästen weiter. So mancher legt sich hin und hinterlässt eindeutige Spuren... Graupel im Gras in den höheren Lagen, es ist wirklich kalt. Kaum im Tal und ein paar Schritte getan, kommt der Gegenanstieg. Gleiche Seite oder mal gegenüber, egal. Nur den Zeichen folgen, das passt dann schon.
Orientierung ist auch mit Elektronik enorm schwierig. Wo bin ich, wie weit schon, stimmt der Track? Alles wurscht. Mal kein Signal von oben, mal ist die Karte zu klein. Und die Entfernung deprimiert auch. Lasst es bleiben, genießt es einfach. Die vielen Kurven der Strecke und die Biegungen des Flusstales, viel zu kompliziert. Merkt euch nur: alle 16 km gibts Ravito, also 4mal. Wer mehr braucht, nimmt es sich was mit. Das sind lange Distanzen für verwöhnte Germanen. Nix mit alle 6 km Vollpension, wie so oft. Und ein Trinkbecher muss auch an Bord sein. Sonst steht man da...
Bei Spa kommt der zweite Ravito. Etwas mehr Futter, aber kein Rotwein. Vielleicht auf Nachfrage? Der "südlichste" Punkt ist das. Nun wieder ab nach Norden, rein in den wirklich schönen Wald. Trail wechselt mit Weg und umgekehrt. Vor ein paar Jahren verlief die Strecke anders, war bequemer. Heute wird kein Trail ausgelassen, der in die richtige Richtung führt. Da kommen die Höhenmeter zusammen, Mann-o-Mann. Vielleicht noch eins: der schlimmste Schlamm liegt hinter uns. Die gefühlt kilometerlangen Schlidderpartien rauf und runter im Tiefmodder sind geschafft. Sightseeing gibt‘s nun.
Irgendwann trete ich aus dem Wald und sehe gegenüber (ein verdächtig tiefes Tal liegt dazwischen) die hochkant Schwarz-gelb-rot geschmückte.Burg Franchimont. Da geht‘s hin. Also runter ins Tal, über den Fluss, die Bahnlinie (ja, reger Verkehr hier, auch sonntags!), an einer Schule vorbei und wieder hoch. Direkt an den Mauern der Burg längs und flott wieder in den Wald. Dann runter und wieder sausteil hoch. Oben über die Kuppe und gleich wieder runter, über eine Straße und gleich wieder hoch. So geht es hier zu. Über die Berge, wo sie am Höchsten sind. Alles andere ist für gemütliche Wanderer.
Bald, in einem Dorf ganz oben auf dem Berg, in Oneux, Ravito 3. Klasse Stimmung hier. Man trifft sich, klönt, futtert, nimmt einen zur Brust. Ein kleiner Grill heizt vor sich hin. Um den Schuhputz zu verbessern, ein Gartenschlauch. Um die Ecke der Weg, in den Wald. Wieder scheußlicher Schlamm hier. Wasser läuft uns entgegen, oben wäre ein Bach zu furten. Springen? Zu breit. Also rein ins kalte Vergnügen. Sowas kommt noch ein- bis zweimal. Wer keine Goretexschuhe anhat, hat ja nach 15 Minuten wieder trockene Füße. Bei Schlamm dauert es aber länger, weil der über den Rand in den Schuh läuft...
Pepinster kommt schnell. Ein sehr welliger Höhenweg führt um den halben Ort rum, Serpentinen bringen uns zum Bahnsteig. Über die Gleise, über die Straße, über den Fluss, entlang des Steilufers wieder um den halben Ort, dann in Serpentinen ganz nach oben. Die Sonne geht unter, es wird dämmerig. die ersten Stirnlampen werden angelegt, ohne die geht es wirklich nicht, denn einige wilde Abschnitte warten noch auf uns. Da geht es nur mit Licht.
Schon wieder der Fluss. Oder ist es ein anderer? Es rauscht laut, da ist viel Wasser drin. Noch eine Brücke, noch eine Bahnlinie. Ein Tunnel unterquert sie. Über die Hauptstraße, der Verkehr hat merklich nachgelassen, wieder Trail. Aber eigenartig: je dunkler es wird, umso klebriger der Kleister. Immer diese kleinen Teufeleien. Alles, damit wir Spaß am Laufen haben. Ganz hoch, über eine Wiese und halb wieder runter. Eine Doppelgarage birgt Ravito 4. Heiße Suppe, Kuchen, Chips, jedes Getränk, spielende Hunde und erstmal die ausgelassenen Belgier... bei der Stimmung möchte eigentlich keiner mehr weg. Sind ja auch bereits 63 km. Nur noch 6...
Wer sich nicht stärkt, wird es nach 300 m tief bereuen. Im Schlamm geht es 1-2 km nur bergan. Und dann kommt uns auch noch Wasser entgegen. Oben quert ein Bach den Weg, aber Läuferfüße haben den Damm plattgetreten, zur Freude für die Nachfolgenden. Immerhin – eine befestigte Straße erwarten uns nun. Und ein tiefes Tal. Olne liegt aber ganz oben. Alles klar? Auch hier findet sich ein Trail zwischen den Feldern. Aber es ist der letzte. Bald kommen befestigte Wege. Das Tal wieder hoch, nur noch ein bisschen Schlamm und Wasser ganz zum Schluss, wo der Weg von der Straße auf eine Wiese führt. Egal jetzt, weiter. Musikfetzen, Licht hinter dem Hügel, Stimmen sind zu hören. Das Ziel.
Fazit
Ein toller, knallharter Trailrun zum Saisonabschluss, immer nass, schlammig und total kalt. Eine eher für uns weniger bekannte Gegend, aber gar nicht so weit weg. Viel wird geboten hier. Nur mit Kälte und Nässe muss man sich etwas auskennen, dann klappt das auch. Gute Trailschuhe sind Pflicht, Stöcke eher weniger, nur bei wenigen An/Abstiegen helfen sie einem. Da die ersten VP relativ weit auseinander liegen, empfiehlt es sich, etwas Futter mitzunehmen.