„Trail des Fantomes“, noch nie gehört. Schnell wurde ich auf Google fündig und staunte nicht schlecht, als ich las, dass dieser Traillauf in und um „La Roche“ stattfindet. Im Jahr 2005 war ich schon einmal in „La Roche“ und bin dort den „Ardennen Marathon“ gelaufen.
„La Roche en Ardenne“ (Fels in den Ardennen) liegt in den östlichen Ardennen und am Oberlauf der „Ourthe“. Die Burganlage des Städtchens war einst eine römische Festung und zuletzt das römische Feudalschloss der fränkischen Könige. Im zweiten Weltkrieg wurde bei der Ardennenoffensive im Dezember 1944 „La Roche“ zu 90% zerstört. Noch heute steht auf dem Parkplatz am Quai der „Ourthe“ ein amerikanischer Panzer als Symbol der Befreiung im Januar 1945. In der Nähe von „La Roche“ befindet sich die Kapelle „Saint Marguerite“ an der die Läufer vorbei kommen.
Der Trail des Fantomes findet heuer zum vierten Mal statt und soll mittlerweile mit zu den schwersten Trailläufen in Belgien gehören. Aus den anfänglich 42 km sind mittlerweile 50 km geworden. Aus ehemals 750 Hm sind nun stolze 2350 Hm + geworden.
Natürlich war ich neugierig auf diesen Trail und meldete mich an, um zu sehen und zu erlaufen, was aus dem Ardennen Marathon geworden ist.
Der Anlaufpunkt mit Start und Ziel befindet sich auf dem Schlossgelände des Hotel Floreal in La Roche neben der Ourthe. Jeder vorangemeldeter Läufer erhält bei Abholung der Startunterlagen ein Laufshirt mit seiner persönlichen Startnummer drauf. Somit stellte der Veranstalter sicher, dass kein bunter Haufen auf die Strecke ging, sondern alle in ein blau/weißes Shirt, dass nach dem Lauf jeder Teilnehmer auch behalten durfte.
Um 7:00 Uhr gehen dann knapp 160 Teilnehmer auf eine abenteuerliche Reise. Zuerst geht es ein Stück durch den Ort bis an den Wald und dem ersten leichten Anstieg. Ein erster kleiner Bach muss bei km 2 übersprungen oder durchlaufen werden. Der folgende Anstieg ist dann etwas steiler und es wird direkt marschiert. Bei der „Chapelle Ste- Marguerite“ wird die Laufstrecke dann ruppiger. Erste Bäumchen, die über dem Weg liegen, müssen überklettert werden. Wenig später geht es dann zur Sache, denn der folgende Anstieg wird steiler im immer dichter werdenden Wald. Immer schmaler wird der Pfad und immer mehr Wurzeln erschweren den Lauf. Mittlerweile müssen auch die ersten Felspassagen erklettert werden.
Nach Erreichen des Scheitels hoch über der „Ourthe“, bietet sich den Teilnehmern ein herrlicher Blick über die Wälder der Ardennen und hinunter ins Tal. So steil wie es hinauf ging, so steil geht es auch hinab zur „Ourthe“. Mal in Serpentinen und auch mal in direkter Linie auf dem Hintern. Hier benötigt man wirklich gute Traillaufschuhe mit besonders grobem Profil. Neben dem Fluss laufend besteht der schmale Pfad ausschließlich aus Wurzeln und Steinen der übelsten Sorte. Zwischenzeitlich taucht man sogar in einen Urwald ein, wo immer wieder unter querliegende Bäume gekrochen oder über die gesprungen werden muss. Ein Traum für jeden Geländeläufer.
Nach dieser kleinen Erholungsphase zeigt der Pfad wieder steil nach oben. Durch dichte Vegetation geht es wieder nur wandernd voran. Ist man oben angelangt, geht es plötzlich durch mannshohes Gras sofort wieder steil bergab. Kaum ist man wieder unten an der „Ourthe“, geht es abermals nach ein paar hundert Metern steil bergan. Diesmal durch einen Fichtenwald mit von Tannennadeln bedeckten Waldboden.
So geht es die ganze Zeit. Immer rauf und runter, obwohl noch nicht einmal ein Drittel absolviert ist. Wieder Mal unten an der „Ourthe“ angekommen, wird neben dieser eine Zeitlang gelaufen. Der Pfad ist aber alles andere als leicht zu laufen, denn er ist bestückt mit Wurzeln und Steinen der verkommensten Art. Dann ist er plötzlich da, ein gigantischer Anstieg im Wald. Fast senkrecht geht es nach oben. Bäume mit ihren Luftwurzeln dienen dabei mehrfach als stufige Hilfe. Auf Händen und Füßen bewegt man sich aufwärts. Bei Verlassen des Waldes auf den Höhen der Ardennen erreicht man dann bei km 13 die erste VS. Derer vier gibt es auf diesem Trail. Somit ist der Teilnehmer auf Eigenverpflegung angewiesen. Hat man sich gut und reichlich versorgt, geht es kurz hinter der VS wieder in den Wald hinein und steil bergab auf schwierigem Geläuf. Wieder muss eine Steilpassage zum Teil auf den Hintern abwärtsrutschend gemeistert werden.
Unten an der „Ourthe“ geht es sofort wieder über Felsen und Wurzeln zu einer Steilwand. Die Markierung zeigt hier nach oben. Mit Hilfe einer angebrachten Kette müssen wir uns hier 80 Hm nach oben hangeln. Ist dieses geschafft, bekommt man zur Belohnung einen fantastischen Ausblick über die Höhen der Ardennen und hinunter zur „Ourthe“. Was jetzt zwangsläufig folgt, kann ich mir mittlerweile denken: Ein steiler Abstieg auf schmalem Pfad und in langen und kurzen Serpentinen.
Wieder unten am Fluss angekommen, wird es spektakulär, denn der Pfad endet plötzlich im Nichts. Bin ich falsch oder muss ich gar durch den Fluss. Angebrachte Markierungsbänder am gegenüberliegenden Ufer sprechen eine eindeutige Sprache. Kein Seil oder sonst eine Hilfe ist für diese Flussquerung angebracht. Da der Grund des Flussbettes aus Steinen unterschiedlicher Größe besteht, ist die erfrischende Durchquerung der „Ourthe“ kein leichtes Unterfangen. Drüben angekommen, geht es dann etliche Kilometer neben dem Fluss auf unebenem Geläuf entlang. Dabei müssen stellenweise Bäume und Felsen überklettert werden.
Ist dieser Streckenabschnitt geschafft, zeigt die Laufrichtung sogleich in Richtung Himmel, den man fast nicht sieht, denn der Wald in dem wir uns befinden, ist ziemlich dicht gewachsen. Dieses Mal müssen etliche Höhenmeter über Stufen erklommen werden. Ist der höchste Punkt dieser Passage erreicht, geht es auf einem schmalen Grat einige hundert Meter daher. Links und rechts nur steiler Abgrund. Der folgende steile Abstieg erfolgt dann wie der Aufstieg über Treppen hinunter zur „Ourthe“.
Ein Stück neben dem Fluss laufend gelangt man an ein Wehr, über dessen Staumauer der Fluss gequert wird. Auf der anderen Seite geht es sofort wieder bergan und man gelangt an die zweite VS bei km 25. Was folgt ist ein steiler Abstieg hinunter an den „Lac Barrage de Nisramont“. Dieser See muss komplett umrundet werden. Zeitweise hat man einen schönen Blick auf den See mit im seichten Wasser stehende Angler. Auch sieht man auf der gegenüberliegenden Seite andere Läufer, die sich schon auf dem Rückweg befinden.
Da will ich auch hin, aber der Weg ist noch weit. Fast nur flach geht es daher, aber kleine kurze An- und Abstiege, teils über Wurzeln und Steine ziehen einem kontinuierlich die Kraft aus den Beinen. Ist die Umrundung geschafft, geht es hoch durch einen Bruchwald aus umgestürzten Tannen auf ein Hochplateau. Hier läuft man auf einem Feldweg zur dritten VS bei Km 34.
Nach dieser VS geht es eine Weile auf einer Forststraße durch den Ardennenwald. Hier zeigt ein Richtungspfeil plötzlich auf einen Singletrail durch hohes Ginstergebüsch. Es geht leicht abwärts. Ein kleiner Bach muss gequert werden, an dem ich mich ausgiebig erfrische. Neben diesem Bach geht es kontinuierlich abwärts hinunter zur „Ourthe“.
Kurz neben dem Fluss laufend zeigt der Pfad schon wieder nach oben, diesmal erfolgt der Aufstieg aber auf einen breiten Forstweg in Serpentinen. Auch hier wird mittlerweile viel und lange gewandert. Fast oben angekommen, durchläuft man eine kleine Bungalow Ferienhaussiedlung. Ein Stück geht es auf den Ardennenhöhen durch den Wald flach daher. Nach dieser Erholungsphase geht es auf schmalen Pfaden bergab zur vierten und letzten VS bei Km 44.
Der folgende Aufstieg in kurzen Serpentinen ist dermaßen steil, dass ich zwischendurch Verschnaufpausen einlegen muss. Oben angekommen, gelangt man auf ein Hochplateau und man läuft auf einem breiten Feldweg in Richtung „La Roche“, das man in der Ferne schon sehen kann. 1 km vor dem Finish, das ein Plakat ankündigt, geht es noch einmal in den Wald hinein. In kurzen und langen Serpentinen geht es steil hinunter zur „Ourthe“. Hier steht dann die zweite Flussquerung an. Unter dem Jubel vieler Zuschauer auf der anderen Seite, tut diese Wasserpassage kurz vor dem Ziel gigantisch gut. Die letzten 500 m durch den Schlosspark ist dann nur noch Schaulaufen, denn jeder Teilnehmer, der das Ziel erreicht wird beklatscht und gefeiert.
Fazit: Diese 50 km mit seinen 2350 Höhenmetern sind der Hammer! Es geht bei diesem Trail zu 80% nur rauf und runter. Die wenigen Flachpassagen sind aber nicht ohne. Ständige Konzentration und eine gute Koordination sind hier absolut gefordert. Ich bin begeistert von diesem Trail in den Ardennen. Er gehört zweifelsohne in die Euro-League der Trailläufe.
Fahrt nächstes Jahr hin nach „La Roche“ und überzeugt euch selbst. Diesen Lauf möchte ich aber nicht bei Regen machen, denn er war hier und heute bei trocknem Wetter schon ab und an grenzwertig.