Ein großes Durchlauftor liegt genau am Ortseingang des mondänen Ortes. Wer schnell genug ist, konnte sich eine Sprintprämie erlaufen. Es liegen jetzt rund zehn Kilometer hinter uns und mir tun die Beine weh. Erinnerungen vom Bergablaufen gestern. Klaus wird sagen: „Selber schuld.“
Im Gebiet von St. Moritz ist ein längeres Wegstück asphaltiert, ansonsten ist der Untergrund meist nur befestigt. Aber schlampig laufen sollte man trotzdem nicht, denn Stolperstellen mit Wurzeln und Steinen gibt es zuhauf. Außerhalb einer Tartanbahn geht es kurzzeitig über eine Rasenfläche. St. Moritz ist bei Topathleten beliebtes Höhentrainings-Domizil. Ein paar schwarze Perlen zeigen sich eher gelangweilt von unserem Auftritt.
Wahrzeichen von St. Moritz ist der Schiefe Turm, der Rest der im 19. Jahrhundert abgebrochenen Mauritiuskirche. Den Turm umgeben richtig große, mondäne Hotels. Da braucht es eine goldene Kreditkarte fürs Übernachten.
Trotzdem dieser Tipp: Eine Reise mit der Rhätischen Bahn, vielleicht von Davos kommend, bis nach St. Moritz oder gleich ins italienische Tirano. Für einen Zwischenstopp ist St. Moritz erste Sahne. An 322 Tagen im Jahr scheint die Sonne.
Am Ende des St. Moritzersee wartet eine kleine Serpentine, einige fallen wieder in den Wanderschritt. Am idyllischen Lej da Staz könnte man in das gleichnamige Restorant einkehren. Gut, dass es zuvor noch eine Verpflegungsstelle gibt, so kommt man nicht auf falsche Gedanken. Auf den folgenden Waldwegen sind bereits erste Wegweiser nach Pontresina zu sehen. Der 15. Kilometer liegt nun hinter uns.
Wir tangieren den Ort nur am Bahnhof. Wer am Muragl-Lauf teilnimmt, der startet in der Ortsmitte und dreht nach einer Ortsschleife ein auf unseren Kurs. Im Ort sieht man Häuser im typischen Engadiner Stil, geschmückt mit sogenannter Sgraffito-Wandmalereie.
Pontresina ist heute Basislager für Bergsteiger, die es in Richtung Piz Bernina mit seinem Morteratsch-Gletscher zieht. Und an diesem Wochenende haben auch die Teilnehmer des Swiss Irontrails die Gegend unsicher gemacht. Darüber gibt es hier gesonderte Berichte.
Ein munteres Auf und Ab zieht sich dann die Strecke durch den Wald, bevor wir parallel zur Bahnlinie in Richtung Celerina laufen. Wieder eine große Kilometermarke, die Zwanzigste. Endspurt!
1500 Einwohner hat der Ort Celerina/Schlarigna, der seit 1950 diesen Doppelnamen trägt. Noch außerhalb des Dorfes laufen wir an der Kirche San Gian (Sankt Johannes) vorbei. Die heutige Bau wurde 1478 auf einer romanischen Vorgängerkirche erstellt.
Noch vor dem Ortsrand biegen wir rechts ab, die letzten Kilometer sind nun angebrochen. Das Läuferfeld hat sich merklich auseinandergezogen. Ich lasse es laufen. Wer noch Erfrischung benötigt, an einem der kleineren Seen kann man eine Dusche nehmen.
Dann wendet sich die Laufstrecke dem Inn zu, der unweit vom Malojapass auf 2484 Meter Seehöhe entspringt und der auf über 520 Kilometer hinunter bis Passau fast 2200 Höhenmeter verliert. Dabei nimmt die Wassermenge von nicht messbar bis durchschnittlich 1200 Kubikmeter pro Sekunde zu. Bei einem Hochwasser wird diese Menge noch um das Zwei- bis Dreifache übertroffen.
Doch auch hier hat man bei der Schneeschmelze und bei Unwettern mit dem Wasser seine liebe Not. Von dem geraden Ausbau des Gewässers ist man abgekommen und man gibt dem Fluss wieder mehr Raum, indem man ihn mäandern lässt.
Der letzte Kilometer wird angekündigt. Bevor ich das realisiere, höre ich bereits die Stimmung aus der Arena und den Moderator. Ich springe vom Damm herunter und dann geht es an der Festwirtschaft vorbei auf den Kunstrasen, wo ich nach einer kleinen Schleife durch das Ziel laufe.
Schade, dass das 135minütige Vergnügen an Wasserläufen, Seen und Bergen schon vorbei ist. Da wäre ich gerne noch ein paar Kilometer weiter gerannt. Wer mit auch Langlaufski unterwegs, kann das im März beim Engadiner Skimarathon von Maloja nach S-chanf tun. An einen Marathonlauf traut man sich offenbar nicht.
Impressionen aus und an der Promulins Arena
Ich hole mir das verdiente Erdinger und das Finishergeschenk von coop. Die Finishershirts gibt es in Männer- und Frauengrößen. Toll, dass man für den Nachwuchs viel Platz zum Spielen vorgesehen hat. Zum Duschen geht man ein paar Meter und hat mollig warmes Wasser.
Gleich nebenan ist die Bühne, wo pünktlich die Siegerehrungen beider Läufe beginnen. Danach mache ich mich auf den Heimweg, der wesentlich mehr Zeit als geplant in Anspruch nimmt. Wochenende, Wanderer in den Bergen und der übliche Reiseverkehr. Für 20 km über den Fernpass nach Garmisch brauche ich über zwei Stunden. Das nächste Mal lasse ich die Karre stehen und laufe.
Ich bin nicht überrascht, ich war ja von diversen Laufberichten meiner Kollegen „vorgewarnt“ und teile nun deren Begeisterung vom Engadiner Sommerlauf. Man kann die Seele baumeln lassen ob der Streckenführung, Spaß haben und sich wohlfühlen. Kompliment an die OK-Präsidentin Anne-Marie Flammersfeld und ihre vielen Helfer. Vielleicht reicht es mit mal zu einem Urlaub.