Kurz vor 8.30 Uhr strömen die Läufer zum Banner an der Via Garibaldi und machen sich zum Start bereit. Es gibt noch einige Ansprachen, dann geht es unter Applaus auf die Strecke. Zuschauer gibt es nur auf den ersten Metern in nennenswerter Zahl. Sie feuern die Läufer an und schicken sie ins Abenteuer Ecomaratona.
Ich lasse es ruhig angehen. Es geht mir ums Genießen. Schnell ziehen sich die Starter auseinander. Nach wenigen hundert Metern verlassen wir Polizzi unter großen Torbögen und laufen an der SP 119 links hinunter. An der kleinen Chiesa Madonna della Pieta bemerke ich, dass niemand mehr hinter ist. Ich laufe direkt vor den Besenfahrrädern.
Ich denke an einen Artikel aus der letzten Printausgabe von m4y, in dem Klaus Duwe beschreibt, wie er erstmals Letzter eines Laufes wurde. Vorletzter war ich schon einmal 2008 auf Norderney, aber Letzter, nein das darf nicht sein. Erst mal heißt es Ruhe bewahren. Heute kommen die am besten durch, die ihre Kräfte gut einteilen.
Es fängt gemütlich an. Die Strecke ist mir von unseren Wanderungen bekannt. Es ist leicht wellig, erst nach ca. 4,5 km kommt der erste längere Anstieg. Der Untergrund wechselt, Kopfsteinpflaster auf wenigen Metern, breite Feldwege, geteerte Wirtschaftswege, Gras. Alles ist vertreten.
Die Radfahrer hinter mir sind ganz entspannt und machen keinen Druck. Rasch habe ich auch schon die ersten überholt, die sich beim Start übernommen haben. Vor dem ersten Anstieg sehe ich zwei ältere Läufer, die sich aus dem Gebüsch zwei Stöcke besorgen. Einige Läufer hatten beim Start schon Walkingstöcke im Rucksack auf dem Rücken dabei. Braucht man alles nicht. Laufen pur ist angesagt. Und genießen. Es ist herrlichstes Wetter, die Sonne lacht, noch ist die Temperatur angenehm, es weht kein Wind, alle sind bester Stimmung.
Ich genieße das lockere Laufen, die Sonne, die herrliche Landschaft und die tollen Ausblicke. Den ersten Anstieg nehme ich locker im Gehen. Keine Körner verschießen. Ein Geländefahrzeug der Forstverwaltung versucht auf dem schmalen Anstieg zu drehen. Ich hoffe für den Fahrer. Es sieht abenteuerlich aus.
Mir tut Frank leid. Es ist wirklich schade, dass er nicht mitlaufen kann. Aber ein Gutes hat sein Pech, so müssen wir halt nochmal nach Polizzi. Man muss sich Ziele setzen.
Nach dem ersten Anstieg laufen wir am Hang entlang auf einem breiten mit Gras bewachsenen Weg. Aber Kompliment an die Veranstalter. Der Grasweg ist gemäht, wie überhaupt die Strecke bestens präpariert und mit rot-weißen Bänden und Holzschildchen markiert ist.
Pinien und andere Bäume spenden angenehmen Schatten. Bei Vivaio Piano Noce ist bei km 6,2 die erste von 12 Verpflegungsstellen erreicht. Sie sind alle gut bestückt. Es gibt Wasser, Limonade in Gelb, Orange und Rot, später auch Cola. Zu Essen gibt es leckere Rosinen, kleine Kuchenstückchen, frisch geschmierten Honigzwieback, Orangen- und Bananenstücke. Alles wird uns von freundlichen gut gelaunten Helfern angeboten. Zum Teil werde ich wie im Restaurant gefragt, was ich denn gerne hätte.
Ich lasse mir Zeit und bleibe an jeder Verpflegung stehen. Ich werde stets als Deutscher erkannt, Tedesco? Hab ich einen Zettel an der Kappe kleben? Es macht Spaß, ich spreche einige Brocken Italienisch, erkläre, dass ich aus der Nähe von Köln bin und werde von allen mit freundlichen Worten aufgemuntert.
An der ersten Verpflegung ruft man mir ein lautes „Ciao Klaus“ nach, später vernehme ich - dankbar – ein „Complimenti“. Da macht das Laufen doch gleich noch mehr Spaß.
Kurz nach der ersten Verpflegung zweigt an einem kleinen See, wo wir am Vortag die Wildschweine sahen, die Strecke des Ecotrails vom Ecomaratona ab. Der Aufstieg zum Monte dei Cervi bleibt den Ecomarathonis vorbehalten. Bei Quacella stößt der Ecotrail wieder auf den Ecomaratona, verläßt diesen beim Aufstieg zum San Salvatore und führt zurück über Weg Nr. 16. Bei km 37 treffen beide Strecken wieder aufeinander und führen zusammen zum Ziel.
Den Aufstieg zum Monte dei Cervi kenne ich noch nicht von unseren Wanderungen. Zuerst geht es in praller Sonne einen langgestreckten Weg quer den Hang hinauf. Die Steigung ist moderat, ich laufe sogar weite Teile. Dann führt den Weg ziemlich direkt den Hang hoch und ans Laufen ist nicht mehr zu denken. Ein kleines Hochtal unterbricht den Aufstieg. Wir können an einer weiteren Verpflegung Energie nachtanken.