Im 12. Jh. wurde die heutige Haut Koenigsbourg von den Hohenstaufen erbaut. Später wurde sie Raubrittersburg, im 30jährigen Krieg von den Schweden zerstört und dann von den Habsburgern zurückerobert.
Als Folge des 1870-1871 geführten Krieges zwischen Frankreich und Preußen wurden im Frankfurter Frieden von 1871 Teile Ostfrankreichs (Elsass / Lothringen) an das Deutsche Kaiserreich abgetreten. Die Grenzziehung erfolgte dabei unter sprachlichen Aspekten. Der Frankfurter Frieden beinhaltete aber auch eine Option. So konnte bis Oktober 1872 die Bevölkerung frei wählen, ob sie Franzosen oder Deutsche sein wollten. Wer sich für Frankreich entschied, musste aber das Elsass und Lothringen verlassen. 200.000 Deutsche wanderten im Gegenzug ein. Deutsch wurde obligatorisch und die Ortsnamen germanisiert.
Nach dem 1. Weltkrieg legte Frankreich im Versailler Vertrag fest, dass Elsass /Lothringen wieder französisch wurden. Mittlerweile sprachen aber von den 1,8 Mio Einwohnern 1,6 deutsch.
In der Zeit von 1940 bis 1945 fiel Elsass/Lothringen wieder an Deutschland.
In dieser Zeit entstand in der Nähe von Schirmeck das einzige Vernichtungslager westlich des Rheins, der Struthof. 10.000 Juden und Widerstandskämpfer starben bei der Zwangsarbeit, 20 – 30.000 in der Gaskammer. Memorial, Friedhof, Baracken und Gaskammer können noch heute besichtigt werden.
Nach dem 2. Weltkrieg gingen das Elsass und Lothringen wieder an Frankreich zurück. Aber noch heute haben viele Vogesenberge, Burgen und Orte deutsche Namen.
Das „Chateau du Haut Koenigsbourg“ ist eine zu Beginn des 20. Jahrhunderts rekonstruierte Burg bei Orschweiler am Fuße der Ostvogesen. Die Burganlage thront als Gipfelburg in 757 m Höhe am Ostrand der Vogesen auf einem mächtigen Buntsteinfelsen. Die Burg wurde im 12. Jh. als staufische Reichsburg erbaut und befand sich ab 1871 im Deutschen Reich, an welches das Elsass nach dem Deutsch- Französischen Krieg abgetreten war. Im Jahr 1899 schenkte die Stadt „Schlettstadt“ (heute Selestat) die Burg Kaiser Wilhelm II. In den Jahren von 1901 bis 1908 ließ Kaiser Wilhelm die Burg restaurieren. In zehnjähriger Arbeit entstand die Haut Koenigsbourg völlig neu. Auf Geheiß des Kaisers wurde die Burg nach alten Plänen auf den Mauerresten einer im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Festungsruine errichtet.
Weitere interessante Burganlagen bzw. Ruinen befinden sich nicht weit entfernt, ebenfalls am Fuße der Ostvogesen nahe dem Städtchen Rappoltsweiler, heute „Ribeauville“ (Haut Ribeaupierre, St. Ulrich und Girsberg).
An all diesen tollen Sehenswürdigkeiten führt die Laufstrecke des „Trail du Haut Koenigsbourg“ vorbei.
Marita und ich reisen schon am Samstag an, um die Burg Haut Koenigsbourg zu besichtigen. Dann geht‘s nach Ribeauville, um den Ort und die Burgen oberhalb zu bestaunen, an denen der Lauf entlang geht. Zurück in Kintzheim, machen dort noch einen Spaziergang zu der im Wald versteckten Schlossruine. Hier befindet sich eine eingerichtete Adlerwarte mit rund 80 Tag- und Nachtraubvögel. Dann endlich hole ich mir im Salle de Feste meine Startunterlagen ab. Als ich mein ärztliches Attest vorlege, bekomme ich sie ausgehändigt.
Mittlerweile sind aus den zwei Laufstrecken drei geworden. Hinzugekommen ist in diesem Jahr noch eine 84 Km lange Strecke. Die spinnen die Gallier. Immer weiter und immer mehr Höhenmeter müssen im Angebot sein.
Unser Quartier haben Marita und ich einige Km entfernt von Kintzheim bezogen. Auf Booking.com fand ich eine alte Scheune, die in ein uriges, kleines Hotel umgebaut wurde. Leider müssen wir am Lauftag auf das „Petit jeunner“ verzichten, da der 54ger schon um 7:00 Uhr gestartet wird.
Eigentlich habe ich vor diesem Lauf richtig Angst. Zu viele Läufe hatte ich wegen meines lädierten Knie in diesem Jahr gecancelt. Noch vor einer Woche beim Lauf „Rund um die Burg Are“ bin ich wegen massiver Knieschmerzen bei Km 20 ausgestiegen. Und nun sollten es 54 Km mit 2020 HöM werden.
Nach dem Startschuss rennen die Franzosen durch Kintzheim wie die Stiere durch Pamplona. Ruck zuck befinde ich mich am Ende des Läuferfeldes. Aber was soll`s, schließlich will ich den Lauf erleben und genießen. Kurz hinter Kintzheim geht es in die Weinberge auf einem breiten Witschaftsweg mäßig ansteigend hinüber zum Ort Chatenoi. Mitten in den Weinbergen steht ein Memorial, dem gegenüber eine kleine Kirche mit bunten Dachschindeln.
Nach Verlassen der Weinberge, ich konnte es mir nicht verkneifen von den leckeren Trauben zu naschen, wird der Weg steiler und es geht in den Wald. Zuerst geht es in langen Serpentinen, vorbei am Maistein Rocher, auf einem breiten Forstweg zum 532 mtr. hohen Gipfel des Le Hahnenberg. Kurz unterhalb wechselt plötzlich der Weg in einen schmalen Wurzeltrail. Da ich bergauf mit meinem Knie kaum Probleme habe, habe ich schnell auf eine Gruppe Pikadores von acht Trailern aufgeschlossen. Oben vom Gipfel bietet sich mir ein schöner Blick zur Rheinebene und hinüber zum Kaiserstuhl. Beim folgenden Abstieg auf einen mit Wuzeln und Steinen gespickten Pfad ist springen und hüpfen angesagt. Ein Franzmann, der zuvor an mir vorbei gesprungen ist, stürtzt. Ich sagte doch, die spinnen die Gallier.
Der Pfad wird zum breiten Forstweg. Es geht unterhalb durch den la Montagne des Singes (Affengehege) zum Felsen Totermann. Von dort geht es zur Rückseite der Haut Koenigsbourg auf einem schönen Wurzelpfad bergan. Bei diesem Aufstieg bin ich wieder Letzter und allein. Teddy ist mir mal wieder enteilt. Auf halber Höhe ist der schöne Pfad zu Ende und es geht bis zur ersten VS bei Km 17 nur noch auf breiten Forstwegen dahin.
An der VS trinke ich zwei Becher Cola und ergaunere mir zu meiner Freude sogar einen Becher Rotwein. Ab der VS geht es weiter auf einer Waldautobahn, aber merklich bergan, auf einem Wiesenpfad dann plötzlich ziemlich heftig. Es geht hinauf ins Massif du Taennchel. Wurzeln und Steine erschweren den Aufstieg ins Felsenlabyrinth.
Als geheimnisvoller Ort gilt die kleine Hochfläche des Taennchel, angesichts der bizarren Buntsandsteinfelsen. Hier bekommt man gigantische, moosbewachsende, übereinanderliegende Felsen zu sehen. Am Rocher des Trois Tablets gibt es eine Treppe, um diesen Felsen zu besteigen. Schade, leider hat der Veranstalter es versäumt, den Läufern das gesamte Felsenmeer zu zeigen. Es hätte noch weit mehr bizarre Felsformationen zu sehen gegeben.
Im leichten Auf und Ab geht es dann am Berghang abwärts zum Col du Ribeauville. Von hier bis zum Weiler „La Petit Verrerie“ befinde ich mich wieder für mehrere Km auf einem breiten Forstweg. Es geht immer bergab, Teddy hat mich mittlerweile mal wieder überholt. Ihn sollte ich erst kurz vor Thannenkirch wieder einfangen.
Ziemlich unten im Tal werde ich von zwei Ordnern ausgebremst. Sie zeigen in einen Trail am Berghang, der steil nach oben führt. OK, es ist mal wieder schnelles Marschieren angesagt. Kaum habe ich den Scheitel erreicht, geht es sofort wieder auf einem schmalen Hangpfad bergab. Unten im Tal angekommen, zeigt die Laufrichtung aber sofort wieder bergan.
Es geht ein kurzes Stück auf einem mit Natursteinen gepflasterten Weg daher. Nach einer kurzen Wanderung öffnet sich der Wald und ich laufe auf einem Wiesenpfad in den Weiler „La Grande Verrerie“. Hier ist die zweite VS und Km 30 erreicht. Ab der VS geht es wieder kräftig bergan. Zuerst auf einer asphaltierten Fahrstrasse, wenig später durch einen steilen Hohlweg. Hier muss ich ab und an kurze Verschnaufpausen einlegen. Irgendwann bin ich irgendwie, irgendwo oben angekommen. Der steile Aufstieg ist zu Ende. Es geht auf einem breiten Forstweg viele Km hinüber in den Ort Thannenkirch. Hier stoße ich wieder auf Teddy. Ab Thannenkirch verläuft die Laufstrecke auf einem Trail mit Wurzeln und Steinen etwas oberhalb der Fahrstrasse zur Haut Koenigsbourg immer bergan. Mal moderat, aber auch mal heftig.
Mittlerweile bin ich so gut drauf, dass ich sogar einige französische Trailer überholen kann. Gott sei Dank, ich bin nicht mehr Letzter. Teddy habe ich kurz hinter Thannenkirch abgehangen. Ihn sollte ich erst im Ziel wiedertreffen. Am Schäntzel beginnt dann der Aufstieg zum Parkplatz der Burg. Hier ist Km 44 und die dritte VS aufgebaut. Ich fülle meine Trinkflaschen auf und steige anschließend auf einem steilen Pfad zur Burg hoch. Bei diesem Aufstieg lasse ich noch einige Gallier liegen.
Es geht ein kurzes Stück an der unteren Burgmauer entlang, wo mich dann ein Burgfräulein empfängt und mich durch ein Tor in der Mauer geleitet. Hier wandele ich auf alten deutschen Spuren. Es geht durch die Burg, über viele Holzstufen, hindurch. Hier dürfen keine Touristen hin, dieses Privileg genießen heute ausschließlich wir Trailer. Immer wieder werde ich an heiklen Stellen innerhalb der Burg von verkleideten Helfern unterstützt.
Ich habe das Chateau auf verbotenen Wegen durchlaufen und muss jetzt eine sehr steile Treppe in den Burgwald hinab steigen. Hier erreiche ich einen Singletrail, der keine Wünsche offen lässt. Steil, sehr steil geht es abwärts zum Restaurant „Schaflager“. Auf einem schönen Waldweg gelangt man dann zur Auberge La Wick, wo sich auch der Eingang zum Affengehege befindet. Ab hier sind es nur noch drei Km bis ins Ziel.
Etwas oberhalb von Kintzheim verlässt man den Wald und man kommt wieder in die Weinberge, die man schon am frühen Morgen durchlaufen hatte. Sollte ich hier noch einmal von den verbotenen Früchten naschen? Nein, ich laufe weiter, erreiche die ersten Häuser und nach einer Biegung das Ziel. Mit 8:25:31 Std. hätte ich im Traum nicht gerechnet. Mein Knie hat gehalten.
Fazit: Es gibt zwei spektakuläre Streckenteile - das Felsenlabyrinth des Taennchel (das allerdings noch mehr zu bieten hat, als das, was an der Streccke liegt), und der Lauf durch das Chateau Haut Koenigsbourg als Sahnehäubchen. Ungefähr die Hälfte der Strecke sind tolle Trails, die andere Hälfte breite Waldautobahnen. Da gibt es noch etwas Optimierungspotential.