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07.02.15 - Trail des Bosses

Der Trail ist das Ziel

Dann erreiche ich die Abzweigung, bei der wir Mitteldistanzler  uns zwischen 35 und 45 km entscheiden können. Wer links abbiegt, der erreicht bald das Ziel, rechts dauert es noch länger. Nach meinem DNF vor drei Wochen auf Bornholm vermutete ich, dass die Gelenkentzündung durch eine Verletzung und nicht durch Verschleiß entstanden war. Zwei Wochen lang hielt ich die Entscheidung zurück, die Fahrt nach Brüssel zu stornieren. Als es mir letztes Wochenende wieder besser ging, beschloss ich, statt wie geplant für die 65 km sicherheitshalber nur auf der Mitteldistanz zu starten und notfalls dort auf 35 zu kürzen.  Doch jetzt fühle ich mich überglücklich, denn mein linkes Knie ist heute wieder absolut schmerzfrei und ich kann problemlos die 45 km Runde laufen.

Schließlich führt ein asphaltierter Weg lange Zeit leicht bergab. Ich laufe nicht gern auf Asphalt, andererseits bin ich über diesen Abschnitt froh, denn ich komme nun einige Zeit recht schnell voran.  Schon lange sind die Abstände zwischen den Läufern sehr hoch. Schade, denn eine Stelle, an der ich mich mal wieder steil und rutschig an einem Seil hinab hangeln und gleich darauf wieder an einem anderen Seil den Hang hinauf ziehen muss, ist ohne Läufer im Bild nicht sehr interessant.

Eine Weile führt ein idyllischer Pfad an einem zugefrorenen Kanal entlang.  Bei km 33 erreiche ich die zweite Verpflegungsstelle. Ich trinke schnell eine Cola, esse ein paar Nüsse und laufe dann gleich weiter. Es überwiegen zunächst die leichteren Wege, nur ab und zu durch spannendere Trails aufgelockert. Doch es wird nie langweilig. Auf den letzten 12 km überhole ich nur zwei 65er, ansonsten sehe ich keine anderen Teilnehmer.  

Im Wald ist der Schlamm an vielen Stellen noch immer gefroren, nur in der Sonne ist der Boden weich. „Noch 4 km“, ruft mir einer der Posten bei der letzten Straßenüberquerung zu. Zu meiner Freude geht es jetzt wieder meist auf kurvigen Trails bergauf und bergab. Noch einmal am Grat eines Buckels entlang, dann durch eine ehemalige Sandgrube, die nun dicht mit Heidekraut bewachsen ist, auf schmalen Pfaden im Zickzack zwischen Bäumen hindurch. Ja, das ist ein schönes Finale!  

Aber etwas fehlt: Ich nun schon 44,7 km gelaufen, meine Schuhe und meine Hose sind schlammverkrustet, doch die Socken sind noch trocken. Aber jetzt geht es an ein einen Bach, an dem ich nach einer geeigneten Stelle suchen muss, um drüber zu kommen. Geschafft! Auf der anderen Seite stehen zwei Wegspuren zur Auswahl. Die linke, bei der ein Markierungsband hängt, sieht rutschig aus. Also laufe ich rechts durch den Schlamm, der auf den ersten Blick harmlos aussieht. Irrtum! Zwei Schritte vorwärts, dann blubbert es und mein rechtes Bein steckt etwa 25 cm tief in der nassen Pampe. Ich will den Fuß herausziehen, da versinkt auch das linke Bein etwa 15 cm tief. Schnell mache ich Fotos, stecke die Kamera weg, will weiter, da versinke ich noch tiefer. Welch eine Gaudi!

Auf den letzten 400 m bis zum Ziel fühlen sich meine Füße in den schlammgefüllten Schuhen an wie beim Barfusslauf im Moor. Ich höre bei jedem Schritt ein Platschen. 100 Meter vor der Ziellinie steht Frank, mit dem ich im Oktober die 100 Meilen beim Pfälzer Weinsteig gelaufen bin. Er hat heute 65 km hinter sich. Die Leute am Ziel wundern sich darüber, dass ich kurz vor der Zeitmessmatte stehen bleibe und mit jemandem plaudere, aber ich kann mir diesen Luxus erlauben.

6:13 - recht langsam für diese Strecke, aber ich bin es heute vorsichtig angegangen und kam dennoch nicht als letzter zum Ziel. Fünf weitere Teilnehmer folgen, der letzte mehr als eine halbe Stunde nach mir. Ein offizielles Zeitlimit gibt es hier nicht, allerdings wird jeder disqualifiziert, der bei Dunkelheit ohne Stirnlampe das Ziel erreicht. Dadurch wird der letzte 65er heute sogar noch um 18:25 Uhr gewertet.

Im kleinen Restaurant direkt neben dem Start gibt es für nur 8 Euro gutes Abendessen. Bald danach spaziere ich in Richtung Bahnhof, werde gleich von einem Autofahrer mitgenommen und sitze schon vor 20 Uhr wieder im Hotel in Brüssel.

Der Lauf hat wirklich Spaß gemacht und ihr könnt euch sicher vorstellen, wie glücklich ich bin, dass mein Knie schon wieder völlig gesund ist. Mein Ziel, in diesem Jahr meinen 50. Ultra zu laufen (heute war Finish Nr. 42) ist nicht gefährdet.  

Auch am Tag nach dem Lauf fühle ich mich gut und kann daher neun Stunden lang durch Brüssel und einige Museen schlendern. Die Fahrt zu schönen Ultratrails mit interessanten Kulturausflügen oder schönen Wandertagen zu kombinieren, ist längst meine liebste Art von Urlaub. 

 
© trailrunning.de 24 Bilder
 

Brüssel ist eine ausgesprochen interessante Stadt. Das 102 m hohe Atomium wurde 1958 zur Weltausstellung erbaut und sollte eigentlich gar nicht auf Dauer stehen bleiben. Inzwischen zählt es aber längst zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Belgiens. Der Grand Place gilt zu Recht als einer der schönsten Plätze Europas. Seit 1988 steht er mit seinem filigranen gotischen Rathaus und den prunkvollen Ständehäusern in der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO. Die Galerie Saint Huber ist eine der ältesten überdachten Einkaufspassagen Europas.

In der gotischen Kathedrale Saint Michel begeistern mich die wunderschönen Fenster. Neben der wie ein griechischer Tempel wirkende Börse esse ich Freitagabend im Le Cirio, Sonntagmittag im Falstaff, beides sehr schöne Jugendstil-Restaurants. Im Jubelpark steht ein beeindruckender, 50 m hoher Triumphbogen, der ursprünglich 1880 für die Weltausstellung im australischen Melbourne geplant war, dann stattdessen aber 15 Jahre später in Brüssel gebaut wurde.  Weitere Sehenswürdigkeiten sind der königliche Palast und die gotische Kirche Notre-Dame du Slabon.  

Drei Stunden lang bewundere ich das königliche Kunstmuseum, in dem vor allem die alten flämischen Meister sowie die Jugendstil-Abteilung sehenswert sind. Am besten gefällt mir aber das Musikinstrumente-Museum mit einer der weltweit größten Instrumente-Sammlung, vor allem da man mit Audioguide auch den Klang vieler Ausstellungsstücke hören kann. Vom Restaurant auf der Dachterrasse über dem Museum hat man eine schöne Aussicht über die Stadt. Und noch immer gibt es in Brüssel vieles, wofür mir dieses Mal die Zeit gefehlt hat. Ich werde daher wiederkommen!

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Informationen: Trail des Bosses
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