Todlermillen so heisst die Ansammlung von mikrigen Häusern an der Brücke über die Sauer. Von der Mühle ist nie etwas übrig geblieben, nicht mal ein Mühlstein. Die Lage war ungünstig gewählt, es gab nur schlechte Wege und das Korn musste hierher getragen werden.
Ein traumhafter Trail führt uns nun kilometerlang am Steilhang der Sauer entlang. Nicht einfach zu laufen, aber mit feinste Ausblicken. Heischtergronn auf der anderen Seite des Flusses, unter uns das Hotel Bissen. Darüber die Höhle, in der die „Wichtelcher“ wohnten, die den Inhaber der Papiermühle so reich gemacht hatten.
Goesdorf rechts oben (auf deutsch Giessdorf), denn hier wurde Antimonerz, auch Spiessglanz geschmolzen und gegossen. Daraus wurden Buchdrucklettern hergestellt. Heute braucht man es für homöopathische Kügelchen.
VP 2 (15,3km), kurzes Stück die Strasse hoch, dann beginnt wieder der herrliche Trail zwischen wärmenden Schieferfelsen und gähnendem Abgrund. Unter uns Esch-sur-Sure, nicht sichtbar, weil eingekeilt im grün-braunen Tal, wo die Sauer in einer weiten Schleife drumherum fliesst.
Kaundorf VP3 (km 25,4). Als ich mir Mitte der Woche die Strecke anschaute, fiel mir ein seltsamer Flurname auf: „Den Doudemännchen“, „Dem Totenmännchen“, passend zum Totensonntag. Wanderer erzählen immer wieder von dem flehenden, wehmütigen Klagen, welches sie hier hören, dann erscheint diese blutige Gestalt zwischen den dunklen Bäumen. Es soll die Seele eines grausam ermordeten Einsiedlers sein. Ich bin schon blutig und über mir schwebt der fürchterliche Hammer, viel zu früh, da erblicke ich wenige Meter von hier eine Champion-Chip-Matte, denke aber noch, sie sei für eine andere Streckendisziplin ausgelegt.
Eine Fliegerbombe erinnert an die Ardennenoffensive. Fünf Bunker gibt es noch in Kaundorf, einer davon ist zur Besichtigung freigegeben. Hinab geht es zum Stausee. Ein Piepen im Wald, eine Messmatte. Lultzhausen, die Jugendherberge auf der anderen Seite, hier gibt es eine Tauchbasis. Sehenswert ist das alte Dorf in etwa 40 Metern Tiefe.
Und nun schlägt das Jasmännchen wieder zu: Du denkst du hast jetzt einen gemütlichen Lauf entlang des Sees, da kommt das Schmaker, die Überraschung, die neue Streckenführung,denn es geht wieder hinauf, aber sowas von steil, dass der Puls dir aus den Ohren fliegt.
Wunderschöne Entschädigung gibt es oben. Der Aufstieg war schon atemberaubend, aber der Ausblick ist der Hit. Ein Grüppchen versammelt sich, schaut freudestrahlend in das sonnige Tal, schiesst Fotos und freut sich am Leben.
Ganz großes Kino der Trail hier oben. Dann die Messmatte, sie ist doch für uns, dann geht es wieder steil hinab. Aber bis zum VP 4 (km 32) hinter der Talsperre ist es noch sehr weit. Linker Hand wieder Esch-sur-Sure. Den Ersten gehen die Kräfte aus, sie bleiben beim VP liegen, Jasmännchen hat zugeschlagen, Kilometerangaben verrückt und den Läufern das Blut ausgesaugt.
Über die wegen Baumaßnahmen gesperrte Strasse, die ich gestern Nacht langgeschrammt bin, geht es bis zur Brücke über den Stausee. Unschöne Strecke, aber dann kommt wieder ein Highlight. Am Seitenarm des Sees geht es nun kilometerlang einen schmalen Pfad entlang. Es ist wieder die Originalstrecke. Immer schmaler wird der Bach, der über kleine Schieferabbrüche gurgelt. Ich habe schrecklichen Durst, der Weg ist so ewig weit.
Hier um den Wald bei Eschdorf geistert das Homännchen herum, ein Mann in einem schwarzen Umhang, der die Wanderer grausam anstarrt. Er soll immer neben einer uralten Buche stehen. Wer hier starrt sind wir, denn es geht stetig nach oben und die Zeit drängt.
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Kuhborn VP5 (km 40,2). Man erzählt sich, hier käme regelmäßig eine rote Kuh ohne Kopf zum Trinken an den Teich. Wenn sie ihren Hals zum Trinken senkt, erhebt sich aus dem Weiher ein Wassserstrahl und sucht sich seinen Weg durch die Gurgel der Kuh.
Minutenlang stehen wir hier, völlig ausgelaugt, gurgeln das Isozeug hinunter, dann geht es weiter hinauf, ewig lang bis zum VP 6 in Merscheid (km 46,5).
Heiderscheid ist nicht mehr weit, aber es gibt noch einen Abstecher über Fussekaul. Vorher aber der Anstieg der den Läufer unwürdig macht, denn hier muss man hochkrabbeln. Der Fuchs von Fussekaul zeigt das ersehnte Ziel an, Heiderscheid ist sichtbar.
Hier auf der Gemarkung „Auf dem Bann“ soll vor Jahrtausenden ein heidnischer Tempel gestanden haben. Der Sage nach befindet sich dort tief im Boden eine Quelle, aus der purer Wein herausfließt. Tatsächlich wurde dort wild gegraben, bis das Gebiet „gebannt“ wurde.
Auf dem letzten Kilometer geht mir fast die Luft aus. Ich hänge mich an Angela und Stefanie dran. Wir müssen die 7 Stunden Zeitlimit unbedingt einhalten. Mit 6:59:15 gelingt uns Dreien eine freudige, grandiose Punktlandung.
Eine kräftige Lasagne im Ziel (im Preis inclusive), warme Duschen, ein perfekter Tag. Jasmännchen machts möglich: wer mehr als acht Stunden braucht, kommt auch noch in die Wertung, denn egal welche Zeit, wer diesen Trail schafft, bekommt alle Ehre der Welt.
Mich spricht jemand an, er hätte nach meinem Bericht von 2009 nie geglaubt, dass ich hier nochmals antreten würde. Das Gegenteil ist der Fall. Ich liebe die Herausforderung, ich liebe diesen Trail, ich liebe diese urige Landschaft. Und wenn nächstes Jahr das Wetter wieder „normal“ mit Regen und Schnee ist, dann saue ich mich wieder über und über ein, auf dem Uewersauer- Trail. Oder woher sonst kommt der Name?
Sieger Trail Uewersauer (50,1 km)
Männer
1 NEUSCHWANDER, Florian Post Sport Telekom T DEU 03:49.17
2 HUBSCH, Thierry CAEG LUX 1978 03:58.42
3 AZEVEDO, Jose C.S.L. LUX 2000 04:02.09
Frauen
1 RAACH, DaniÞle LUX 04:49.21
2 ARENSDORF, Tania cadudelange LUX 04:52.36
3 REDING-PERREUR, Torielle GBR 05:03.00
326 Finisher