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08.09.13 - Südtirol Drei Zinnen Alpine Run

Laufen in monumentaler Landschaft

Die Drei Zinnen sind das Symbol der Dolomiten - eine imposante Gebirgskulisse und ein Wander- und Kletterparadies. Am nördlichen Zugang zu dieser Region liegt die Gemeinde Sexten (1300 m), in der jetzt zum16. Mal der Drei Zinnen Alpine Run stattfindet.

Laufmesse und Start sind beim Gemeindezentrum Haus Sexten, das einen großen Veranstaltungssaal und die Stadtinformation beherbergt. Direkt dahinter transportiert die Seilbahn Wanderer und Skifahrer auf den Helm (Monte Elmo).

Wir sind am Vortag mit dem Auto aus München angereist. Die vielen Urlauberstaus auf der Brenner- und Tauernautobahn haben wir umgangen, indem wir die Felbertauernstraße wählten.

In  Sexten und Umgebung sind alle Zimmer ausgebucht,  wir verbringen die Nacht in Padola in Venetien. Das ist nettes Dörfchen mit italienischem Dolomitenflair, einigen Bars und gutem Essen. Nach einer für Stadtmenschen außergewöhnlich verkehrslärmlosen, ruhigen Nacht in den Bergen können wir am nächsten Morgen ausgeruht zum Start aufbrechen.

 
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Bevor es so weit ist, führt der Moderator Interviews mit den Favoriten. Pünktlich um 10:00 Uhr geht es dann los. Tausend Läuferinnen und Läufer sind unterwegs. Zuerst eine Schleife durch den Ort Sexten, um nach 2 Kilometern noch mal am Start vorbeizukommen. Da stehen natürlich viele Zuschauer. Und die ersten paar Höhenmeter sind fällig. Kurz danach passieren wir die Gemeinde Moos. Vor einem Hotel schauen uns die Köche zu, hoffentlich brennt da nichts an!

Interessant auch die Hubschrauberflüge, die unsere Kleidersäcke zum Ziel transportieren. Mit in meinem Rucksack auch eine PET-Flasche Weißbier. Sozusagen ein Flugbier.

 
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Die letzten heißen Sommertage sind noch zu spüren. Der Schweiß läuft in Strömen. Leider hängen über den Gipfeln immer noch dunkle Regenwolken. Bei km 3,5 verlassen wir den Teerweg und betreten das „Unesco-Weltnaturerbe Dolomiten“. Es geht gemächlich bergan. An der Fischleinbodenhütte (Rifugio Piano Fiscalino) ist die erste Verpflegungsstelle. Bis hierher kann man mit dem Auto fahren. Viele Wanderer sind unterwegs, es gibt ausreichend Picknickplätze. Schön ist es hier.

Vor vier Jahrzehnten saß ich oft mit meinen Eltern vor dem Fernseher und verfolgte die Erzählungen des Südtiroler Urgesteins Luis Trenker. Der konnte sogar uns Kinder durch seine Begeisterung mitreißen. Und Luis Trenker befand einst auch, dass das Fischleintal, durch das wir gerade laufen, das schönste Tal der Welt sei.

 
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An der Talschlusshütte (Rif. Fondo Valle, 1548 m) ist es mit dem lockeren Laufen vorbei. Jetzt bei km 8,5 geht es richtig los. Schon eine Weile sieht man von Weitem die Läuferschar am Berg. In Serpentinen geht es durch Latschenkiefern aufwärts. Judith machte mich gestern Abend darauf aufmerksam, dass es auf einer Entfernung von 5,5 km 1000 Höhenmeter zu überwinden gilt. Also ist zügiges Gehen angesagt. Spaziergänger sind übrigens auch unterwegs. Bei Läufern führen Stöcke zur Disqualifikation. Bei den Wanderern gehören sie zur Standardausrüstung.

Ich gebe es offen zu: Ich werde ungeduldig. Teilweise sind wir nicht „schneller“ unterwegs als die Wanderer. Bei so viel gebremster Energie streife ich versehentlich den Fuß meines Vordermanns, der dies mit einer Schimpftirade auf Sächsisch quittiert. Daraus entwickelt sich eine doch noch sehr nette Unterhaltung. Ansonsten ist es ausgesprochen ruhig. Unterbrochen wird der „Schweigemarsch“ durch die Anfeuerungen der entgegenkommenden Spaziergänger, abwechselnd in deutscher und italienischer Sprache. 

Ein italienischer Läufer erkundigt sich, ob unsere T-Shirts vom Dolomitenmann stammen, bei dem gestern im nahen Lienz Viererteams aus Bergläufern, Paraglidern, Wildwasserkajak und Mountainbikern starteten. Aber so verrückt sind wir dann doch nicht. Bei unserer Ausrüstung handelt es sich um die neuen Trikots von Trailrunning.de. Aber gut, dass sie auffallen.

In der Ferne hört man den Klang eines Alphorns. Mit den Wolken als Kulisse wirkt das schon fast schaurig.

So bei km 10 (1900 m) kommen wir dann ins baumlose Gelände. Jetzt wird es monumental. Linker Hand mehrere Dreitausender. Wir laufen im Uhrzeigersinn um den Einser (Cima Una). Man muss ja nicht jedem Berg einen Namen geben, und so zählt man hier die bizarren Gipfel durch bis zum Zwölfer, der wenigstens auf Italienisch „Croda di Toni“ heißt.

 
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Vor 200 Millionen Jahren war hier noch Meer. Die Dolomiten bestehen im Wesentlichen aus Kalkablagerungen. Beim Zusammenprall der afrikanischen und europäischen Kontinente entstand dann dieses bizarre Gebirge. Das Ganze ist recht instabil. Durch Erosion und Frost kommt es immer mal wieder vor, dass Felsteile in sich zusammenbrechen.

Auf der Zsigmondyhütte (Rif. Comici km 12, 2224 m) werden wir mit Musik empfangen. Woher die Namen für die Hütte stammen? Erwin Zsigmondy war ein Wiener Alpinist und Emilio Comici ein italienischer Alpinist. So einfach ist das.

Wir werden gut verpflegt und frisch gestärkt geht es weiter bergan. Gerd meint grinsend, dass wir die nächsten 5 Kilometer in einer halben Stunde hinter uns haben. Da bin ich dabei! Es beginnt etwas flacher und man glaubt, bald die höchste Stelle erreicht zu haben. Dafür entfaltet sich jetzt eine spektakuläre Landschaft, was beim Laufen zunächst gar nicht so auffällt. Der Weg ist nun ausreichend breit und lässt viel Platz zum Überholen (oder Stehenbleiben zum Fotografieren – und das tun außer mir auch noch einige Mitläufer). Ich bin beeindruckt, als ich später meine Fotos ansehe: So ausgesetzt kam mir das „in natura“ gar nicht vor.  Wer nicht an sehr starker Höhenangst leidet, braucht sich aber wegen des Weges keine Sorgen zu machen. Lediglich sehr gute Trailschuhe sind ein Muss.

Hier oben gab es im 1. Weltkrieg Stellungskämpfe zwischen Österreich-Ungarn und Italien. Davon erzählt der packende Film „Berge in Flammen“ von Luis Trenker und Karl Hartl aus dem Jahr 1931. Auch verläuft hier die Grenze zwischen der Autonomen Region Südtirol und der Region Belluno, die zu Venetien gehört. Ehemalige Stellungen, Steige und andere Überbleibsel aus dem Krieg kann man besichtigen. Viele Wege und Steige wurden damals als Zugang zur Front angelegt.

 
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An der Büllelejochütte (Rif. Pian di Cengia, km 14, 2528 m) macht sich ein kalter Wind bemerkbar. Hier beginnt die sogenannte Sprintwertung. Was das bedeutet, werden wir gleich erfahren. Wenig später sind wir an der höchsten Stelle mit 2556 Metern angelangt und müssen auf  dem nächsten Kilometer ca. 250 Meter bergab sprinten. Weit unten schimmern die Bödenseen. Der Weg ist ziemlich sandig und rutschig. Einige Läuferinnen und Läufer gehen hier sehr bedächtig hinunter, die erfahreneren(?) rasen/schlittern an uns vorbei,  wobei eine Läuferin Judith fast noch mitreißt. Nach meiner Nörgelei bergauf bin ich jetzt recht kleinlaut geworden. Fotos mache ich hier keine. Wir sehen unseren Spaßmacher Gerd zum letzten Mal. Er gehört zu den Schnelleren und ist drei Minuten vor uns im Ziel. In der M70 belegt er mit 2:48:03 den zweiten Platz.

Die Steigung nimmt ab und es geht fast flach dahin. Der letzte Kilometer wird angekündigt, lange bevor er beginnt. Eine Schulklasse aus Deutschland, die uns entgegenkommt, macht richtig Stimmung und Gott sei Dank auch Platz. Auf dem letzten halben Kilometer müssen wir dann noch mal 50 Meter aufwärts, wobei wir einige schnelle Bergabläufer wieder „einsammeln“. Ziel ist die Drei-Zinnen-Hütte (Rif. Antonio Locatelli, 17,2 km, 2405 m) vor dem gleichnamigen Gebirgszug, der sich leider in Wolken hüllt. Der Zieleinlauf ist so ausgerichtet, dass es fantastische Bilder geben könnte. Daraus wird nichts, zumindest nicht für uns. Anhand der Webcam-Fotos stellen wir hinterher fest, dass wir für eine schöne Aussicht eine Stunde zu spät dran waren – ein Grund mehr, in Zukunft doch noch etwas am Tempo zu arbeiten. 

 
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Viele Zuschauer sind hier, die vom Bus auf der Rückseite der Zinnen abgeladen wurden und die Drei Zinnen in einer Stunde auf fast flachem Weg umrundet haben. Dort gibt es bis zu 500 Meter hohe senkrechte Felswände - ein wahres Kletterparadies. Auf der schweren Medaille wird denn auch dreier spektakulärer Besteigungen gedacht, die 2013 jeweils ein „rundes“ Jubiläum verzeichnen.

Uns Finisher erwartet im Ziel eine erstklassige Verpflegung mit Getränken, Obst, Joghurt und verschiedenen Kuchensorten – ich nehme an solchen Läufen eigentlich nur wegen des guten Kuchens teil. Unsere Kleidersäcke haben den Flug gut überstanden und wir sind bei sinkenden Temperaturen und beginnendem Regen froh, etwas Warmes und Trockenes zum Anziehen zu haben.

Beendet ist unsere sportliche Aktivität noch nicht: Jetzt folgen1,5 km Abstieg zur 1000 m tiefer gelegenen Fischleinbodenhütte - ohne Zeitnahme. Läufer wie Wanderer legen den Weg im Gänsemarsch zurück. Überholen ist meist nicht möglich. Eine langsame Wandergruppe hält uns lange auf. Platz macht man eher ungern. Als es wieder wärmer wird, zieht der Papi sogar seine Jacke im Gehen aus, nur um niemanden vorbeilassen zu müssen.

Und woran erkennt man einen Berglauf-Einsteiger? Er ist mit Müllsack unterwegs. Erst beim zweiten Mal weiß man, dass man seinen Rucksack in den „offiziellen“ Kleider-Müllsack steckt. Dann geht’s bergab leichter.

Von der Fischleinbodenhütte gibt es einen Bustransfer nach Sexten. Dort besteht eine Duschmöglichkeit im Sportzentrum (auch im Freibad könnte man theoretisch noch einige Bahnen ziehen). Danach geht es zur Pasta-Party im Gemeindezentrum mit großen Nudelportionen, Obst, Kuchen, Wasser, Cola, Bier und Wein - und natürlich der Siegerehrung.

Die Gesamtwertung gewonnen hat der uns inzwischen bekannte Mamu Petro aus Eritrea. Auf Platz zwei Jonathan Wyatt, der ebenfalls beim Schlickeralmlauf dabei war. Bei den Damen wurde erwartungsgemäß die Lokalmatadorin Renate Rungger Erste vor ihrer Landsfrau Sara Bottarelli und der Britin Emmie Collinge, die ihren ersten Berglauf lief. Der Vater von Renate, Albert Rungger begleitete seine Tochter und wurde Erster in M60

Zusammenfassend:

Internationales Teilnehmerfeld -  sehr gut organisiert - Temperaturunterschiede beachten - auch als Genießer ist man nicht allein unterwegs. Als erfahrener Bergläufer läuft man mit der Weltspitze.

Exklusive Startertüte: Skinfit-Shirt, Schüttelbrot (eine Südtiroler Spezialität), Marmelade, Wurst, Getränkepulver, vier Äpfel aus Südtiroler Produktion

Man muss eine Bestätigung abgeben, dass man ein gültiges ärztliches Attest für eine Laufveranstaltung besitzt.

Teilnehmerbeschränkung auf 1000 Läufer.

Es gibt auch mindestens einen Ski-Event im Winter, Mountainbike-Rennen sowie eine Drei-Zinnen-Lauf-Christmas Edition und einige weitere Laufwettbewerbe.

Anreise mit dem Zug (Pustertalbahn) möglich.

Sieger:

Männer

1. Mamu Petro, Eritrea                          1:22.44,0
2. Wyatt Jonathan, Italien-Ziano di Fiemme (TN)       1:27.46,9 
3. Niederegger Thomas, Italien-Stilfs (BZ)            1:30.15,0

Frauen

1. Rungger Renate, Italien                     1:49.28,5 
2. Bottarelli Sara, Italien                    1:49.43,2 
3. Collinge Emmie, Grossbritannien            1:54.19,4

 

Informationen: Südtirol Drei Zinnen Alpine Run
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