Im Frühjahr ist das Angebot an Trails in den Vogesen sehr üppig. Trotzdem gibt es immer wieder neue Veranstaltungen. Immer höher, immer weiter lautet auch hier die Devise. Immerhin kann man sich zu den meisten Rennen auch noch kurzfristig anmelden. Das kommt mir sehr entgegen und so entscheide ich mich zur Teilnahme an der Premiere des Trail „Les 3 Vallons“ beim Thur Trail in Mitzach. 51 Kilometer gespickt mit 2100 Höhenmetern verspricht die Strecke im Parc naturel regional des ballons des Vosges.
Dieser Nationalpark erstreckt sich auf den südlichen Teil der Vogesen. Die Landschaft wird geprägt durch die runden Erhebungen, die Ballons oder auf Deutsch Belchen. Es handelt sich dabei um ehemalige Gipfel, die von den Gletschern der letzten Eiszeit abgeschliffen wurden. Der Belchen im Schwarzwald (Feldberg), der Ballon d’Alsace und der Belchenflue in der Schweiz bilden dabei auf der Karte ein rechtwinkliges Dreieck und wurden vermutlich von den Kelten zur Bestimmung der Jahreszeiten verwendet. So sieht man angeblich vom Ballon D’Alsace an den Tagen der Tagundnachtgleiche die Sonne über dem Feldberg aufgehen. Immerhin wurden die drei Berge nach dem keltischen Sonnengott Belenus benannt, von dem allerdings am Renntag nicht viel zu sehen sein wird. Die Vorhersage sieht eher nach Wintereinbruch mit Schnee und Regen aus.
Wegen der frühen Startzeit um 7 Uhr müssen wir schon mitten in der Nacht losfahren und erreichen eine Stunde vorm Start den kleinen Ort Mitzach, der zwischen dem Skigebiet La Bresse und Thann mitten im Naturpark liegt. Auf dem Weg hierhin hat es mal geregnet oder geschneit, aber hier ist es trocken. Und kalt. Also richtig kalt. Eigentlich habe ich keine Lust mehr auf Winter, aber da muss ich jetzt durch. Die Läuferinnen und Läufer tummeln sich schon in der kleinen Halle. Wir parken direkt in der Nähe und nehmen außer der Startnummer noch einen Kaffee und ein Brioche. Ein letzter hektischer Kleiderwechsel und schon ist es Zeit für den Start. Draußen wird kurz runter gezählt und ohne großes Brimborium gehen etwa hundertsechzig Läuferinnen und Läufer auf die Strecke.
Wie immer geht es viel zu schnell los. Nach einem kurzen Stück Asphalt biegen wir ab und es geht auf Trails zum ersten Anstieg. Erst ein Stück Wald und dann über eine Weide. Die Sonne versucht zwischen den tief hängenden Wolken eine Lücke zu finden, aber schafft es nicht. Immerhin lässt sie schöne Ausblicke erahnen. Die gerundeten Gipfel erscheinen in der Dämmerung. Kleine blaue Flecken lassen uns hoffen, dass der Wetterbericht doch nicht wahr wird.
Ein paar Felsen lockern die Strecke auf, bevor wir wieder auf offene Landschaft stoßen. An der Auberge de Belacker am Col de Dreimarkstein ist die erste Verpflegung eingerichtet. Der warme Tee tut gut. Der Winter hat die Landschaft in der Nacht fein eingepudert und so schrauben wir uns in der winterlichen Umgebung immer höher. Bei der Auberge du Gsang kommen wir ins Skigebiet Rossberg. Wir sind jetzt auf knapp 1200 Metern Höhe und sind froh, dass wir uns in der Kleiderwahl auf Winter eingestellt hatten. Vor mir ist ein Läufer mit kurzer Hose und Kurzarmshirt unterwegs. Mich fröstelt es schon beim Hinschauen. Aber Belenus hat ein Nachsehen und schickt ihm ein paar wärmende Strahlen.
Schade, dass so viele Wolken die Sicht versperren. In den wenigen Lücken erkennt man die umliegenden Skigebiete und ab und zu kann man die fantastische Aussicht erahnen, die sich hier bei gutem Wetter bietet. Aber auch so ist es ein tolles Erlebnis. Ganz oben ist dann Belenus gnädig und schenkt uns für ein paar Minuten blauen Himmel. Die Pfade sind alle sehr gut zu laufen. Bei Regen wird das hier schnell zur Schlammschlacht, aber auf dem leicht gefrorenen Untergrund lässt es sich perfekt dahin traben.
Auf einem ebenso perfekt zu laufenden Downhill geht es wieder zur Verpflegung an die Auberge de Belacker. Die Läuferinnen und Läufer der kurzen Strecke kommen gerade den Berg hoch. Wir erklimmen noch den Col de Rimbach, um dann auf Forstwegen moderat Höhenmeter abzubauen. Bis Kilometer 24 können wir richtig Gas geben. Einziges Hindernis ist die Müdigkeit, die sich meiner bemächtigt. Zwei Stunden Schlaf sind dann doch recht wenig. Mit einem Koffein-Gel und reichlich Cola an der nächsten Verpflegung am Gazon Vert werden die Lebensgeister wieder geweckt.
In einem stetigen Auf und Ab geht es immer weiter runter. Schöne Bachläufe verzieren die Forstwege, auf denen wir unterwegs sind. Gut laufbare Singletrails sorgen dafür, dass es nicht zu langweilig wird. Bei Kilometer 40 kommt die letzte Verpflegung. Auf Nachfrage bekomme ich sogar ein Bier. Das tut gut vor dem langen Anstieg zum Col de Rimbach. Es ist bewölkt und ab und zu nieselt es ganz zart. Mal als Regen, mal als feine Eiskristalle. Vielleicht ist es aber auch nur der Raureif an den Bäumen, der herabrieselt.
Nach der Marathondistanz geht es jetzt quasi nur noch nach unten. Weiche Singletrails lassen uns durch die Brandschlucht rollen. Wir lassen es nochmal richtig krachen und machen ordentlich Tempo. Sechs Kilometer vor dem Ziel hören wir schon die Ansagen vom Zieleinlauf und können im Tal Mitzach erkennen. Jetzt geht es noch etwas kreuz und quer. Wir können sogar noch den einen oder anderen Läufer überholen und schon laufen wir in den Ort ein, wo wir lustiger Weise direkt vor dem Friedhof finishen.
Der Thur Trail ist eine gut gemachte Veranstaltung. Die Auszeichnung der Wege, die Verpflegung und Organisation sind perfekt. Schöne Singletrails wechseln sich mit schmalen Forstwegen ab. Die Strecke ist nicht so schwer. Die Anstiege und Downhills sind moderat und lassen sich gut laufen, très roulante, wie die Locals sagen. Die Strecke ist technisch nicht sehr anspruchsvoll und macht viel Spaß. Ein neues Highlight im Trailkalender.
Autor Hendrik Dörr ist Orga-Chef beim HartfüßlerTrail (Anmerkung der Red.)