Wichtel, Riesen und Helden - alle üblichen Verdächtigen sind dabei und noch sehr viel mehr. Am Freitag die Startparty, da gibt es die Nummern, die Nudeln und ein Briefing. Noch ein Vortrag übers Laufen weitweitweg und ab in die Falle. Der erste Start findet um 5 in der Früh statt.
Es ist stockfinster. In der Halle brennt Licht, letzte Startnummern werden verteilt; ein GPS-Tracker ist auch dabei, damit man uns verfolgen kann. Ein Kurzbriefing noch für die Nachzügler. Schön aufgerödelt den Rucksack mit Pflichtgepäck drin und der Lampe auf der Stirn traben wir pünktlich ab. Die Helden stürmen los.
Eigentlich besteht der Lauf aus zwei Strecken: der Riesentrail mit so 47 km und der Wichteltrail mit 17. Beide haben es schwer in sich. Der Blick auf die Übersichtskarte macht irgendwie nicht so klar, was uns da erwartet. Das Höhenprofil schon eher, aber das sagt ja nichts aus über die Streckenbeschaffenheit ... Naja, die Helden laufen beides, erst Riese, dann Wichtel mit kurzem Zwischenstopp zum Ziel. So kann man schon mal den Zieleinlauf proben...
Im Finstern berghoch, zum Einlaufen und Warmwerden kein schwieriges Stück Weg. Wer noch die Autobahnbrücke im Sinn hat, diese irrsinnig hohe Talbrücke, stutzt, als er plötzlich die Autobahn weit unten sehen kann. Man sieht ja im Dunkeln die Steigung nicht wirklich. Aber dann im Busch, da geht‘s rund. Der Trail ist kaum zu sehen, dichtes Kraut am Boden, Löcher wie Bombentrichter, gestürzte Bäume. Alles vom Feinsten, es macht irrsinnig Spaß. Die Worte "die ersten 8,5 km seien etwas steinig- wurzelig, dann ginge es besser", habe ich noch im Ohr.
Flatterband im Lichtkreis der Lampe, alles richtig. Bergab verlieren wir fast die Spur, die Vorausläufer sind schon weit weg. An der Ottilienkapelle ist zwar ein VP, aber erst nach der Runde über den Domberg. Zermürbend steil ist es hier, der Bismarckturm oben hat noch geschlossen. Wieder runter. So manch einer möchte sich schon hier verlaufen. Das geht ja gut los.
VP1 an der Kapelle. Toller Blick auf das beleuchtete Suhl. Dahin geht‘s jetzt. Ein bisschen zwischen den Häusern durch und den Berg wieder hoch, nein, auch wieder runter, das Amtsgericht links liegen lassen. Aber dann im Bergwald führt ein schöner Waldweg in weiten und engen Kurven hoch. Es wird allmählich hell, ich kann erste Fotos machen. Da ist eine Skipiste (schwarz), die sollen wir hoch. Ist ja wie in den Alpen hier. Das Licht ist noch etwas knapp und meine Hände zittern ein wenig. Den Blick zurück erläutert eine Tafel. Und weiter ins Gelände. Immer abwechselnd, mal feinster Trail, mal Waldweg. Aber immer mit knackigen Anstiegen und Gefällen. Wären da nicht die Flatterbänder, würden wir wohl die Orientierung vollends verlieren.
An VP2 begrüßt uns der freundliche Wichtel, der vom Logo. Ist wirklich gut drauf, das Team auch. Bis zum nächsten VP dauert es nun was. Noch eine Skipiste, diesmal runter, den Schneekopf hoch und den Rennsteig gequert. Erst bei 30,9km dürfen wir uns wieder stärken. Viel Schotter hier oben, technisch mal nicht soo anspruchsvoll. Wären da nicht die Regenschauer. Sturmböen peitschen aus dem Tal hoch und machen uns nass, den VP3 weht es fast davon. Alle machen sich wasserdicht... Tropfen auf der Linse, im Auge, und unten in Suhl. Da regnet es wohl ganz ordentlich. Aber der Regensturm verzieht sich und ideales Laufwetter bleibt bis zum Finale. Ein kleiner Abstecher führt durch einen Vorort und gleich wieder in den Wald.
VP3 verwirrt uns alle: km 30,9 steht da. Es sei aber ein Irrtum, in Wahrheit seien es so 38. Ist nicht mehr weit. Manche stürmen deshalb gleich weiter - in den Matsch. Hier wurde wieder ein Trail abgesteckt, durchs Kraut, berghoch, im Modder. immer den Schildern nach. Rosa Pfeile hat‘s übrigens auch und rosa Wichtel. Das Verlaufen wird also mächtig erschwert. Es sei ja nicht mehr weit, das eröffnet fantastische Möglichkeiten für die Psychofolter.
Die Autobahnbrücke kommt in Sicht. Fein, noch so 3 km, dann war‘s das. Pustekuchen! Nach einem kleinen, schönen Ortsteil nähern wir uns zwar der Brücke, es ist bloß die falsche. Die Lösung heißt Autobahnkreuz Suhl. Da oben gabelt sich die 71. Diese Brücke hier führt nach Schweinfurt, also drunter durch und weiter. Dann erst unter der richtigen durch. Die Zielansage hört man deutlich, rechts tief unten. Da müssen wir hin. Also warum links hoch? Klar, Schikane! Aber auch schön, feiner Trail, dann Wald, und rechts runter über die Wiese. Noch die kleine Brücke von heut früh, der Parkplatz und .... Zieel. Fast.
Die Riesen haben fertig. Auch viele Wichtel laufen ständig ein. Das Ziel brodelt richtig. Tja, als Held hat man‘s schwer. Zweite Runde. Dann man los. Der tröstende Gedanke - nur noch 550 hm. Ein Klacks. Kann ja nicht so schwer sein.
Schwer nicht, aber fies. Hier merkt man erstmal, was die Wichtel so geleistet haben. Der Trailname klingt ja so harmlos. Aber Hallo, alle Achtung! Den kleinen rosa Pfeilen nach raus aus dem Zielgelände, den Wichteln und ersten Helden entgegen. Über die Hauptstraße und bequem an der Bahn lang bis zum Kleingartengebiet. Dort am Rand ist der Trail. An den Zäunen hoch, am jüdischen Friedhof vorbei (da muss man gucken, schön romantisch) in den Wald. Schmale Trails, viele Wurzeln. Auch mal ein richtiger Weg dazwischen. Und Krach. Der kommt links von der Autobahn. Über eine Fußgängerbrücke rüber und abwärts.
Ab dort kommt es zu Begegnungen der besonderen Art: Müde, zitternde Helden kriechen den steilsten Trail hoch, fröhliche Wichtel und muntere Helden stürmen ihnen entgegen. Da oben muss es einen Jungbrunnen geben. Und wirklich - VP Steinsberg hat alles: Trinken, Essen, gute Laune. Komisch, aus allen Richtungen kommen Läufer auf die Lichtung. Hier beginnt nämlich noch eine kleine Runde. Auch vom Feinsten. Erst Weg, dann Gestrüpp, eine Treppe hinab, über die Autobahn und über Trail im Wald ganz, gaanz tief runter. Soviel zu den 550 hm. Sind bestimmt doppelt soviel.
Irgendwo biegt dann der Trail wieder ab, nun hoch, nochmal eine Autobahnbrücke (jetzt kennen wir die alle), und oben über den Bergkamm auf wunderschönem Trail zum VP zurück. Das Schild sagt 6 km, das Team sagt bergab. So funktioniert also der Jungbrunnen hier! Das steile Stück mit den Begegnungen ist technisch schwierig. Obacht, es ist tief ausgewaschen, matschig, es gibt viele Wurzeln und Steine. Nur kein Unglück auf den letzten Metern!
Noch ein Stück flach, unter der Autobahnbrücke (jawohl, die große) durch zur Unterführung, ein wenig Bürgersteig und Schlussspurt ins Ziel. Als ich komme, ist Siegerehrung, wie das wieder passt. Ein wenig Jubel fällt auch für mich ab...
Eine schöne Holzmedaille und ein Finisherhemd gibt es zur Belohnung. Für die Konradts noch besondere Schmankerl. Sie haben ihren 100sten Mara/Ultra gefinisht, mit den Startnummern 100 und 101. Eine sehr schöne Ehrung für sie. Ein Trail mit HERZ eben.
Fazit
Hier ist Trail drin, aber so richtig. Die 4 UTMB- Punkte kommen nicht von ungefähr. Ich habe den Eindruck, dass jeder Höhenmeter persönlich auf Eignung geprüft wurde. Trailschuhe sind wichtig, Stöcke können helfen, das Gelände fordert enorme Kraft. Von den Steigungen her vergleichbar mit alpinen Läufen, nur weniger Steine. Verschiedene Startzeiten entzerren das Feld beträchtlich. Top auch die Versorgung. Dieser Trail hat eine große Zukunft!