Oberhalb von Wintzfelden, inzwischen stehen fast 30 Kilometer auf dem Zähler, befinden wir uns wieder auf einer Höhe von wenig mehr als 400 Metern. Auf weniger als sieben Kilometer wurden also annähern 900 Höhenmeter abgebaut. Kein Wunder kommt es mir vor, als seien es abwärts weitaus mehr Höhenmeter, die zu bewältigen sind.
Bergab so richtig in Schwung gekommen und aufgewärmt, erreicht meine Betriebstemperatur spätestens beim Verlassen des Waldes einen der Kleidung nicht mehr entsprechenden Wert. Am schon bekannten Brunnen in Osenbach kühle ich mich erst ein bisschen ab, dann entledige ich mich der überflüssigen Teile, verstaue sie im Rucksack und greife am Verpflegungsstand beim flüssigen Buffet kräftig zu. Dabei geht zwar ziemlich Zeit flöten, beeilen muss ich mich aber nicht, denn bis das Zeitlimit zum „Cut off“ an dieser Stelle um ist (33,6Km, 5:30), dauert es noch eine Weile.
Beim Verlassen des Dorfes beginnt der letzte längere Aufstieg. Dabei wird der Forst der Gemeinde Pfaffenheim durchquert. Der Ortsname entstammt dem Namen „Papanheim“, was jedoch in keinem Zusammenhang mit den Pappenheimern in Schillers Drama „Wallensteins Tod“ steht. Auch nicht mit den Marathon-Pappenheimern – oder üblichen Verdächtigen – denen ich vor der Startlinie wieder über den Weg gelaufen bin und von denen es in den kommenden Jahren noch mehr geben könnte, denn ich höre nur begeisterte Kommentare zu diesem Trail.
Ein längerer Ziehweg mit Gefälle ist eine wahre Freude für Gelenke, Knorpel, Sehnen, Bänder und Muskeln. Konsistenz und Zusammensetzung der Erde sind perfekt: Ohne dass etwas davon an ihm haften bleibt, gräbt sich das Profil in den Untergrund, butterweich und ohne Rutschgefahr kann ich in langen Schritten dem nächsten Streckenabschnitt entgegeneilen.
Dieser führt um den Herrenberg herum, wo über Gueberschwihr wieder ins Rheintal geblickt werden kann. Etwas weiter, in der Mitte des vierzigsten Kilometers, ist bei „Notre-Dame du Schauenberg“ der letzte Verpflegungsposten.
An der von Franziskanermönchen aus Rouffach im 16. Und 17. Jahrhundert erbauten Kapelle selbst kommen wir nicht vorbei. Ein kurzer Anstieg führt uns auf einen weiteren Singletrail.
Vier weitere Kilometer liegen vor uns, bevor wir beim nicht mehr unbekannten Neuland wieder an den Reben vorbei den Schlussteil in Angriff nehmen.
Der Weg steigt nochmals an und es sind bereits Trommeln zu hören. Ist das schon das Werk des für den Zieleinlauf engagierten DJ? Gut, dann hab ich es gleich geschafft, das wäre prima, denn die Beine geben mir zu verstehen, dass sie auch schon trainierter waren, was meinen mentalen Höhenflug auf eine leicht tiefere Ebene legt. Doch zur Landung kann ich noch nicht ansetzen. Bei der Ölberg-Kapelle ist auf der Wiese zwar eine Rhythmusgruppe daran, ihre Schlaginstrumente zu unserem Antrieb zu bearbeiten, doch statt des Zieleinlaufs erwartet uns nur eine Wasserstelle, von der ich allerdings dankbar Gebrauch mache.
Jetzt geht es noch einmal zur Sache. In der Nähe eines Steinbruchs, in welchem der ortstypische gelbe Sandstein abgebaut wurde, quert ein schmaler Pfad dichtes Buschwerk und erfordert nochmals Aufmerksamkeit. Dann gibt es eine schöne Aussicht auf Rouffach, wohin wir durch die Rebberge hinunterlaufen. Katrin, mit der ich einige Kilometer gemeinsam unterwegs war, macht mich darauf aufmerksam, dass einer der ominösen Zeitensprünge unmittelbar bevorsteht, also geben wir nochmals Schub und überqueren gemeinsam die Ziellinie in der kleinen Parkanlage. Dass wir trotzdem mit zwei einige Sekunden auseinanderliegenden Endzeiten in der Rangliste aufgeführt werden, ist zwar ein kleiner Schönheitsfehler, der auch bei einer Zeitnahme ohne Chip nicht sein müsste, da wir aber beide noch mit einer Fünf bei den Stunden gelistet sind, stört mich dieser nicht.
Gleich nach der Ankunft wird eine Flasche Wasser gereicht und als Finishergeschenk gibt es einen Rucksack. Die Zielverpflegung lasse ich aus, obwohl ich keine Zweifel habe, dass diese der Qualität der Verpflegung unterwegs entspricht. Der Sinn steht mir nach dieser schönen Anstrengung nach einer währschaften Elsässer Spezialität, die ich nach einer warmen Dusche auch noch finde, obwohl das Städtchen ziemlich ausgestorben wirkt.
Auf dem Gang zum Parkplatz fällt mir das Klappern der Störche auf den Dächern auf. In Rouffach klappern die Störche auf den Dächern, bei uns werden es bald die Spatzen von den Dächern pfeifen, wenn die Mund-zu-Mund-Propaganda weiter so funktioniert: Der Trail du Petit Ballon ist ein wahrer Leckerbissen für Freunde von Trail- und Landschaftsläufen. Eine gute Streckenwahl, gut organisiert und das alles zu einem fairen Preis. Der Organisationschef, Eric Millet, ist mit dieser Austragung dem Ziel, vermehrt Teilnehmende aus dem angrenzenden Ausland für diesen Lauf begeistern zu können, zusammen mit allen freundlichen Helfern sicher ein gutes Stück näher gekommen.
28.03.17 | Erster ECU-Wertungslauf 2017 über den Petit Ballon |