Immer wieder gerne komme ich nach Steinfurt, denn hier ist man mit dem Marathon voll auf der Höhe der Zeit. Nicht nur wegen Corona, auf das man sich mit der 2G-Regel bestens darauf eingestellt hat, die Teilnehmer zu schützen, sondern auch umweltmäßig.
Doch der Reihe nach. Mit meiner Frau Silke nutze ich die Gelegenheit, am Samstag anzureisen, um unsere Freunde Anne und Manfred zu besuchen. Am frühen Nachmittag hole ich die Startunterlagen. Ein Plakat macht klar, Steinfurt hält in Zeiten der Pandemie zusammen. Nur so lässt sich ein reibungsloser Ablauf einer Marathonveranstaltung gewährleisten.
Am Eingang des aufgebauten Zeltes wird mein Impfnachweise geprüft. Danach erhalte ich ein buntes Bändchen, das mich zum Start am nächsten Morgen berechtigt. Die Startunterlagen bekomme ich unverzüglich, denn noch hält sich der Andrang in Grenzen. Die meisten der auf den verschiedenen Strecken (zwischen 14 und 56 Kilometern) gemeldeten Läufer holen am Sonntagmorgen ihre Unterlagen ab. Die Warteschlange windet sich fast um das gesamte Anmeldezelt. Gut dass ich meine Unterlagen schon habe, so kann ich Ausschau nach bekannten Gesichtern halten. Zuerst begrüße ich Claudia und Peer, die sich bei einem umfangreichen Angebot von Marathonveranstaltungen an diesem Wochenende auch für die schöne Strecke durch das Bagno und über den Buchenberg entschieden haben. HaWe kann ich leider noch nicht entdecken, dafür nutze ich die Zeit, meinen Startblock zu suchen. Um das Läuferfeld zu entzerren, starten wir ab 9.30 Uhr jeweils in 50er Gruppen im Abstand von 90 Sekunden. Da ich dem 9. Block zugeteilt bin, kann ich ruhig die ersten Starts verfolgen.
Dann entdecke ich HaWe, unseren m4y-Hero 2013 doch noch. Durch die Zeiteinteilung bleibt sogar noch die Gelegenheit, zu einem gemeinsamen Foto. Ich freue mich, bei seinem heutigen Jubiläum dabei sein zu können, denn mit seinem 300. Marathon und zuvor ebenfalls gelaufenen 100 Ultraläufen wird er heute das 400. Finish sicher ins Ziel bringen. Mich schickt er, wie immer, nach vorne. Ich gehe zwei Blöcke früher auf die Strecke und freue mich, dass pünktlich zum Start die Sonne strahlend vom Firmament scheint. Zu erwarten war dies laut Vorhersage wahrlich nicht. Aber besser so, als anders herum. Anne und Silke dokumentieren noch den Start des Laufes und schicken mich freudig auf die Strecke. Drei Runden zu jeweils 14 Kilometern liegen vor mir. Das war zur Premiere 2012 noch anders, da war drei großen Runden noch eine kleinere vorgeschaltet. Die Strecke wurde schon lange optimiert und hat sich bewährt, weshalb heute vollkommen zu Recht das 10 jährige Jubiläum gefeiert werden kann. 892 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind gemeldet. Nach der letztjährigen virtuellen Ausgabe des Laufes besteht am Original offensichtlich Bedarf.
Auch ich freue mich darüber, mal wieder mit zahlreichen Gleichgesinnten zusammen zu laufen. Da stört es auch nicht, dass es trotz der Blockeinteilung noch eng werden kann. Aber der Zerfall in kleinere Grüppchen ist schon deutlich zu erkennen. Wir tauchen gleich in den Herbstwald ein. Von goldgelben Blättern auf dem Weg bis zu grünem Laub an den Bäumen ist noch alles dabei. Die Strecke ist gut ausgeschildert, so dass ich mich getrost durch erste Gespräche ablenken lassen kann. Schilder auf dem Erlebnispfad, den wir auf den ersten Kilometern durchlaufen, klären kindgerecht über die Natur auf. Neu ist auch die Präsentation der Ziegelsteine, die bisher als „steinharte“ Auszeichnung den Finishern übergeben wurde. Einige davon habe ich mir bereits verdient.
Ich genieße schon jetzt das Laufen über das weiche Laub. Zu Anfang führt die Strecke nach Südosten, in Richtung Süden endet der Wald, so dass ich viel Sonne abbekomme. Schnell noch etwas Energie tanken, denn es wartet die längste Gerade der Strecke mit etwa 2 Kilometern. Der Blick geht weit nach vorne, in der ersten Runde noch oft von meinen Mitläufern verstellt. Für Abwechslung sorgen zwei junge Damen, die das leuchtend grüne Shirt der heutigen Veranstaltung schon tragen. Ein Streckenposten bewundert meine Ringelsöckchen. Kurz darauf folgt die nächste Fangruppe, an der ich mit Posaunenklängen begrüßt werde. Wenige Meter weiter biege ich nach rechts auf das kurze Begegnungsstück ab, dem ich zur ersten Verpflegungsstation treu bleibe. Der spätere Gewinner des Marathons kommt mir bereits entgegen. An der Straße zwischen den Ortsteilen Burgsteinfurt und Borghorst kann ich erstmals meinen Durst löschen. Die Gesamtstrecke entspricht im Großen und Ganzen einer Acht, deren Mittelpunkt ich jetzt erreiche.
Es folgen einige Meter auf Asphalt leicht aufwärts, ein erster Vorgeschmack auf die Steigung am Buchenberg. Bis dahin sind es allerdings noch gute 3 Kilometer. Vorher komme ich wieder durch Wald in Richtung Borghorst. Linker Hand hat der Wald ziemlich gelitten, soll aber auf Initiative von Paul Gauselmann wieder aufgeforstet werden. Der bekannte Spieleautomatenhersteller kommt gebürtig aus Borghorst. Auch wenn man bezüglich seines Geschäfts sicher geteilter Meinung sein kann, mit seiner Stiftung tut er zweifellos etwas Gutes für unsere Natur. Kurz darauf erreiche ich seinen Geburtsort. Die freundlichen Helfer leiten uns links weiter. Bis KM 8 durchlaufen wir die Ortschaft und den freiesten Teil der Strecke, der hier durch Felder an Bauernhöfen vorbei führt. Bevor wir in Richtung Buchenberg abbiegen, wartet die nächste Verpflegung, so dass ich frisch gestärkt die größte Steigung in Angriff nehmen kann. Zum Eingewöhnen führen die ersten Meter leicht bergan. Erst als ich den Wald erneut erreiche, geht es steiler hinauf. Hier überhole ich Claudia und Peer und nutze die Gelegenheit, mich etwas mit ihnen zu unterhalten.
Auf dem höchsten Punkt angekommen, nehme ich die Beine wieder in die Hand und setze mich nach vorne ab. Bis zur Verpflegungsstation an der Straße kann ich wieder zu den Steinfurtern Kerstin, Timo und Christian auflaufen. Das vor dem Buchenberg begonnene Gespräch wird fortgeführt. Die Drei sind heute zum ersten Mal auf der Marathonstrecke unterwegs und werden sie, soviel vorweg, auch erfolgreich meistern. Zum Laufen gekommen sind sie erst in der Coronazeit. Die Pandemie hat also auch positive Begleiterscheinungen. Zurück geht es jetzt in Richtung Bagno. Gemeinsam fällt der Schlenker Richtung Verbindungsstraße, trotz nochmaliger Steigung, nicht schwer, zumal wir von den Streckenposten kräftig angefeuert werden.
Nur noch wenige Kilometer und es wartet mit der Konzertgalerie das kulturelle Highlight des Laufes. Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert ist einer der ältesten erhaltenen freistehenden Konzertsäle in Europa und steht unter Denkmalschutz. Davor erwartet mich ein Platz, dessen Brunnen ich umrunden muss. Dafür laufe ich anschließend wieder auf die Galerie zu, bevor es in Richtung des Sees im Bagno geht. Über eine Brücke quere ich den Zulauf des Sees. Die Sonne spiegelt sich im Wasser, ich laufe an Spielplatz und Kiosk zum Ufer des Sees.
Rockige Klänge treiben mich voran. Als ich das Ufer erreiche, sehe ich Anne und Silke, die mit der Sonne um die Wette strahlen. Freudig werde ich angefeuert. Kurz vor Ende des Gewässers laufe ich noch einmal über eine Brücke, dann entlang des Begrenzungszauns vom Golfplatz. Ich quere eine Lichtung, die noch einmal Begegnungsstück ist und einen Blick auf das Steinfurter Schloss freigibt. Langsam nähere ich mich dem Zielbereich, durchlaufe vorher aber noch einmal ein Stück Wald. Ein Schild markiert den finalen Kilometer zum Ziel. Aber noch liegen zwei Runden vor mir. Kurz darauf erreiche ich die Baumallee, die mich nach links zum Zielbereich führt. Der rechte von zwei Wegen ist für uns Läufer vorgesehen. Es geht leicht bergab. Im selbst gesteckten Zeitplan gehe ich nach 90 Minuten auf die zweite Runde.
Am Lehrpfad soll ich zur Schneckensuche animiert werden, doch so langsam bin ich dann doch nicht. Die Pilze am Wegesrand künden vom Herbst. Das Läuferfeld ist mittlerweile so weit auseinander, dass ich auf der langen Gerade kaum mehr jemand sehe. Noch kann ich mich gut mit den Steinfurtern unterhalten, wenig später zeigt sich aber, dass sie doch etwas zu schnell unterwegs sind. Als ich mich an der Verpflegungsstelle absetze, bin ich ziemlich allein auf weiter Flur.
So wird es bis zum Ende des Laufes auch bleiben. Nur noch vereinzelt laufe ich auf andere auf, während ich von einigen schnellen Ultraläufern überholt werde. Bewundernd blicke ich Ihnen nach, Nach Borghorst auf dem freien Feld macht sich der angekündigte Wind bemerkbar. Hinauf zum Buchenberg werde ich jetzt auf die Aktion der Veranstalter aufmerksam, die auf Schildern auf eine bevorstehende Aufforstung hinweisen. Über das Startgeld sind die Läufer dran beteiligt. Ich packe derweil meine Kamera ein, denn die Strecke konnte ich auf der ersten Runde ausgiebig dokumentieren. Ich konzentriere mich jetzt ganz aufs Laufen und begebe mich im Zielbereich weiter links haltend auf die finale Runde.
Es ist weiterhin einsam auf der Strecke. Manchmal klatschen aufmunternd vereinzelte Spaziergänger. Die Verpflegungsstelle an der Verbindungsstraße ist schon teilweise zusammengeräumt, bietet aber immer noch das volle Programm. Nur noch einmal die Steigung am Buchenberg. Ein Blick auf die Uhr lässt mich leicht an meinem pünktlichen Zieleinlauf zweifeln. Da hilft die Cola an der letzten Verpflegungsstelle noch einmal einige Kräfte zu mobilisieren. Auf dem anschließenden Begegnungsstück bekomme ich sogar noch die Möglichkeit, mich von HaWe, Claudia und Peer zu verabschieden.
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(Silke Pitz)
Jetzt noch die Zusatzschleife hinauf und die positiven Höhenmeter liegen endlich hinter mir. Hinab ins Ziel brauche ich es nur noch rollen lassen. Sm Bagnosee tönt mir „Always look at the bright sight of life“ entgegen. Leise mitpfeifend schicke ich mich an, die vor mir liegenden Läufer noch einzuholen. Selbst eingeholt werden kann ich nicht, ich sehe hinter mir niemanden mehr. Das Schild, das den finalen Kilometer ankündigt, motiviert jetzt zusätzlich.
Ich erreiche die Allee, die mich jetzt direkt ins Ziel führt und gebe noch einmal Gas. Dabei geht es mir nicht darum, noch ein paar Plätze gutzumachen, sondern meine selbst gesteckte Zielvorgabe einzuhalten, was mit einer Endzeit von 4:29:36 Stunden auch gelingt. Mein Jubel beim Zieleinlauf ist für meine Fangruppe schön anzusehen und berechtigt. Das alkoholfreie Radler habe ich mir redlich verdient. Die Rosen sind allerdings den Damen vorbehalten, aber der Ziegelstein ist mir lieber. Ich bekomme die steinharte Auszeichnung im Tausch für meine Startnummer mit dem integrierten Zeitmesschip. Diese soll, ganz im Trend der Zeit, künftig wieder verwendet werden. Zufrieden und glücklich geht für mich diese vorbildliche und immer wieder schöne Veranstaltung zu Ende. Nachahmung ausdrücklich empfohlen.
Ergebnisse:
Männer:
1. Markus Scheller, 2:35:15
2. Luca Heerdt, 2:40:33
3. Marco Wermers, 2:53:42
Frauen:
1. Eva Gaszek, 3:38:16
2. Sandra Weidner, 3:39:54
3. Nora Spicker, 4:00:43
Streckenbeschreibung:
Kurs über drei Runden.
Weitere Veranstaltungen:
14, 28 und 56 Kilometer.
Auszeichnungen:
Ziegelstein im Ziel. Urkunde im Internet. Finisher-Shirt gegen Aufpreis. Jubiläumsmütze wird nachgeschickt.
Verpflegung:
Verpflegungspunkte an der Strecke und Verpflegung im Ziel. Gereicht werden Tee, Wasser und teilweise Cola oder alkoholfreies Weizen, dazu Apfelstücke und Rosinenstuten.
Zuschauer:
Vor allem am Wendepunkt Wasserschloß, dazu bestens aufgelegte Helfer an den Verpflegungsstellen und der Strecke.