85 km und 3000 Hm sind für die 106 gemeldeten Starter keine schockierende Hausnummer, denn wer sich zum 1.Trail Römische Weinstrasse (TRW) gemeldet hat, der weiß, was er kann.
Zunächst finde ich es uncool, dass 20 Läufer nicht antreten, sich freundlicherweise aber am Vorabend abmelden. Im Laufe des Samstag sehe ich ein, dass es doch denkende Ultraläufer gibt, denn bei 35 Grad in den Weinbergen rumzutorkeln, ist einfach nur hirnlos.
Damit der Lauf zwei UTMB-Qualipunkte erhält, gibt es nur 4 Verpflegungsstellen, schockiert die verbliebenen 86 Starter aber zunächst nicht. Doch die Weinberge haben eigene Gesetze und warten mit geschätzten 47 Grad an den Steilhängen auf. Nur 56 Trailer werden ankommen.
Wenn Du nicht mehr weiterlesen will, weil Du zu diesem Trail sowieso nie im Leben antreten wirst, listen to me: Die nächste Ausgabe gibt es erst wieder in 2015, und nicht mehr so, sondern wesentlich entschärfter, im Frühjahr und mit einem Notausstieg bei km 33
Und: Du wenn du nicht antrittst, wirst Du nie mehr in Deinem Leben die steilen Moselhänge mit all den naturellen Kostbarkeiten erleben, Nie! Es ist hart, Du auch! Wie zur Entschuldigung wird die Internetadresse des TRW noch in der Nacht umgestellt.
Es ist kein Zufall, dass der TRW die gleichen Hausnummern hat, wie der Keufelskopf Ultra Trail (KUT). Uns erwarten ähnliche “Spielchen”, Überraschungen und kleine Gemeinheiten, Dinge, die wichtig sind für einen großartigen, unvergesslichen Trail.
Der Organisator, Markus Krempchen, hat schon beim Uewersauer Trail seine Händchen im Spiel, sein Bruder macht den Behörden- und Hardwarekram.
Markus, Biggi und Sascha haben vier Jahre lang die Streckenführung erkundet, jedoch bezweifel ich, dass einer von denen die Strecke schon je nonstop gelaufen ist.
Die Markierungen hat Markus alleine durchgeführt. Eine unmenschliche Leistung, die er sehr gut gemacht hat. Es gab trotzdem einige böse Verlaufer, die aber dem Souvenirtrieb der Einheimischen anzulasten sind und durchaus im Rahmen bleiben.
Start ist in Schweich, dort, wo die Mosel am Schönsten ist, wo die steilen Weinberge mit ihren uralten Schieferterrassen ein nie erlebtes Trailgebiet bieten. Mit dem Auto direkt an der A1 liegend, mit der Bahn über Koblenz erreichbar. Infrastruktur in der Stefan-Andreas Halle (war ein Bestellerautor), Nachmeldungen hier Freitagabend noch möglich.
Übernachtung auf dem Campingplatz (300 Stellplätze) 100 Meter Fußweg von der Halle. Wer den Babywickeltisch nicht nutzt, zahlt nur 9 Euro.
Am mittelalterlichen Fährturm, der einst das Fährseil hielt und als Eisbrecher diente, ist das sehr empfehlenswerte Restaurant des Campingplatzes und hat einen hervorragenden Steakgrill.
Neben dem Campingplatz der Stadtteil Issel (röm.: insular, kleine Insel). Man muss sich die Mosel unter römischer Zeit vorstellen: der Treidelweg (auf denen die Lastkähne mit Menschen- oder Pferdekraft flussaufwärts gezogen wurden) füllte sich bei Hochwasser mit Schlamm und toten Fischen, trennte den Fluss von der stinkenden Ortschaft.
Am Campingplatz führt die alte Römerstraße über die Brücke nach Longuich (Longus Vicus = langer Weg), dort ist die Villa Urbana zu bewundern.
Vielleicht lag es an der komischen Sprache, in der der Countdown um 7 Uhr abgehalten wird, ein mustergültiger Start sieht jedenfalls anders aus. Vielleicht wollen wir auch nicht so recht. Nur widerwillig setzt dann doch der Herdentrieb ein. Ungewöhnlich lange hält das Läuferfeld zusammen, extrem zeitraubend die wegelosen Passagen durch Weinberge und das dornige Gestrüpp.
Beim Fotografieren des Zitronenkrämerkreuzes (ca km 10) verliere ich den Anschluss. Hier auf dem Moselhöhenweg wurden 1687 Vater und Sohn Ambros von ihrem Diener ermordet. Zitronen fanden damals nicht den langen Weg von Italien, aber die beiden Händler, die vom Comer See stammen und in Trier das “Hotel Venedig” bauten. Das Wappen auf dem Kreuz zeigt einen Karren mit rückwärts blickenden Vögeln. Ein paar Worte kann ich entziffern, die Kinder des “allhier verstorbenen PI Carove seligen Andenkens…” haben das Kreuz errichtet.
Erste Verpflegungsstation ist oberhalb von Schleich (km 20), ein Urlaubsort. Erste Urlauber waren die römischen Soldaten, und was die nicht in den Tavernen ließen, wurde in Gedenksteine an Wegekreuzungen investiert. Mithraskult war beliebt, mitgebracht aus dem persischen Bereich. Man errichtete an Orten von Unglücken, Verbrechen oder Hinrichtungen Gedenksteine. Viele Steine wurden in Folge der Christianisierung mit neuen Inschriften versehen. Vier Bildstöcke sind erhalten. Weitere Steine nahm man im Mittelalter vom Friedhof, einer davon ist das Martinskreuz, ein 4 m hoher Sandsteinblock, zu dem wir jetzt den steilen Weg hinauflaufen.
Mein Lateinlehrer war so kurzsichtig, dass er mich nie erwischen konnte.
Anscheinend war er aber nicht so kurzsichtig, wie ich dachte, denn nun klebt mein Fuschzettel mit dem Hinweis “Corpus delicti “ auf dieser Klausur, nun eingerahmt über meinem Schreibtisch.
Ich habe das große Latinum, die Römer große Latrinen. Hier an der Mosel waren das lange Balken, die auf dem Hauptplatz mit Tüchern verhängt wurden. Auf denen saßen schon mal 50 Römer aufgereiht und unterhielten sich stundenlang über politische Themen. Wenn das die Merkel wüsste!!
In Japan ging der Shogun einfach in das nächste Haus, kackte wortlos in die gute Stube. Das war eine große Ehre für den Hausherrn, der das Hinterlassene stolz seinen Nachbarn präsentierte.
Angies Thailänder verbrachte jedes Mal 2 bis 3 Stunden auf dem deutschen Klo, nie zuvor hatte er solche Ruhe genießen können. War dann aber auch der Trennungsgrund. Auch ich habe meine Ruhe, denn ich bin am Schluss des Läuferfeldes.